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ruhen dort, tausende flattern, schweifen umher, langen an und ziehen fort. Hunderte der Austernfischer (Haematopus ostrealegus) und Brachvögel (Numenius arcuata) streichen in aufgelösten Rotten dicht über die Wasserfläche hin, und unausgesetzt klingt ihr Pfeifen, Schwätzen und Kreischen herüber. Jeder wendet sich einem der Sammelplätze seiner Art zu, an welchem die dunklen Reihen seiner Brüder aufmarschirt stehen, und nur selten lassen sich einzelne an Plätzen der andern Art nieder, ungeachtet sie in buntem Gemenge anlangen und auch ihre Lagerplätze meist dicht neben einander liegen. Auch bei einem späteren Verstreichen bleiben sie scharf gesondert. Ebenso halten's die hellfarbenen Wasserläufer (Totanus glottis), welche nur den Rothschenkeln (Totanus calidris) gegenüber eine Ausnahme machen. Auch die Möven suchen in dem bunten Durcheinander Ihresgleichen auf, und nur Reiher, Limosen, Kiebitzregenpfeifer und Steinwälzer kümmern sich nicht darum, ob sie einen Anverwandten oder einen Fremden zur Seite haben. Die Strandläufer (Tringa) stellen sich meist schon in geschlossenen Zügen ihrer Art ein. Unruhig wogen sie auf und ab, vereinen sich mit andern Schwärmen, bis sie jene staunenerregenden Vogelwolken bilden, die unter lautem Brausen längs der Wassergrenze einherrollen, sich bald niederlassen, bald gleich Rauchsäulen zirpend, schwirrend aufsteigen, herüber und hinüber schwanken und schnurrend, schwätzend weiter wogen. Die meisten dieser Vogelwolken bestehen aus Alpenstrandläufern; doch nicht ungewöhnlich enthalten sie in ihrer Mitte festgeschlossene Gesellschaften des isländischen und des Zwergstrandläufers (Tringa canutus und minuta) oder auch Einzel - Individuen dieser Arten oder des Steinwälzers (Strepsilas interpres), des Kiebitzregenpfeifers, der rothen Limose und des grossen Brachvogels. Oftmals begegneten wir sodann Vogelwolken, die aus mehr denn tausend Individuen bestanden und anscheinend ausschliesslich von Tringa canutus oder Totanus calidris & glottis oder Limosa rufa zusammengesetzt waren. Dagegen sahen wir niemals einen gleichgrossen Schwarm der Tringa minuta, oft aber kleinere Rotten, bis zu etwa 200 Köpfen. Vom räumlichen Standpunkte aus betrachtet formen die grössten Colonnen unzweifelhaft die Austernfischer (Haematopus ostrealegus), die Brachvögel (Numenius arcuata) und in späterer Jahreszeit die Pfeifenten (Anas penelope). Ein paar Hundert von diesen machen einen gleich grossartigen Eindruck wie ein paar Tausend Alpenstrandläufer. Bei den Möven kann man nicht von einem geschlossenen Schwarme sprechen, da ihre Gesellschaften zu wenig Zusammenhang haben und grosse

Lücken zeigen. In engem Verbande halten sich dagegen die Häuflein der Anfang September durchziehenden Zwergseeschwalben (Sternula minuta). Mit einiger Uebung lernt man bald in weiter Entfernung erkennen, aus was für Arten eine Gesellschaft besteht; namentlich ist es leicht zu unterscheiden, ob man Tringen oder andere Strandläufer vor sich hat, denn diesen fehlt durchaus die grosse Beweglichkeit jener.

Alle diese Schwärme sind ausserordentlich scheu. Nicht allein halten sie es nur höchst selten aus, dass ein Jäger schussmässig an sie herangeht, nein, auch fliegend meiden sie ihn weit genug. Uebrigens darf man auf bedeutende Entfernung seinen Schuss wagen, denn bei der grossen Masse und ihrer walzenförmigen Ordnung ist es leicht, eine Beute zu erhalten. Nur verabsäume man nicht, ein wenig hoch und voraus zu halten. Bei geringer Entfernung aber darf man kühn ein halbes Dutzend für jeden Schuss erwarten, ja ein Jagdgefährte erlegte einst in meiner Gegenwart 40 und einige Stück in 2 Schuss. An jenem Tage nun fiel unsere Beute ziemlich reich aus, da mancher Schwarm in den Schussbereich eines versteckten Jägers gerieth und oft dieselbe Schar mehrmals nacheinander Feuer bekam. Erschreckt durch die häufigen Schüsse wogten die Vogelmassen auf und ab und räumten bald diese, bald jene Seite des Strandes. Hier und dort erhoben sich Gesellschaften trotz des schlechten Wetters in die hohe Luft und sagten der Insel für immer Lebewohl. Nach und nach lichteten sich die Reihen mehr und mehr, und nach dem Verlaufe von ein paar Stunden hatten sich die Vögel auf die für uns zu weit entlegenen Strandtheile zurückgezogen. Ein längeres Verweilen lohnte sich deshalb nicht mehr der Mühe, und wir zogen zwar sehr durchfroren und durchnässt, doch trefflicher Laune zu dem flackernden Feuer der ostländer Wirthin. Später hörte man den einen oder anderen Theilnehmer dieser Jagdtour von Millionen Strandvögeln erzählen, aber mein unverschämtes Schwein" wurde fortan selten erwähnt.

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Das Abändern der Luftröhre beim Auerhahn (Tetrao
Urogallus mas *).

Von L. Martin, Präparator am k. Museum in Stuttgart.

Dieses ebenso eigenthümliche als selten vorkommende individuelle Variiren wird um so bemerkens- und beachtenswerther

*) Die mitgetheilten Beobachtungen wurden gemacht, als ich noch am zoologischen Museum in Berlin thätig war, vor etwa 12 Jahren.

M.

erscheinen, weil es nicht blos äussere Theile, sondern ein so wichtiges inneres Organ betrifft. Es besteht nämlich in nichts Geringerem als darin: dass hier die Luftröhre, statt in der überhaupt gewöhnlichen, einfachen, daher überall gleichen Form und in gerader Linie vom Rachen in die Brust hineinzugehen, vor dem Eintreten in letztere bei manchen Exemplaren eine trompetenartige Biegung macht und somit eine Art von Ring oder Schleife bildet, welche dann frei daliegt. In letzterer Hinsicht aber verhält sich die Sache beim Auerhahn, wenn sie hier vorkömmt, ähnlich wie bei den grossen Hühnern der warmen Gegenden Amerika's aus den Gattungen Crax, Urax und Penelope; nur findet sie bei jenem allerdings blos in minder ausgedehnter Weise statt.

Nämlich die Schleife" liegt alsdann bei ihm, ganz wie bei diesen, blos zwischen Haut und Fleisch des Vorderhalses, wogegen sie bei den Trompetenvögeln (Psophia), Kranichen, Schwänen etc., wo die Verlängerung der Luftröhre durch sie eine sehr bedeutende ist, sich je nach der Verschiedenheit der Gattungen entweder zwischen den Brustmuskeln und dem Brustbein befindet oder, geradezu in den zellig-hohlen Kamm des Brustbeines eingesenkt, innerhalb des letzteren verborgen liegt. Aber während bei jenen amerikanischen Hühnern die Biegung, ihrer bedeutenden Grösse wegen, theils nach der Gattung oder Species, theils und ganz besonders auch nach dem Alter und Geschlechte des Individuums, sich bald über die Hälfte des Brustfleisches zwischen diesem und der Haut, bald sogar bis an das Ende der Brust erstreckt, füllt die Schleife beim Auerhahne, wenn sie vorhanden ist, vermöge ihres geringen Umfangs blos den sonst freibleibenden Raum zwischen den Aesten des Gabelknochens aus: indem sie zwischen und an diesem und der Halshaut festsitzt. Denn ihrer Grösse nach kommt sie verhältnissmässig nur ungefähr der bei jungen oder jüngeren zweijährigen Sing- oder kleinen (Altum'schen) Schwänen gleich, während sie bei diesen, was ihre Lage betrifft, im Knochen des Brustbeinkammes versenkt liegt.

Sie bleibt übrigens wie es von einer so eigenthümlichen ausnahmsweisen Bildung zu erwarten steht eine sehr seltene Erscheinung. Daher ist sie mir unter der sehr ansehnlichen Zahl von Auerhähnen, die ich seit länger als 20 Jahren besonders in Schlesien ausgestopft habe, zusammen gewiss mindestens 50-60, nur zweimal vorgekommen.

So zum ersten Male vor 3 Jahren. Trotz dem lebhaften Interesse, welches jede Art von individuellem örtlichem, klimatischem

und sonstigem Abändern stets ebensowohl in Europa, wie zu seiner Zeit in Mittelamerika, für mich gehabt hat, beachtete ich den eben genannten ersten Fall beim Auerhahn wegen der sich damals häufenden Masse von Arbeit leider zu wenig. Zwar unterliess ich nicht, das Exemplar mit dieser seiner Eigenthümlichkeit, als mir dieselbe auffiel, dem eben gegenwärtigen Herrn Inspector Rammelsberg zu zeigen; ich begnügte mich jedoch auch hiermit, und hob also das Organ selbst nicht als Präparat auf. Später bedauerte ich dann freilich, so leicht darüberhin gegangen zu sein, da mittlerweile zwischen Freunden hier öfters die Rede auf mehrfache anatomische und doch ebenfalls nur individuelle, daher für die Unterscheidung von „Arten" nicht anwendbare Abweichungen kam, wie u. A. Macgillirray sie bei Raubvögeln etc. hinsichtlich der Eingeweide gefunden hat. Was mich ferner diese geringe Beachtung ebenfalls bereuen liess, war insbesondere eine Bemerkung von Herrn Dr. OlphGaillard im Jahrgange 1855 der „Naumannia." Er berichtet nämlich in Heft 3, S. 401: dass er bei einem v. J. zu Anfang des April bei Lyon geschossenen, alten Weibchen von Platalea leucerodius, welches vermöge der sehr entwickelten Haube und sehr deutlicher isabellgelber Halsringe äusserlich ganz wie ein Männchen“ aussah, gerade auch jene eigenthümliche Windung der Luftröhre" fand, welche nach Temminck nur das Männchen auszeichnet," während sie dem Weibchen fehlen soll.

"

Glücklicherweise hat mir ein günstiger Zufall jetzt meine damalige Unterlassung wieder gut gemacht.

Ganz kürzlich habe ich wieder einen ähnlichen Auerhahn bekommen, der eine solche trompetenähnliche Luftröhre mit ringoder schleifenartiger Biegung und Verlängerung vor dem Hineingehen in die Brusthöhle besitzt. Denn verlängert, im Vergleiche mit der von gewöhnlichen anderen Hähnen, erscheint sie um beiläufig so viel, wie eben die Biegung ausmacht. Und zwar beträgt dies etwa 21⁄2-3 Zoll, da die Schleife ein schmales Oval von 1/2 Zoll Länge und reichlich 1 Zoll Breite bildet, an dessen oberem Ende sich nur eine kleine, durch ein feines Häutchen ausgefüllte Lücke befindet; eine Lücke, welche dadurch entsteht, dass der wiederaufsteigende und nun sich in die Brusthöhle senkende Theil der Biegung sich dem herabsteigenden Theile der Luftröhre bis auf nur 4 Linien Zwischenraum nähert. In demjenigen Zustande, in welchem sich die Luftröhre bei todten Auerhähnen gewöhnlich befindet (nämlich herabgesunken, weil die langen, schwachen Zungen

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muskeln dann erschlaffen und so die Zunge sammt Luftröhre tief in den Hals zurücksinken lassen), ruhte die Schleife auf den Aesten des Gabelknochens: da sie ihrer Grösse nach in die, sonst zwischen ihnen freibleibende Höhle passte. In dieser war sie durch feines Hautgebilde ebenso befestiget, wie ein solches noch jetzt nach dem Herausnehmen das Innere des Ovales füllt, es daher zusammenhält. Alles dies zeigt also deutlich, dass von einer krankhaften Verkrümmung der Luftröhre nicht die Rede sein kann, da mit einer solchen zugleich eine wenigstens anscheinende Verkürzung derselben würde verbunden sein müssen. Denn wenn man sich auch denjenigen Theil, welcher die Schleife oder den trompetenartigen Ring bildet, ganz hinwegdächte, so würde immer noch an der sonst gewöhnlichen, bei andern Hähnen stattfindenden Länge des Ganzen durchaus nichts fehlen.

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Mithin erscheint der gesammte Ring" lediglich als BildungsUeberschuss. Um so mehr glaube ich daher sein Vorhandensein als beginnendes, besonderes ausnahmsweises Analogon zu dem betrachten zu dürfen, was bei den genannten amerikanischen Hühnergattungen als Regel vorhanden ist. Denn bei ihnen fehlt es wahrscheinlich nie. Und doch würde man es weniger seltsam finden können, wenn es da zuweilen fehlte, als dass es hier so deutlich, obwohl minder ausgebildet vorhanden ist, während es gerade fehlen sollte. Um so weniger habe ich daher jetzt verfehlt, auch für gebührende Aufbewahrung des abnorm gebildeten Organes durch Abliefern desselben an die Abtheilung für vergleichende Anatomie des hiesigen anatomischen Museums zu sorgen.

Auf zwei Punkte aber glaube ich hierbei noch aufmerksam machen zu müssen:

Eine so merklich abweichende Luftröhren-Bildung wird füglich nicht ohne wirksamen Einfluss auf die Stimme eines Hahnes, welcher sie ausnahmsweise besitzt, zu denken sein. Es wäre daher wohl zu wünschen, dass Jäger einen Hahn, dessen Balzlaute nicht wie gewöhnlich klingen, doch nicht kurzweg in die Küche liefern oder zu Markte schicken, sondern ihn mit einer Bemerkung darüber an Sachverständige zur Untersuchung einsenden möchten. Jedenfalls aber sollten Präparatoren und Sammler darauf Acht geben.

Ferner weiss man zwar ohnehin, dass Vögel mit einer Luftröhren-Biegung (als Regel) in Betreff dieser auch dem Alter nach sehr variiren. Der hier gemeinte individuelle Fall aber, der vielleicht auch nicht so selten ist, wie er scheint, (sonst würde er mir nicht

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