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Missverständnisse und demagogischer Kunstgriffe, darauf aufmerksam zu machen, dass das Steuerbewilligungsrecht der älteren Stände nicht die Norm zur Beurtheilung des heutigen Verhältnisses der Stände zum Budget abgeben kann, weil die älteren Stände nur Supplemente zu einem ihrer Controle entzogenen Einkommen und für ihnen im Total unbekannte Zwecke bewilligten. Dass sich die Theilnahme an der Gesetzgebung, wie der Vf. weiter hervorhebt, selbst,,in den Zeiten der vollen Wirksamkeit ständischer Rechte und Formen vielfach auf eine blosse Mitberathung beschränkt", ist ganz richtig; eine andere Frage aber, ob nicht factisch die Stimme auch dieser bloss berathenden Stände wenigstens in der Negation fast durchgängig beachtet wurde, und wieder eine andere Frage, ob es gut war, dass sie de jure bloss eine berathende Stimme hatten. Der Ueberzeugung wenigstens ist Ref., dass man heutzutage den Ständen ein Zustimmungs-, also auch Ablehnungsrecht zu Gesetzen nirgends mehr lange wird verweigern können, und dass auch seine Einräumung sehr unbedenklich ist, wenn man auch nur den andern, für die Regierung weit wichtigern, für das Volk eben so wichtigen und heilsamen Punct wahrt: das Veto der Regierung. Der 2. Abschnitt macht Mittheilungen,, aus der Geschichte der Landstände vom Anfang des 16. Jahrh. bis in die ersten Jahrzehnte des neunzehnten". Er zeigt das Sinken der ständischen Macht, ihr Gebrochenwerden namentlich in Preussen, wo er diesen Sturz doch als nothwendig und in den Folgen heilsam erkennen muss. Er berührt die fortbestehenden Stände in der Mehrzahl der kleineren deutschen Staaten, endlich den Uebergang zu den Constitutionen der Neuzeit. Letztere sind ihm nicht recht erfreuliche Erscheinungen. Doch hat er es mehr mit dem ,,theoretischen - constitutionellen System", als mit den wirklichen Verfassungen zu thun, wiewohl es ihm nicht ganz aufgegangen zu sein scheint, wie sehr diese denn doch und in sehr wichtigen Puncten von diesem undeutschen und unvernünftigen Parteisysteme abweichen und die wahren Bedürfnisse des deutschen Staats- und Volkslebens gegen dasselbe in Schutz nehmen. Er erkennt jedoch an, dass die Praxis hinter der reinen Consequenz dieses Systems in der ganzen Welt, Frankreich nicht ausgenommen, weit zurückbleibt, und bezeichnet die Hauptsätze dieses Systems zugleich als eben so viel Haupttäuschungen oder Hauptfictionen. Hierher rechnet er zuvörderst die Ansicht:,, die Gesammtheit aller Angehörigen eines Staats, das ganze Volk, stelle eine grosse Genossenschaft oder Gemeinde, eine juristische oder mystische Person dar, gebildet von wesentlich gleichartigen und gleichberechtigten Mitgliedern". Nun, an der Bezeichnung des Volks als einer grossen,,Genossenschaft" würden wir so viel Anstoss nicht nehmen und in gewissem Betrachte wird das Volk auch als eine juristische Person aufzufassen sein; der Fehler tritt, unseres Erachtens, erst dann ein, wenn man diese Genossenschaft nicht als einen geschicht

lichen Organismus, sondern als eine Societas im Sinne des römischen Rechts behandelt, und wenn man vollends die gerade jetzt lebenden Activbürger für das Volk ausgibt. Ferner liegt ein Hauptfehler allerdings in der vom Vf. gerügten Fiction der Gleichartigkeit. Eben so kommt es ganz auf den Begriff an, den man mit dem Worte ,,Volk" verbindet, ob man die Annahme:,, das Dasein dieser Genossenschaft sei die eigentliche Grundlage des ganzen Rechtszustandes, dieselbe sei eigentlich der Idee nach das wahre Subject der höchsten obrigkeitlichen Gewalt" mit dem Vf. so sehr bedenklich finden soll. Dagegen hebt er recht gut das Widersinnige hervor, was die durch oft ganz zufällige äussere Dinge, durch Erbschaft, Kauf, Eroberung zusammengebrachten Bestandtheile plötzlich, wie durch einen Zauberschlag, zu einem gleichartigen Ganzen zusammenfliessen lässt, geisselt überhaupt die erbärmliche Gleichförmigkeitssucht nach Gebühr. Eben so die Widersprüche und Täuschungen desjenigen Repräsentativsystems, welches lediglich wegen der Unmöglichkeit, das ganze Volk leibhaftig zusammentreten, berathen und beschliessen zu lassen, an dessen Stelle, unter mancherlei inconsequenten Concessionen an die praktische Nothwendigkeit, eine gewählte Versammlung setzt, diese aus nach Raum und Kopfzahl abgemessenen,,Wahlkörpern" hervorgehen lässt, jeden so Gewählten für den mit unbedingter Vollmacht versehenen Repräsentanten des mystischen Ganzen und die Aussprüche der Mehrzahl der Versammlung für den,,Gesammtwillen der Nation" erklärt. In der That, wenn man von dem Vordersatze der Herrschaft des Volkswillens und der gleichen Berechtigung aller Volksglieder ausgeht, so sind alle Wahlbeschränkungen, so ist das Nichtinstruiren, das Zweikammersystem, selbst die Wahl nach Bezirken und vieles Andere grosse Inconsequenzen und müsste eigentlich das ganze Volk über alle Deputirten abstimmen, damit man wüsste, wer wirklich die Mehrheit repräsentire, dagegen löst sich Alles aufs Beste, wenn man auch die repräsentativen Einrichtungen eben nur als eine politische Institution erfasst, welche mit dazu beitragen soll, die Einseitigkeit der Gesichtspuncte aufzuheben, Gegengewichte zu begründen und gute Kräfte für den Dienst des Gemeinwesens zu gewinnen. Dem Vf. scheint aber allerdings das ganze Wesen ziemlich fatal zu sein, so lange es nicht in der Form des älteren Ständewesens auftritt. Er scheint z. B. selbst gegen das Nichtinstruiren und das Zweikammersystem zu sein. Wie er den Freunden des letztern, die er in einer Weise, welche an eine ganz andere Partei erinnert, als „, nach solchen Staatsformen begierige, mit der Gunst der Liberalen buhlende Herren, die sich zu einer Pairskammer qualificirt erachten", bezeichnet, die ganz richtige Warnung zuruft, dass die Demokraten, die er „,ehrliche (?) und consequente (?) Priester des Repräsentativstaats" nennt, ein solches Hemmniss der völligen Demokratisirung unserer Staaten nur provisorisch duldeten; so könnte man ihm und den Theilhabern seiner Mei

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nung ans Herz legen: dass eine zeitgemässe Reform des älteren Ständewesens nicht abzuhalten ist, und dass es daher nur darauf ankommt, diejenigen Ordnungen einer solchen recht entschieden und fest zu gestalten, welche, während das Hauptbedürfniss des Volks, nicht der Demagogen, befriedigt wird, doch bewirken, dass die Verfassung eher zum Schutzmittel gegen eine ,,gänzliche Demokratisirung unserer Staaten", als zu deren Beförderung diene. In dem was er über das Missliche der geschriebenen Staatsgrundgesetze sagt, ist vieles Wahre, indess wird hier eben so das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, wie diess von Welcker in der Schrift No. 8481 im entgegengesetzten Sinne geschieht, und die Polemik des Vfs. trifft auch weit weniger die Sache, als einen Missbrauch, gegen den man sich schützen kann. Der 3. Abschn. rückt nun näher zum Hauptziele des Werkes, indem er eine ,, nähere Darlegung einiger Hauptpuncte in der neuesten Geschichte und Gestaltung der preussischen Landstände vornehmlich seit dem J. 1823" bringt. Hier ist besonders auf Das aufmerksam zu machen, was der Vf. über den Sinn des Ausdrucks Repräsentation in den Edicten von 1810-15 beibringt. Es gehörte allerdings zu den grössten Tollheiten, dass man neuerdings zuweilen diesen Ausdrücken genau die Bedeutung beilegte, welche der heutige Liberalismus allmälig damit zu verbinden gelernt hat, und dass man die bestimmtesten anderweiten Festsetzungen derselben Verordnungen umdeutete, weil sie sich mit diesem Begriffe nicht in Einklang bringen liessen. Im Uebrigen mag wohl ziemliche Unklarheit gewaltet haben, wie diess in der ganzen damaligen Zeit lag. Beachtenswerth ist ferner auch die Ausführung, wie in dem preussischen Ständewesen das gemeinsame Fundament der landständischen Qualification für alle drei Stände ein Element obrigkeitlicher Macht und Stellung sei. Schliesslich tritt er als entschiedener Lobpreiser der Verordnungen vom 3. Febr. 1843 auf. Dann kommt eine Uebersicht der gegenwärtigen Zusammensetzung der Provinziallandtage, des vereinigten Landtags, des vereinigten Ausschusses, ein Verzeichniss der bisher gehaltenen Provinziallandtage und ergangenen Landtagsabschiede, ein sehr genaues Repertorium über den Gesammtinhalt der Sammlung. Diese selbst bringt in der ersten Abtheilung die,,königlichen Anordnungen und Erklärungeu, auch allerhöchsten Orts genehmigten oder anbefohlenen Bestimmungen, mit Ausschluss der Landtagsabschiede", in der zweiten Auszüge aus den Provinzial-Landtags-Abschieden, in Beilagen einige Gesetze und Anordnungen, welche die Wirksamkeit der Landstände in der Zeit nach dem Tilsiter Frieden bekunden, aus den Jahren 1808-13, Auszüge aus den deutschen Bundesgesetzen, Reden des Königs bei der Huldigungsfeier am 10. Sept. und 15. Oct. 1840, Nachträge. Die Schrift No. 8480 steht auf dem Standpuncte eines aufgeklärten Edelmannes, der ein mildes und zweckmässiges Wirken des Staats will, sich zu den nächstliegenden

Concessionen an den Liberalismus geneigt zeigt, von dem bestehenden, namentlich so weit es die Ritterschaft betrifft, so viel retten möchte als möglich, Manches recht verständig und praktisch, Anderes wieder sehr oberflächlich beurtheilt, überhaupt nichts, weder den Liberalismus, noch die Aristokratie, in tieferer Anschauung betrachtet und im Ganzen die herrschende politische Halbbildung repräsentirt, welche sich überall nach persönlichen Stellungen und Erfahrungen modificirt. Gemässigter Liberalismus, gemässigter Conservatismus, das wäre recht gut; aber an der rechten Begründung und tieferen Einsicht in den Kern der Fragen und der Lagen mangelt es, und das ist das Uebel. Im Ganzen würde der Vf. mit der Schrift No. 8483 harmoniren, wenn er nicht Rittergutsbesitzer, sondern Justizrath und Vorsteher der Breslauer Stadtverordneten wäre. Umgekehrt möchte der Fall derselbe sein. Uebrigens kommt erst eine sehr kurze Einleitung. Dann soll der 1. Abschn. die,, Mittel und Wege angeben, den preussischen Staat vor der Gefahr, welche ihm durch das Ueberhandnehmen des Pauperismus und des Proletariats zu erwachsen droht, zu bewahren", und eine ,,kurze geschichtliche Darstellung der preussischen Gesetzgebung und Regierungsform" beifügen. Das 1. Cap. umfasst auf 12 Seiten,,die Zeitperiode Friedrichs I. (1415) bis zur 1786 erfolgten Thronbesteigung Friedrich Wilhelms II., nebst Angabe der Gründe, wesshalb sich die Regierungsform zu einer absolut-monarchischen entwickeln musste, und wie sie in dieser Richtung ihre höchste Vollkommenheit erlangte". Das 2. Cap., den Zeitraum von 1786-1807 umfassend, soll nun den Verfall der durch Friedrich dem Grossen vervollkommneten absoluten monarchischen Regierungsform zeigen, fasst übrigens die Sache zunächst rein persönlich auf, wobei man denn nicht recht absieht, warum das unter Friedrich Wilhelm II. verfallene absolut-monarchische System sich nicht sofort mit dem Regierungsantritte Friedrich Wilhelms III. wieder hob, sondern erst die Reformen von 1807-12 nöthig wurden, die in so schroffem Contrast mit den beliebtesten Mitteln der,,goldenen Zeit" Friedrichs II. stehen. Das 3. Cap. betrifft die Zeit von 1801-1822, hebt übrigens hauptsächlich Hardenberg hervor, neben welchem Stein nur flüchtig erwähnt wird und geht auch über die beregten Reformen ziemlich obenhin weg. Immer findet der Vf. noch bis 1822 eine so sehr rasche" Entwickelung. Der Zeitraum von 1822-1840, dem das 4. Cap. gewidmet ist, bezeichnet einen Stillstand. Viel zu viel ist es hier u. A. gesagt, wenn es heisst: „Bürger- und Bauernstand huldigen Hand in Hand der ultraliberalen Tendenz, während Herren- und Ritterstand durchaus eine conservative Richtung verfolgen". Ultraliberale Bauern dürften in Preussen sehr selten und ultraliberale Bürger auch nicht die Mehrzahl sein, dagegen sich unter dem Ritterstande gar Manche finden, die wenigstens der Krone gegenüber nicht conservativ sind.

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In Betreff des Handels und der Gewerbe sagt er aber,

Der

leider habe man zu eifrig das Adam Smith'sche System befolgt, von dem er behauptet, dass es alle Zölle, alle Zünfte, jede Beschränkung als dem Aufblühen des Verkehrs und der Industrie hinderlich darstelle und sich zwar in der Theorie ganz gut ausnehme (sic), aber in der Praxis nicht so bewährt habe. Er beweist damit nur, dass er gar kein Recht hat, über diese Dinge zu reden. Das 5. Cap. behandelt den Zeitraum von 1840 bis auf die heutige Zeit, von dem er eingesteht, dass er,,Fortschritte der Verwaltungsform" (sic) umfasst. Wie er z. B. die Freilassung der beiden Erzbischöfe und die Begründung der ständischen Ausschüsse unter dieser Rubrik begreifen kann, ist schwer abzusehen; eben so wissen wir nicht recht, was er sich bei dem Satze gedacht hat: ,,dem Handel wurde durch zweckmässige Schutzzölle nach Möglichkeit aufgeholfen". Wie kann überhaupt dem Handel durch Schutzzölle aufgeholfen werden? Welche Zölle sind zu Gunsten des Handels in dieser Zeit begründet worden? Wie denkt man heute über die zu Gunsten gewisser Zweige der Industrie erfolgten Zollerhöhungen? Gelegentlich kommen hier auch eine Predigt gegen Communismus und einige Phantasien über preussische Colonien und preussische Seemacht. 2. Abschn. ist dem,,jetzigem Zustand der Verhältnisse, sowohl in Betreff der verschiedenen Verwaltungszweige, der Gesetzgebung, wie der einzelnen Stände, mit Vorschlägen der Umänderung nicht zeitgemässer Institutionen" gewidmet. Im 1., die ländlichen Verhältnisse betreffenden Capitel erklärt der Vf. zuvörderst die,,Verschmelzung der heterogenen Theile in eine bestimmte gleichmässige Form" für eine gebieterische Nothwendigkeit der Gegenwart". Dominien und Gemeinden seien in einer Uebergangsperiode begriffen, die ihr sehr Lästiges habe. Manche Verlegenheit der Dominienbesitzer, Verarmung der kleinen Ackerwirthe, grosse Zunahme der Zahl der ,,Inlieger", gesunkene Sittlichkeit, Proletariat und Pauperismus geben alle zu vielen Klagen Anlass. Unter den Ursachen der gesunkenen Sittlichkeit wird auch die dreijährige Dienstzeit und das Landwehrsystem angeführt. Er verlangt nun die ,,Ablösung aller und jeder Verbindlichkeit zwischen den Dominien und ihren Gemeinden", wohin er auch die gutsherrliche Jurisdiction und Polizeipflege, so wie die den Dominien noch zustehende Wahl des Schulzen und der Gerichte rechnet. Dann ein Pfandbriefsystem für die kleineren Grundbesitzer. Dagegen soll der Gutsherr,,mit Ueberwachung der Bewirthschaftung der kleineren Güter" im Interesse der Pfandbriefschuld beauftragt und in einer neuen Gemeindeordnung an die Spitze der Polizeiverwaltung gestellt werden, was denn das eben Abgeschaffte in anderer Form zum Theil wieder einführt. England hat sich das leitende Uebergewicht des Grundadels auch nach dem Aufgeben seiner Vorrechte erhalten, aber nicht im Wege der Vorschrift und Einrichtung, sondern in dem des Vertrauens und Einflusses. In Betreff der Polizeistrafen ist er sehr

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