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deren Anfällen wir vorbeugen wollen, von der Zungendrescheren nicht unterschieden werden dürfe. Ihren Unternehmungen und schlechtem Verfahren ist im Parlement durch weise Verordnungen Einhalt geschehen. Die gelehrte Welt gebraucher gegen sie keine andere Waffen als der Vernunft ihre. Sie fehet der falschen Kritik oder der wahren Ränkenmacheren eine scharfsinnige Beurtheilung entgegen, welche die Mittelstraße zu halten weiß, zwischen der schwachen Leichtglaubigkeit und der allzudeutlichen Neigung an allem zu zweifeln. Unter der Aufsicht dieser Beurtheilungskunst wollen wir einige Denkmåler untersuchen, die man täglich misbraucht um die Archive der Mönche in üblen Ruf zu bringen.

Vierter Abschnitt.

Untersuchung der berühmten Decretale Inter dilectos, in Absicht auf die Diplomatik: nichtige Geschwäße des Karl Dumoulin und der neuern Kunstrichter wider die alten Urkunden der Klöster, bey Gelegenheit des vom Pabst Innocent 3. zwischen dem Erzbischoff zu Meiland und dem Abt zu Scozula gefälletem Urthels: ob es gewiß sey, daß die von dem leßtern vorgezeigte Urkunde untergeschoben sey und dessen Siegel verfälschet worden?

Inhalt.

1. Misbrauch des Dumoulin und der neuern

Kunstrichter mit der Decretale Inter
dilectos, 548 550.
Häufige Berufung auf diese Decretale,
S. 548.

Des Dumoulin unbewiesene Beschuldi
gungen gegen die Mönche, §. 549.
Ungegründete Aussprüche der neuern
Kunstrichter hierüber, §. 550.
11. Untersuchung der Beweise, welche von
dem Anwalt des Erzbischoffes zu
Meiland gegen die Echtigkeit der
Urkunden der Abtey zu Scozula
vorgebracht worden, §. 551 554.
Untersuchung des ersten Beweises, §.
551.

Untersuchung des zweyten Beweises, S.
552.

Zweifel desselben bey dem Kreuzschnitt durch das Pergamen, 555. Beantwortung desselben, §. 556. IV. Eitele Ränke gegen eine andere von dem Abt zu Scozula vorgezeigte Urkunde, §. 557.

V. Die Urkunden der Abtey Scozula find nie der Falschheit überwiesen noch von Innocent 3. dafür erkannt wor den, §. 558.

VI.

Einwurf des Verfassers des neuen Me-
moires du Clerge. §. 559. 560.
Ist aus der Lebensbeschreibung Inno
cent 3. genommen, §. 559.

Ob dieselbe von einem zu gleicher Zeit
lebenden Verfasser geschrieben wor:
den, §. 560.

Untersuchung des dritten Bweises, §. VII. Schlechte Glaubwürdigkeit des Ver

553. 554.

III. Unwiffenheit des Anwalts des Erzbis schoffes zu Meiland in Ansehung der Anmachung der Siegel, §. 555.556.

faffers der Lebensbeschreibung In nocent des 3. §. 561: : 565.! Sarum er wenigen Glauben verdiene, §. 561.

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Ob der Sammler der Decretalen ge
glaubt habe, daß die darinnen anger
führten Urkunden der Falschheit
überwiesen worden, §. 562.
Ob der Verfaffer der besagten Lebens
beschreibung ein Augenzeuge des
Urthels des obbesagten Pabstes ge:
wesen, §. 563.

Der obgenannte Verfaffer hat die De
cretale nicht verstanden, §. 564.

VIII.

S. 548.

Eben derselbe hat einen angeführten

Sag des Gegentheils für den Aus-
spruch Innocent des 3. gehalten, §.
565.
Widersprüche des Lebensbeschreibers
gegen diese Bulle, § 566. 567.
Darlegung dieser Widersprüche, §. 566.
Widerlegung der Kunstrichter aus der
vom Mabillon angestellten Zerglie:
derung dieser Bulle, §. 567.

neuern

nter allen Beschuldigungen der Falschheit, welche die Feinde der Klosterarchive er 1. Misbrauch sonnen haben um diese in üblen Ruf zu bringen, ist keine, die sie öfterer vorges des Dumou bracht, mit mehrerer Höflichkeit gerühmet und für eine unüberwindlichere Schrift lin und der ausgegeben haben, als das von Innocent 3. zwischen dem Erzbischoff zu Meiland een kunste richter mit und dem Abt zu Scozula gefällete Urthel. Ihre Species facti und Klagschriften der Decretale reden immer nur von der Decretale inter dilectos (h). Sie scheinen gar daraus Inter dilectos. folgern zu wollen, daß keine unter ihren verwegenen Beschuldigungen gegen die Urkun- Häufige Bes den der Klöster sey, welche dieser einzige Auszug nicht völlig rechtfertige; eben als ob rufung auf eine besondere Begebenheit, die vor mehr als fünfhundert Jahren geschehen, und die tale. nur ein einziges Haus betrift, so wohl auf die Abteyen der ganzen Welt, als auf alle Glieder, daraus fie bestanden haben, gezogen werden müßte,

S. 549.

diese Decres

digungen ge:

Man sehe jedoch, worauf sich der berüchtigte Karl Molinâus in der Auslegung Des Dumour eben dieser Decretale gründe und deswegen mit Unwillen sich vernehmen lasse: En (i) lin unbewies artes monachorum ad aonfingendum fibi titulos vetuftos, quibus nunquam sene Beschul: fere carent: ego fæpe eorum impofturas et falfitates ex fide hiftoriæ detexi. Die Sache erfoderte allerdings,daß er ein Beyspiel von diesen Betrügereyen anführte, und che. durch richtige Beweisthümer seine vermeynten Entdeckungen erwies. Wenn er auf sein Verdienst (H) ziemlich viel rechnete, wenn er von der Achtung, worein ihn sein

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gen die Mön

Ruhm gebracht hatte, fest genug überzeugt war um sich zu schmeicheln, daß ihm auf fein Wort geglaubet werden müsse in Ansehung der Erzählungen, die er vorbrachte so durfte er sich nicht einbilden, daß man ihn vor aller Verachtung gesichert halten würde. Vermochte auch denenjenigen Verführungen, wozu seine Neigung zur Neuigkeit seine Beurtheilungskraft verleiten konnte, genug zu widerstehen? würden seine größten Bes wunderer es für unmöglich gehalten haben, daß das Vorurtheil ihm dasjenige für falsch halten lassen, was nicht so sehr eingenommene Augen für beglaubiget gehalten haben würden. Seine Verbindungen mit den Reformirten, als geschwornen Feinden des Mönchsstandes noch weit mehr als der Mönche selber, find mehr als zu viel bekannt. Diese erfoderten, daß er keine Gelegenheit vorbey ließ gegen diese lettern loszuziehen. Man würde ihm ohne Grund vorrücken, als habe ers daran fehlen lassen dieser unglücks lichen Verbindung in seinem ganzen Umfang ein Genüge zu leisten. Wenn er Ge: Legenheit hatte von ihnen zu reden, so war er seiner Ausschweifungen nicht mehe mächtig. Daher kommen die nichtswürdigen Gewäsche von ihrer Abgötterey. Daher entspringen jene Beschuldigungen der Falschheit, bald gegen die Mönche überhaupt, bald gegen den Augustinerorden insonderheit. Wie er vorgiebt, so hatten diese Or densleute unter dem Namen ihres heiligen Patrons über fünfhundert Jahr nach seinem Tode capitula geschmiedet; Capitula falfa (f)... quæ fint plus 500. annis post obitum Auguftini fabricata per ftipatos monachos. Aber er bringt von diesen verhaßten Beschuldigungen eben so wenig Beweise ben als er von jenen wunderbaren

Ente

(f) Comment. in D. Juftin. lib. 1. cod. tit. 2. gloffa ibi moriatur, col. 46. edit. Paris. 1612.

die Ausdrücke, damit er die Vorzüglichkeit feiner Fähigkeiten erhob. Auf diese Weise erklärte er sich in vielen feiner Rechtsgutach ten, selbst nach dem Bericht des Verfassers seiner Lebensbeschreibung die vor seinen Wer ten angebracht worden. Sein Geschicht schreiber, der ihm diese übel angebrachten Lob: sprüche zu einem Verdienst anrechnet, hat fich demohnerachtet so weit nicht mögen vers blenden lassen, daß er nicht gestanden hätte, daß solche der Beweis von der größten Thor heit würden gewesen seyn, wenn die Sache, deren er sich rühmte, sich nicht also befunden hätte. Aber wenn es auch hundertmal größer gewesen wäre so mußte ihm doch der Dunst der Eitelkeit bey Verschwendung von dergleichen Lobsprüchen, auf eine ganz son derbare Weise das Gehirn eingenommen ha ben, oder er mußte so viel Beurtheilungs. Fraft nicht haben als man ihm hätte win schen mögen. Er rühmte ferner von sich

mit einer gleichen Bescheiderheit, modefte, (so redet sein Herausgeber beständig), daß viele Präsidenten der Provinzen sich fast nie von seinen Meynungen in ihren Urtheln entfernten Endlich wünschte er sich Glück, gloriabatur, oder wenn man sich nicht so leicht an diesen Ausdruck gewöhnen kann, er berichtete die Welt gütigst, seine Werke brächten ihm bey dem Kanzler Poyet sehr große Verivunderung zuwege: Commenta tiones meas magnopere admirabatur (z). Man muß glauben, wenn dieser berühmte Sachs walter zur catholischen Religion fich würde gewendet haben, so würde er diese Aus schweisungen und so viele in seinen Büchern zerstreute gefährliche Regeln mit einem ans dern Auge angesehen haben, die unter vie len fürtreflichen Grundsägen und gründlichen Entscheidungen stehen, deren Werth wir keis nesweges niederschlagen wollen.

(2) Tit. I. des fiefs. §. 8. Gloff, in verbo: Denombrement.

Entdeckungen gegeben, die er gemacht haben wollte, und die if... en Fürwand gegeben. mit so großem Cármen auf die Mönche loszuknallen. Wird er wohl gemerket haben, daß es ihm keine Ehre bringe seine Entdeckungen dem Urtheil der Welt auszusetzen ?

S. 550.

der neuern

Kunstrichter

Wie viel unter denenjenigen, welche einen besondern Geschmack an allem dem fin: Ingegründete den, welches etwas beytragen kann die Ordensleute in Verachtung zu bringen, würden Aussprüche untröstlich seyn wegen der Mäßigung des Molinâus, wenn so viel andere Erben sei, uer vorgefaßten Meynungen nicht, die Bahn gebrochen hätten, indem sie ohne Zweifel hierüber. eben die Entdeckungen bekannt gemacht, welche ihr Held flüglicher Weise unter einem Stillschweigen verborgen gehalten, das fast keine Gelegenheit zu weiterer Gegenrede übrig ließ? Hierinnen haben sich die Naudâus, die Simons, die Thiers (1) und so viele andere hervor gethan. Alle wollen aus einerley Quellen schöpfen. Wenn einer von solchem Haufen vermeynt, er habe nur das geringste wahrgenommen, das zur Ent: ehrung der Mönche gereichen könne, so hört man nichts als Freudengeschrey und Siegss lieder Sie theilen solche artige Entdeckung einander mit, und bringen sie als eine theure Beylage auf die Nachkommenschaft. Man mag sie hundertmal widerlegen, so werden sie solche doch hundertmal wieder vorbringen. z. B. Vermag wohl jemand einen von diesen Herren anzuführen, welcher die Stelle des Molindus nicht wieder hole, oder der nicht groß Aufhebens damit mache, oder sie nicht mit neuen Farben aus: schmücke? So lassen ihn die Herren Menage und Thiers reden, um nicht mehrere anzuführen, indem sie seine Worte erklären. Die Mönche lassen es nie daran feh: len, daß sie sich nicht alte Urkunden schmieden: Da Dumoulin nur vorgege ben hatte, es fehlte ihnen' fast nie an alten Urkunden: Titulos vetuftos, quibus numquam fere carent. Die Stellen übersetzen ohne sie zu verstehen, oder auch sie durch die Erklärung verfälschen, alles dieß ist erlaubt, wenn man nur auf die Mönche einen Schein der Verfälscher oder Urkundenmacher zu bringen vermag. Seil man aber ohn Aufhören das Urtheil Innocent des 3. wiederholet, so wollen wir es einmal untersuchen, was daraus zu schließen sey: damit wir denenjenigen die Luft benehmen immer wieder darauf zu fallen, welche durch die Leidenschaft noch nicht verblendet find Schuldige unter denen Personen zu suchen, die ganz besonders durch die Klostergelübde Gott gewidmet sind.

S.. 55.

Von dem Urtheil des Pabstes haben die Mönche nichts zu befürchten in Anse: II. Unterfas hung der Echtigkeit der Urkunden des Scozula. Ihre Widersacher können ihr chung der Bee weise, welche Vertrauen blos auf die Zeugnisse des Anwalts des Erzbischoffes zu Meiland seßen. von dem

Aber

(1) Apolog. de l'abbè de la Trape, p. 237. THOMASSIN. part. 4. 1. 1. ch.56.
SIMON hift. de revenus tom. 2. p. 281. fq. M. MENAGE

pag. 216.

hift. de Sablé.

Diplom. 9ter Th.

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1

gegen die

den. Unter: suchung des ersten Be: weises.

Anwalt des Aber die heut zu Tage mehr als damals bekannte Wissenschaft der Diplomatik wird Erzbischoffes hinlänglich seyn dieselben nach ihrem wahren Werthe zu schäßen. In dem ersten zu Meiland Beweisgrunde der Verfälschung beschuldigte er die oberste Ueberschrift als scheine sie an dem Orte beschädiget, wo die Falschheit sich vermittelst der Judiction hätte ents Echtigkeit der decken können. Das Falsche wurde also nicht entdecket. Dieser Beweisgrund fiel Urkunden der Abtey zuSco: also von sich selber. Aber war es sehr zu verwundern, daß eine sehr alte Charte zula vorge vetuftiffima an seinen äußersten Enden abgenuket war, wo die Römerzinszahl hätte bracht wor: stehen sollen? War denn die Römerzinszahl allen Diplomen was wesentliches? Ist es gewiß, daß solche in diesem angebracht gewesen, oder daß sie hätte beygezeichnet werden müssen? Wie viel giebt es sehr gutz und sehr beglaubigte Urkunden, welche gar keine Zeitangaben haben? Es giebt deren einige unstrittige von dem Jahrhun Dert, davon die Rede ist, welche von den Urschriften genommen und von einer großen Anzahl Zeugen unterzeichnet sind, und welche demohnerachtet keine Römerzinszahl haben. Ganz recht: die Indiction war zur Zeit Innocent 3. in gewissen Landen und ben gewissen Handlungen, als bey Schenkungen nothwendig. Aber mußten denn diese Geseke und diese Gebräuche unnachläßlich eine Würkung aufs vergangene haben, um sogar Stücke, die über 350 Jahr älter sind, der Falschheit zu beschuldi gen oder wenigstens zu entkräften? Auf diese Weise würden fast alle Diplome (m) Der Könige von Frankreich vor dem 9. Jahrhundert untergeschoben seyn. Und von diesem Jahrtermin an bis zu der strittigen Urkunde müßte man die mehresten Charten der Bischöffe, der Herren und gar einige von unsern Königen verwerfen.

S. 552.

Untersuchung Der zweyte Beweisgrund besagte, daß das Pergamen ålter wäre als die des zweyten Schriftart der Charte. Konnte denn wohl im Ernst die Sache anders seyn? Aber Beweises. unter was für einer Vorstellung man sie auch betrachten mag, war es denn nicht erlaubt daran zu zweifeln, ob es damals Kenner gegeben, die geschickt genug gewesen ben alten Schriften das Alter nach der Unschauung allein anzugeben? llebrigens hat ein Gegentheil zu viel Antheil dabey, als daß man sich auf dessen Augen verlassen Fönnte.

S. 553.

Untersuchung
Der dritte Beweisgrund betraf einzig und allein das Siegel eben dieses Stús
Des dritten ckes. Der Anwalt des Erzbischoffes hatte es im Verdacht, als wäre es von einem
Beweises. andern Diplom an dieses versehet worden. Der Krummstab und die Mühe, die
ohne Zweifel denen vom 9ten Jahrhundert gleichförmig waren, dünften ihm den
Krummståben und Bischoffsmüßen des 12. Jahrhunderts nicht ähnlich gnng zu seyn.
Aber ihre Gestalt hatte sich ändern können und hatte sich wirklich geändert, wie es
feit Innocent 3. bis auf unsere Zeit noch ferner geschehen ist. Auf der Hälfte des
Siegels war das Gesicht des Bischoffes von Pavia von der Seite vorgestellt, eben
Als ob er jemand påtte ansehen wollen, der auf der andern Hälfte gestanden hätte,

und

(m) De re diplomat. p. 190. n. V.

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