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wieder aus. So soll der Eichelhäher die Früchte, die er geniessen will, erst im Kropfe erweichen und dann wieder aufwürgen, um sie zu öffnen. Manche Eichel mag ihm dabei entgleiten und an dem Plätzchen, wo sie niederfällt, auch wohl aufkeimen.

Im März 1868 sah ich in dem wohlgepflegten Gärtchen neben dem Häuschen der Feldhüter in der Schützenstrasse bei Frankfurt (nahe der Pfingstweide) ein Weibchen der Schwarzamsel, Turdus merula, zusammengekauert auf der Erde neben dem Zaune sitzen. Da schüttelte es sich, warf einige Körner aus dem Schnabel und sank wieder in sich zusammen, um nach einiger Zeit das Auswerfen zu wiederholen. Bei dem Nähertreten ergaben sich die ausgeworfenen Gegenstände als die sauber präparirten runzligen Samenkerne des Epheus, wohl derselben Pflanze, die das Häuschen bis an den Schornstein überzieht und um diese Zeit reichlich mit ihren reifenden Früchten behangen war. Von den ausgeworfenen Samen nahm ich einige mit, pflanzte sie in das freie Land und bald sprossten aus ihnen junge Epheupflanzen.

In dem Winter 1854 auf 1855, der durch reichlichen und wochenlang liegenbleibenden Schnee ausgezeichnet war, fütterte ich in meinem Geburtsorte Niederrad von einem Parterrezimmer aus, das nach dem Garten ging, täglich die Vögel. Es kamen nicht nur Sperlinge und Buchfinken in Menge, auch Krähen (selbst ein Sperber holte da einige Sperlinge vor meinen Augen) und Schwarzamseln stellten sich regelmässig ein. Letztere nahmen Brod, Stückchen von Fleisch und gelben Rüben, verschluckten Brocken des gefrorenen Schnees und besuchten ausserdem die Hecke des Sauerdorns, Berberis vulgaris, häufig, die der Nachbar an dem Rande seines Gartens gezogen hatte und die in diesem Winter reichlich mit Beeren behängt war. Ueberall in meinem Garten, vorzugsweise auf dem Fütterungsplatze, glänzten in der Amsellosung auf dem Schnee die unverdauten gelbbraunen Samenkörner der Berberitze, und als der Frühling endlich kam, da keimten allerwärts im Garten Pflänzchen des Sauerdorns.

Ueberhaupt dürften die Drosselarten, die Schwarzamsel an der Spitze, die erste Rolle bei der Verbreitung der beeren tragenden Gewächse spielen, denn die Drosseln sind ja gerade die Hauptbeerenvertilger. Man kann sich füglich fragen, welche Beeren werden nicht von Drosseln verzehrt?

Nach Altum *) verzehrt die Schwarzamsel im Herbst vor allem Brombeeren, wovon ihre Excremente schwarzblau gefärbt erscheinen, *) Altum, der Vogel und sein Leben.

dann liebt sie die Beeren des Hollunders, der Vogelbeere, des Maulbeerbaumes, Wachholders, Faulbaumes, Rhamnus frangula, und Rh. cathartica. Im Winter, wenn Noth eintritt, kommen dazu noch die Früchte der Schneebeere, Symphoricarpus racemosa, des Ligusters, des Weissdorns und selbst die der Schlehe, Prunus spinosa. Ich selbst sah sie die Beeren des Hartriegels, Cornus sanguinea, und die gelbhäutigen Samen aus den geöffneten Kapseln des Spindelbaumes, Evonymus europaea verzehren; in den Gärten unserer Stadt sind ausserdem die Beeren der wilden Rebe, Ampelopsis hederacea, ein wichtiges Amselfutter für den Winter geworden. Auch die Singdrossel, Turdus musicus, ist eine Freundin der meisten Beeren. Ich hielt ein Männchen dieser Art einen Sommer lang, um Versuche über den in diesem Aufsatze erörterten Gegenstand anzustellen, kann aber von keinen Erfolgen berichten, weil die Aussaat der von der Drossel wieder erhaltenen Samen wegen Mangel an einem in nächster Nähe zur Verfügung stehenden Gartenbeete zur rechten Zeit nicht möglich war. Die Singdrossel verschmähte von dem gereichten Futter Mistelbeeren durchaus und nahm die von der Zaunrübe, Bryonia dioica, nur ungern. Ueber die Zeit des Nahrungsdurchganges ist zu erwähnen, dass Heidelbeeren dem nüchternen Vogel in frisch gereinigtem Käfige gereicht 50 Minuten nach dem Fressen bereits verdaut waren. Die stark gefärbten Excremente mit den gelben Samen bedeckten den Boden des Käfigs. Bei einem so kurzen Aufenthalte in dem Darme des Vogels ist es begreiflich, dass die Wirkung auf den durchgehenden Samen keine bedeutende, weder schädliche noch befördernde, sein kann.

nur die

Die Wirkung der Drosselarten kommt von allen Vögeln also auch wohl am ersten in Betracht, indem sehr viele Samen durch sie ausgestreut werden. So fallen, wenn man zur Winterszeit das Rheinthal besucht, an den Felsen in den kahlen Wäldern und Weinbergen die üppigen Epheupflanzen in die Augen, die ja auch eine Hauptzierde der Burgruinen bilden. Allerwärts sieht man im Frühlinge aber auch die bläulich gefärbten Vogelexcremente mit den leicht kenntlichen Samen des Epheus. Umherstreifende Drosseln tragen so die Samen umher. So verpflanzt jedenfalls der Krammets vogel, Wachholderdrossel, Turdus pilaris, in den nordischen Gegenden, wo er nistet, den Nadelstrauch, von dem er seinen Namen hat und mit dessen Beeren sein Braten gewürzt wird. So erweisen sich wandernde Drosseln auch auf dem Dünensande der Nordsee-Inseln nützlich, indem sie den Sanddorn, Hippophaë rhamnoides, dort ausbreiten (Altum.)

Wir haben oben den Seidenschwanz als Vertilger der Mistelbeeren genannt. Auch Wachholder- und Vogelbeeren sind bekanntlich Lieblingsspeisen für ihn, wie er nebenbei noch verschiedene andere Beeren verzehrt. Unter den insektenfressenden Vögeln ist ebenfalls eine nicht geringe Zahl, die Beeren nachstellt; und selbst Spechte und Spechtmeisen gehen solchen Früchten nach. Snell, der sorgsame Beobachter unserer Vogelwelt, hat auch den Nahrungsstoffen seiner Lieblinge Aufmerksamkeit geschenkt und speciell von einzelnen Arten angegeben, was er sie hat geniessen sehen.*) Er erzählt uns, dass der Grünspecht, Picus viridis, Vogelbeeren frisst, dass die Spechtmeise, Sitta europaea, die Beeren der Zaunrübe liebt, weshalb an manchen Orten die Jungen ihre Meisenkasten mit deren Ranken umwinden, dass Staare Hagebutten und Rabenkrähen, Corvus corone, im harten Winter selbst Weissdornfrüchte, Hagebutten und Vogelbeeren fressen. Ein Bussard, Falco buteo, sogar pflückte in seiner Noth eifrig Schlehen und Hagebutten in einer Hecke. Auch Altum in dem erwähnten Werke zählt einzelne Vögel mit ihrer besonderen Beerennahrung auf, wovon wir nur Einzelnes hervorheben:

Die Gartengrasmücke, Sylvia hortensis, das Schwarzblättchen, S. atricapilla, und das Rothkehlchen, Lusciola rubecula, sind starke Beerenfresser; erstere verzehrt sogar die giftigen Beeren des Seidelbastes, Daphne mezereum, während das letztere die Beeren des Bittersüss, Solanum dulcamara, ohne Nachtheil frisst. Der Nusshäher, Nucifraga caryocatactes, säet Haselnüsse, der Dompfaff, Pyrrhula vulgaris, hilft den Samen der Brombeeren verbreiten, die Ringeltaube, Columba palumbus, wirft einen Theil der zuviel gefressenen Bucheln wieder aus dem Kropfe, und das Birkhuhn, Tetrao tetrix, setzt ohne Zweifel die Samen aus den verdauten Hagebutten keimfähig auf den Boden ab.

Während einzelne Pflanzen, wie die Mistel, nur wenige Vögel nähren, gibt es wieder andere, deren Beeren einer Unmasse von Vögeln zur Nahrung dienen, und diese Gewächse werden darum auch im Ganzen häufiger vorkommen als jene auf nur einen einzelnen Vogel angewiesene. Sehen wir nur zur Zeit, wann die Heidelbeeren reif sind, ein wenig auf dem Wege vor uns im Walde, auf den Felsstücken, die die Heidelbeeren überragen, und auf den Aesten der Gebüsche umher, überall gewahren wir die dunkelblau gefärbten Rückstände vieler Vögel mit eingeschlossenen Samen. So darf es

*) Journal f. Ornithologie 1857.

uns nicht wundern, dass wir überall dem Hollunder, Sambucus nigra, dessen Früchte ebenfalls ein Universalfutter für beerenfressende Vögel sind, begegnen. Wie oft gehen junge Hollunderpflänzchen als Unkraut in Gärten auf und zwar meistens an der Umzäunung und an Hecken. Und warum gerade da? Weil eben die Vögel erhöhte Gegenstände gern zu ihrem Ruheplätzchen benutzen, viel lieber als den flachen Boden.

Schliesslich wollen wir noch ein Beispiel erwähnen, das uns die Bedeutung der Vögel für die Verbreitung der Gewächse mit saftigen Früchten recht klar illustrirt und das von Gloger mitgetheilt ist.*) Die Spanier führten den Apfelbaum in Chile ein, wo er natürlich nur in der Nähe der Wohnungen angepflanzt wurde. Jetzt sollen <tief im Innern des Landes, wohin die Kolonisation vielleicht noch nach vielen Jahrzehnten kaum vordringen wird, ganze Wälder von Apfelbäumen vorhanden sein.» Nach der Meinung Gloger's waren es Vögel, vorzüglich Papageien (Affen fehlen dort), die die reifen Aepfel verschleppten und deren Samen aussäeten.

Haben wir es in vorliegender Betrachtung nur mit den Vögeln zu thun, so können wir doch nachträglich nicht ganz mit Stillschweigen die Thätigkeit einiger Säugethiere auf demselben Gebiete übergehen. Es ist bekannt, dass der Fuchs die Trauben liebt. Seine zahlreiche Losung in und dicht über den Weinbergen am Rheine enthält aber auch sehr häufig die Kerne der dort viel wildwachsenden Weichsel und sogar, wie ich mich kürzlich überzeugte, der Zwetschen. Auch der Dachs thut ein Gleiches; der Bär liebt bekanntlich Süssigkeiten wie Birnen und Erdbeeren, und selbst der Marder verzehrt die Früchte der Heckenrosen (nach Beobachtung von Dr. C. Koch). Ja, um unser Thema vollständig zu erschöpfen, müssten wir selbst den Menschen noch heranziehen. Wir erinnern aber nur an die an Waldrändern wachsenden Vogelkirschen, Prunus avium, die auf mysteriöse Weise verpflanzten Abkömmlinge unserer veredelten Süsskirschen.

Die dickschnäbeligen Schmuckfinken.

Von Dr. Carl Russ in Berlin.

Wenn ich es versuchen will, im Nachstehenden diese Vögel zu schildern, so stütze ich mich einerseits auf meine Beobachtungen, welche ich in jahrelangen Züchtungsversuchen gewonnen, und anderer

*) Journal f. Ornithologie, 1860.

seits auf die zahlreichen freundlichen Mittheilungen anderer liebevoller Beobachter.

Diese Vögel haben sämmtlich ein Benehmen, welches von dem der übrigen Pracht- oder Schmuckfinken durchaus abweicht; sie zeigen niemals die anmuthige Beweglichkeit und zutrauliche Dreistigkeit der kleinen Astrilden, ihre Bewegungen sind langsamer, ihr Wesen ist scheuer und auch viel weniger intelligent. Namentlich unterscheiden sie sich durch einen ganz absonderlichen Gesang. Sie sind es nämlich vorzugsweise, welche jene langgezogenen schnurrenden und spinnenden, gleichsam wie bauchrednerisch erklingenden Töne hören lassen, die dann freilich auch andern fernerstehenden Arten, z. B. dem Bandfink, eigenthümlich sind.

Die meisten dieser Schmuckfinken sind ihres hübschen oder doch absonderlichen Gefieders wegen von den Liebhabern fremdländischer Vögel sehr geschätzt, und sie verdienen dies auch zum Theil, denn die Farbenkontraste, z. B. der weiss- und schwarzköpfigen Nonne, gewähren allerdings ein nicht geringes Interesse. Abgesehen aber davon, dass diese Vögel durch ihr stilles, einförmiges Wesen doch leicht langweilig erscheinen und überdrüssig werden können, zeigen sie auch noch einen anderen, bedeutungsschweren Nachtheil. Dies ist nämlich die Eigenthümlichkeit, dass sie nur in seltenen Fällen zu einer glücklichen Brut zu bringen sind. In den Schilderungen der einzelnen werde ich meine Erfahrungen hierüber mittheilen.

Durch die Nothwendigkeit einer längeren Abwesenheit von Berlin (einer Badereise mit meiner kranken Frau wegen) wurden meine jahrelangen Züchtungsversuche unterbrochen; ich sah mich gezwungen, meine Vogelsammlung von mehr als zweihundert Köpfen vorläufig ganz abzuschaffen und konnte erst nach mehreren Monaten in sehr beschränktem Raume mit nur wenigen, doch vorzugsweise interessanten Arten die Züchtungen wieder aufnehmen.

Eine der gewöhnlichsten Erscheinungen des deutschen Vogelmarkts, die jedoch immer nur in wenigen Exemplaren zu uns kommt, ist die weissköpfige Nonne, Munia maja. Schon ihr wissenschaftlicher Name lässt es erkennen, dass man sie als einen seltsamen, in gewissem Sinne wunderbaren Vogel erachtet hat. Ihre Erscheinung, schön dunkelbraun mit weissem Kopf und Hals, macht dies wohl erklärlich. Vieillot, welcher die weissköpfige Nonne in den «Oiseaux chanteurs» Le Majan nennt, sagt über sie nur sehr wenig; Reichenbach dagegen beschreibt ihr Nest, welches er aus Sumatra erhalten, in folgender Weise: «Die grossen, melonenförmig

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