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feit siebenzehen Jahrhunderten in Ansehung der untergeschobnen Urkunden und Schrif; ten und ihrer Verfertiger wichtiges enthalten. Um hier nicht von den ungerechten Beschuldigungen der Verfälschung zu reden, welche wir alsbald untersuchen werden; so haben wir einige zweifelhafte Begebenheiteu unberührt gelassen, mehr als einen una genannten mit Stillschweigen übergangen, und Stücke, die jedermann bekannt sind, zurückgelaffen: Also haben wir nichts gemeldet von der vermeyntlichen Schenkung des Kaisers Constantin, noch von einer von dem Pabst LTikolas 1. und von Rothad dem Bischoffe zu Soissons dem berüchtigten Hincmarn zu Rheims zugeschriebnen Vers fälschung. Wir håtten außer einer Anzahl von neuern Beyspielen eine Menge Urthel sammlen können, die in den lettern Jahrhunderten von verschiedenen Gerichtshöfen abgefasset worden. Nur allein die Kirchensprengel von Beauvais, Rouen, Örle: ans, Mans u. a m. reichten uns ganz sonderbare dar, davon wir keinen Gebrauch haben machen wollen; dieweil die Begebenheiten uns zu nahe sind, weil sie in den De cretensammlern aufgezeichnet, und denen bekannt sind, welche einige Kenntniß der Rechtsgelahrthvit befizen, weil es so gar eine gewisse Anzahl giebt, davon man sich durch Hülfe des Dictionnaire des arrers unterrichten kann; und weil wir überdieß bey dem allen sorgfältig vermeiden jemanden zu beleidigen: welches ein Entzweck ist, der viels leicht nicht leicht zu erreichen wäre, wenn wir uns unterfingen die ungedruckten Nach: richten zu erzählen, die in dieser Art die empfindlichsten und unsern Tagen am nächsten find. Ueberdieß haben uns die entfernten Zeiten Stoff genug verschaffet zur Ausführung unseres Vorhabens um den leser in den Stand zu sehen von der Richtigkeit der Folgen überzeugt zu werden, welche den Inhalt des folgenden Abschnitts ausmachen.

Zweyter Abschnitt.

Von den

Schlußfolgen, welche aus den Gefeßen, den Kirchenschlüsfen und den im vorhergehenden Abschnitt angeführten Begebenheiten fließen. Inhalt.

1. Schlußfolge: Aus der groffen Anzahl der III. Schlußfolge: Die Werke der meisten

Gefeße wider die Urkundenverfäls
scher ist nicht auf die Menge dieser
legtern in jedem Jahrhundert zu
schließen, §. 478.

Noch auch aus den Beyspielen der ents
deckten und gestraften Urkunden.
schmiede, §.479.

11. Echlußfolge: Unter den alten Verfål:
schern find wenig Gelehrte, §. 480.

Diplom. 9ter Th.

Berfertiger alter Urkunden sind we gen; ihrer groben Fehler leicht zu entdecken, §. 481 488.

Die Möglichkeit wird gezeigt, S. 481. Mit einem Beyspiel eines Patents von einem Könige in Bretagne erläu: tert, §. 482.

Aus der Unwissenheit der alten Ge: schichte, §. 483.

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Aus der Unwiffenheit der alten Schreib: und Schriftart und alten Gebrâu: che, §.484.

IV. Schlußfolge: Die alten Urkundenmacher find wegen der Entdeckung aller ih rer Arten von Betrügereyen leicht auf der That zu ertappen, §. 485.

V. Schlußfolge: man ist allezeit auf seiner Hut gewesen gegen die falschen Urs funden, §. 486.

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XIV.

VI. Schlußfolge: die rauhesten Jahrhun derte haben genug Einsicht gehabt XV. die wahren und falschen Urkunden voneinander zu unterscheiden, §. 487. VII. Schlußfolge: Die Alten sind eben so XVI. wohl im Stande gewesen als die Neuern die echten und unechten Acten ihrer Zeit zu unterscheiden, § 488:

: 491.

Weil sie mit denselben zu einer Zeit ges lebt, §. 488.

Weil sie Zeugen dazu haben müssen, S. 489.

Wegen der vielen zu erdichtenden Ge schichte, die aus den Archiven leicht zu untersuchen. §. 490.

Wegen der Vergleichung mit ihrem ganzen Bezeigen, §. 491.

VIII. Schlußfolge: Es war fast allezeit ver geblich alte Urkunden zu schmieden, §. 492.

IX. Schfußfolge: Die alten ihren Besizern nüßliche falsche Urkunden haben nicht anders als bey einer unglaub: lichen Unbesonnenheit derer, denen fie schädlich waren, erhalten werden können, §. 493.

X. Schlußfolge: Die Anzahl der falschen Bullen ist vor der Mitte des 12. und nach der Mitte des 13. Jahr: hunderts nicht sonderlich beträchts lich gewesen, §. 494.

XI. Schlußfolge: Wenn auch im 12. und 13. Jahrhundert nur hundert falsche Bullen verbreitet worden wären, so könnte doch der Ausdruck des Innocent 3. dabey bestehen, §. 495. III, Schlußfolge: Die Unterschiebung der Charten ist sehr was seltenes in

Vergleichung mit den andern Ars ten von Verfälschungen, §. 496. Schlußfolge: Die Anzahl der unterges schobnen Charten ist nicht so groß als sie von gewiffen Schriftstellern gemacht wird, §. 497. Schlußfolge: Die Menge der gestraf ten Urkundenverfälscher beweiset kei: nesweges, daß in den Archiven viel alte falsche Stücke vorhanden wås ren, §. 498.

Schlußfolge: Die Originale von fal schen Charten sind was sehr selte nes, §. 499. 500.

Schlußfolge: Die falschen Urkunden find fast allezeit vernichtet worden, wenn man davon hat Gebrauch machen wollen, §. 501 :: 503. Nichtigkeit des vorgewendeten Gegen: theils, §. 501.

Wird vom Fontanini ausgeführt, S.

502.

Die Nouveaux Memoires du clerge wer den widerlegt, § 503. XVII. Schlußfolge: Die Verfertigung oder Verfälschung der alten Urkunden darf nicht auf die Mönche geschoben werden, S. 504.

XVIJI. Schlußfolge: Die Urkundenverfäls scher sind unter den Mönchen weit feltener, als bey andern Stånden, §. 505. 506.

Beweis dieses Sases, §. 505.
Ablehnung der Beschuldigung des Ris

chards Simons, §. 506.

XIX. Die Charten der Klöster sind nicht vers dächtiger als die in andern Archis ven, S. 507 509. Widerlegung des Verfassers der Memoires pour fervir à l'hiftoire des Gau les et de la France, §. 507. Nochmalige beffere Gesinnung desselben, $.508. Fürtrefliches Zeugniß des Abts Lenglet für dieselben, §. 509.

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Erste Schlußfolge.

Die große Anzahl der Gefeße wider die Urkundenverfälscher beweiset nicht, daß es in jedem Jahrhundert eine große Anzahl von dergleichen Betrügern gegeben habe; noch weisen die Beyspiele der entdecks ten und bestraften Urkundenschmiede in dem Alterthum so viel Verfälscher auf, als die neuern Kunstrichter behaupten.

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S. 478.

enn wir keine andern Beweise von der Menge der Urkundenverfälscher hätten 1. Auf die als die Menge der wider sie kund gemachten Gesetze, so würde dieses ein schwa: Menge der Urkundenvere cher Beweisgrund seyn. Man gehe die Gesetze aller Völker durch; warum fälscher in je find die mehresten derselben in diesem und nicht in einem andern Jahrhundert aufgefe: dem Jahr het worden? Ist es vielleicht darum geschehen, weil das Verbrechen, das sie bestrafen, hundert kann in diesem gemeiner war als in dem andern? Ist es nicht vielmehr daher gekommen, man weder weil gewisse Fürsten mehr Eifer gehabt haben die Gerechtigkeit zu verwalten, oder weil aus der Men: ge der Gesetze sie sichs für rühmlich gehalten ihren Titeln noch den eines Gesetzgebers beyzufügen ? wider sie Man nimt keine andern wahrscheinlichern Bewegungsgründe wahr von denen ungemein schließen: großen Sammlungen der Geseze die unter den Anstalten einiger Monarchen unters nommen und vermehret, und von andern in dem Zustande gelassen worden sind, worin nen sie solche ben ihrer Gelangung zum Thron angetroffen hatten Es würde unge: reimt seyn, wenn man sagen wollte, es hätten alle Arten von Eastern die Regierung der erstern überschwemmet gehabt da sie hingegen was seltenes gewesen wären, wo sie nicht gar aufgehöret hätten unter den andern. Die große Anzahl der Gefeße gegen die Verfälscher in gewissen Zeitaltern ist also nicht allezeit ein triftiger Beweis der Vermehrung dieser Betrüger. Die vom Hrn. Fontanini angeführten Begebenhei ten selber weisen in dem Alterthum keine so große Menge von Verfälschern der Urkuns den auf, als der P. Hermon und Hr. Raguer solches zu verstehen geben. Wenn dieser Tagebuchschreiber angemerket hat, "daß der Pabst Innocent 3 (8) einen Urs "kundenver ålscher zu einem immerwährenden Gefängniß und zu einem Fasten bey "Brod und Wasser verurtheilt habe, daß unterschiedliche andere Päbste verschiedene "Verfälschungen entdecket und bestraft haben und Leo 9. einen gewiffen Gibert in "den Bann gethan habe, welcher versucht hatte von dem Kanzler des H. Stuhls falsche "Briefe zu erhalten, so ziehet er diesen Schluß daraus: diese Begebenheiten und eine "Menge anderer, welche Hr. Fontanini erzählet, werden vielleicht manchen Leser ver: "leiten wenigstens diese Betrachtung zu machen, daß es viele Urkundenverfälscher geges "ben haben müsse."

S. 479.

Die Folge scheint gar nicht richtig. Würde man wohl daher, weil man in allen Noch aus den Jahrhunderten einige falsche Münzer entdecket und abgestraft hat, schließen, es habe in Beyspielen,

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jedem

der entdeckten

and bestraf jedem Jahrhundert derselben viele gegeben oder durch diese ganze Jahrhunderte hine ten Urkunden durch? In Vergleichung gegen den Hrn. Fontanini haben wir eine sehr große schmiede. Anzahl von Entdeckungen und Abstrafungen der Urkundenverfälscher angeführet. Wenn wir sie alle auf einmal in einem Augenblick beschauen, so muß ihre Anzahl beträchtlich genug scheinen. Folgt denn aber daraus, daß es deren in einem jeden Jahrhundert viele gebe? Vor dem 16. nenne man uns blos zwey oder drey Jahrhunderte, welche ein Dugend dieser falscher Urkundenmacher ausgehecket hätten. Kaum aber trift man sie in dem 12 an, wo man nicht läugnen kann, daß es mehrere Bullenschmiede darinnen gegeben habe als in keinem vorher gesehen worden noch nachher. Ueberhaupt find die Urkundenmacher allezeit sehr selten gewesen; und alle unsere Untersuchungen haben am Ende nicht mehr als eine sehr kleine Anzahl ausfündig machen können. Was find funfzig Verfälscher von dieser Art in dem Raum von ohngefähr siebenzehen Jahr: hunderten? Und doch würde es schwer halten so viel zu zählen. Der vorhergehende Abschnitt liefert ihrer nicht mehr. Wir begreifen noch darzu die Heyden, Kezer, Ver: fälscher der Vermächtnisse, der Acten der Kirchenversammlungen, der gerichtlichen Verfahrungen, der Sprüche verschiedener Gerichtshöfe, und die Almosensammler, Bullenschmiede, Verfertiger der Sendschreiben und Dispensationen, welche nicht den kleinften Theil ausmachen. Die Verfälscher der Charten, die in der Geschichte bekannt find, machten also nie eine Rotte aus, davon viel wider die Archive zu befürchten wäre. Die Verfälscher der Briefe, Handbriefgen und anderer Acten, die beständig vorkommen, find bisweilen nicht so selten ohne jedoch sehr gemein zu seyn.

II. Unter den

alten Urkun

denverfål: schern find wenig Ger lehrte.

Zweyte Schlußfolge.

Unter den alten Urkundenverfälschern finden sich deren sehr wenig, welche einige Gelehrsamkeit gehabt.

$. 480.

Es ist dieß eine bey denenjenigen Kunstrichtern (1) felbft ausgemachte Wahr: heit, welche viel Vorurtheile wider die Diplomatik haben blicken lassen, die auch über: dieß durch die in dem vorhergehenden Capitel angeführten Begebenheiten bewiesen wor: den. Man entdecket daben wenig Verfälscher von einer weitläufigen Gelahrtheit. Man nimt wenig gelehrte wahr die eine so niedrige Seele besigen, daß sie in ein Lafter verfallen sollten, welchem alle Grundsäße der Ehre und der Redlichkeit widersprechen. Dieses unehrliche Handwerk hat also nur unter Leuten Mitglieder gefunden, die in der Geschichtkunde so fremd gewesen, als sie Feinde der reinesten Fürschriften der christlis chen Lehre waren.

Dritte Schlußfolge.

Nach dem Urtheil der Gelehrten sind die Ausgeburten der Verfertiger der alten Urkunden, da sie in grobe Fehler gefallen sind, gemeiniglich sehr leicht zu erkennen,

(t) V. PAPEBROCHE,

S. 481.

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§. 481.

Urkunden sind

Vermöchte wohl der geschickteste Urkundenverfälscher, der kühn genug ist sich auf III. Die Wers die Verfertigung alter Diplomen einzulassen, ohne Kenntniß der Geschichte einen Schritt ke der Vers zu wagen, welcher nicht durch wunderbare Ausschweifungen kenntlich) würde? Man fertiger alter lass einen Betrüger von dieser Art fünfhundert Jahr nach dem heiligen Gregor dem ihrer groben großen unternehmen, eine Bulle unter seinem Namen zu schmieden: wie würde er Fehler wegen wohl dabey zu Werke gegangen feyn? Er würde z. B. diesen heiligen Hohenpriester leicht zu ents eine Reise nach Frankreich haben thun laffen, aus lauter Einbildung; er würde ihn decken. Die Möglich dem König Dagobert einen Besuch haben abstatten lassen, welcher noch nicht auf der keit wird ges Welt war; er würde von dem König Chlorar geredet haben als von einem der schon zeigt. verstorben gewesen, ob er gleich St. Gregor den großen über zwanzig Jahr überles bet hat. Man darf nicht fragen, ob er sich bey der Zeitangabe werde geirret haben. Uebrigens würde er alle Merkmaale des 11. Jahrhunderts, die Schriftart, Siegel, Formeln der Zeitangaben und des Gruffes angebracht haben.

S. 482.

Um jedoch die Anwendung der obigen Schlußfolge auf ein jederman bekanntes Erläuterung Beyspiel zu machen, so wollen wir hier die ersten Zeilen eines offnen Briefes von eis mit einem nem vermeyutlichen Könige der Breranier, der vom Jahr der Menschwerdung 689. Beyspiel ei nes Patents datirt ist, abschreiben: Alanus (u) Dei gratia Letaniarum, feu Armoricorum von einem Brittonum rex, dilectis et fidelibus confiliariis noftris Morifano de Fago et Könige in Baffiano de Fontenayo utriusque juris profefforibus, Rivalloni de Roftrenen, Bretagne. militique cambellario noftro ex fuo jure, falutem et dilectionem. Alles übris ge klingt eben also. Das ist, die Falschheit der Charte offenbaret sich aus einem ganzs lichen Unterschied der Gebräuche, welche sie annimt, und der Schreibart, welche sie ges brauchet, von denen im 7. Jahrhundest. Da ist nicht ein Wort, welches sich zu sels bigen entfernten Zeiten reime. Wer hat je einen Brief von einem Könige aus den 7. Jahrhundert gesehen, der an seine lieben getreuen Räthe, und Lehrer beyder Rechte U s. w. gerichtet gewesen wäre? Obgleich Hr. d'Argentre vorgiebt, er habe diesen Brief aus einer alten lateinischen Chronik des H. Brieuc genommen, welche eine sehr alte Schrift habe; so tragen wir kein Bedenken blos aus der Betrachtung der Abschrift zu behaupten, daß dieses Stück höchstens nach dem Anfang des 14. Jahr: hunderts aufgefeßt seyn müsse. Was würde nun vollends aus dem Anschauen der Urs schrift wahrzunehmen seyn? Man muß fast eben dieses Urtheil von den meisten Chars ten fällen, welche im Jahr 1580. vom Rosieres, im Jahr 1581. von einem gewiss fen Jean de la Haye, dem Baron von Coutauly in feinen Memoires et recherches de France, et de la Gaule aquitanique, und im Jahr 1623. von Josse Coc cius, oder le Coq, einem Jesuiten in feinem Dagobertus rex Argentinenfis epifcopatus fundator, herausgegeben worden,

Uu 3

(u) Hift, de Bretagne per d'ARGENTRE, fol. 110. 112,

§. 483.

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