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Zusatz.

Eine Charte, welche sich von einem andern Jahrhundert ausgiebt oder von einem andern Lande, als dasjenige ist, wohin sie ihre äußerlichen Kennzeichen setzen, ist untergeschoben und der Alterthumskenner hat davon eine physicalische Gewißheit.

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Man kann öfters mit einer sittlichen Gewißheit von der Wahrheit der XVI. Die Diplomen ein Urtheil fällen.

Beweis.

fechzehende allgemeine Regel der

Der 2. und 3. Regul und ihren Zusähen zu Folge urtheilet man aus der Ver Wahrheit. einigung der Kennzeichen, es sey unmöglich, daß gewisse Stücke falsch seyn. Nun aber bringet die Unmöglichkeit, daß ein Stück falsch sen, zum wenigsten die moralis sche Gewißheit seiner Echtigkeit mit sich. Man kann folglich mit einer moralischen Gewißheit von der Wahrheit der Diplomen aus der Vereinigung ihrer Kennzeichen der Wahrheit urtheilen. Nun aber ist nichts gewöhnlicher als diese Vereinigung, wie die Begebenheiten bezeugen. Folglich kann man öfters mit einer moralischen Gewißheit von der Wahrheit der Diplomen urtheilen.

S. 626.

fiebenzehende

Man kann wenig alte Diplome der Falschheit überführen, und noch XVII. Die wenigere, wenn sie bey den Rennzeichen der Öriginale auch noch die haben, allgemeine daß sie beglaubigte Urkunden sind.

Beweis.

Dieser Sah lässet sich besser aus Begebenheiten als durch Vernunftschlüsse bes weisen. Wenn alle alte Charten, welche man der Falschheit beschuldiget hat, der: selben überführet geblieben wären, so würde die Anzahl derselben noch sehr klein seyn. Aber die gegen die mehresten derselben angebrachten Beschuldigungen haben es nicht bis zur Ueberzeugung getrieben. Hingegen giebt es sehr wenige, welche nicht ent: weder gerechtfertiget oder wenigstens so gut vertheidiget worden wären, daß die Beschuldigungen der Falschheit nicht sollten in einen Verdacht, und zwar zum höchs sten in einen rechtmäßigen, verwandelt worden seyn. Wenn man nun diejenigen, deren Falschheit man nicht erweisen konnte, so hihig bestritten hat; ist es denn wohl wahrscheinlich, daß die Kunstrichter viele von denen verschonet haben würden, welche. fie mit bessern Erfolg würden haben überführen können, oder deren Unterschiebung offenbar gewesen seyn würde? Es ist daher ein großes Vorurtheil für eine Menge derer Charten, die verschonet worden, ob sie schon seit langer Zeit der öffentlichen Beurtheilung ausgeseht gewesen.

§. 627.

Regul der
Wahrheit.

Es giebt echte Charten, welche falsche Vorstellungen enthalten, und XVIII. Die unechte, welche wahre Vorstellungen enthalten.

Anmerkung.

achtzehende allgemeine Regul der

Man kann davon den Beweis sehen in der Diplomatik (n) des Hrn. Wabil- Wahrheit. lon. Er führet auch die Bollandisten an tom. 2. pag. 331, vom Mouat März.

(n) Pag. 221.223.

Jii3

Eben

XIX. Die

Eben diese Regul folgt augenscheinlich aus denen Begebenheiten, welche sie fest seßen. Niemanden ist unbekannt, daß in den Stiftungs- und Bestallungsbriefen die Vors stellung oft sehr unrichtig ist. "Sie (0) beweisen nichts anders, als daß diejenigen, "welchen dieselben verwilliget worden, diese oder jene Ländereyen besessen, oder mit "diesen oder jenen Befehlshaberstellen, und mit dieser oder jener Charte versehen "worden. Gewiß, wenn man dergleichen Briefe aufsehen lässet, so schaft man "Nachrichten dazu, und derjenige, welcher die Briefe aufsehet, nimt solche dazu, "und machet den Gebrauch davon, den man verlanget, ohne sie zu untersuchen. "Wenn niemand sich den Titeln widersehet, so werden dieselben auf der Schreiberen "und Kanzley genehmiget, und dieß geschiehet nicht allein bey den Gnadenbriefen "oder Bestallungsbriefen, sondern auch bey wichtigen Dingen, die von viel grösserer "Folge sind." Man sehe den 3. Abschnitt des 1, Hauptstückes §. 62. S. 56. f.

unsers ersten Theils.

S. 628.

Rennzeichen, die in einem Jahrhundert selten, doch aber beständig neunzehende sind, sind keinesweges wider diejenige Charte, worinnen sie sich befinden, allgemeine Regul der vielmehr sind Beweisgründe der Falschheit oder des Verdachts beynahe Mahrheit. untriegliche Beweise ihrer Echtigkeit.

XX. Die zwanzigste allgemeine Regul der Wahrheit.

Anmerkung.

Ein Urkundenschmied, welcher Charten von einem gewissen Jahrhundert nach: zumachen suchet, wird eher auf Stücke von einer gewöhnlichen Schreibart gerathen als von einer wunderlichen und sonderbaren. Wenn er auch eine Charte angetroffen hätte, die mit nicht gar gemeinen Formeln versehen wäre, so würde er solche gewiß nicht zum Muster nehmen. Einem Menschen, welcher nicht auf richtigem Wegegehet, ist alles verdächtig, alles flößt ihm Mistrauen und Besorgniß ein.

S. 629.

Weder die den Charten eigne Kennzeichen, noch überhaupt die Origis nalcharten selber oder die Abschriften können Werke der Betrüger seyn. Beweis.

Die Kennzeichen der Diplomen und die Diplomen selber überhaupt, sie mögen gedruckt seyn oder nicht, mögen nicht für Werke des Betrugs gehalten werden, ohne anzunehmen, daß eine Menge Urkundenschmiede oder Sammler eines jeden Landes fich wenigstens seit zweyhundert Jahren verabredet hätten ihren vermeyntlichen Charten diese Einförmigkeit und diese Verschiedenheit derer Kennzeichen oder Formeln benzulegen, welche die Stücke eines jeden Jahrhunderts unterscheiden, oder daß so deutliche Aehnlichkeiten ohne alle Verabredung sich in einer unzehlichen Menge fal scher Stücke befinden könnten. Nun aber ist beydes unmöglich. Ohne uns bey der närrischen Einbildung einer Menge Urkundenschmiede aufzuhalten (p), welche

(0) Pieces pour et contre la Maison de Bouillon, p. 74.
S.223, §.281.

in

(p) Man sehe oben

in alle Archive eingedrungen seyn sollen, so ist die Unmöglichkeit ihrer Verabredung eine so klare Sache, daß wir solches kaum eines Beweises würdigen. Sollten wohl U kundenschmiede, nach Errichtung einer Gesellschaft unter einander, die sich aller A.chive bemächtiget, die solche geplündert hätte, um sie hernach mit einer Menge falscher Urkunden anzufüllen, ihre Betrügereyen ungestraft haben ausüben können, eine lange Reihe von Jahrhunderten hindurch, chne daß sich die Kirche dagegen gefeht, ohne daß die Obrigkeiten oder Ohe herren dagegen einiges Mittel angewens der, und ohne daß jemand desselben gewahr worden wäre? Die Unmöglichkeit ist eben so groß, daß die Urkundenschmiede, ohne einige Verabredung mit einander übereingeflimmer hätten die Diplome durch so genaue und ihrem Alter so woh ans gemessene Aehnlichkeiten kenntlich zu machen. Wie hätten denn endlich Betrüger ihnen Kennzeichen geben können, die mit so viel Genauigkeit jedem Jahrhundert gemäß wären, wenn diese Kennzeichen nicht bis auf ein gewisses Ziel bestimmt und beständig gewesen wären? Nun aber mochten die Urkundenschmiede zu gleicher Zeit gelebt haben oder nicht, so konnten sie dergleichen Kennzeichen nicht anders wissen, als weil man zu ihrer Zeit solche zu gebrauchen pflegte, oder weil sie sich die Denk: måler eines jeden Alters genau bekannt gemacht hatten. Nun aber sehen beyde Fålle die Wirklichkeit einer sehr großen Menge von Charten, nicht allein der wahren, son: dern auch derer voraus, welche mit gewissen Kennzeichen versehen sind. So ist denn eine erstaunende Anzahl wahrer Charten da gewesen, davon die wenigsten verloren gegangen seyn können, wo man uns nicht wieder auf-das Hirngespinst von einer Rotte Betrüger bringen will, welche eine lange Reihe von Jahrhunderten hindurch sich sowohl der öffentlichen als der besondern Archive bemeistert, und sich vorgenom: wen hätte, alle echte Charten auszumårzen, in der Absicht, dafür unechte hinein zu bringen. Wenn man nicht ein dergleichen geheimes Verständniß voraussehet, so würde es nicht einmal möglich seyn, daß sich einige Einförmigkeit, einige Foriseßung. der Mannichfaltigkeiten in den Kennzeichen der geschmiedeten Charten befände. Denn wenn einzelne Betrüger die Schreibart und die Formeln, deren sie sich bedien: ten, aus ihrem eignen Gehirn genommen hätten, so würde darinnen alles willkühr lich seyn; die Verhältnisse zu verschiedenen Jahrhunderten würden verschwinden; die Kennzeichen, die am allerwenigsten bey einander stehen könnten, würden unter einander vermenget seyn. Folglich würde keine Einförmigkeit in den Kennzeichen der Diplomen eines jeden Jahrhunderts vorhanden seyn, wenn solche das Werk der Verfälscher wären. Folglich ist eine unzehliche Menge echter Charten vorhanden, die mit bestimmten und beständigen Kennzeichen versehen sind. Daher wird man Unrecht thun, wenn man beyde unter die Ausgeburten der Urkundenschmiede sehen

wollte.

$. 630.

Es ist nicht glaublich, daß man sonst Urkunden geschmiedet habe ohne XXI. Die ein einigen Vortheil daraus zu ziehen. Beweis.

Die Erdick ting der Urkunden ist allezeit für ein Verbrechen angesehen worden, welches den Verbrecher der Gefahr scharfer Strafen und einer großen Schande aus:

und zwanzige ste allgemeine Regul der Wahrheit.

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XXII. Die zwey und

zwanzigste allgemeine Regel der

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fekte. Dieß ist eine in dem 7. Buche dieses Werkes bestätigte Sache. Nun aber ist es vermöge der 8ten Hauptgrundlehre unglaublich, daß man sich einer großen Schande und sehr scharfen Strafen aussehen werde, ohne einigen wirklichen oder scheinenden Nußen. Es ist also ung aublich, daß man sonst Uckunden geschmiedet habe ohne einigen Vortheil darunter zu suchen.

S. 631.

Wenn man aus den neu geschmiedeten Stücken Vortheil zu erhalten gesucht hat, so hat man sich entweder kurz nach ihrer Erdichtung derselben zu bedienen gedacht, oder bey Lebzeiten dererjenigen, welche sie unterges schoben hatten, oder welche dieser Betrüger Witgehülfen waren. Ohne Wahrheit. dieses würden die Urheber der Betrügerey sich nicht vor esegt haben selber einigen Nugen daraus zu ziehen, der 8. Hauptgrundlehre und der vorhers gehenden Regul zuwider.

XXIII. Die

drey und zwanzigste allgemeine Regel der Wahrheit.

XXIV. Die vier und

zwanzigste allgemeine Requl der Wahrheit.

S. 632.

Wenn die innern und äußern Rennzeichen der Diplomen der Kritik kein Hülfsmittel gegen die falschen Urkunden verschaften, die von geschickten Hånden in der Zeit und an dem Orte, wie angegeben wird, aufgesetzt wors den; weil dergleichen Acten alle Umstände beysammen ongebracht haben könnten, deren Ermangelung den Betrug entdecken würde; so würde es doch nicht an Mitteln fehlen zu beweisen, daß die Erhaltung dieser Acten feit vielen Jahrhunderten, wo nicht unmöglich, doch wenigstens unwahrs scheinlich sey.

Anmerkung.

Diese drey lehten Regeln findet man in dem 1. 2. und 3. Abschnitt des 7. Buches dieser Abhandlung bewiesen.

S. 633.

Nab allem Anstein sind in den Archiven der Domberren und der Mönche keine falschen Charten mehr vorhanden, deren Alterthum der ̧ Schrift dem Alter der Zeitangabe gleich komme.

Beweis.

Vermöge des vorhergehenden Grundsaßes und der vorhergehenden Regeln find die zur Zeit ihrer Zeitangabe verfertigten Diplome einiges wirklichen oder nächst zu hoffenden Vortheils halber gemacht worden. Man hat also davon Gebrauch gemacht gegen die rechtmäßigen Besitzer alsbald oder einige Jahre nach deren Verfertigungs Nun ist es aber nicht natürlich sich vorzustellen, daß diese sich würden haben ihrer Güter und ihrer Gerechtsamen berauben lassen ohne einige Widerrede. Man hat also diese bis dahin unbekannten Urkunden vor Gericht vorzeigen müssen. Ohne auf das Mistrauen uns zu berufen, das den theilnehmenden Partheyen so gewöhnlich ist, auf die Mittel von allerley Art, welche die Folge davon sind; ohne uns die Scharfsinnigkeit der Riche ter vorzustellen, die man so selten und so schwerlich, vornehmlich wenn sie auf ihrer Hut

find,

Find, hintergehen kann durch die Neuigkeit eines Stückes, welches um so viel mehr befremdend scheinen mußte, je weniger man dergleichen vermuthete; ohne diese Gründe alle und noch viel andere vorzubringen; so hat die Falschheit der besagten Urkunden eben so leicht offenbar werden müssen, als es in unsern Tagen seyn würde einer so ges nannten Acte ihre an den Tag zu bringen, die vor dem Notar in Gegenwart einer großen Anzahl Zeugen, die genennet oder unten beygezeichnet waren, gut geheißen worden. Was mag man denn nun für eine Schwierigkeit antreffen die Falschheit einer dergleis chen Acte zu offenbaren ?

Seit den ersten Zeiten der französischen Monarchie. her schrieben die Geseße für, daß die Schenkungsbriefe in Gegenwart einer größern oder kleinern Anzahl Zeugen, nachdem eben die Sache wichtig war, aufgefeht werden sollten. Wenn die Zeugen erdichtet waren, so war es um das Stück geschehen. Wir wollen annehmen, es wä ren wirkliche gewesen, so waren solches entweder wahrhaftige oder abgerichtete. Im erstern Fall würden sie wider die falsche Urkunde ausgesagt haben und für die Wahrheit. Ist es im andern Fall wohl glaublich, daß alle diese Zeugen bis zulegt daben geblieben feyn würden, ja gar bis an die Todesstunde? Ist es zu glauben, daß die Richter oder die Theil daran habenden Personen kein Mittel gefunden haben sollten zu zeigen, daß sie fich einander widersprächen? Wenn aber dieses alles nicht ganz unglaublich ist, weil es nicht schlechterdings unmöglich ist, so hat man hier etwas, das sie in die Enge treibt.

Es mußte auch sonst derjenige, welcher von einem Diplom Gebrauch machte, nicht nur Zeugen vorbringen, welche auf seine Seite aussagten, aber auch allezeit ges wärtig seyn mußten mit ihm binnen etlichen bestimmten Tagen über das Evangeliens buch und die Reliquien der Heiligen zu schwören, daß das Stück wahr sey. Weder er noch seine Zeugen waren deswegen noch nicht fren: wenn sie eines falschen Eides beschuldiger wurden, so mußten sie sich entschließen ihr Leben durch einen Zweykampf in Gefahr zu setzen, um die Wahrheit der ftrittigen Urkunde zu bezeugen. So waren die Gesetze der Franken und anderer deutschen Völker beschaffen, wie man davon überzeugt werden kann durch viele Stellen, die aus den Capitularien unserer Könige gesammlet worden. Der Urkundenschmied und seine Zeugen hatten also die verdrießs lichsten Umstände zu erwarten. Kann man denn nun vermuthen, daß so viele Persos nen, die gemeiniglich von dem vornehmsten Stande waren, geneigt gewesen seyn sollten ihr Blut um einer Acte willen zu vergießen, deren Falschheit ihnen vollkom men bekannt war? Was ist abgeschinackter als sich einbilden, daß die Zahl also gefinnter Personen sehr groß gewesen seyn werde? Was ist ungewöhnlicher als dieses, daß sie nebst ihren strafwürdigen Ausgeburten der Rache GOttes und der Menschen entgangen wären?

Daß es aber dergleichen Ungeheuer viele in den Freystädten der Heiligkeit gege= ben haben sollte, ist eine lächerliche Vorstellung, die der Gottseligkeit so wohl als der Vernunft anstößig ist. Nach dem Beyspiel eines Judas unter den Aposteln würden wir selber uns unvernünftig bezeigen, wenn wir uns cinbildeten, daß keine Geistlichen und keine Ordensleute angetroffen worden wären, noch angetroffen werden mögen, die der größten Verbrechen schuldig gewesen. Daß sie aber ihre Brüderschaften zu Mit: Diplom. 9ter Th.

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gehülfen

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