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Aufbjung der ersten Echwierig

keit despites

Ueberwinder bey Anführung aller dieser vermeynten Kunstgriffe, welche nach seiner Einbildung Hr. Mabillon angebracht hat, um in jeder Urkunde alle, auch die am wenigsten zu erduldende Fehler zu vertheidigen. Wenn die Schrift eines Diploms, sagt Sickes, darthut, daß es zu der Zeit, welche es anmeldet, nicht geschrieben wor den fen, so wird Mabillon antworten, man dürfe die alten Charten nicht aus der Schrift allein beurtheilen; weil es in einerley Jahrhundert und in einerley Lande ver: schiedene Schriftarten gåbe. Wenn die Geschichtschreiber oder die Aufschriften mic einem Diplom nicht übereinstimmen; so wird Mabillon sagen, ihr Ansehen dürfe demselben nicht vorgezogen werden, sintemal die Geschichte und die Aufschriften so gar von eben derselben Zeit nicht allezeit von groben Fehlern frey find. Wenn man in einer Urkunde ungewöhnliche Ausdrücke und Redensarten oder Namen von Personen ent: decke, welche noch nicht auf der Welt waren, da es ausgegeben worden; so wird Mas billon behaupten, es sey nur eine Abschrift, in welcher man das Original verfälscher Habe durch Glossen, welche einige Halbgelehrte beygefügt haben möchten. Wenn die Zeitangabe falsch ist, oder wenn die Jahre durch die Jahrzahlen der Menschwerdung, oder durch jede andere Jahrbestimmung, die noch nicht gebräuchlich gewesen, angezeigt worden; so wird er sagen, es sey dieß eine Veränderung oder ein Zufag, der durch einen falschen Gelehrten gemacht worden zu einer desto weitern Erläuterung. Mit einem Wort, es giebt keine Urkunde, welche ein Alterthumskenner, aus der Schule des Mabillon nicht zulassen könne, keine Falschheit, welche man nicht mit Beyhülfe feiner Grundsäge behaupten könne.

Ehe wir auf so harte Beschuldigungen antworten, so wollen wir uns erinnern, 1) daß sickes, welcher sich mit so großen Stolz gegen die Diplomatik des P. Mabillon aufgemacht, der Lobredner dieses großen Werkes sey. Er gestehet aufrichtig, wenn man die Anwendung der von dem gelehrten Benedictiner vorgetragnen Regeln richtig mache̟, so wären sie sehr müßlich. Er hat sich auch derselben bey Untersuchung der angelsächsischen Charten mit Vortheil bedienet. Ja er ermuntert alle diejenigen, welche sich dieser Art von Wissenschaften widmen wollten, daß sie dazu ihre Zuflucht nehmen möchten, um die alten Urkunden sicher zu beurtheilen. 2) Merken wir an, daß man davon nicht sicher urtheilen könne, wenn man sie nur nach einer oder zwo Regeln untersuche . fondern diese Untersuchung muß nach etlichen oder auch nach allen angestellet werden, wenn es nöthig ist. 3) Ist ein großer Unterschied zwischen den Urschriften und zwischen den Abschriften, indem die ersten mehr Ansehen haben, und diese auch mit mehr Schärfe und Beurtheilungskunst untersucht werden müssen. Wir folgen nun dem Hickes Fuß für Fuß.

S. 948.

"Wenn man, sagt er, aus der Besichtigung der Schrift beweisen will, daß "ein Diplom nicht zu der Zeit geschrieben worden sey, die man ihm beylegt, alsdenn "wird Mabillon antworten, man müsse olte Charten nicht aus der Schriftart allein "benetheilen, weil die Schriftart in einert. Jahrhundert und in einerley Landschaft "nicht überein sey Dieß heist den P. Mabillon beschuldigen, wenn man ihm beyz misset, als habe er gelehret, man könne ein Diplom der Falschheit wegen entschuldi

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gen,

gen, welches gewiß zu derjenigen Zeit nicht geschrieben worden, deren Zeitangabe es führet. Es ist nicht möglich, daß eine Person, so wenig man ihr auch Menschenvers stand zutrauet, fähig sey, auf eine so ausschweifende Weise zu schließen. Hr. Mabil lon sagt recht, wie es sickes anführet, man müsse die Wahrheit eines Diploms nicht aus der Schrift allein beurtheilen; aber er sehet hinzu, welches Hickes weglässet, man müsse alle andere Kennzeichen des Stücks sorgfältig untersuchen, und erst nach dieser scharfen Untersuchung von seiner Echtigkeit oder Falschheit urtheilen. Wenn man nur ein wenig Aufrichtigkeit hat, und von aller Partheylichkeit entfernet ist, so wird man genöthiget werden, die Wahrheit und die Gewißheit der Regul des P. Mabillon einzugestehen. Denn entweder ist die Schrift augenscheinlich fehler: haft, welches ein wesentlicher und in einer Charte unerträglicher Fehler ist, oder sie ist der in den Diplomen oder Handschriften von eben dem Alter so gleichförmig, daß sie nicht in Zweifel gezogen werden kann; oder es ist endlich die Schrift so zweifelhaft, daß die geschicktesten Alterthumskenner bey dem darüber zu gebenden Ausspruch unent: schlüßig bleiben. In Ansehung der ersten und der zweyten Gattung der Schrift, ift die Regul des P. Mabillon unnöthig, weil sie keine Schwierigkeit haben können. Wenn aber auch die Schrift so zweifelhaft ist, als man annimt; alsdenn ist die Res gul zu gebrauchen. Es ist zur Vertheidigung eines Diploms nicht genug, daß man antworte, man dürfe nicht nach der Schrift allein urtheilen, wie Hickes den P. Ma billon es aufbürdet; fondern man muß alle, sowohl die äusserlichen als innerlichen Kennzeichen des Diploms untersuchen, und nur dieselben aus der Zusammenkunft aller insgesamt beurtheilen, wie durch die Regul fürgeschrieben ist, und so wie Hr. Mabillon anderwärts fagt: Neque enim ex fola fcriptura vel figilli forma, fed ex omnium circumftantiarum complexu veritas authenticorum diplomatum dijudicanda eft. Es ist daher klar, daß die Regul des P. Mabillon in Ansehung der Schrift der Charten so gewiß und so weise sey, daß ein so geschickter Mann, als Georg Sickes ist, sie nicht hat bestreiten können, ohne sie zu verdrehen.

"

S. 949.

keit des Hickes

Die zweyte Schwierigkeit dieses Gelehrten ist eben nicht schwerer aufzulösen, Auflösung dec "wenn die Zeugnisse der Geschichtschreiber und die Aufschriften, sagt er, weder mit zweyten "der Zeit noch mit dem Orte, wo das Diplom ausgegeben worden, überein stimmen; Schwierigs "so muß das Ansehen von diesem solchen Zeugnissen vorgehen, so zuverläßig sie auch 'seyn, und so nahe sie auch derselben Zeit kommen mögen, und dieß aus der Ursach, "weil es nichts seltenes ist, daß man Schriftsteller in wichtige Fehler gerathen sehe, "u.f.w." Diese Schwierigkeit würde den Hickes nicht aufgehalten haben, wenn er das Nebenwort femper nicht weggelassen hätte, wie er denn selber gestehet, daß Hr. Mabillon sich dessen bey der Erläuterung seiner Regul bedienet habe, allwo er, nach: dem er es aus Beyspielen bewiesen hatte, schliesset, das Ansehen der Geschichtschreis ber und der Aufschriften dürfe nicht allezeit der Diplome ihrem vorgezogen wer den: Non ergo SEMPER in diplomatum præjudicium citari debent hiftorici et tituli. Diefe also erklärte Regul ist ganz richtig selbst nach dem Geständniß des Hickes, Aber in was für Umständen und mit was für Vorsichtigkeit soll das Anse,

Bbb b 2

Auflösung

Hickes.

Anschen eines Diploms der Geschichtschreiber und der Aufschriften ihrem vorgezogen werden? welches man in dem 3. Abschnitt des 1. Hauptstückes des 1. Buches unseres neuen Lehrgebäudes der Diplomatik nachsehen kann. (1)

S. 950.

Die andern Schwierigkeiten betreffen blos die Abschriften und greifen die vom der übrigen Hrn. Mabillon zur Unterscheidung der Originale eingeführten Regeln nicht an. Schwierig. Es ist an dem, daß die Abschriften gewisser Maaßen ihr Ansehen haben und zuges keiten des lassen werden müssen, wenn ihre Fehler nicht wesentlich sind, wie wir anderwärts uns erklärt haben. Dieß sen genug zur Ueberführung der Anhänger des gelehrten Englanders, daß er die Regeln des Hrn. Mabillon nicht verstanden oder nicht habe verstehen wollen. Die beygefügten Anmerkungen sind größtentheils aus der Vorrede genommen, welche Hr. Thierri Ruinart der zweyten Ausgabe der sechs Bücher de re diplomatica vorgefehet hat. Hr. Ruddiman, ein gelehrter Diplos matist, urtheilet nach Durchlesung dieser Vorrede (T), daß Sickes die jeht von uns erläuterten Regeln in einem Verstande genommen habe, den er wider den Sinn des P. Mabillon ihm mit Gewalt aufgebürdet. Es hat uns nöthig zu seyn gez schienen die Gewißheit derselben festzus hen und die falschen Auslegungen des Sickes abzulehnen; weil der Verfasser des Artikels Diplomatique in der Encyclopedie (m) theils auf das Zeugniß dieses engländischen Lehrers annimt, man könne auf die Regeln, welche Hr. Mabillon vorgetragen, nicht gewiß sich versprechen, daß man die echten Diplome zu kennen und sie von denen zu unterscheiden im Stande sen, welche die Merknaale der Falschheit haben. Man hat in dem 1. Abschnitt dieses neuen Lehrgebäudes (n) gezeigt, wie unbillig dergleichen angenomner Saß sey.

(1) 1 Th. §. 57. f. S. 52. f.
ff. S. 18. f.

(T) Imprimis (1) legi merentur, quæ ha-
bet, ut alibi paffim, cl. Mabillonius in præno-
bili fuo nunquam fatis laudando de re diplo
matica opere, præcipue vero libri tertii cap. I.
2. et 6. et fupplementi, cap. 1. §. 3. Regu
Jas quidem a doctiffimo illo viro, in epilogo
fui operis, id eft prædicto illo libro 3. cap. 6.
et ultimo traditas, ut incertas aut fallaces car-
pit in re antiquaria itidem verfatiffimus Geor.

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(1) Præfat. in felect. diplom. Scotia Thefaurum, pag. 28.

Wilfter Abschnitt.
Besondere Regeln *

von den

Originalen, Abschriften, verschiedenen Arten von Charten;
von dem Stoff, der Dinte und Schrift der Manuscripte
und Diplomen.

Erster

Erster Artikel.
Besondere Regeln

von den

Originalen, Abschriften und verschiedenen Arten der Charten.

Einleitung, S. 951.

Inhalt.

Die ersten vier Regeln von Unterscheidung der Originalen und Abschriften, S. 952.

Die fünfte und sechste Regul von der Erneue

rung der Abschriften, §. 953.

Die siebenzehende Regul von den litteris for
matis, §. 957.

Die achtzehende bis zivey und zwanzigste Res
gul von den commonitoriis, Bele:
gung mit dem Bann und Interdicto,
$.958.

Die siebende bis neunte Regul von den Vi. Die drey und zwanzigste und vier und zwan

dimus, $.954

Die zehende bis zwölfte Regul von den fug.

zigste Regul von den Appellations,
briefen und Patenten, S. 959

geftionibus und fuggerendis, von den Die fünf und zwanzigste bis neun und zwane
indiculis und königlichen Pancarten,
$.955.

Die dreyzehende bis sechzehende Regul von Die

M

den Notizen, S.956.

§. 95T.

zigste Regul von den getheilten Char
ter, §. 960.

dreyßigste Regul von den Freylaßungs-
briefen, §. 961.

Lenn man der Unmöglichkeit ohnerachtet alle unsere allgemeinen Regeln umstossen wollte, so würde es vergeblich seyn, wenn man nicht auch unsere besondern Regeln umstossen würde. Was man auch für Nußen aus den erstern nimit, so hängt doch die Gründlichkeit der lehtern nicht dergestalt davon ab, daß man diese von Grund aus umkehren könnte, wenn man jene umstürzte. Eine Begebenheit bleibt auf eine von allen metaphysischen Vernunftschlüsseu unabhängige Weise eine Begebenheit; und wenn ihre Gewißheit einmal bewiesen ist, so müßten die scheinbarsten Beweise gegen ihre Gründlichkeit scheitern. Wir haben auch unsere allgemeinen Regeln nicht zu einem unbeweglichen Grunde unserer besondern Regeln gegeben, als nur die Verbindung und die Verhältnisse zu zeigen, die sie unter eine ander haben.

§. 952. .

Einleitung.

1. Jm 10. und 11. Jahrhundert können die Originale bisweilen von Die ersten den Abschriften durch geknüpfte Riemen unterschieden werden. (0)

vier Regeln

scheidung der Originaten

11. Es giebe Originale, hauptsächlich seit der Mitte des 11. bis zur von Unter Mitre des 12. Jahrhunderts, welche keine Riemen und Siegel haben, die jedoch mit wirklichen oder so scheinenden Unterzeichnungen versehen sind. (4) und Abs III. Wenn eine Charte von großer Wichtigkeit, die vor dem 18. Jahr- schriften. hundert oder nach der Mitte des 11. Jahrhunderts ausgegeben worden,

nicht

Bbbb 3

(0) Man fehe uns. 1. Th. §. 192. S. 184. und 6. Th. §. 1. ff. S. 5.1.

(p)

1. Th. §. 191. S. 183. 3. Th. §. 117. f. S. 126. ff. 6. Th. §. 14. ff. S.11. f.

Die fünfte und sechste

Regul von der Erneue rung der

nicht mit Knoten und einiger Unterzeichnung versehen ist, so muß sie für eine Abschrift oder für einen blofen Entwurf einer Acre gehalten werden. (q) IV. Vor dem 13. Jahrhundert können Originalcharten in den Händeln von geringerer Erheblichkeit der Siegel, der Knoten, und der Unterzeich nungen beraubt seyn; aber alsdenn vertritt die Beniemung der Zeugen die Stelle aller dieser Merkmaale. (r)

S. 953.

V. Abschriften, die in Frankreich durch königliche Gewalt erneuret worden, würden vor dem 8. Jahrhundert verdächtig seyn. (8)

VI. Die Erneuerungen der Urkunden können nicht verdächtig seyn unter dem Fürwand eines allzugroßen Alterthums, wenn sie nicht über Abschriften. das Jahrhundert Rarls des großen hinaussteigen.

Die siebenbe bis neunte Regul von den Vidimus.

Die zehende bis zwölfte Regul von

Anmerkung.

Hr. Mabillon (1) weiset einen Vermächtnißbrief auf, der von diesem Fürsten erneuret worden; und man kann nicht zweifeln, daß man in der folgenden Zeit forts gefahren habe die Urkunden auf eben diese Weise zu erneuren, bis der Gebrauch davon ganz gemein geworden; welches erst im 12. Jahrhundert geschehen.

§. 954.

VII. Dieß würde einen Grund des Verdachtes abgeben gegen Charten, die von den Königen Frankreichs und Englands erneurer worden; wenn seit dem 13. Jahrhundert die erstern nicht die Acte selbst mit Vidimus und die zweyten mit Infpeximus angefangen hårten. (u)

VIII. Man darf ordentlicher Weise die Vidimus nicht verdächtig machen, worinnen die Briefe nicht also abgeschrieben worden, wie sie in der Urschrift stehen, und deren Schreibart man verändert hat. (v)

Anmerkung.

Lenn man etliche Abschriften von einerley Charte nahm, so baud man sich nicht allezeit daran, sie völlig gleichförmig zu machen. Die Mannichfaltigkeiten, welche man darinnen antrift, schaden ihrer Echtigkeit nicht. Um wie viel weniger darf man' die vidimirten Stücke verdächtig machen, welche von ihren Urschriften abgehen. (w) IX. Auch die von der höchsten Gewalt ausgegebne Vidimus können nicht zuwege bringen, daß eine untergeschobne Charte wahr sey. (x)

S. 955.

X. In dem 10. Jahrhundert würden Briefe oder Acten unter dem Tamen fuggeftiones und fuggerendæ vor dem rechtmäßigen Verdachte nicht gesichert seyn. (y)

(q) 1. Th. eben daf..

XI. In

(r) Eben das. und 7. Th. §. 183. ff. S.93. f. (6) (t) De re diplom. pag. 507. (u) Man sehe (v) Ebendas. §. 197. S. 189. (1) Eben (x) Eben das. §. 199. ff. S. 190. ff. (v) Eben

1. Th. S. 195. S. 187.
uns. 1. Th. S. 196. S. 188.
daselbst §. 185. S. 178. f.
bas. S.295. S. 285.

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