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XV. Die

St. Germain angränzet, vor allem Volke zu Paris geprediget haben sollte, und dieß war eine Ursache, die er anführte und die Acte zu verwerfen, worinnen diese Be gebenheit gemeldet wird. Unser berüchtigter Kunstrichter wußte also nicht, daß der Pabst Urban 2. eine Rede am Ufer der Loire den zweyten Fastensonntag im Jahe 1095. gehalten habe. Wenn aber die That Alexanders 3. die einzige in der Art wäre, wäre dieß wohl ein Grund die Acte zu verwerfen, welche solches bezeuget. Man würde nicht zu Ende kommen, wenn man umständlich die schlechten Vernunftschlüsse anführen wollte, die von den Kunstrichtern angebracht worden, die Charten in üblen Ruf zu bringen, welche sich mit ihren Begriffen nicht zusammen reimen ließen.

§. 649.

Es folger nicht, daß eine alte Acte falsch sey, darum weil man von ei funfzehende ner oder mehrern Begebenheiten die sie enthält, keinen Grund anzugeben allgemeine wußte. Regul der Falschheit.

XVI. Die

fechzehende

allgemeine Regul der Falschheit.

XVII. Die

fiebenzehende

Anmerkung.

Begebenheiten, die so sehr von uns entfernet sind, können Ursachen gehabt haben, die verborgen geblieben find. "und es würde sehr gefährlich seyn, sagt Hr. von Tille: "mont (y) wenn man vorgeben folke, eine Sache wäre falsch, weil wir davon den "Grund nicht angeben können."

S. 650.

Man muß Diplome nicht als falsch verwerfen, weil sie große Freyheits: briefe oder einige mit der Oberherrschaft verknüpfte Rechte verwilligen.

Anmerkung.

1) Man hat lange Zeit von keinen Rechten gewußt, die von der Krone nicht veräußert werden könnten. 2) Es hat Zeiten gegeben, da die Kirchen wie die Herren viele Freyheiten (3) und Rechte genossen haben. die heutiges Tages den Oberherren vor: behalten werden. 3) Es giebt noch so gar Kirchen, welche einige von diesen Rechten genießen.

$. 651.

Jede Regul, welche die wahren Charten samt den falschen verurthei: allgemeine let, muß verworfen werden; und eine jede Regul, welche die falschen Ur Eunden schonet ist falsch an sich selbst.

Regel der

Falschheit.

XVIII. Die

$. 652.

Um einige Stücke rechtlicher Weise für falsch zu erklären muß man achtzehende glaubhafte Beweise von dreyerley Arr haben schriftliche Beweise Beweise allgemeine mir Zeugnissen, Beweise, die auf ungezweifelte Anzeigen gegründet und ktårer sind als der Tag,

Requl der
Salschheit.

1) Hist. ecclef. tom. 15. p. 924.
381. §. 621.622,623.624.

(3) Man sehe uns. 6. Th. S. 378. 379.380.

Drita

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Dritter Abschnitt.

Von den

allgemeinen Regeln des Verdachtes und den allgemeinen falschen oder unzulänglichen Regeln,

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iese Regeln haben folgende Säße oder lehnfäße zum Grunde. Wenn man sich Einleitung. die Zeit nicht nimt, diese Säße umständlich zu beweisen, so ist es nicht die Ur- Von den Grundsäsen sache, weil man sie nicht leichtlich beweisen könnte. Aber aufferdem, daß sie der Regeln Beynahe die Klarheit der Hauptgrundsäße haben, glauben wir, daß es hinlänglich sey, des Verdachs unten die Grundlehren anzuzeigen, worauf sie sich gründen. Diese Anzeigungen, tes. davon wir öfters Kürze halber Gebrauch machen, find im Grunde den Beweisen gleich.

1. Die Muthmaffung ist der Wahrscheinlichkeiten und der Glaubwürdigkeiten mehr oder weniger fähig, nachdem ihre Gründe mehr oder weniger zahlreich, gründ licher, oder nicht so gründlich sind. (a)

2. Der Verdacht kann eine unzähliche Menge Staffeln annehmen, wie die Muthmassung davon er eine Art ist. (b)

3. Die Muthmassung muß dem Zeugniß die Wage halten, wenn jene sehr stark und sehr glaubwürdig, und dieses wenig wahrscheinlich und unsicher ist, entweder weil der Schrift eller keinen Glauben verdienet, oder weil er weder ein Zeitgenosse, noch beynahe zu gleicher Zeit gelebt, und auch sonst keine sichern Nachrichten gehabt hat. (c)

་་་ 3

(a) laut der 3. Erklärung und des 12. Hauptgrundsages.

der 3 Erklärung und des 1. Eages.
fases und der 9. Regul der Wahrheit,

4. (6) Vermöge

() Vermöge des 13. Hauptgrund.

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"Wenn es jedoch sich zuträgt, daß eine Begebenheit durch das Zeugniß eines "Schriftstellers bezeugt worden, welcher einiges Ansehen hat, welcher sich deutlich "erkläret.... welchem nicht durch andere Schriftsteller widersprochen worden, und ́”den man nicht überführen kann, daß er sich betrogen habe; alsdenn muß das Zeugs "niß vor der Muthmassung einen Vorzug haben." (d)

5. Eine Begebenheit wird zweifelhaft, wenn sie durch überaus starke Muth massungen, die weder gehoben noch geschwächet werden können, bestritten wer den. (e)

6. "Eine Begebenheit, welche von einem beynahe zu gleicher Zeit lebenden "Schriftsteller vorgebracht worden, kann durch das Stillschweigen der andern nicht "verwerflich gemacht werden. Man müßte, fährt der Hr. Baron de la Bastia "weiter fort, einen ausmachen, der entweder vorher oder zu eben derfelben Zeit gelebt "hätte, und der gerade das Gegentheil sagte." (f)

7. Es ist eine Ausschweifung der Kritik eine Begebenheit für falsch zu halten, welche nur zweifelhaft ist, oder ein Diplom für untergeschoben anzugeben, dessen Glaubwürdigkeit blos verdächtig ist.

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Anmerkung.

Ein berühmter Akademist (g) leget uns Betrachtungen vor, welche hier ihren Plak finden können, ob sie gleich über eine ganz andere Sache angestellet worden. "Die Gemeinschaft des Orinoc und des Amazonenflusses, die neuerlich bewiesen "worden, kann um so mehr für eine Entdeckung in der Erdkunde gehalten werden, "daß, ob schon die Vereinigung dieser beyden Flüsse ohne allen Anstand auf den alten "Charten abgezeichnet gewesen, alle neuere Erdbeschreiber auf den neuen solchen weg: 'gelassen, als ob sie es mit einander abgeredet hätten, und daß solche von denen für 'etwas erdichtetes gehalten worden, welche das Ansehen hatten, als ob sie von ihrer "Wirklichkeit besser unterrichtet seyn müßten. Es ist wahrscheinlicher Weise nicht das "erstemal, daß die Wahrscheinlichkeiten und die blos einen Schein habende Muth"maßungen Begebenheiten vorgezogen worden, welche von Reisebeschreibungen bezeu "get worden, und daß die Einbildung einer übertriebnen Kritik Veranlassung gege "ben, dasjenige mit einem entscheidenden Ton abzuleugnen, woran nur zu zweifeln "> "erlaubt war.

دو

1. Zusag.

Eine wahre Begebenheit wird bisweilen von denen für folsch erkläret, welche das von am besten unterrichtet seyn sollten.

2. Zufag.

Die Muthmaßungen, auch die des Beyfalls würdig scheinenden dürfen keinen Vorzug haben vor Begebenheiten, die mit Zeugnissen belegt find.

8. Was

(d) HONORE DE SAINTE MARIE, Reflex. fur les regles de la critiq. t. 2. p.
298. Laut des 13. Hauptgrundsages und des vorhergehenden Sases. (e)
Laut der 7. und 11. Erklärung. (f) Mem. de l'Acad. des infcript. tom.
15. p. 110.
(g) Relation abregée d'un voyage dans l'interieur de l'Ame-
rique merid. par M. DE LA CONDAMINE.

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8. Was die Begebenheiten anbetrift, so muß ein bekannter Schriftsteller, wenn übrigens alle Umstände gleich sind, einem ungenannten vorgezogen werden, der geist liche oder Ordensmann dem Layen, ein Mann in hohen Ehrenstellen einem blosen Pris vatmann, der Zeitgenosse demjenigen, welcher erst nach denen Vorfällen gelebet hat, die er erzählet.

S. 654.

Man muß kein Buch oder Manuscript der Unterschiebung oder des 1. Die erste Betrugs verdächtig machen, wenn man sich nicht auf ein untadelhaftes Regul des Zeugniß, oder auf eine rechtmäßige Ursache gründen kann (h).

Beweis.

Dieß ist eine selbst von (D) dem P. Hermon erkannte und bestätigte Wahrheit.

1. Zusag.

Man muß gleichfalls keine in den Charten enthaltene Begebenheit, noch die Char ten selber verdächtig machen, ohne ein Zeugniß oder eine rechtmäßige Ursache.

2. Zusag.

Der schlechte Argwohn kann weder gegen die Charten noch gegen die ihnen enthaltene Begebenheiten etwas ausrichten.

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Verdachtes.

Das Zeugniß eines glaubwürdigen; eines uneigennützigen und übri: II. Die zweyte Regul des gens zu gleicher Zeit lebenden Mannes, welcher versichert, daß ein Buch Verdachts. oder eine Urkunde verfälscher oder untergeschoben sey, würde dergleichen Buch oder Urkunde sehr verdächtig machen; jedoch wird es nicht allezeit deren Falschheit erweisen.

Beweis.

In Ansehung der Begebenheiten kann sich jederman irren. Also ist das blose Zeugniß eines Menschen nicht schlechterdings entscheidend, wo es nicht dasjenige bes weiset, was es aussagt, oder wenn die Begebenheit nicht von der Beschaffenheit ist, daß man sich nicht dabey hat betrügen können; wofern er keinen Vortheil daben gez habt zu betrügen, oder es sey denn, daß er dieses Vortheils ohnerachtet, nicht im Vers dacht stehe, daß er habe wollen betrügen. Das Zeugniß eines solchen Menschen würz de vermöge des 3. Sakes dem ohnerachtet hinlänglich seyn, ein Buch oder eine Ur: kunde sehr verdächtig zu machen, wenn man nicht sehr starke Widersprüche entgegen sette, die auf Begebenheiten beruhen, welche fähig sind allen Verdacht zu heben.

S. 656.

(h) Man sehe die 4. 6. 10 Erklärung, die 10. Regul der Wahrheit, und den 5.
Zusag der 9.

(D) Demonftravimus nulli libro aut textui ntentandam effe accufationem falfi, aut etiam fufpicionem afpergendam fine idoneo tefte aut legitima ratione. De veter. baret. p. 609.

Graviter quoque peccat qui receptum a majoribus tanquam genuinum opus aliquod, aut fine idonea probatione accufat falfi, aut fi. ne legitima caufa fufpectum habet. lbid. p. 561.

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§. 656.

Man mag noch so viel schlechten Argwohn wider eine Urkunde oder III. Die dritte wider eine mit Zeugnissen wohl versehene Begebenheit vo bringen; so darf Regul des Verdachtes. er doch keinen Zweifel gegen die Gewißheit dieser Urkunde oder dieser Be: gebenheit erregen. (i)

IV. Die vierte

Regui des
Verdachtes.

Beweis.

Es giebt keine Wahrheit bey der Geschichte und bey den Denkmålern, die man nicht durch unzähliche metaphysische Möglichkeiten bestreiten könnte. In diesem Stück ist der Verstand des Menschen unerschöpflich. Es können folglich dieselben nicht zur Unterscheidung des Wahren und des Falschen dienen. Sie müssen daher für nichts gerechnet werden, eben so wie ein jeder Vernunftschluß, welcher keine andere Stüke hat. Weiter werden blose Möglichkeiten durch entgegen gesette Möglichkeiten bestrit fen, oder können bestritten werden. Sie sind folglich unnütze, weil sie allezeit umgestossen worden, oder können umgestoffen werden. Wenn sie nicht umgestoffen wor den, so ist die Unmöglichkeit von Seiten der Sache nicht Schuld daran; sondern weil man sie verachtet, oder weil man verabsäumet sie zu bestreiten, oder weil man nicht Einfälle gnug hat, es zu unternehmen.

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Jeder Beweisgrund von der blosen Möglichkeit gegen die Wahrheit der Urkun: den, muß als abgeschmackt verworfen werden, und als ein solcher, der zur Umkeh rung der menschlichen Gesellschaft abzielet.

§. 657.

Der bewiesene Grund der Falschheit macht das Stück und dessen Ver: fasser verwerflich. Der gewaltsame Verdacht schwächer das erstere, und macht den Beweis, den man daraus bernime, ungültig Der rechtmäßige Verdacht thur jenem Abbruch, und macht diesen unvollståndig, jedoch vow ausgefegt, daß diese Beweisgründe nicht umgestoffen worden. (F) Beweis.

Der gerechtfertigte Beweisgrund der Falschheit zichet offenbar die Verwerfung des Stückes nach sich. Der gewaltsame Verdacht, so nicht gehoben worden, ist eben so kräftig solchen zu schwächen. Denn er zeiget, laut seiner Erklärung daß es glaubhafter, oder wenigstens eben so glaubhaft sey, daß eine Schrift sowohl falsch als wahr sey. So bald es nun überein zweifelhaft ist, ob eine Schrift falsch oder wahr fen, so darf sie nicht mehr für beständig einen Beweis ausmachen. Sie wird daher unnüße, ungültig, und folglich unkräftig, und ist für nichts zu achten. Der recht: mäßige Verdacht über die Echtigkeit eines Stückes beweiset, daß es sittlicher Weise möglich sey, daß sie falsch sen, ob es schon glaublicher bleibt, daß sie wahr sey. Ob er also gleich den Beweis, den man daraus hernimt, nicht vernichtet, so schwächet er solchen doch. Es komt aber höchstens nur dem gewaltsamen Verdacht zu, eme Ur: funde

(i) Siehe die 5. Erklärung und den 1. 2. 3. 6. Zusaß.
7, 6, 10. Erklärung, und der 8. 9. Regel der Falschheit,

(E) Laut ber 8. 9. 11.

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