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Der Herrn Minister Regiment
Sen beym Burgunderwein,

Der Kriegsrath und das Parlament
Coll in Champagne seyn.

auch folgende:

Das Leben wird, der Traube gleich,
Gekeltert und gepreßt;

So gibt es Most, wird freudenreich,
Und feyert manches Fest!

Drum zag' ich nicht, engt mir die Brust
Das Schicksals Unmuth ein;

Bald braus' ich auf in Lieb' und Lust
Und werde reiner Wein.

Diese Vermengung der Lust mit dem, man könnte sagen, ironischen Ernste, zeigt ganz die poetische Eigenthümlichkeit der Natur unsers Dichters, und er ist deßhalb sehr zu loben, daß er ihr keine Gewalt angethan und den Ausbruch seiner Empfindung nach den Vorschriften gewisser Kunstformen modificirt, sondern sie rein und ungeschwächt, wie sie in ihm erwachte, und ihren Ausbruch versuchte, ausgeströmt hat.

Auch die Gedichte vom kleinsten Umfange, welche diese Sammlung schmücken, sind von dieser Art. Flüchtiges, Schales und Alltägliches vermissen wir durchgehends. Wir machen. in dieser Beziehung besonders auf zwey aufmerksam: an Leonore, Seite 114, und auf das Grab eines geliebten Kindes, S. 151, wovon wir das erste der besondern Innigkeit der Empfindung wegen, die es ins Leben rief, und wegen der Zartheit der Behandlung mittheilen:

Dein Liebling kostete den Kelch des Lebens,

Da schmeckt er seine Bitterkeit und wand
Sein Köpfchen schnell hinweg, sein Auge blickte

Voll Sehnsucht zu dem Himmel auf, da drückte
Ein Engel es ihm freundlich zu!

Ach Mutterherz, was weinest du?

Die übrigen Gedichte sind gleichfalls lyrischer Art, hin und wieder mit Hinneigung zum Didaktischen. Die vorzüglichsten darunter sind unstreitig die, in welchen die erhabenen Gefühle sich mit den religiösen verschwistern. Weniger durch einen besonders fühnen und gewaltigen Aufflug der Phantasie, als durch Tiefe und Erhabenheit der Empfindung ausgezeichnet, nehmen sie meistens den Charakter der Hymne an. Die Verschiedenartigkeit wird ihnen weniger durch den Inhalt als durch die Art der Durchführung des Grundgedankens und die ihm beygemischten Nebengedanken verliehen. Eine kunstgerechte Steigerung des Gefühls muß in den meisten als ein besonderer Vorzug bemerkt werden. Besonders ausgezeichnet erscheinen: Sternhelle

Nacht, S. 13, wo der Dichter durch den Anblick des heiligen Chors der Sterne zum Ausdrucke religiöser Gefühle gebracht wird; Glück im Vertrauen, S. 84, durch die poeti= schen Gegenfäße bedeutend; die Sturmnacht, S. 89, wo der Dichter den in den legten Versen ausgesprochenen Grundgedanken :

Gott ist Liebe, lobfingen die Zonen, erjauchzet das Weltall,
Hallt im seraphischen Chor himmlisches Harfengetön!

Gott ist Liebe, so murmelt die Quelle, so säufelt die Lenz-Luft!
Gott ist Liebe, so braust Donner und Meer und Orkan.

in poetischen Bildern durchführt und entwickelt; das Kirchenlied bey Einweihung der neuerbauten Kirche zu Schönfeld bey Leipzig, S. 144; Rückkehr, S. 152, wo der Dichter sich mit Muth und Vertrauen in der Stunde des Leidens zu Gott erhebt; am Tage Allerheiligen, S. 155, einem der schönsten Gedichte dieser Sammlung; Hoffnung auf Gott, S.158; Weihnachtslied, S.168; das herrliche Grablied, S. 173; vor allem aber das meisterhafte Gebet der Kinder zu ihrem ewigen Vater, S. 164, dem der Verfasser eine ermunternde Anerkennung seines poeti schen Wirkens verdankt. In allen diesen Gedichten sind außer der Erhabenheit des Inhalts und der künstlerischen Behandlung hauptsächlich die Innigkeit und die Wahrheit des Gefühls zu loben, welche Eigenschaften Gedichten dieser Art gleichsam unentbehrlich sind, und uns für den Frevel schadlos halten, mit dem in neuerer Zeit eine frömmelnde Heucheley den Ausdruck religiöser Gefühle zur Erreichung unreiner Nebenabsichten hin und wieder mißbraucht hat. Der erste Blick auf derley Erzeugnisse Mahlmanns, die Art des Ausdrucks der Empfindung fern von jedem unwürdigen Spiele der Künsteley, die Zusammenstellung und die Vergleichung mit den übrigen Gedichten dieser Sammlung, alles zeigt uns daß sie unmittelbare Ergüsse frommer Empfindungen und Erkenntnisse eines nach dem Höheren gerichteten Sinnes genannt werden müssen.

In jenen Gedichten, welche sich dem Didaktischen zus neigen, empfiehlt der Dichter größtentheils eine besonnene Verachtung der Gefahr, indem er in uns das Bewußtseyn unserer moralischen Uebermacht zu erwecken versucht. Diese Richtung seines Geistes ist bey der bereits erörterten seiner Gefühlsthätigkeit leicht einzusehen. Da er, obschon das Angenehme und Ver gnügliche der Gegenwart dankbar genießend, doch beständig dabey zu erhabenern Empfindungen aufgeregt wird, da ihm das Ende der irdischen Lust, der Tod, nur ein Bote des Friedens ist, da sein Auge im Samenkorn der Gegenwart die Blüthe der Zukunft aufgeschlossen sieht, so gehen jene Erkenntnisse fast unmit

telbar daraus hervor. Zu den vorzüglicheren der genannten Gedichte gehören der Jüngling und der Wanderer, S.5, wo die vorlegte Strophe, S. 6, dem Horaz B. Í. D. Ż in Rücksicht des Inhalts und Ausdruckes nachgebildet ist; Alis Lehren, S. 24; Rettung, S. 103; Freysinn, S. 105; Ermuthigung, S. 107; Amulett, S. 125; und aus dem Leben, S. 176; eine Reihe von Distichen, in denen der Verf. die Erfahrungen seines Lebens poetisch ausspricht. Zeugen eines geläuterten Verstandes, welcher die Kindlichkeit des Gefühls nicht vernichtete, tragen sie fast alle den Stempel der Reise und der künstlerischen Vollendung. Gewöhnliches finden wir auch hier nicht ausgesprochen. Der Dichter hat sich nirgends, wie es so oft der Fall ist, zur Erkenntniß genöthigt, nirgends steht sie seiner Eigenthümlichkeit fern, sie geht vielmehr unmittelbar aus derselben heraus. Sie alle bilden mit dem Vorhergehenden ein solches Ganzes, daß man daraus den Seelenzustand des Dichters genau wahrnehmen kann, und dieß ist das Vorzüglichste,, was von der Sammlung lyrischer Gedichte eines. Verfassers begehrt werden mag; denn nichts erscheint hier störender, als wenn ein Gedicht das andre gleichsam aufhebt, und wir uns aus der Masse heterogener Theile keine Einheit zusammenseßen können. Natur befolgt selbst beym scheinbar Verschiedenartigen in einem Individuum eine Verbindung, diese ist es, welche wir bey den lyrischen Gedichten eines Verfassers herausfinden wollen, und dieß wird uns auch immer gelingen, wenn Jener bey Allem, was er auch dichten mag, uns immer die eigentliche, wahre, und unmittelbare Stimmung seiner Seele zeigt, und uns nicht glau ben machen will, daß Empfindungen seine Brust durchströmt haben, die ihr fremd geblieben sind. Dieser Regel ist aber unser Verf. immer treu geblieben.

Die

Von jenen Versen aus dem Leben, derer wir früher gedachten, zeichnen wir besonders jene S. 177 aus:

Suchest du Glück in der Welt, nur trifft du es an in Beschränkung,
Kindliche Einfalt gibt mehr, als Spinoza dich lehrt.
Hast du den Frieden in dir, und hältst du die Welt für die beste,
Lebst du genügsam und still, fromm im Vertrauen zu Gott,
Bist du ein heitrer Gast an der Tafel des spärlichen Daseyns,
Nimmer verlangend nach dem, was das Geschick dir versagt:
Dann wird dauerndes Glück aus Frieden der Seele dir reifen!
Zwar ist selten die Frucht, nicht für die Erde bestimmt,

Aber gelangt sie zur Reife, so lohnt sie mit Segen und Wohlthun,
Heitert das Leben und macht Nächte des Todes dir hell!
Die übrigen sind gleichfalls durch Stoff und Behandlung sehr
bedeutend, besonders die Distichen, S. 183, in welchen der Dich-
ter der Zeit gedenkt, in der er ohne Untersuchung und Recht durch

Napoleons Machtspruch in den Kerker geschleppt wurde, in dem er, als nach einer schrecklichen Leidensnacht die Sonnenstrahlen die Wände des Gefängnisses beleuchteten, einige seiner Lieder, welche edle Jünglinge, Gefangene von Lüßows Korps, die vor ihm den Kerker bewohnten, niedergeschrieben hatten, gleichsam als Worte der Hoffnung und eines muthigen frommen Vertrauens erblickte.

Außerdem finden wir in der Sammlung noch einige Gedichte. in erzählender Form, Gedichte vermischten Inhalts und drey Sonette. Von den ersteren gebührt dem Gedichte Saul und David, S. 39, der Vorzug, in welchem das Interesse des Inhalts durch einen poetischen Kontrast geho ben wird, und welches sich zugleich durch einen richtigen, der Empfindung angepaßten, kunstreichen Wechsel des Versmaßes besonders zum deklamatorischen Vortrage eignet. Nach ihm möchten wir noch des Gedichtes: Umors Gefängniß, nach den Italienischen des Ludovico Dolce, S. 74, lobend gedenken, welches durch Feinheit der Empfindung und eine gewisse Zartheit im Vortrage ausgezeichnet erscheint. Weniger haben uns, der Jäger, S.46, und die Braut, S. 109, zusagen wollen. Im erstern scheint es dem Dichter Eintrag gethan zu haben, daß er seiner Individualität entsagt und Bürgern nachgeeifert hat. Auch ist die Ungleichheit im Ausdrucke zu tadeln. Das Alterthümliche ist hier mit dem Neuern auf eine unbefriedigende Weise vermengt. Der Inhalt ist von keiner besondern Bedeutung. Das Ge= dicht: Die Braut, ist gelungener zu nennen; der Dichter spricht darin wieder seinen Lieblingsgedanken, »Glück im Grabe,« aus; aber die Erzählung, welche dem Ganzen zum Grunde liegt, ist etwas undeutlich, und thut dem Lyrischen Eintrag, welches darin das vorherrschende Element ist. Die Form scheint mehr mit einiger Aengstlichkeit vom Dichter gewählt und gemacht wor den zu seyn, als daß sie wie der passendste Körper des Inhalts erscheint, der mit ihm zugleich entstand.

Die Gedichte vermischten Inhalts sind von kleinerem Umfange, und stehen alle dem Inhalte nach mehr oder minder mit den größern in Zusammenhang. Die Götter, Seite 20, froher Glaube, S.49, der Bach an den Wanderer, S. 70, und Will und That, S. 116, müssen vorzüg lich genannt werden.

Die Sonette zeichnen sich in Rücksicht des Inhalts vortheilhaft aus. Mein Dörfchen, S. 18, und Selbstständigkeit (eine gelungene Variation einer bekannten Horazischen Ode), welche beyde das Glück der Zufriedenheit und eines naturgemäßen Lebens ausdrücken, sind der Form nach veraltet. Der schwerfällige sechsfüßige Alexandriner sagt dem Sonette

keineswegs zu, und seine Gleichförmigkeit hindert in jener herrlichen Dichtungsart, wechselnd bald die Kraft, bald die Lieblichkeit zu entfalten, welche ihr eigen sind. Das sinnige Gegen spiel der Vierzeilen mit den Terzetten wird hier ein steifes menuettmäßiges Annähern, und das Sonett verliert dabey den ihm eigenthümlichen Reiz, der ihm den Namen gab, den Klang. Indeß ist es dem Dichter nicht entgangen, was in der Regel übersehen wird, daß das Sonett darin seiner Natur nach mit dem Epigramme verwandt sey, daß sein Schluß im Verhält niß zu den früheren Verfen, welche ihn vorbereiten, überraschend seyn muß, und daß wir darin Empfindung oder Gedanken auf einem Höhepunkt erblicken wollen: Die Spröde, S. 76, ist ein Beleg davon:

Mit Blumen ist der holde Lenz gekommen,
Gesang der Liebe tönt aus grünen Zweigen,
Am Rosenstock sich junge Knospen zeigen,

Und Lebenshauch kommt durch die Luft geschwommen;
Auch mir vom Herzen ist der Frost genommen,
Gern gåb' ich meiner Holden mich zu eigen,
Doch kann ich nicht ihr hartes Herz erweichen!
Kein Frühling ist in ihrer Brust entglommen!
Verstände sie der Nachtigallen Schlagen,
Begriffe sie der Vöglein stilles Bauen,
Nicht würde sie mir Kuß und Blick versagen!
Sie sänk' an meinen Busen voll Vertrauen,
Und Glück der Liebe würde blühn und reifen!
So reizend seyn! und gar nichts zu begreifen!

Dies Sonett verdient um so mehr bemerkt zu werden, da es, obschon nicht eben von ganz besondrer Art, doch zu den bessern deutschen gehört, deren diese Nation bey der entschiedensten Vorliebe für diese Dichtungsart eben nicht viel besigt. Man scheint mit der Natur des Sonettes nicht ganz im Reinen zu seyn, und verwendet bald alle Sorgfalt auf den Inhalt, bald auf die Form, je nachdem man eins oder das andere für das Wesentliche hält, und nimmt dabey nicht Rücksicht darauf, daß dieß in der Verbindung beyder zu einem Ganzen bestehe, daß weder die vierzehn Verszeilen und die vorgeschriebene Wiederkehr des Reims, noch der Inhalt, den sie ausdrücken, allein es seyen, sondern das Verhältniß der inneren Theile des Sonetts zu einander, und die genaue Verschmelzung des Inhalts mit der Form. So kommt es, daß wir bey einem Ueberfluß von Sonetten wenig gute besigen, indeß diese Dichtungsart doch einer so verschiedenartigen und so mächtigen Wirkung fähig ist. Welche Fülle von Kraft finden wir in den geharnischten Sonetten Rückerts, welche

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