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Lehrer an der höheren Bürgerschule, Lector für Zoologie am Senckenbergischen Museum

No. 11.

in Frankfurt a. M.

Frankfurt a. M., November 1870.

XI. Jahrg.

Inhalt: Der sumatranische Elephant (Elephas sumatranus, H. Schlegel); von Dr. F. Schlegel, Director des zoologischen Gartens in Breslau. - Fortpflanzung des grauen Kardinals (Paroaria cucullata); von Dr. Max Schmidt, Director des zoologischen Gartens zu Frankfurt a. M. Der Werner'sche Thiergarten in Stuttgart; von Dr. W. Neubert. Die Vögel des St. Petersburger Gouvernements; von Joh. von Fischer in St. Petersburg. Einige neue Erfahrungen betreffs der Züchtung einheimischer, besonders insektenfressender Vögel; von Prof. Dr. K. Th. Liebe. Acclimatisation in Otago. Correspondenzen. Miscellen. Literatur. Anzeigen. Beiträge.

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Der sumatranische Elephant (Elephas sumatranus, H. Schlegel). Von Dr. F. Schlegel, Director des zoologischen Gartens in Breslau.

Bekanntlich unterscheidet sich der afrikanische Elephant vom indischen schon äusserlich sichtbar durch seine ungleich grösseren Ohren, die den grössten Theil der Schultern sowie den ganzen Hals bedecken und auf dem Nacken sich geradezu berühren. Die Verschiedenheit ist so auffallend, dass eigentlich schon dieses eine Merkmal vollauf hinreicht, um selbst beim flüchtigsten Blick sich nicht zu täuschen. Ausserdem aber charakterisirt den Afrikaner unter anderem die vorgewölbte oder wenigstens flache, nicht wie beim Indier ausgebuchtete Stirn, ferner seine stärker entwickelten Stoss

zähne, die selbst dem Weibchen nicht fehlen, während dagegen bekanntlich die weiblichen indischen Elephanten in der Regel ganz ohne dergleichen Waffen sind.

Dabei hat aber die Forschung nicht stehen bleiben können. Sumatra ist die einzige Insel des ganzen indischen Archipels, wo der Elephant im Zustande der Freiheit vorkommt. Auf verschiedenen anderen Inseln, wie Borneo und Java, ist er als Hausthier anderswoher eingeführt. Nachdem Cuvier den indischen Elephanten vom afrikanischen scheiden gelehrt, galt der auf Sumatra heimische ohne Weiteres identisch mit dem des indischen Festlandes. Dem reichen Museum zu Leiden war es vorbehalten, auch hier Verschiedenheiten nachzuweisen. Beide, der Sumatraner wie der vom indischen Festland haben im Gegensatz zum Afrikaner kleine Ohren und ähneln einander bezüglich der Form des Schädels. Verschieden aber ist die Zahl der Rückenwirbel sowie der Rippenpaare. Sie beträgt beim Afrikaner 21, beim Sumatraner 20 und beim Indier 19. Im Amsterdamer zoologischen Garten haben längere Zeit beide Arten neben einander gelebt, und nach Mittheilungen des dortigen Directors war auch schon äusserlich der Unterschied merkbar. Der Insulaner war schlanker und zierlicher gebaut, sein Rüssel länger und dünner. Ausserdem zeigte er grössere Intelligenz als der Bengale.

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Cuvier machte seine Studien an drei indischen Elephanten. Eines der Exemplare, jetzt im Leidener Museum, zeigt 19 Rückenwirbel und ebenso viele Rippenpaare. An den beiden andern Skeletten fand Cuvier wie das heut noch sich bestätigen lässt Rückenwirbel. Beide aber stammen von Ceylon. Gerade sie wurden von Cuvier zu seinen Studien benutzt; denn er schreibt seinem sogenannten indischen Elephanten 20 Rückenwirbel zu und scheint die geringere Zahl an dem jetzt in's Leidner Museum übergegangenen Skelet vollständig übersehen zu haben. Der echte indische d. h. vom Festlande stammende Elephant hat aber constant nur 19 Rückenwirbel und Rippenpaare, der sumatranische 20, gerade so wie die beiden von Cuvier untersuchten Ceylonesen. Es entstand die Vermuthung, dass die auf jenen beiden Inseln, Sumatra und Ceylon, heimischen Elephanten gleicher Art und beide gleich verschieden vom Elephanten des indischen Festlandes sind. Das zur Entscheidung dieser Frage durch den niederländisch-ostindischen Reisenden Diard für das Leidener Museum beschaffte Material hat die Frage ausser Zweifel gestellt. Und ganz besonders interessant dürfte sein, dass eben jener Reisende die an dem im Amsterdamer Thiergarten

lebenden Sumatraner beobachtete grössere Intelligenz auch für den Ceyloneser in Anspruch nimmt, als wenn schon darin die Verwandtschaft der beiden Insulaner sich zeigte. In Indien selbst sind die Ceyloneser Elephanten sehr gesucht, eben wegen ihrer Klugheit und grösseren Sanftmuth. Sie wurden ehedem schon sehr gern und werden heut noch vorzugsweise in englischen Diensten verwendet.

Sind aber wirklich sämmtliche Elephanten des indischen Festlandes nur einer einzigen Art, selbst da, wo Vorder- und Hinterindien an jene beiden Inseln angrenzen? Es muss höchst merkwürdig erscheinen, bemerkt mein Bruder H. Schlegel, dass auf den beiden Nachbarinseln ausschliesslich eine zweite Art Elephanten leben sollte, zumal die Fauna von Ceylon nicht so sehr von der vorderindischen abweicht. Weit weniger Aehnlichkeit aber hat sie mit der von Sumatra, wo ganz besondere Affenarten, der Orang, der Gibbon, ferner der Flattermaki, ausserdem ein Nashorn, ein Tapir, ein Rind, ein Moschushirsch, eine Antilope u. s. w. leben. Es scheint nicht ganz unmöglich, dass ebenso wie beim indischen in der Folge auch beim afrikanischen Elephanten sich Verschiedenheiten herausstellen werden. Es wäre doch sonderbar, wenn der von Elephanten bevölkerte Landstrich Asiens zwei Arten aufzuweisen hätte, während der afrikanische Elephant nur in einer einzigen Art ohne alle locale Verschiedenheit den ganzen wohl zehnmal grösseren Welttheil bewohnen sollte. Es ist das um so unwahrscheinlicher, als die meisten Thiere der beiden Hälften Afrika's entweder artlich verschieden sind oder wenigstens der Grösse nach abweichen, wie das z. B. beim algier'schen und dem südafrikanischen Strauss der Fall ist.

Fortpflanzung des grauen Kardinals (Paroaria cucullata). Von Dr. Max Schmidt, Director des zoologischen Gartens zu Frankfurt a. M.

Im Sommer 1864 hatte ich zum ersten Male Gelegenheit, die Fortpflanzung des grauen Kardinals in Gefangenschaft zu beobachten, und da, soweit mir bekannt, über diesen Gegenstand noch Nichts veröffentlicht worden war, verfehlte ich nicht, in dem 6. Jahrgang dieser Zeitschrift, Seite 12 ff., darüber zu berichten. Seitdem sind auch im 9. Jahrgang (1868), S. 70, und im 10. Jahrgange (1869), S. 376, Mittheilungen über denselben Vorgang erschienen, und ausserdem fiel mir eine im Jahr 1841 erschienene Schrift in die Hände, welche

nicht allgemein bekannt sein dürfte und auf welche ich deshalb hier näher eingehen will, da sie für die Literatur des in Rede stehenden Vogels wichtig ist.

Der Titel derselben lautet:,,Notizie sulla moltiplicazione in Firenze negli anni 1837, 1838, 1839 dell' uccello americano Paroaria cucullata chiamato volgarmente cardinale, lette in Pisa alla Sezione di Zoologia della prima riunione degli Scienziati italiani il 7 ottobre 1839 da Carlo Passerini. Firenze 1841. (Notizen über die Vermehrung des amerikanischen Vogels Paroaria cucullata, gewöhnlich Cardinal genannt, zu Florenz in den Jahren 1837, 1838, 1839, vorgetragen zu Pisa in der zoologischen Section der ersten Versammlung italienischer Gelehrten, den 7. October 1839 von Carlo Passerini. Florenz 1841.)

Das Format ist Folio und eine sorgfältig ausgeführte kolorirte Tafel beigefügt. Da der Text nur etwa 212 Seiten umfasst, lasse ich denselben unverkürzt in der Uebersetzung hier folgen:

„Seitdem der spanische Naturforscher de Azara bei Gelegenheit seiner Reise durch Amerika im Jahre 1781 die Vögel von Paraguay beschrieb, ist der wegen seiner Schönheit und Zutraulichkeit in seinem Vaterlande als Hausvogel gehaltene, von den neueren Ornithologen Paroaria cucullata, von den Franzosen Paroare oder Cardinal Dominicaine huppé genannte Vogel auch bei uns bekannt und schon zu damaliger Zeit lebend nach Spanien gebracht worden.

Wegen dieser schätzenswerthen Eigenschaften nahm seine Ausfuhr allmälig zu und erstreckte sich auch auf verschiedene andere Theile Europa's, so dass man jetzt mit Leichtigkeit Individuen dieser Species aus Marseille beziehen kann.

Da diese Vogelart sich so gut an die Gefangenschaft und das Klima des südlichen Europa's gewöhnt, so sollte man vermuthen, dass sie sich schon seit lange bei uns vermehrt haben müsse, wie dies bei dem Kanarienvogel der Fall ist; sei es jedoch, dass man die Fortpflanzung derselben noch nicht versuchte, oder dass dieses bereits geschah oder gegenwärtig geschieht, so enthält wenigstens keine der von mir gekannten Arbeiten eine Mittheilung darüber, wie denn auch die Antworten, welche ich auf bezügliche Anfragen von Paris, Marseille und Genua erhielt, negativ ausfielen.

Ein Paar dieser Vögel, welches I. K. H. die Grossherzogin von Toscana besitzt und welches dieselbe gegen Ende des Jahres 1836 aus Livorno bekam, begattete sich im Frühling 1837 und das Weibchen legte 2 Eier in den Käfig, in welchem es gehalten wurde.

Diese Thatsache bewog I. H., diese beiden Vögel in einen Behälter (recinto) bringen zu lassen, in welchem kleine Steineichen und andere Pflanzen sowie ein Springbrunnen sich befanden, und ausserdem war dort verschiedenes Material zum Nestbau wie Baumwolle, Heu, Pferdehaare, Wolle etc. vorhanden.

Als sich das Paar in jenem Aufenthaltsorte befand, beeilte es sich, in die mittleren Verzweigungen eines Eichbäumchens aus Blättern und Aehren von Gräsern ein Nest zu bauen, in welches das Weibchen drei Eier legte, welche auf weissem Grunde am spitzen Ende mit kleinen grünen Flecken besetzt waren, die am stumpfen Ende so dicht standen, dass sie dort eine Art von grünlichem Ueberzug bildeten. Nach 15 Tagen (um die Mitte Juli) schlüpften drei Junge aus, von denen jedoch eines in Folge der natürlichen Kühle, welche in dem Behälter herrschte, oder einer merklichen Abnahme der Luftwärme, welche gerade um diese Zeit eintrat, gleich am Tage der Geburt starb. Die beiden anderen versuchte man zuerst, da die Eltern sie weder unter die Flügel nahmen noch ätzten, durch ein Kanarienweibchen aufziehen zu lassen; weil aber auch dieses sich ihrer nicht annahm, so wurden sie mit einer Mischung aus Bretzel und Eigelb aus der Hand gefüttert. Sei es nun, dass ihnen die unumgänglich nothwendige Verbringung an einen andern Ort geschadet oder dass sie von der kühlen Witterung gelitten: auch sie starben am dritten Tage.

Dieser unerfreuliche Ausgang bestimmte die Grossherzogin, mich mit der Auswahl einer Lokalität, welche ich zur Erlangung eines günstigen Resultates am geeignetsten erachten würde, sowie mit allen zweckdienlichen Vorrichtungen zu beauftragen.

Nachdem ich die disponibeln Räume eingesehen hatte, wählte ich ein Zimmer mit grossen Fenstern gegen Osten, neben einem Treibhause im Garteu Boboli gelegen, und dort hinein wurden von dem intelligenten Attilio Pucci (dem Sohne des Gärtners) Steineichen und Töpfe mit lebenden Pflanzen gebracht, der Boden mit Sand bedeckt, beständig über Kiesel fliessendes Wasser geleitet und in eines der Bäumchen das alte Nest gestellt.

Sofort nachdem das Paroaria-Paar in das so zu einer bequemen Volière eingerichtete Zimmer verbracht worden war, zerstörte es das alte Nest und erbaute aus dem Materiale desselben ein neues, in welches das Weibchen drei Eier legte, die fleissig bebrütet wurden und aus welchen am 14. August drei Junge auskrochen. Dieses Mal wurden sie nicht von den Alten verlassen, wie früher. Da aber der

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