Handbuch der spanischen Sprache und Litteratur, oder Sammlung interessanter Stücke aus berühmten spanischen Prosaisten und Dichtern, chronologisch geordnet und mit Nachrichten von den Verfassern und ihren Werken begleitet. An den Leser. Noch immer ist die Unbekanntschaft mit der spanischen Sprache und Litteratur so grofs, dass man die meisten Gelehrten in Verlegenheit setzet, wenn man sich bey ihnen nach einem andern Prosaisten als dem Cervantes, und nach einem andern Dichter als dem Boscan erkundigt; welche sie in den meisten Fällen noch dazu nur dem Nahmen nach, oder höchstens aus Uebersetzungen oder Nachahmungen kennen. Dieze's Uebersetzung der Dichtkunst des Velasquez; Denina's Beantwortung der Frage eines Französischen Encyklopädisten: was hat Spanien seit Jahrhunderten für die Wissenschaften gethan? und Tychsen's Abrifs der Spanischen Litteratur, als Anhang zu Bourgoing's Reise alle diese schätzbaren Werke haben einen grofsen Theil der Vorurtheile weggeräumt, welche dem Studium der Geisteswerke der Spanier bis dahin im Wege 1 standen; aber der Kaltsinn ist im Ganzen so sehr geblieben, dafs ihn selbst die mannichfaltigen Hülfsmittel, welche seitdem zur Erlernung der Spanischen Sprache erschienen sind, nicht haben verdrängen können. Bey der grofsen Bereitwilligkeit des Deutschen, die Sprachen fremder Nationen zu lernen und ihre Litteraturen zum Anbau der seinigen zu benutzen, mufs dieser Kaltsinn jedem Denkenden auffallen. Wie gross auch der Antheil seyn mag, welchen die Seltenheit der spanischen Geistesproducte in Deutschland daran hat; so kann sie doch nicht als die einzige Ursache dieser Erscheinung angesehen werden; denn bey den mannigfaltigen Handelsverbindungen, worin die Deutschen gegenwärtig mit den Spaniern stehen, ist die Herbeischaffung ihrer Schriften keinen so grofsen Schwierigkeiten unterworfen, dass der improbus labor der Deutschen sie nicht mit Vergnügen überwinden sollte, wenn es ihnen anders der Mühe werth schiene. Da diese Vernachlässigung nicht blofs die Spanier, sondern auch die Italiäner trifft, so scheint die Ursache derselben keine andere zu seyn, als die: dafs wir durch ein fortgesetztes Studium der englischen und französischen Litteratur verwöhnt, allmählig den Geschmack für die Geistesproducte unserer südlichen Nachbarn verloren |