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ben, welcher aus jeder Beschuldigung der Falschheit gegen Charten, die nicht original find, entspringet; weil die Abschriften nicht allezeit hinlänglich sind, um von den Dri ginalen ein Urtheil fållen zu können; und dieß um so viel weniger, wenn die erstern keine andere Stüße haben, als sittliche Möglichkeiten.

1. Zusag.

Ein mit allen wesentlichen Kennzeichen der Wahrheit, die ihm zukommen, ver: sehenes Stück, wird, wenn es durch einige Schwierigkeiten, durch scheinbare Wiz dersprüche mit andern Charten und mit gleichzeitigen Geschichtschreibern bestritten wor den, hinlänglich gerechtfertiget, so viel die Beschuldigung der Falschheit betrist, durch fittlich mögliche oder wahrscheinliche Auflösungen.

2. Zufaz.

Damit ein Diplom für wahr gehalten werde, dazu ist hinlänglich, daß alle seine Kennzeichen zu derjenigen Zeit gehören, die es anzeigt, fie mögen nun gewöhn lich, oder mehr oder weniger selten seyn. Folglich darf man nicht mehr verlangen, als daß sie gebräuchlich seyn, oder wenigstens, daß sie dem Gebrauch der Zeit nicht mehr entgegen seyn.

S. 616.

VII. Die fie: Wenn bewiesen ist, daß es sittlich möglich sey, daß dieses oder jenes bende allge Kennzeichen einer Charte zukomme, so befreyet man sie von aller Beschul: meine Regel der Wahrheit digung der Fals their, die ihr dieses Rennzeichens wegen beygemessen wors den; jedoch setzt man sie nicht gegen andere Einwürfe in Sicherheit, die man wider sie machen könnte.

VIII. Die ach

Beweis.

Eben so, wie vermöge der 4ten Hauptgrundlehre, ein Stück nicht mag als falsch bewiesen werden, wenn es sittlich möglich ist, daß es wahr sey; so darf ein Kennzeichen, welches sich zu einem Diplom schickt, nicht als ein Beweisgrund der Falschheit angesehen werden, wenn es sittlich möglich ist, daß es ein Beweisthum der Wahrheit sey: Nun aber kann ein Beweisgrund der Wahrheit keinen Beweis: thum der Falschheit abgeben, ohne die Umstände zu verändern. Folglich wenn bewiesen ist u. s. w. Endlich folget dem 9. Hauptgrundsaße zu Folge, aus der Uebereinstimmung dieses oder jenen Kennzeichens mit diesem oder jenem Jahrhundert nicht, daß alle andern Kennzeichen sich auch dazu schicken.

S. 617.

Aus einem Gebrauch der nicht gewiß als unveränderlich erkannt wor: te allgemeine den, kann man keinen Beweisthum der Falschheir hernehmen. Beweis.

Regul der.

Wahrheit.

Vermöge der 8. Erklärung, wird der Beweisthumn der Falschheit auf die Unmöglichkeit gegründet, daß eine Charte so beschaffen sey, wie sie ist, wenn sie wahr wäre. Nun aber fließer diese Unmöglichkeit, dem 8. Hauptgrundsaße zu Folge, nur aus einem Gebrauche, der nicht gewiß für unveränderlich erkannt worden. Folglich kann man daraus keinen Beweisthum der Falschheit nehmen.

1, Zujas.

1. Zusatz.

Eine Urkunde, welche einige Anordnungen enthält, die in demjenigen Jahrhun dert, dem man es beylegt, ́unbekannt oder selten sind, ist in dem ersten Fall nicht falsch, noch in dem andern_verdächtig.

2. Zusag.

Ein Diplom, das von einigen andern wahren Stücken unterschieden ist, kann doch ein solches seyn, das nicht falsch ist.

S. 618.

Jedes Stück, welches man nur mit Möglichkeiten, Vermuthungen, IX. Die neune Muthmaßungen und Wahischeinlichkeiten bestreiten kann, muß mit der te allgemeine Beschuldigung der Falschheit verschonet werden. (a)

Beweis.

Laut der Iften Zugabe der 7. Hauptgrundlehre, find die Vermuthungen für und nicht wider das Diplom. Die Wahrscheinlichkeiten, ja auch die stärksten Probabilità: ten reden demselben das Wort. Man muß ihm folglich überzeugende Beweise ents gegen setzen, um dessen Falschheit zu beweisen, oder wenigstens solche Beyfalls: würdige und so wenig bestrittene Wahrscheinlichkeiten, (vorausgeseßt, daß man sich auf den Verdacht einschränket,) daß sie denjenigen Vortheilen die Wage halten können, welche es hat, daß es gemacht worden zu beweisen, und nicht dazu, daß es bewiesen werde So scheinbar auch diese Wahrscheinlichkeiten seyn`mögen, so müssen sie doch für nichts gerechnet werden nach den vorhergehenden Regeln; wenn sie durch andere Wahrscheinlichkeiten von eben dieser Art und in eben den Umständen aufgehoben wer den. Es verhält sich damit eben so, wie mit einem Menschen, der eines Verbre chens beschuldiget wird. Wenn man nichts als nur Möglichkeiten, Scheinbarkeiten, Wahrscheinlichkeiten und Vermuthungen anführet, so wird er nach allen Regeln der Rechtsflugheit und der natürlichen Billigkeit frey gesprochen werden. Wenigstens wird er in Freyheit gescht werden, vorausgesezt, wenn die nicht abgelehnten Ver: muthungen stark genug find wegen seiner Unschuld Zweifel zu erregen, ob sie schon nicht hinlänglich find, dasjenige, was man einen halben Beweis nennet, zuwege zu bringen.

1. Zusatz.

Wenn eine That, sagt der von einem geschickten Kunstrichter angeführte Vers faffer der Art de peer (b), "wenn eine That, welche übrigens hinlänglich bezeugt "worden, durch Schwierigkeiten und scheinbare Widersprüche mit andern Geschichten "bestritten wird; alsdenn ist es hinlänglich, wenn die bengebrachten Auflösungen der "Widersprüche möglich und wahrscheinlich find; und dieß heist wider die Vernunft "handeln, wenn man ausdrückliche Beweise fodert, weil, da die That an sich selbst "hin:

(b) Le P. HONORE de Sainte

(a) Man sehe unf. 1. Th. S. 42. f. §. 46. f.
Marie, Reflexions fur les regles de la critiq. t. 2. pag. 172.
Jii

Diplom. 9ter Th.

Regel der
Wahrheit.

"hinlänglich bewiesen ist, es nicht billig ist zu verlangen, daß man alle Umstände auf "eben diese Weise beweise."

2. 3nsatz.

Man kann "durch blose Muthmasungen gut bewiesene Begebenheiten billiger "weise nicht bestreiten." (c)

3. Zufag.

"Der Mangel der Wahrscheinlichkeit ist ein sehr schwacher Grund, beglaubigte "Begebenheiten um ihr Ansehen zu bringen.

Anmerkung..

Nachdem sehr starke Beweise bengebracht worden, um darzuthun, wie wenig wahrscheinlich das Vorgeben des Titus Livius sen welcher sagt, die von den Gals liern vorgenomne Plünderung Roms habe eine solche gänzliche Niederlage ihres Kriegsheers nach sich gezogen, daß kein einziger Mann davon gekommen; so komt Hr. Melor in seiner schönen Abhandlung von der Eroberung Roms durch die Gallier dem Misbrauche zuvor, welchen man aus seinen Grundfäßen machen möchte. "Ich weiß gar wohl sagt er (d), daß der Mangel der Wahrscheinlichkeit ein zu schwa: "cher Grund sen glaubhafte Begebenheit um ihr Ansehen zu bringen; aber außer dem "Mangel, den ich an der Erzählung des Tirus Livius eben jetzt getadelt habe, trift 'man auch daselbst noch eine historische Unrichtigkeit an.

4. Zufar.

Man muß sich "wegen eines Einwurfs, der nur auf einem vielleicht beruhet, "nicht beunruhigen lassen.” (e)

5. Zusag.

"Vermuthungen, sie mögen so stark seyn als sie wollen, können nie eine völlige "Ueberzeugung verschaffen, dergleichen man haben muß, wenn man über irgend "eine Sache den unwiderruflichen Ausspruch thun will, hauptsächlich wenn die "Verurtheilung der Sachen, wie hier, auf Menschen fallen soll." Es wäre zu wün schen gewesen, daß Hr. Simon sich nach dieser Hauptregel im Schließen besser gerichtet hätte, da er von den Charten geschrieben (f).

6. Zusag.

ני

"Man muß alten und von jederman angenommen Acten keine blos kritischen "Gründe entgegen setzen.” (g)

7. Zufag.

Um einer auf Urkunden beruhenden Begebenheit den Glauben zu benehmen muß man andere Urkunden, andere so dringende und so genaue Zeugnisse haben, daß sie die entgegen stehenden Urkunden und Zeugnisse vernichten oder ihnen die Waage halten können. (H)

(c) Mem. de Trevoux, janv. 1709. pag. 16.
tom. 15. p. 9..
(e) LEBEUF differt.
SIMON, Biblioth. critiq. tom. 2. p. 70.
Origine des eglifes de S. Bertin, pag. 307.

8. Su, (d) Mem. de l'Academ. des Infcript. tom. 2. p. 138. (f) RICHARD (9) ibid. t. 3. p. 131. (h)

8. Zusatz.

Eine durch Urkunden bestätigte Begebenheit kann nicht anders als durch ents gegen stehende Urkunden oder durch einen Beweis von der Unmöglichkeit, daß diese Begebenheit oder diese Urkunden wahr seyn, um ihr Ansehen gebracht werden.

9. Zusatz.

Eine Charte wird durch keinen verneinenden Beweis oder durch das Stillschweis gen eines oder mehrerer Verfasser der Falschheit überwiesen, es müste denn unmöge lich seyn, daß sie nicht sollten davon geredet haben, wenn sie wahr wåre,

S. 619.

Ein Stück darf nicht eher der Falschheit oder der (A) Linschiebsel X. Die zehnde beschuldiget werden, bis eine oder die andere Begebenheit durch einen sehr allgemeine gewissen Beweis oder durch das hinlängliche Zeugniß eines alten Schrifts Wahrheit. Regel der stellers bestätiger worden. (i)

S. 620.

Eine gekragte unverdächtige Stelle macht kein Stück falsch noch feh- x1. Die eilfte lerhaft.

Anmerkung.

Diese Regel ist aus dem Kirchenrecht hergenommen. Es ist keine Hinderniß vorhanden, daß man sie nicht auch auf andere Diplome so wie auf die Bullen anwens den möge.

S. 621.

allgemeine Regel der Wahrheit.

Die gekragten Charten sind nicht verdächtig, wenn die Auskragungen XII. Die gebilliger worden. Die unvorferzlichen Auslöschungen verhindern nicht, zwölfte alle daß die Stellen (F), wo sich solche befinden, vor Gericht Zeugniß geben, gemeine Res wenn sie leserlich sind; sie müssen aber für nichts geachtet werden, wenn gel der Wahrs heit.. die Auslöschungen genehmiget worden, oder wenn sie vorseßlich sind.

S. 622.

Es ist vergeblich Charten der Falschheit zu beschuldigen unter dem xm. Die Fürwand, sie wären von Torarien vor ihrer Einsetzung aufgesetzet worden. dreyzehende

Anmerkung.

allgemeine Regul der

Man wird keine so alte Charte ausweisen können, daß sie nicht weit jünger sey Wahrheit. als die Einsetzung der Notarien. Man kann die Gegenmeynung gründlich widerlegt

Jii2

sehen

(i) Siehe die 8. Erklärung 8. Regul. (1) Man sehe unfern 6. Th. S. 236. f.
S. 425. ff. eben daf. S. 239. f. $.430. f. L.2. decret. tit. 22. cap. 2. Dig.
lib. 28. tit. 4. leg. I.

(A) Meminiffe debent hanc effe ftatutam regulam, firmisque argumentis ftabilitam, ut ne quis liber interpolatus dicatur, nifi de interpolatione vel certiffima ratione conftet, vel de idoneo antiqui fcriptoris teftimonio. Wenn

diese Ursachen nothwendig sind zur Beschuldis
gung der Einschiebsel; so müssen sie es eben
sowohl seyn zur Beschuldigung der Falschheit.
Sie werden eben so viel für die Diplomen als
für die Bücher vermögen.

(a) GERMON de veter, hæret, pag. 592.

XIV. Die

sehen in der Diplomatik (1) des Hrn. Mabillon und in (m) der Unsrigen. Wir geben demohnerachtet zu, daß sie auf einem andern Fuß als seit dem 12ten Jahr: hundert gestanden haben.

S. 623.

Wenn man die Schreibart und die einem jeden Jahrhundert und jedem vierzehende Lande eigenen Formeln kennet, so hat man eine sittliche Gewißheit, daß die Charten, wo diese Rennzeichen angetroffen werden, zu diesem oder jenem Jahrhundert oder Land gehören.

allgemeine Regel der Wahrheit.

XV. Die funf zehende all gemeine Regul der Wahrheit.

Beweis.

Die fittliche Gewißheit beruhet auf der Vereinigung der Zeugnisse oder der innern Kennzeichen, laut der 2. Erklärung. Nun aber geben, laut der 15. Erklä rung und des 5. Heischesakes, die Schreibart und die Formeln, sonst die innern Kennzeichen genannt, das Jahrhundert und das Land zu erkennen, dem ein jedes Stück zugehört. Folglich giebt die sittliche Gewißheit das Jahrhundert und das Land zu erkennen, wohin jedes Stück gehöret. Also, wenn man die Schreibart und Die u. s. w.

Zufag.

Man kann aus der Schreibart und aus den Formeln das Jahrhundert schliessen, zu welchem die Abschriften und die alten falschen Originalstücke gehören, die sich erhalten haben möchten. Jedoch beurtheilt man die lehtern besser aus ihren äußern Kennzeichen.

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Wenn man die Schrift, die Dinte, den Stoff und die Siegel kennt, welche den Diplomen eines jeden Jahrhunderts und eines jedeň Landes gemäß sind, so hat man physicalische Gewißheit, daß dieses oder jenes Originalstück zu diesem oder jenem Jahrhundert und zu diesem oder jenem Lande gehöre.

Beweis.

Die physicalische Möglichkeit ist auf die Erfahrung und Vorstellung der Sin: nen gegründet, laut der 1. Erklärung. Nun aber lehren die Sinnen und die Ers fahrung die aufserlichen Kennzeichen erkennen, welche den Diplomen eines jeden Jahrhunderts und eines jeden Landes zukommen, laut des 3. Heischesaßes. Man hat daher eine physicalische Gewißheit, daß dieses oder jenes Stück zu diesem oder Jenem Jahrhundert, zu diesem oder jenem Lande gehöre, wenn man aus seiner eignen Erfahrung die äußerlichen Kennzeichen erkennet, damit sie versehen seyn muß. Es ist hiermit eben wie mit einem Menschen, welcher ein Lehrgebäude der Kräuterkunde gefasset hat. Zum öftern wird er uns sagen, in welche Classe und zu welchem Ges schlecht eine Pflanze gebracht werden müsse, ob er sie schon vorher nie gesehen. Die Untersuchung, die er damit ansteller, die mit den Grundsähen seiner Wissenschaft verbunden wird, bringt ihm auch eine phisicalische Gewißheit von dem Namen der Pflanze zuwege.

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