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Hülshoff bei Münster in Westfalen, im Mai 1870. Die hübschen Beobachtungen des Herrn Pfarrer Snell im Aprilheft ds. J. veranlassen mich zu einigen Bemerkungen.

Das tägliche Erscheinen des Wanderfalken im Spätsommer ist mir durchaus nicht auffallend. Es lässt nur die Muthmassung zur annähernden Sicherheit werden, dass der Brutort des Falken nicht so sehr entfernt war. In den Jahren 1859 und 60 beobachtete ich im Bade Soden am Taunus in den letzten Tagen des Juli und den ersten des August mehrfach den Wanderfalken und zwar jedesmal, wenn er am Vormittage von Königstein zur Ebene herabstrich. Später begegnete ich einem Pärchen bei der Burg Falkenstein und vermuthe, dass es dort möge gehorstet haben. Gegenden, welche weit von seiner Brutheimat entfernt liegen, besucht er erst viel später im Jahre, im October. Oder aber es wurde ein Vagabonde dorthin geführt, welcher sich hier und dort sehen lässt und verschwindet; doch in diesem Falle kehrt er nicht mit solcher Präcision Jahr für Jahr zurück. Gerade das tägliche Einhalten des bestimmten Striches spricht für eine nicht zu entfernte Brutstätte, denn alle Falken und ganz besonders sein nächster Verwandter, der Lerchenfalk *), pflegen vor Beginn des Horstbaues bis zum Herbste eine genaue Tagesrunde einzuhalten. In der Umgebung meines Wohnsitzes Hülfshoff sind zwei Wäldchen, in denen der Regel nach Lerchenfalken horsten; sie sind beide etwa 1 Stunde entfernt und liegen in entgegengesetzter Richtung. Allmorgenlich erscheinen nun Lerchenfalken beim Schlosse, wahrscheinlich wegen der Menge hier nistender Schwalben. Sind beide Horste besetzt, so treffen nicht selten mehrere Lerchenfalken zusammen, weil der Zeitpunkt ihres Erscheinens jederzeit gegen 10 Uhr Vormittags fällt. Ist nur der eine Horst besetzt, so erscheint auch nur ein Lerchenfalk, hält aber so genau denselben Strich ein, dass ich mich anheischig machen will, nach ein paar Tagen Beobachtung anzugeben, durch welche Baumgruppe er auf die Schwalben hervorschiessen wird. Ist keiner der Horste besetzt, so erscheint der Lerchenfalk erst Ende Juli bis zum September, indess mit derselben Regelmässigkeit wie vorher. Verfolgen wir in dieser Zeit den Strich des Lerchenfalken, so gewahren wir, dass er sich direct von einem schwalbenreichen Platze zum andern begibt und so eine grosse täglich wiederkehrende Morgentour macht. Am Nachmittage streicht er nur unregelmässig, sitzt viel und lange auf einzelnen Bäumen oder auf Erdschollen, zankt mit Krähen und Thurmfalken und treibt, mit Erlaubniss zu sagen, allerlei Allotria. Gehen wir zum Wanderfalken zurück, so finden wir ihn in seiner Heimat mit gleicher Regelmässigkeit wie den Lerchenfalk. Daraus folgere ich, dass für die Wetterau die Brutstätte des Wanderfalken nicht fern liegt.

Ueber die Eigenheit der Tagraubvögel, alle grösseren Unternehmungen, so auch Reisen am Morgen auszuführen, sprach ich ausführlicher irgendwo in meiner Vogelwelt der Nordseeinsel Borkum.

Dass der Wanderfalk auch Enten vom Wasser aufnehme, schrieb, wenn ich nicht irre, Alexander von Homeier vor etlichen Jahren im Journal für Ornithologie. Sehr gefreut hat es mich, von Herrn Snell beobachtet zu sehen, wie verschieden die Rauchschwalben den Lerchenfalken von andern Raubvögeln signalisiren. Genau dieselbe Wahrnehmung mache ich seit verschiedenen Jahren all

*) Welcher übrigens durchaus kein vorzugsweiser Gebirgsvogel ist. Im Gegentheil ist er in der Ebene häufiger als im Gebirge, wenn er nur passende Hochwäldchen findet. Heimatet überall in Holland und Ostfriesland.

jährlich, und wurde diese Beobachtung von Professor Altum in der 4. Auflage seines Buches „der Vogel und sein Leben" mitgetheilt. Ob Naumann schon diese Beobachtung machte, weiss ich nicht und habe augenblicklich nicht die Zeit nachzusehen, doch möchte ich es nicht in Frage stellen.

In Betreff des Todtenkäuzchens (Str. noctua) möchte ich Herrn Snell ersuchen, eine Bestätigung oder Widerlegung meiner Ansicht über dessen Nahrung zu bringen. Hier zu Lande ist diese kleine Eule überaus selten, und habe ich deshalb meine bezüglichen Beobachtungen fast ausnahmslos in Süddeutschland und der Schweiz gemacht. Dort kam ich zu dem Schlusse, dass der Todtenkauz mehr von Vögeln als von Mäusen lebe, und fand ausser zahlreichen Ueberresten von Ammern und Finken und Sängern auch solche von Rebhühnern in seinen Gewöllen. Aus seiner Nahrung wird sein überaus früher Abendflug (wenn die Sonne noch am Himmel steht und die kleinen Vögel sich zur Nachtruhe anschicken) sowie der ganz absonderliche Hass der Singvögel erklärlich.

Ein anderes möchte ich zu dem Tagesflug der Nacht-Eulen bemerken. Wenn die Jungen der Eulen soweit herangewachsen sind, dass die Schwungfedern hervorsprossen, verlangen sie auch unter Tags eine Nahrungsration. Die Alten sind genöthigt, einmal eine solche herbeizuschaffen und fliegen zu dem Ende regelmässig gegen 12 Uhr Mittags auf Raub aus und kündigen diesen Ausflug sogar durch ein wenn auch gedämpftes Geschrei an. Ich habe dieses mit Sicherheit festgestellt bei aluco, otus und flammea. Mäuse müssen sie unter Tags schwer fangen können, wenigstens aluco, denn nach meinen Beobachtungen kam auf 3 kleine Vögel nur 1 Maus. Zeitweise war mir diese Beobachtung sehr leicht gemacht, indem sich gerade meinem Schreibtische gegenüber ein Eulennest befand und zwar in solcher Nähe, dass ich mit freiem Auge wahrnehmen konnte, was die Eule in ihren Fängen trug. Regelmässig kündigte sie sich bei ihren Mittagsbesuchen durch ein gedämpftes hu-it an. Mehrere Fälle kann ich verbürgen, dass Waldkäuze eine ganze Woche lang täglich ein Küchlein vom Hühnerhofe raubten und zwar jedesmal gegen 12 Uhr Mittags. In 2 Fällen wurde die Eule, um dem Unwesen endlich Einhalt zu thun, erlegt. Ferd. Baron von Droste.

Miscellen..

Der Hirschschröter (Lucanus cervus) als Vogelmörder. Was doch nicht Alles in der Welt passiren kann! Der Vogelwelt, die leider schon genug Verfolger aufzuweisen hat, ist ein neuer Mörder erstanden in der Gestalt des geweihtragenden Hirschschröters. Vor einiger Zeit wurde nämlich einem benachbarten Museum ein Kästchen übersandt, das in seinem Innern ein Hänflingsnest mit Eiern barg, auf denen die Mutter todt hingestreckt lag, ergriffen am Kopfe von den mächtigen Zangen unsers Riesenkerfs. Der Uebersender, ein junger Forstmann, der den Uebelthäter in flagranti ergriffen hatte, munkelte schon in seinem Begleitschreiben etwas vom „fleischfressenden Raubthiere", das vielleicht bisher in aller Stille sein Wesen getrieben habe. Doch erklärt sich die Sache einfach auf folgende Weise. Der Hirschschröter, welcher zufällig an das Hänflingsnest gerathen war, hatte sich gelüsten lassen, dasselbe einmal näher zu besichtigen, war aber wegen seiner Zudringlichkeit von der Hänflingsfrau zurückgestossen worden. Dies wollte

er sich jedoch als bewaffneter Herr nicht gefallen lassen, und als der arme Vogel in der Hitze des Streites sein Köpfchen zwischen die Zangen brachte, da kniff der Arge gemächlich zu und tödtete ihn auf der Stelle. H. Schacht.

Der Grünling, Loxia chloris, füttert im späten April, also zur Zeit, wo das Paar zur Fortpflanzung schreitet, sein Weibchen mit grosser Hingebung. Dasselbe verfolgt ihn mit Gedrill und Flügelschlagen ebenso wie die Jungen ihre Eltern, so dass man glauben sollte, man habe einen völlig flugfähigen, ausgewachsenen Vogel vor Augen, der den Vater unaufhörlich mit Zudringlichkeit um Futtergaben quält.

Dieselbe Beobachtung habe ich an Blaumeisen, Parus coeruleus, gemacht. Das Männchen pickte von den noch in der Entwickelung begriffenen, faltigen Blättern der Linde anfangs Mai dieses Jahres emsig kleine Insekten weg und brachte die im Schnabel angesammelte Menge sehr oft dem mit dem Rufe der jungen Meisen lockenden und harrenden Weibchen, welches fortwährend mit den Flügeln zitterte. Übrigens war auch das Weibchen fortwährend mit dem Säubern der Blätter und Knospen beschäftigt.

Karl Müller.

Liebesdienst eines Zeisigweibchens. In einen grossen, mit verschiedenen Vögeln bevölkerten Bauer hatte man auch ein Nest Nachtigallen nebst dem üblichen Futter gesetzt; letzteres bestand aus einer Nudel von Ameiseneiern und kleinen Mehlwürmern. In der Gefangenschaft starben bald die Eltern; der einzige kleine Waise verlangte nach Aetzung. Da erbarmte sich seiner eine Zeisigin, nur eckelte sie sich vor dem Gewürm. Lange besann sie sich und lief zwischen dem Jungen und dem Futternäpfchen hin und her. Endlich siegte das Mitgefühl: sie nahm den Schnabel voll und reichte den Bissen dem hungerigen Kleinen in schnellem Fluge wusch sich aber flugs darauf den Schnabel. Dieses Verabreichen und Sichsäubern geschah in kurzen Zwischenzeiten dreimal. Jetzt aber ruhte sie erst eine längere Zeit, ehe sie wieder eine solche dreifältige Gabe brachte. um sich von der gehabten Ueberwindung und gesteigerten Waschung zu erholen. So gedieh die kleine Nachtigall; zärtlich war sie ihrer Nährerin zugethan. Da erwachte die Eifersucht des Herrn Zeisigs, der so lange zugesehen hatte, als der kleine Verlassene sich nicht selbst füttern konnte; man musste diesen aus dem Bauer entfernen, um ihn vor den Hieben des grimmen Eheherrn zu retten.

Dr. C. Hennig.

Schon seit längerer Zeit bin ich im Besitze eines Astrilds und eines Silberbeks, die in einem grossen Bauer sich völlig wohl zu befinden scheinen und das Auge durch ihr reizendes Gefieder und ihre zierlichen Bewegungen erfreuen. Beide Vögel, zu den afrikanischen Finken gehörend, sind Männchen, haben sich aber so innig an einander angeschlossen, dass sie wie das zärtlichste Ehepaar alle Nächte eng an einander geschmiegt in einem Neste sitzen. Noch nie habe ich Zank und Streit beobachtet, im Gegentheil die aufrichtigste Zuneigung; sie fressen unbeirrt zu gleicher Zeit aus einem Näpfchen, nehmen gemeinschaftlich ihr Bad und sind sich dann gegenseitig mit wahrem Eifer bei ihrer Toilette behülflich.

Nun erhielt ich kürzlich durch die Gefälligkeit des hiesigen Vogelhändlers Herrn G. ein Pärchen der Tigerfinken, Bengalisten. Diese kamen direkt von weiter Reise und waren, besonders das Weibchen, durch den langen Aufenthalt im Transportbauer und in grosser Gesellschaft sehr abgemattet und zum Theil ihrer Federn beraubt. Kaum befanden sie sich im grossen Bauer, so sah man ihnen das Wohlbehagen ordentlich an, sie schüttelten und streckten sich, dehnten die Flügel und die Beinchen und gingen sofort daran, das Federkleid in Ordnung zu bringen. Hierzu war vor allen Dingen ein Bad unumgänglich nöthig. Das Männchen fand auch rasch das Badenäpfchen, traute sich aber nicht in das Wasser, da ihm dessen Tiefe nicht bekannt. Da kamen die beiden alten Einwohner, die bis dahin die neuen Ankömmlinge neugierig betrachtet hatten, herzugeflogen und sprangen wiederholt in das Wasser, um somit dem neuen Ankömmling die gezeigte Furcht zu benehmen, und dieser badete sich denn bald darauf auch ganz gehörig. Das nun hinzukommende Weibchen war jedoch zu entkräftet, um auf den Rand des Näpfchens springen zu können; da zeigten sich aber die alten Männchen wieder als ganz vortreffliche Kameraden; sie sprangen zusammen in das Wasser und schüttelten sich so energisch, dass das neben dem Näpfchen sitzende Weibchen durch die herausspritzenden Tropfen so nass wurde, als habe es das Bad im Wasser selbst genommen. Nicht zufrieden aber hiermit, ordneten die Helfenden rasch ihre Federn und sprangen dann zu dem durch das nasse Kleid noch schwerfälliger und unbehülflicher am Boden sitzenden Weibchen und halfen und schoben so lange, bis dieses endlich wohlbehalten auf einem Stängelchen sass und sich nun im warmen Sonnenstrahle behaglich trocknen konnte.

Winklen, Bahnhof-Inspector in Leipzig.

Eine zweiköpfige Eidechse, Fund des Apothekers Rigail, wurde in kurzer Zeit so zahm, dass sie auf die Stimme ihres Herrn hörte und ihm aus der Hand frass. Sie nahm nur lebende Insekten zu sich. Wenn sie dürstete und man ihr zu fressen bot, so gab sie nur das Zeichen, dass sie trinken wollte, sie leckte den Köder blos. Hungerte sie dagegen und bekam Wasser, so schlug sie mit dem Schwanze darauf.

Beide Köpfe frassen gleichzeitig, wenn sie allzufreien Spielraum hatten; beide zeigten sich gleich begierig, wenn ihnen Beute geboten wurde. Nun hielt man sie so vor, dass nur ein Kopf darnach schnappen konnte; sofort machte der andere grösstmögliche Anstrengungen, sie jenem zu entreissen. War jedoch ein Kopf gesättigt, so verlangte der andere, noch nüchterne, nichts mehr, verweigerte sogar angebotenes Futter. Nichtsdestoweniger nahm der letztere vorgehaltenes Getränk an und zwar gleich für seinen Zwillingsbruder mit, der dafür zu saufen verweigerte, wenn sein Mitmann genug hatte.

Dieses merkwürdige Doppelthier erlag einem Unfalle.

„Cosmos, revue encyclop. hebdom. des progrès des sciences (v. Meunier)," Paris, 21. August und 31. Juli 1869. Dr. C. Hennig.

Eingegangene Beiträge.

C. St. in St. F. Dr. L. H. in B.: Aehnliche Zusammenstellungen wären auch aus anderen Gegenden erwünscht. in G. Nächste Nummer!

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O. B. in O.

K. M. in K. - L. T.

Druck von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.

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Lehrer an der höheren Bürgerschule, Lector für Zoologie am Senckenbergischen Museum in Frankfurt a. M.

No. 7.

Frankfurt a. M., Juli 1870.

XI. Jahrg.

Inhalt: Die Jagdhyäne (Lycaon pictus); von Prof. H. Alex. Pagenstecher in Heidelberg. Die Raub- und Würgvögel des Teutoburger Waldes; von H. Schacht in Feldrom. (Fortsetzung.) Aus meinen Erfahrungen über Singvögel in der Gefangenschaft; von Pfarrer Karl Müller in Alsfeld. (Fortsetzung). Die bisherigen Resultate der Austernzucht. Correspondenzen. Miscellen. Aufruf an das deutsche Volk.

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Nekrolog.

Die Jagdhyäne (Lycaon pictus).

Von Prof. H. Alex. Pagenstecher in Heidelberg.

Denjenigen unter unsern Lesern, welche während der drei letzten Jahre den Hamburger zoologischen Garten besucht haben, werden unter den Seltenheiten, durch welche derselbe sich immer auszeichnete, die beiden Jagdhyänen aufgefallen sein, wenn sie mit muntern Sprüngen aus ihrem Felsenversteck hervoreilten und in ihrer geräumigen Behausung sich spielend balgten und herumtummelten.

Diese Freude ist leider im Monate Januar dieses Jahres zu Ende gegangen. Nachdem das Weibchen einige Wochen zuvor 10 Junge geworfen, sind beide Thiere wenige Tage nacheinander erlegen.

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