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den eine solche Urkunde für alle Vorwürfe einer spåtern Erdichtung, als das Datum verstattet, in Sicherheit sehen. Da aber selbst die oberherschaftliche Gewalt keine untergeschobene Acte ächt und richtig machen kan: so werden Notarii, fo viel ihrer auch seyn mögen, sich dieses Vorrechts noch weit weniger rümen können. Man sage uns daher nicht, die Richtigkeit dieser oder jenen Acte ist von so vielen Notariis beschei niget worden; folglich ist sie auch ächt. Wenn ihrer hundert, ja wenn ihrer tausend wären, sagt der gelehrte Juratori (g), so werden sie keinen Mohren weis machen können, der so schwarz ist, `als eine gewisse Schenkung verdächtig ist, die von einer Königin zu Aquileja im Jahr Chrifti 163 sol seyn gestiftet worden, und die die deut: lichsten Merkmale der allergröbsten Erdichtung bey sich füret. Das Original wurde 1350 bereits für zwölfhundert Jahr alt ausgegeben: da wir aber dieses Stück in dem dritten Theil der italianischen Altertümer der mitlern Zeiten (h) selbst gesehen haben; so können wir versichern, daß es um die vorhingedachte Zeit nicht zweihundert Jahr alt seyn können.

S. 201.

Erneuerung Es gab noch eine andere Art Urkunden zu erneuren, oder sie vielmehr wieder schadhafter herzustellen. Wenn sie nemlich durch ihr Alter oder andere Zufälle sehr beschädiget Urfunden. worden: so wirkte man bey dem Fürsten oder dem Papst ein Diplom aus, worin die

schadhafte Beschaffenheit des alten Originals erzålet, und das, was noch von dersel ben übrig war, von Wort zu Wort eingerücket wurde; wobey man auch wohl felen: de Sylben zu ergänzen und die Lücken durch Mutmassungen oder aus eigner Gewalt auszufüllen pflegte. So erneuerte der Pabst Gregorius 9 im Jahr 1228 (F) eine Bulle Johannis 19 indem er ihr bey der Wiederherstellung derselben eben dasselbe Ansehen ertheilte, welches das Original hatte. Man mus diese Arten von Erneuerungen nicht mit den Bestätigungsbriefen verwechseln, worin ein Fürst, die von sei: nen Vorgängern bewilligten Wolthaten oder Freiheitsbriefe oft vermehrete und ers weiterte; woben doch der Inhalt ihrer Diplomen entweder nur dem Inhalt nach oder von Wort zu Wort mit angefüret wurde. Beide Arten von Schriften bekommen ihr ganzes Ansehen von derjenigen Gewalt, von welcher sie herrüren. Haben sie Feler; so werden dieselben von dieser Gewalt bedecket: indem die lektere Vorrechte bestätis get, denen diese Feler sonst nachtheilig seyn könten. Wenn aber den ersten ursprünglichen Urkunden die ächte Richtigkeit mangelt, so kan dieselbe durch keinen nachfolgen: den Freiheitsbrief ersehet werden: ob derselbe gleich gewisse Güter oder Vorrechte er: theilen kan, die an den unrichtigen Urkunden nur einen höchst unsichern und schadhaf. ten Grund hatten.

S. 202.

Altertum der Hr. Mabillon legt dem Folquin, einem Mönch der Abtey St. Bertin, gegen Copialbücher.

das

(h) Ibid. col. 17.

(9) MURATORI Antiquit. Ital. tom. 3. Disfert. 34. col. 21. (F) Tribuit auctoritatem quam Originale FRIEDERICI HAHNII Praef. in diplom. habuit ac fuppleuit in dictionibus quibusdam, fundat. Bergenfis Coenobii. Magdeburgi er fyllabas quasdam et litteras, quae conuenie- Lipfiae 1710. bant iisdem et fuisfe praefumebantur in illis,

1

das Ende des zehnten Jahrhunderts das erste und älteste Copialbuch ben, das bis jeßt bekant worden (i). Es enthält dasselbe eine Samlung der Urkunden eben dieses Klosters, die nach chronologischer Ordnung aufeinander folgen. Man würde den Urs sprung der Copialbücher noch weit höher hinaussehen können, wenn man die tomos chartarum dafür halten wolte, deren einige Schriftsteller im sechsten und siebenten Jahrhundert, und unter andern auch der heil. Gregorius von Tours (f) Meldung thun. Es verstehen aber die Herausgeber des du Cange nichts anders als Archive oder Samlungen von Urkunden unter diesem Ausdruck. Indessen scheinet es doch, daß man dieselben, der Meinung des Hrn. Maffei zu Folge (1), vielmehr für die ersten Auffäße der Notarien oder für die Register zu halten habe, worin ein Fürst oder Prålat sowol die erhaltenen, als auch die von ihm geschriebenen Briefe aufzu behalten pflegte. Eben dieser Gelehrte kennet in Italien keine berumtern Copialbú cher als diejenigen sind, die sich in den Abteien Montis Caffini und Farfa befinden. Das erste, welches in den Anmerkungen des Angelo de Luce, Erzbischofs von Rossano, zu des Leonis Marsicani Chronik, oft angefüret wird, rüret vom Petrus Diaconus her. Das zweite vom Jahr 1080 ist sehr schön geschrieben, und hat mit der Chronik der Abtey zu Farfa eigentlich nichts zu thun. Im Jahr 1200 verfertigte der Kammermeister Cencio eine berumte Samlung, die fast von eben der Art war, und den Zins und andre Rechte der römischen Kirche enthielt. Es ge schiehet derselben von dem Baronius bey dem Jahre 1076 Meldung. Im Jahr 1120 verfassete Bernhard (m), Schakmeister zu Compostel, ein Copialbuch, wor in die Diplomen, die die Könige und Päpste dieser Kirche ertheilet haben, befindlich find, und dessen im vierten Theil des erläuterten Spaniens Meldung geschiehet; der Verzeichnisse von Urkunden nicht zu gedenken, von welchen in der neuen Biblio thek des V. Labbe (n), und in dem Monaftico Anglicano bey Gelegenheit der Kirche zu Canterbury Beispiele angefüret werden. Man mus sich indessen nicht einbilden, als wenn man die Stücke, die den Copialbüchern einverleibet worden, ohne Wahl und Ordnung in dieselben eingetragen sind. "In diesen Samlungen, sagt der gelehrte Hr. Baluze (0), pflegte man gemeiniglich eine gewisse Ordnung zu beob achten. In einigen pflegte man die Bullen der Päpste voranzusehen, und hierauf die Freiheitsbriefe der Kaiser und Könige, die Begünstigungen der Bischöfe und groffer Herren, und endlich die Schenkungen der Privatpersonen folgen zu lassen. In andern sahe man hingegen diejenigen Briefe zuerst, die die von ihren Abteien abhängigen Kirchen betrafen; hierauf kamen die Acten, die die geistliche und welt: liche Gerichtbarkeit angiengen, und endlich die Bullen der Päpste nebst den könig lichen und gräflichen Freiheitsbriefen. Noch andere pflegten diese Urkunden nach den Sachen zu ordnen und alles dasjenige zusammen zu sehen, was einen und eben

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(i) MABILLON de re diplom. 1. 1. c. 2. p. 7. 8. 1. 3. p. 235.237. (F) GREGOR. TURON. Hift. Francor. 1. 10. c. 19. (1) MAFFEI Iftor. diplom. (m) Ibid. p. 98. (n) LABBE Biblioth. nouv. tom. 2. p. 755. (0) BALUZE Lettre pour fervir de Réponse à divers écrits p. 22.

P. 97.

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Verschiedene

ben.

"denselben Gegenstand betraf. Andere folgten wiederum blos und allein der Zeit: ordnung (55).

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دو

S. 203.

Man unterscheidet drey Arten von eigentlich so genanten Copialbüchern. Die Arten dersels erste Art ist nichts anders als eine Samlung von Originalurkunden; die zweite be stehet aus authentischen Copien, und die dritte Art scheinet aus keiner andern Ursache als ler gerichtlichen Formalitäten beraubt zu seyn, als weil sie erst lange nach ihrer Verferti: gung zum gerichtlichen Gebrauch eingefüret worden. Zu diesen beiden lehtern Ur: ten, wollen wir noch diejenigen Copialbücher fügen, die erst seit der Zeit, daß man an: gefangen die Copialbücher zu vidimiren, verfertiget worden. Es giebt noch eine Art, die oft mit dem Namen der Chroniken belegt wird, wo die Urkunden nicht alle: mal ganz und volständig eingetragen worden. Sie werden in denselben bald vers ftümmelt, bald abgekürzt, bald aber auch erkläret und zwar entweder, vermittelst an: drer Urkunden, oder aber nach Grundsäßen der Vernunft, oder auch durch die Ges schichte und die Erfarung und Einsicht, die sich die Verfasser der uneigentlich so ge: nanten Copialbücher erworben hatten. Wir können die Originale und authentischen Copien zusammenfassen, und alsdann verlieren die Urkunden bey den beiden ersten Arten der Copialbücher nichts von ihrem Ansehen und von ihrer authentischen Rich: tigkeit, die jede an und vor sich betrachtet schon hat. Kan man wohl etwas authen tischers aufweisen, als das Copialbuch zu Turin, welches die Aufschrift Chryfobull& und Argyrobullå füret? Es ist ein gewisses Register von den Diplomen der griez chischen Kaiser, und hat ehedem einem gewissen Kloster zugehöret. Zur Unter: schrift des Kaisers ist Zinnober oder Purpurfarbe, zur Unterschrift des Patriarchen Jos hannis aber nur gewönliche Dinte genommen worden. Beide befinden sich am Ende dieses Copialbuches und sind deutliche Beweise von dessen authentischen Richtigkeit.

(55) Ehe die Chartaria, Chartularia oder bey uns so genanten Copialbücher üblich gewors den, haben, dem Mabillon de re diplom. S.235 Ju Folge, die Libri censuales oder Polypticha die Stelle derselben vertreten; indem sie ein als gemeines Verzeichnis der Güter eines Klosters oder einer Kirche enthielten. Von den Polyp: tichis und den verschiedenen Verstümmelungen derselben in Pollegetica, Polectica, Puletica, Polegia, Politica, u. f. f. handelt du Fresne im Glosfar. Th. 2. S. 378. In Deutschland find die Copialbücher später üblich geworden als in andern Ländern. Hr. Baring erzálet in den Anmerk. zu Johan Wilh. Waldschmidts Disf. de probat. per Diplomataria, so seinem Clav. diplom. S. 391 mit einverleibet ist, wie ihm der Hr. von Gudenus versichert, daß er in allen Ar: chiven, die er durchsuchet, nicht ein einiges Co: pialbuch angetroffen, so vor dem Ende des dreis

zehnten Jahrhunderts verfertiget worden. Unter die Tomos Chartarum des Gregorii von Tours verstehet der jetzt angefürte Waldschmidt 1. c. S. 393 Originale von Urkunden, die in mehrern Bänden zusammen gebunden wordeu; daher fie mit mehrerm Rechte den Instrumen talibus Voluminibus, oder Pantochartis beis zuzálen wären. Es werden dergleichen Copials bücher sonst auch Antiquaria, Registraria, Untigrapha, Protocolla, Transumta, Diplomatas ria, Bullaria und Regesta genant. Die so ge: nanten Copial: Mann Bücher und Mann-Regifter die in den Lehnrechten vorkommen, find zum Theil für eine befondere Art derselben zu halten. S. Mosers Einleit. zum R. H. R. Pro: ces Th. 3. Kap. 1. §. 116 f. waldschmidt 1. c. S. 364 und Hrn. Barings Anmerkungen de selbst.

tigkeit. Copialbücher, die von öffentlichen Personen mit den Originalen verglichen wor: den, können vor Gericht gleichfals, so wie die Originale einen Beweis abgeben. Die drit: te Art mus ohne Zweifel auch vor Gericht angenommen werden: wenn sie nemlich noch vorher abgeschrieben worden, ehe man die Copialbücher mit den Originalen verglichen, oder wenigstens, ehe die Streitigkeiten entstanden, um derenwillen sie in die Gerichte ge bracht worden; besonders aber, wenn sie unter der Aufsicht solcher Männer verfertiget worden, denen jederman das Lob der Redlichkeit ertheilet. Wer wird sich wohl unters stehen, solche Diplomen als unzuverlässig und verdächtig zu verwerfen, die durch den Fleis oder auf Befel solcher heiligen Männer, als ein heil. Odon, ein heil. Odilon und so viele andere grosse Leute waren (p), gesammelt worden? Und einen solchen Urs sprung haben doch die meisten dieser alten Copialbücher der Abteien. Es würde un billig seyn, wenn man auch der vierten Art denjenigen Grad der Glaubwürdigkeit abs sprechen wolte, den man doch Geschichtbüchern, die den Denkmälern eben derselben Zeit zu Folge verfertiget worden, einräumet; indem sie weiter in keinem Stücke von den erstern unterschieden sind, als weil sie mehrere und grössere Stellen aus Urkunden anfüren und sehr oft ganze Stücke enthalten, ohne das geringste von denselben weg: zulassen. Wenn sonst alle andere Umstände gleich sind: so wird doch das Ansehen dieser leßtern allemal geringer seyn, als die Glaubwürdigkeit der übrigen Copialbů: cher, die die ganzen Urkunden von Wort zu Wort zu liefern pflegen. Indessen sind doch beide Arten dem Ansehen der blossen alten Schrifsteller gemeiniglich vorzuziehen. Die Urkunden der Abteien sind weit zuverlässiger als die Schriften der Pris vatpersonen (q). Jedoch, wir wollen dasjenige, was das Ansehen der Copialbücher und Copien betrift, bis auf den fölgenden Abschnit versparen. Ausserdem aber wer: den wir bey Ablenung der verschiedenen wider dieselben gemachten Angriffe noch mehr als einmal wieder auf diese Sache kommen. (56).

362

Zehn

(p) Hift. Litter. de la France tom. 6. p. 246. 503. tom. 7. p.425. tom. 8. p. 257 feqq. MABILLON de re diplom, p. 7. 8. 30. 605. (9) MENAGE hift. de Sablé P. 137. in dem hochgräflich isenburgischen Archiv befind lich ist, wird in einer Urkunde in Lünigs Reichs: archiv, Specil. fecul. Th. 2. S. 1617 ausfürlich beschrieben, woraus die hieher gehörige Stelle in Barings clav. diplom. S. 395 Anmerk. (0) be: findlich ist. Zur dritten Art werden endlich dies jenigen gerechnet, die weder historisch noch auch authentisch sind; sondern aus einer blossenSam lung von Instrumenten bestehen, und sich zwar in Archiven befinden, aber nicht das geringste Merkmal eines öffentlichen Ansehens weiter auf zuweisen haben. Von dem gerichtlichen Anse hen der Copialbücher, wovon im folgenden Ab: schnit mehrere Gelegenheit zu handeln vorkom men wird, ist in Waldschmidts mehrmals ange fürten Differtation mit vieler Gründlichkeit und Gelehrsamkeit gehandelt worden.

(56) Mabillon theilet S. 285 f. und mit ihm Waldschmidt 1. c. S. 394 die Copialbu: cher in drey Arten. Zur ersten und ältern Art rechnet er die blos historischen Copialbücher, in welchen die alten Denkmåler so miteinander verbunden worden, daß zugleich die merkwürdigs ften Begebenheiten, so wie sie auf einander ge folget, aus denselben erläutert werden. Ders gleichen ist das Copialbuch des obengedachten Solquini aus dem zehnten Jahrhundert; imglei: chen das Chronicon Casauriense, dessen im fol: genden Meldung geschehen wird. Die andere Art bestehet aus Copien von Diplomen und Ur: funden, die von gewissen Totariis oder andern öffentlichen Personen vidimirt und unterschries ben worden. Ein solches merkwürdiges Copials buch, so im Jahr 1464 verfertiget worden und

Einleitung.

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s ist noch nicht genug, daß wir die Originale und die verschiedenen Arten von Abschriften und Copialbüchern betrachtet haben; wir müssen sie auch wider die übertriebenen Beurtheilungen verteidigen, deren Anzal täglich grösser wird. Dahin gehören nun dergleichen Vorwürfe, die eine genaue Uebereinstimmung der Copien mit den Originalen verlangen; als wenn ein jeder Feler sogleich das Wesen einer Sache beträfe und für ein strafbares Verbrechen gehalten werden müste. Es haben zwar nicht alle Abschriften ein gleiches Ansehen; daher ist es auch billig, daß man dieses Ansehen nach den jedesmaligen Merkmalen ihrer authentischen Richtigkeit und nach den an ihnen befindlichen Kenzeichen der Warheit beurtheilet. Es ist un streitig zuweilen notwendig, daß man sich zu den Originalen oder wenigstens zu ihren authentischen Abschriften wende. Wenn man aber in gewissen Fällen von den Copien auf die Unrichtigkeit ihrer Originale schliessen kan; so mus man noch weit eher von den erstern auch auf die Richtigkeit der lehtern schliessen können. Einer der Hauptvor theile, den uns die Copien gewären, bestehet darin, daß man durch Hülfe einer großfen Anzal unter denselben die algemeinen Formeln eines jeden. Jahrhunderts mit eben so vieler Gewisheit bestimmen kan, als wenn man die Originale vor Augen hätte, Eine scharfsinnige Kritik wird sogar den wahren Tert des Originals in der Copie ents decken können. Diese verschiedenen Vorzüge verdienen gar wohl eine nähere Entwi ckelung und eine sorgfältige Zerstreuung derjenigen Dunkelheit, die manche Schrift: steller über dieselben zu verbreiten gesucht.

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