mer zu Speier, wo die gerichtlichen Acten des Reichs, die Statuten und Vorrech te mancher Fürsten und Staaten auf behalten werden, die auf ihr Verlangen daselbst beigelegt worden, und benötigten Fals wieder aus demselben genommen werden. Wir wollen uns nicht mit einer umständlichen Beschreibung der Bedienten dieser Archive und ihrer Verrichtungen aufhalten; man findet davon umständlichere Nachrichten in Wenckers collectis Archiui et Cancellariae iuribus (c). Ausser der Kammergerichtskanzley befinden sich zu Speier noch zwey Behältnisse, die den Namen der Gewölbe füren. Das eine enthält die Acten von solchen Händeln, die nicht durch Appellationes, sondern auf andre Art an das Kammergericht gekom: men sind (d). Dahin gehören Acten, so den Fiscus betreffen, die gewisse Verord: nungen bestimmen oder enthalten, Friedensstörungen, Gewaltthätigkeiten, Klagen, Anrufung des weltlichen Arms, Compromissen und deren Volstreckung. Das zweite Gewölbe enthält die Acten von den Rechtshändeln, die durch Appellation an das Kammergericht gelanget sind, Attentaten, Erklärungen wegen nicht geleiste: ten Gehorsams, Compulsoriales, Inhibitiones u. f. f. (33). §. III. (c) pag. 72. f. (d) Mich. Neveu disf. de Archiv. ap. Wencker. p. 72. (33) In diesem und dem vorhergegangenen §. sind verschiedene Unrichtigkeiten in Absicht der Reichskanzelleien mit unter gelaufen, die aus der in Frankreich herschenden Verachtung gegen ausländische und besonders teutsche An: gelegenheiten und der daher rúrenden Unwis: fenheit derselben hergeflossen, und nach Maasge: bung besserer Hülfsmittel, als von den Ver: fassern gebraucht worden, zu verbessern sind. Daher zur Vermeidung aller Verwirrung fol: gende Stücke in Erwegung gezogen werden müssen. konte, so artete dieselbe nach und nach, beson: ders unter dem bömischen Regiment, wieder in eine blos kaiserliche oder bömische Kanzellery aus; bis endlich unter Kaiser Sigismund eine Verbesserung in diesem Stück getroffen wurde. Die Reichskanzelley bekam nunmehr einen or: dentlichen Reichskanzler, der von dem Erzkanze ler mit kaiserlicher Einwilligung gesetzt wurde; doch blieb die Reichskanzelley bey der kaiserli chen Hofstadt. 1. Nachdem der Erzbischof von Mainz uns ter Kaiser Otto 1. zum beständigen Besitz der Erzkanzlerwürde gelanget war, bekam die bis: her nur blosse königliche Kanzelley, das Anse: hen einer eigentlichen Reichskanzelley. Weil aber dieselbe an den kaiserlichen Hof gebunden war, und dieser keinen beständigen Sitz hatte, sondern sich wechselsweise in den verschiedeuen Palatiis und Urbibus Palatinis aufhielt, so fonte der Erzkanzler seinem Amte unmöglich in eigener Person ein Gnúge thun; es wurden als so die Unterschriften vice oder ad vicem Archicancellarii úblich, zu deren Besorgung ein be: fonderer Kanzler verordnet wurde. Weil nun Churmainz nach dem Interregno mit eignen Angelegenheiten überhäuft wurde, und sich das her mit der Reichskanzley wenig beschäftigen 2. Giebt es eigentlich nur eine einige Reichss kanzellen, die aber verschiedene Departements hat, deren Vorsteher und übrige Bediente ins gesamt von dem Churfürsteu zu Mainz, als Erzkanzler, abhängig sind. Es gehöret also dahin (1) die Hauptreichskanzelley, oder die Reichs: kanzelley im eigentlichen Verstande, die auch die Reichshofkanzley und die Reichshofraths. kanzelley genant wird und sich in dem jedesma: ligen kaiserlichen Hoflager befindet, aber mit der kaiserlichen Hofkansley, die nur die kaiser: lichen Erb- und andere Länder betrift, nicht zu verwechseln ist. (2) Die in Mainz befindli dhe Reichskanzelley, in deren Archiv auffer der Reichsmatricul und andern Urkunden die weni gen Ueberbleibsel von den ehemaligen italiani: schen und arelatischen Kanzelleien aufbehalten werden. (3) Die Reichskammerkanzelley, welche ehedem zu Speier befindlich gewesen, aber gegen S. III. Ohnerachtet die kaiserliche Hofkanzley nebst den zwey Reichsarchiven in drey Fortsetzung. verschiedenen weit von einander gelegenen Städten aufbehalten werden; so stehen sie dennoch unter der Aufsicht des Churfürsten von Mainz. So wie der Vicekanzler des Reichs, der sonst auch Cancellarius Aulå oder Palatii genant wurde (e), unter ihm steht, eben so ist auch der Präsident des kaiserlichen Hofgerichts zu Speier von ihm abhängig, der auch das kaiserliche Siegel von ihm bekömt. Ehedem muz ste sich selbst der zu Wien befindliche Hofrath mit der Kanzelley dem Churfürsten von Mainz, als Decano des Churfürstencollegii und Erzkanzler des Reichs mit ei nem Eid verpflichten (f). Indessen ist doch der Kaiser kraft der Wahlcapitulation verbunden mit ihm alle zwey Jahr eine Visitation dieses Gerichts zu halten, und die Misbräuche in demselben abzustellen. Der Vicekanzler des Reichshofraths unterschreibet im Namen des Erzkanzlers. Die Acten seiner Erzkanzley unterschreibt er ́aber selbst, besonders wenn der kaiserliche Hof daselbst befindlich ist. Auf den Reichs: tågen aber und am kaiserlichen Hofe trägt der Vicekanzler die Siegel und unterschreibt auch die Acten, wenn gleich der Erzkanzler gegenwärtig ist (9); indessen kan er doch auch mit jenem zugleich unterschreiben. Der Director der Kanzley zu Mainz verwaltet dieselbe gleichfalls im Namen dieses Erzbischofs (34). S. 112. Als die algemeine Reichskanzelley noch unter drey Erzkanzler vertheilet war, Cöllnisches trug derjenige. in dessen Gebiet der kaiserliche Hof zusammen berufen wurde, das groß und trieri: sches Erz: se Reichssiegel nebst allen übrigen Siegeln an einem silbernen Stabe am Halse und kanzleramt. überreichte solche nachmals dem ordentlichen Kanzler des Kaisers. Es gab damals drey Reichs: (e) Lynckeri disf. de Archiv. ap. Wencker. p. 72. (f) Mich. Neueu 1. c. p. 70. gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts mit dem (34) Es ist unrichtig, wenn hier behauptet wird, daß der Präsident des Kammergerichts unter dem Churfürsten zu Mainz stehe. Es sind bey diesem Gerichte zwey Präsidenten, die die Stelle des abwesenden Kammerrichters vertre: ten, und zwar anfänglich so wie der erstere auf dem Reichstage erwälet wurden, aber nunmehr von Kaiser Carl 5 an, von den Kaisern er: nant und bestimmt werden. Der Kanzelleyverwalter, so von den erstern sehr verschieden ist, hänget nebst den unter ihm stehenden Protono: tarien, otarien, Lectoren, Secretarien, Ingroßiften, Copisten u. f. f. von dem Churs fürsten zu Mainz vermöge seines Erzkanzler: amts ab, und werden auch mehrentheils von demselben befoldet. Wovon Sabri Staatskanz ley Th. 35. Wilh. Rodingi Pandecte Juris camer. Fortsetzung. Reichserzkanzler; den Erzbischof von Mainz für Deutschland oder Germanien; den Erzbischof von Cöln für Italien und den Erzbischof von Trier für Gallien oder das arelatische Reich. Heutiges Tages besihet der Churfürst von Mainz allein die Erzkanzlerwürde in ihrem ganzen Umfange (h). Die Erzkanzlerwürden der Churfürsten von Cöln und Trier sind, wenn man einigen teutschen Schrift: stellern glauben darf, heutiges Tages nichts mehr als blosse Titel (i) (35). S. 113. Der Abt von Fulda führet den Titel eines Erzkanzlers der Kaiserin; man weis aber nicht, ob sie jemals ein besondres Archiv gehabt, so von dem Archiv des Kaisers verschieden gewesen. Mallinkrot und Wagenfeil behaupten, daß man keine Urkunden von der Kaiserin finde, die von dem Abt von Fulda unterschrieben worden (f). Es giebt im teutschen Reiche noch andere Archive besonderer Staaten, welche mehrere grosse Häuser mit einander gemein haben, wohin das fächsische Archiv zu Wittenberg und das braunschweigische in Braunschweig befindliche gehöret. So gibt es auch Archive, die gewisse Kreise oder Reichsstädte mit einander gemeinschaftlich besitzen; der übrigen besondern Archive gewisser Fürsten, Staaten oder Städte zu geschweigen. Die Reichsarchive wurden erst unter Maximilian 1. in eine beständige Ordnung gebracht und in den Zustand geseht, worin sie sich noch jeho befinden (36). (ý) Ibid. n. 3. (i) Wencker. p. 117. (f) Ibidem p. 790. (35) Ehe die italianische Erzkanzlerwürde Sech Reichsarchive, ob es gleich warscheinlich ist, daß solche chedem vorhanden gewesen. Wenn heu tiges Tages ja etwas auszufertigen vorkommen solte, welches unter diese Kanzelleien eigentlich gehdren müßte, so geschiehet solches von dem teutschen Erzkanzler. S. Hr. D. Johann Friedrich Joachims comment. de Archicancellariatu Archiep. Colon. Speners teutsches Jus publ. B. 2. Kap. 4. und B. 4. Kap. 7. wo auch B. 4. Kap. 3. §. 11. von dem Ge pränge mit dem Vortragen der Reichsinstiegel bey der Krönung eines Kaisers gehandelt wird. (36) Der Ursprung des Erzkanzleramts der römischen Kaiserinnen verlieret sich in den duns keln Zeiten des Altertums. Mallinkrot glaubet in tract. de Archicanc. Imper. daß solches zugleich mit der mainzischen Erzkanzlerwürde unter Otto 1. seinen Anfang genommen, welcher Meinung auch Spener im teutschen Jure publ. B. 4. Kap. 11. S. 248. f. beis pflichtet, und daraus den muthmaslichen Schlus machet, Sechster Abschnit Von den gottesdienstlichen Archiven und der Sorgfalt, mit I. Einleitung §. 114. II. Altertum der gottesdienstlichen Ar: chive §. 115. 116. III. Deren Erhaltung hat man den Kir chen und Klöstern zu verdanken §. 117. 118. IV. Vergleichung der gottesdienstlichen Archive mit den öffentlichen Behält: nissen §. 119. 120. V. Ansehen der Stiftsarchive §. 121. in England die Stelle öffentlicher IX. Und in Deutschland §. 131. §. 114. b wir gleich nicht gesonnen gewesen, bis auf den ersten Ursprung der Archive Einleitung. zurückzugehen: so haben wir doch einige Blicke auf den Zustand derselben geworfen, worin sie sich lange vor diejenigen Jahrhunderte befunden, die uns die seltensten Denkmäler in dieser Art überliefert haben. Bey den Jahrhunderten vor Christi Geburt haben wir uns nicht lange aufhalten dürfen. Wir haben zwar noch einige auf Erk und Marmor gegrabene Urkunden aus diesem Zeitraum; indessen ist keine einige Originalschrift weder auf Papier noch auf Pergament bis auf uns gekom men, deren Alter sich über das fünfte Jahrhundert erstreckte. Auch noch in den ers ften sieben bis achthundert Jahren nach diesen Zeitpunct herschet in den öffentli chen Archiven eine ungemeine Unfruchtbarkeit oder vielmehr fürchterliche Verwüstung. Nur allein den Behältnissen der Kirchen haben wir die schäßbare Reihe von Oriz ginalen zu verdanken, die sich ohngefär um das Jahr 445 anfangen und von da an· bestån machet, daß solches ebenfals ein Reichsamt bey der Kaiserin gewesen. So viel ist indessen ges wis, daß Adelheid, Kaiser Otto 1. Gemalin ei nen weitläufigen Briefwechsel gefüret, und daß die Kaiserin Theophania wárend der Minders jährigkeit Ortoni 3 verschiedene Urkunden ausgefertiget, in welchen fie auch sogar die Jah: re ihrer Regierung mit angemerket. Indessen bemerket Mala de Imperatricis Cancellaria et Archiv. beim wenker S. 22. daß sich die Aeb: te von Fulda in den Reichsabschieden vor 1559. dieses Titels noch nicht bedienet haben, welches Diplom. I. Th. auch vom Spener 1. c. S. 252 f.bestätiget beständig zalreicher werden, bis wir auf diejenigen Jahrhunderte kommen, wo auch die öffentlichen Archive fast eine unendliche Anzal derselben aufzuweisen haben. Ein so rümliches Unterscheidungsstück ertheilet den gottesdienstlichen Archiven nicht nur einen Vorzug für die übrigen, sondern ist auch der volständigste Beweis von der Achtung und besondern Sorgfalt, die man jederzeit für dieselben gehabt, und mit wek cher sie bewaret worden. Alle übrigen Vorzüge hatten sie mit den öffentlichen Bes hältnissen gemein. Es ist noch nicht sogar lange, daß man jene eben so feindselig angegriffen als diese. Es würde auch eine augenscheinliche Parteilichkeit gewesen seyn, wenn man wider jene mehr Verdacht hätte äussern wollen als wider diese; oder besser zu sagen, es giebt keine Art von Archiven, die an und für sich betrachtet, zu rechtmäßigen Zweifeln Gelegenheit geben könte. Wir wollen die wichtigen Mas terien, die wir hier kürzlich entworfen haben, in ein helleres Licht seßen. S. 115. Altertum der Wenn von denjenigen heiligen Archiven die Rede wåre, worin die Christen gottesdienst: die Bücher der heiligen Schrift und die gottesdienstlichen Denkmåler beigelegt has lichen Archi ben; so müsten wir das Altertum derselben bis in die ersten Zeiten des Christentums hinaufsteigen lassen. Der heilige Märtyrer Ignatius gedenket gewisser Personen, die ihre Achtung für diese Archive bis zur Ausschweifung übertrieben (a). Tertullias nus verweiset diejenigen, die die authentischen Briefe der Apostel und des ren Originale sehen wollen, an die apostolischen Kirchen zu Rom, Ephesus, Philippen und Corinth (b). Es wurden sehr frühe gewisse Norarii verordnet, welche die Geschichte der Märtyrer sammeln musten, und diese Anordnung wird ges meiniglich schon dem heiligen Clemens zugeschrieben. Wer wird zweiflen können, fagt Tobias Eckhardt (c), daß Clementis Briefe an die Corinthier, des Ignas tii, Polycarpi und Cypriani Briefe, nebst den verschiedenen Verteidigungen für die Christen nicht in die Archive derjenigen Kirchen oder Bistümer beigelegt wors den, an die sie gerichtet gewesen? Man schrieb beständig Litteras communicatos rías undEmpfelungsschreiben an einander für die auf Reisen befindlichenGeistlichen oder auch nur blosse Gläubige.Die Bibliotheken der Kirchen standen damals mit ihren Archiven in einem so genauen Verhältnis; daß man muthmassen kan, daß die Arianer, welche dem Athanasius zu Folge, die Bibliotheken zu Alexandrien verbranten, auch zugleich die als ten Acten dieser Gemeinde den Flammen aufgeopfert haben. Ohnerachtet der häufigen Verfolgungen, welche die Kirche gegen das Ende des dritten Jahrhunderts auszus stehen hatte; ohnerachtet der grausamen Kriege, welche Diocletian und Mari: mian den alten Denkmälern ankündigten, die mit unsrer heiligen Religion in einis gem Verhältnis standen, wurden dennoch zu Căsarea in Cappadocien die Origina le von den Briefen des heiligen Papstes Dionysii aufbehalten (d): ja der heilige Basilius versichert, daß sie noch zu seiner Zeit daselbst gesehen worden. Folglich bat (a) IGNAT. Epift. ad Philadelph. Coteler. tom. 2. p. 33. et 84. (b) TERTULLIAN. de Praefcript. c. 36. (C) TOB. ECKHARDT de Tabular. ant. n. 18. p. 2. (d)' BASIL. tom. 3. der neuen Ausg. p. 164. . |