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gehülfen gehabt, kann für moralisch ohnmöglich gehalten werden. Alles was die fier genden Güter eines Klosters oder einer Gesellschaft von Domherren anbetraf, darüber Hatte das Capitul zu berathschlagen. Man konnte nichts kaufen, annehmen oder in Richtigkeit bringen als mit dessen Bewilligung. Wenn einem Kloster zu gut eine Schenkung gemacht worden war; so wurde das Diplom darüber eben so wohl an den Abt als an seine Mönche gerichtet oder an diese allein. Darauf wurde es gemeiniglich von dem Stifter auf den Altar gelegt in Gegenwart der ganzen Gemeinheit. Mitten in einer dergleichen Feyerlichkeit konnte der Betrug und die unrechtmäßige Anmaßung wohl keine Statt finden. Hat man auch je in Versammlungen eines Capituls sich bez rathschlaget, ob man Urkunden erdichten oder schmieden lassen wollte; ob man die abgerichteten Zeugen und die falschen Eide dazu brauchen wollte; ob man das Leben erlis cher Personen der Gefahr aussehen wollte, um eines andern Gut sich anzumaßen? Man scheinet also richtig zu schließen, daß, wenn man falsche Urkunden annimt, die so alt wären als ihre Zeitangaben lauten, solche nach dem Verkauf so vieler Jahrhundert würden unterdrücket oder vernichtet worden seyn, und daß von dieser Gattung keine in den Archiven der weltlichen und regulären geistlichen Gemeinheiten mehr vorhanden seyn.

Man wird vielleicht einwenden, daß wenn es außer aller Wahrscheinlichkeit ist, daß ganze geistliche Gesellschaften oder Mönche falsche Urkunden geschmiedet håtten oder schmieden laffen, um sich solcher Güter und Gerechtsamen anzumaßen welche ihnen nicht zugehörten, oder auch um diejenigen zu vertheidigen, welche ihnen zugehörten; so könne man nicht eben auch von ihren Sachwaltern oder Anwalten so günstig urtheilen.

Aber 1) muß man doch nicht mehr gegen unschuldige Gesellschaften so viel Ge Schren machen. 2) Senft hatten die Mönche keine Anwalte aus ihrem eignen Mittel. Ihre Händel wurden durch Sachwalter oder Schirmvoigte aus den Layen betrieben. Wenn diese vor sich selbst und ohne Vorwissen der Mönche falsche Urkunden geschmie det hätten; so wären die Klöster nicht dafür zu stehen schuldig. Es wäre um so viel unbilliger sie dafür haften zu lassen, da dergleichen Schirmvoigte oder Schußherren öfters mehr für sich sorgten als für die Abteyen, deren Güter sich zuzueignen ihnen mehr als zu gewöhnlich war. Die falschen Urkunden würden sie also behalten haben. 3) Was kann man überdieß für Beweisthümer beybringen, daß diese Schirmvoigte Urkunden untergeschoben hätten? Keine. Allem Anschein nach sind also keine falschen Originalcharten von den ersten Zeiten mehr in den Archiven der Capit 1 noch der Kldfter vorhanden.

S. 634.

XXV. Die Wenn es möglich ist, so ist es doch nicht glaubhaft, daß eine falsche fünf und Urkunde, die blos zum Zeitvertreib oder zum Scherz verfertiger und ohne zwanzigste allgemeine bösen Vorsatz und ohne Vorsichtigkeit in den öffentlichen oder besondern Regul der Archiven aufgenommen worden, bis zu uns nach einer langen Reihe von Wahrheit. Jahrhunderten gekommen seyn sollte.

Anmerkung.

Man würde vorausseßen 1) daß dergleichen Urkunde anfänglich nicht würde seyn geachtet worden und dadurch den Untersuchungen der Richter und der Archivarien ent

gan:

gangen wäre. 2) Daß fie nie vor Gerichte zum Vorschein gekommen, weil die Gdter, die sie betraf, nie in Streitigkeit gezogen worden.

Beweis der Regul.

1) Es ist nicht glaublich, daß man eine Urkunde in die Archive aufgenommen har ben werde, um solche alsbald unter die verworfnen Stücke zu verweisen. Die aus blosem Zeitvertreib oder aus Scherz gemachte Urkunde hat alsbald für das erkannt. werden müssen, was sie war. Wenn sie nicht dafür erkannt worden, so ist es wider alle Wahrscheinlichkeit, daß ihr Verfasser den Scherz so weit getrieben habe, daß er denenjenigen nie davon Anzeige gethan, über deren Einfalt er sich lustig gemacht hatte. 3) Wenn dergleichen Charte ken neues Recht verschaffet, so ist es abgeschmackt zu glauben, daß man so einfältig gewesen wäre solche in das Archiv einer Gemeinheit aufzunehmen, wo nicht jederman überein einfältig ist. Wenn diese Urkunde ein unbe kanntes Recht verwilligte, ohne daß man einiges Mistrauen darüber geschöpfet, so würde man nicht ermangelt haben die neuen Ansprüche geltend zu machen, solche vor Gericht vorzuzeigen, wo man auf eine solche Weise nicht scherzet. Der Verfasser würde sich sodann ohne Urlach üblen Folgen ausgesetet haben, welche ihm ein so am unrechten Ort angebrachter Scherz zuziehen können.

Zweyter Artikel.

Von den

allgemeinen Regeln der Falschheit.

Inhalt.

1. Erste allgemeine Regul der Falschheit, X. Zehende Regul, § 644.

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XI. Eilfte Regul, §. 645.
XII. Zwölfte Regul, 646.
XIII. Dreyzehende Regul, §. 6475
XIV. Vierzehende Reaul § 648.
XV. Funfzehende Regul, S. 649.
XVI. echzehende Regul, §. 650.
XVII. Siebenzehende Regul, § 651:
XVIII. Achtzehende Regul, §. 652.

S.་༦༣༥.

's ist firtlicher Weise unmöglich, daß eine Acte wahr sey, welche alle 1. Erfte allges Rennzeichen der Falschheit führet.

S. 636.

Line Charte führet alle Rennzeichen der Falschheit, wenn solche keins aufweiser, das sich zu dem Jahrhundert und für die Personen schickt, die sie angiebt.

Anmerkung.

Diese beyden Regeln fließen aus dem ersten Hauptgrundsak, aus der zweyten Hauptgründlehre, aus der 16, Erklärung und aus den Beweisen der 2. und 3. allge:

REE 2

mei:

meine Regul der Falschheit

11. Zweyte alls gemeine Re: gul der Falsch: heit.

III. Die dritte

meinen Regul der Wahrheit. Się leuchten sonst durch ihre eigene Gewißheit gnug in die Augen, daß sie für Grundsäße ausgegeben werden können.

S. 637.

Lin Stück ist falsch, wenn es, so man es als wahr annehmen wollte, allgemeine nicht möglich ist, daß es mit einem oder mehrern Kennzeichen, die es bey sich Regul der führet, versehen sey. Falschheit.

IV. Die vierte
allgemeine
Regul der
Falschheit.

Beweis.

Laut der 3. Hauptgrundlehre beweiset ein einziger wesentlicher Fehler die FalschHeit der Acte, darinnen sie angetroffen wird. Folglich wird sie eben so wohl falsch feyn, wenn sie mehrere ähnliche Fehler hat, oder welches einerley ist, wenn sie Kennzei then hat, welche man unmöglich mit der Wahrheit dieser Acte zusammen reimen kann. 1. Zusatz.

Kennzeichen die sich nicht zusammen schicken noch zu dem Stück, in welchem sie zusammen vorkommen, beweisen ihre Falschheit.

2. Zusatz.

Die Unterschiebung eines Stücks wird durch einen verneinenden Beweisgrund bes wiesen; wenn es nicht möglich ist, daß man dessen nicht gedacht haben sollte, wenn es vorhanden gewesen wäre.

S. 638.

Es giebe Kennzeichen der Echtigkeit in einem Jahrhundert, welche in einem andern offenbare Beweise der Falschheit abgeben.

Beweis.

Eben

Man kann so grobe Fehler annehmen, daß ein Mensch, den man in ein gewiffes Jahrhundert hinein seher, derselben nicht fähig ist : ob es schon sehr möglich ist, daß ein Mensch aus einem andern Jahrhundert darein hätte fallen können, ohne wider Treu und Glauben zu handeln; und in Ansehung eines Dritten eben diese Sache ein Kennzeichen der Echtigkeit gewesen wäre. Z. B. eine vermeynte Originalurkunde vom 12. Jahrhundert mit einer Schriftart vom 15. würde augenscheinlich falsch seyn. diese Schrift würde für dieses Stück ein vortheilhaftes Kennzeichen gewesen seyn, wenn sich solches vom 15. Jahrhundert genennet hätte. Wenn ein Diplom, das von einem Jahrhundert vor dem 14den datirt wäre, dem Könige von Frankreich oder seinem ältesten Sohne den Titul eines Dauphins beylegte; wenn eine Bulle vom 12. Jahrhundert die Zeitangabe des Confulats oder gar des Postconsulats eines Kaisers führte; wenn eine andere Bulle vom 13. die beyden Formeln (cripta u. f. w. und data miteinander zusammen hätte, so brauchte es nichts weiter diese Stücke der Falschheit zu überweisen. Denn es wäre unmöglich, daß man aus einem lautern Versehen in so handgreifliche Vergehen hätte fallen mögen, wenn man unerhörte Formeln, vers altete Kennzeichen, ganz abgekomme Züge annähme. Inzwischen ist keines unter dens felben, welches nicht ein Kennzeichen der Echtigkeit für gewisse Jahrhundert gewesen wäre. Folglich u. f. w.

§. 139+

S. 639.

Man kann bisweilen mit einer sittlichen Gewißheit den Ausspruch v. Die fünfte von der Falschheit der untergeschobnen Diplomen thun.

Beweis.

Laut der vorhergehenden Regeln urtheilet man bisweilen mit Grunde, daß es unmöglich sey, daß gewisse Stücke wahr seyn. Urtheilen aber daß es unmöglich sey, daß gewisse Stücke wahr seyn, heist wenigstens urtheilen, daß es sittlich gewiß sey, daß fie falsch seyn. Folglich kann man bisweilen mit einer sittlichen Gewißheit von der Falschheit untergeschobner Diplomen den Ausspruch thun. Nun aber ist der Fall nicht methaphysisch in Ansehung der Charten, die wirklich falsch sind. Denn laut der 3. Hauptgrundlehre beaucht es nicht mehr als einen einzigen wesentlichen Fehler um den Betrug derfelben zu beweisen. Nun aber ist es nichts feltenes dergleichen Fehler auf den falschen Charten anzutreffen; dieweil ihre Verfasser, da sie größtentheils junger waren als die Zeitangaben dieser Stücke, die Geschichte und die Gebräuche, die in von ihnen entfernten Jahrhunderten beobachtet worden, nicht genug inne haben konnten, daß fie nicht gemeiniglich in einen groben Fehler gerathen sollten. Folglich kann man öf ters mit sittlicher Gewißheit von der Unterschiebung falscher Diplomen einen Ausspruch thun.

$. 640.
Beweis.

Die falschen Stücke sind gemeiniglich leicht zu erkennen.

Um diese Regul, welche mehr von Begebenheiten als von Vermmftschlüssen abs hangt, zu beweisen, muß man sich mit dem Zeugniß des Hrn. Simon genügen lassen. Er war so sehr zu Schwierigkeiten geneigt und auch so ausschweifend in seinen Urtheis len gegen die Charten und die Diplomatik, daß man nicht Ursach hat zu befürchten, er möchte zu ihrem Vortheil zu viel gesagt haben. Man sehe also, wie er sich hierüber, wovon wir handeln, erkläret habe. "Diejenigen, (q) welche die Verschiedenheit dieser "Gebräuche (die bey der Verfertigung der Urkunden beobachtet worden) nicht gewußt "haben, find in so grobe Fehler gefallen, daß die Falschheit der Acten, die sie unterge "schoben haben, in die Augen leuchtet." Nun aber ist nach dem Geständniß eben dieses Kunstrichters dieses den mehresten Urkundenschmieden begegnet. "Sie (r) "find zum öftern dem gefolger, was zu ihrer Zeit gebräuchlich war .... Welches "gemeiniglich bey den alten (geschmiedeten) Freyheitsbriefen angetroffen wird; "weil diejenigen, welche sie untergeschoben haben, sich nach ihrer Zeit gerichtet, und nicht "nach derjenigen, da die Päbste gelebt, deren Namen fie entlehnet." Und weiter oben. "Es geschieher nicht gar oft, daß diejenigen, welche falsche Urkunden machen, "diese Buchstaben genau genug nachmachen, entweder weil sie mit allzuvieler Eilfer "tigkeit schreiben, oder sich damit begnügen, daß sie etwas machen, daß ihm nahe komt, "aber nicht ganz ahulich ist. Es folget daraus, daß für denjenigen, welcher sich dar auf einiger Maßen verstehet, und mit der Geschichte und den Gebräuchen eines jeden Rtf 3 Jahr

(9) Hift. de l'orig, des revenus eccles tom. 2. pág. 266.

(F) lbid. pag.

allgemeine Regel der Falschheit.

VI. Die sechs ste allgemeine Regul der Falschheit.

1

VII. Die fiebende allgemeine Regul der Falschheit.

Jahrhunderts ein wenig bekannt ist, die Entdeckung falscher Charten keine sonder lich schwere Sache sey.

S. 641.

Es ist unmöglich, daß eine auch so gar Originalcharte wahr sey; 1) wenn ihre Schreibart und ihre Formeln nicht zusammen stehen können mit denen in Stücken von eben dieser oder einer ganz andern Gattung, von eben der oder von einer ganz andern angrånzenden Nation, von eben dem oder von einem ganz andern nohen Jahrhundert: 2) wenn sie Begebens heiten von einer unumßtößlichen Gewißheit widers richt, die nicht nur auf dem Zeugniß der zu gleicher Zeit lebenden Geschichtschreiber, sondern der glaubwürdigsten Denkmäler derselben Zeit beruhet: 3) wenn ihre Schrift, ihre Dinte und andere äußerlichen Rennzeichen mit ihren unzweifelhaften Zeitangaben nicht übereinstimmen können.

Anmerkung.

Diese Regul ist nur ein Zusah der drey ersten vorhergehenden Regeln. Es ist vollkommen gewiß, daß ein Originalstück, das durch die Vereinigung aller dieser Gründe überwiesen wird, nie behauptet werden könne. Ein jeder, auch als eine Privatperson, muß sie verwerfen dürfen, wenn sie einander nicht widersprechen, und wenn die Formeln dieses Stückes wahrhaftig mit denen von demselben Jahrhundert nicht beysammen stehen können. Wenn jedoch diese Gründe, die mehr scheinbar als wirklich sind, nicht zusammen stimmen, so muß der dritte gemeiniglich den Vorzug haben. Wenn er offenbar wider die Charte ist, so muß sie für falsch gehalten wers den. Wenn er offenbar für sie ist, und nur durch Formeln bestritten wird, die nicht schlechterdings mit diesem oder jenem Jahrhundert unverträglich sind, die aber doch keine Aehnlichkeit mit denen haben, davon man Kenntniß hat; so darf die Urkunde nicht für falsch gehalten werden. Da niemand alle Urkunden und alle Acten eines jeden Jahrhunderts gesehen, so kann niemand mit einer völligen Versicherung sagen, fie sen nicht mit diesen oder jenen Kennzeichen versehen, wenn es nicht effenbat ist, daß sie nicht zusammen stehen können. Die Urkunde wird weder falsch noch verdäch: tig seyn, wenn die historischen Begebenheiten, welche er dem Haufen der Echrift: steller entgegen sehet, umständlicher ausgeführt, besser zusammenhangend, und wahrscheinlicher sind, wenn sie die Geschichte verbessern und berichtigen, anstatt sie umzustossen: denn dieß ist ein Vorzug der neuerlich entdeckten alten Denkmåler, Daß sie die Geschichte vollkomner machen. Wenn aber die Charte denen Begeben: heiten widerspricht, welchen kein Denkmaal Abbruch thun noch sie zweifelhaft machen. kann; wenn es nur nicht atte oder entfernte Begebenheiten betrist in Ansehung der Verfasser des Dipioms, sondern Begebenheiten, welche sie vor Augen gehabt haben müssen, so muß sie für falsh gehalten werden. Dergleichen würde z. B. ein vor: gebliches Diplom Heinrichs 2. des Königs von England feyn, das zugleich ein aufgekleibtes Siegel, einen Namenszug, eine also abgefaßte Formul der Zeitangaz ben hat: Datum pridie nonas decembris anno X. Henrici gloriofillimi regis, indictione VIII. Actum apud Rotomagum. Odo comes ambafciavit. Ausser dem, daß es von Seiten einiger Formeln offenbar ist, daß sie nicht zus

sammen

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