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Einwürfe bes
Hardouin

§. 209.

Das casaurische Copialbuch konte auch von dem V. Hardouin wohl unmöglich verschonet werden. Er bestreitet es aber auf eine ganz andere Art, als von den jektwis und Menage derlegten Verfassern geschehen ist. Er giebt es für ein Werk des vierzehnten oder funfs Stiftungs zehnten Jahrhunderts aus (e). Für den V.Hardouin ist es nur eine Kleinigkeit, ein Cobrif von Ven: Pialbuch um zwey: oder dreihundert Jahr jünger zu machen. Er wird aber noch grössere

wider den

dome.

Fortsetzung.

Wunder thun, wenn er es gar der Unrichtigkeit beschuldigen wird. Er wird leugnen, daß es einen Kaiser gegeben, der Ludwig 2 genant worden (C). Er wird Carolomannum aller seiner Gerechtsamen in Italien berauben und ihm deren nicht mehr in Abruzzo übrig lassen, als ein jeder seiner Leser daselbst haben möchte. Kan man ihn nun wohl noch einer alzugrossen Verwegenheit beschuldigen, wenn er die im Jahr 872 geschehe: hene Stiftung der Abtey der heil. Dreieinigkeit zu Pescara leugnet? An dem einis gem Worte Dreieinigkeit erkennet er sogleich die Wirklichkeit des boshaften Haufens, von dem so viele Bücher und Urkunden geschmiedet worden (D). Mehr hat er auch nicht gebraucht, die Unrichtigkeit einer Urkunde zu entdecken, die er für den Stiftungs brief von Vendome und Leviere zugleich hält. Die Ausdrücke Trinitatis deifică, die in demselben vorkommen, scheinen ihm zwar ungemein widersprechend zu seyn; ́doch bedienet er sich auch der Waffen der Kritik (f). Er entlenet dieselben aus des Hrn. Menage Geschichte von Sable' (g), welcher zwey Urkunden für untergeschober ne Stücke hält, die aus Copialbüchern, nicht aber aus den Originalen selbst genom: men worden, und daher verschiedenen Abweichungen unterworfen sind, wofür die Oriz ginale nicht stehen dürfen,

§. 210.

Dasjenige, womit sich unsre Verfasser martern, sind, wie man siehet, die Stif tungen des Klosters der Dreieinigkeit zu Vendome und der Priorey zu Leviere bey Angers. Die erste wurde dem Hrn. Menage zu Folge (h), im Jahr 1032 ange fangen, und die Einweihung der Kirche wurde im Jahr 1040 volzogen. Ohngefär fechzehn Jahr darnach stiftete Gottfried, Graf von Anjou, die Priorey zu Leviere und unterwarf sie der Abtey zu Vendome. Wenigstens ist dies des Hrn. Mabile lons Meinung (i), die sich auf eine Urkunde gründet, welche in der Verteidigung sei:

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ner Jahrbücher des Ordens Benedicti befindlich ist, und im Jahr 1056 datiret wors den (f). Die Hrn. de Sainte Marthe (1) füren sie unter einem andern Dato an, nebst einem umständlichen Verzeichnis der geschenkten Stücke, der darin befindlichen Flüche wider alle gewaltthätige Eingriffe in die ertheilten Vorrechte, und der Unters schriften sehr vieler Herren, die dem Grafen von Anjou unterwürfig waren. In den Beweisstücken der Geschichte von Sable' hingegen, wird nur der Anfang dieser Schrift mit einigen Abweichungen angefüret, welche das wesentliche der darin befindlichen Sachen im geringsten nicht betreffen, sondern nur in einigen Worten bestehen: woraus man also schliessen kan, daß diese Urkunden aus blos historischen Copialbú: chern genommen worden, nicht aber, daß man sie, wie Hr. Menage vorgiebt, erst nach der Zeit verfertiget habe; er möchte denn so viel mit diesem Ausdruck sagen wollen, daß sie erst nach der wirklichen Stiftung dieser beiden Klöster aufgefeßt worden. Was den V. Hardouin anbetrift, so behauptet er ausdrücklich, (m), daß diese Stücke neu und untergeschoben sind. Er hatte auch wirklich weit grössere Abs weichungen in denselben entdeckt, als Hr. Menage gefunden hatte. Zum Unglück aber macht er aus beiden nur eine einige Urkunde, ohnerachtet sie durch mehr als sech zig Jahr von einander unterschieden sind, auch sich in dem Copialbuche, woraus sie der Herausgeber genommen hat, über achzig Seiten weit von einander befinden. Hierzu komt noch, daß die eine Urkunde sich vom Gottfried von Anjou, die andere aber vom Abbon von Briole' herschreibt. Mit einem Worte, er verbindet die Anrufungsformel, die vom Gottfried angenommene Titel, und den Inhalt seiner Ur: kunde, mit dem Dato der Urkunde eines Herrn, der ein Unterthan seines Enkels war. Auf diese Art konte er leicht Feler in den alten Urkunden entdecken und sie für untergeschoben ausgeben. Wir wollen aber dergleichen Versehen, die auch aus ei nem blossen Jrtum herrüren können, nicht einer vorseßlichen Bosheit von seiner Sei: sen zu schreiben.

§. 211.

Herr Launoi hat bey Gelegenheit der Stiftungsbriefe oder der Dotation der Und des LauAbtey zu Vendome und der Priorey zu Leviere ein eben so grosses Geschrey erho- noi. ben. Wenn man aber nur den wahren Stiftungsbrief, den Herr Mabillon ents deckt und in seinen Jahrbüchern der Benedictiner herausgegeben hat (n), ansiehet; so verschwinden alle Schwierigkeiten auf einmal. Sein Einwurf gründet sich auf die Unterschriften Benedicti 9 und Clementis 2, welche beide abwesend gewesen, ja von welchen der lektere den heiligen Stul noch nicht einmal bestiegen gehabt, als die Acte auf dem Schlosse zu Vendome verfertiget und bestätiget worden. Wenn aber auch dieser Einwurf so gegründet wäre als er es nicht ist, so würde er doch wis der eine authentische und ursprüngliche Urkunde, in welcher weder dieser Päpste noch auch ihrer Unterschriften gedacht wird, nicht das geringste beweisen. Findet man wohl in der vom Herrn Launoi angefürten Ürkunde, daß sie von den vorhingedach ten Päpsten zu Vendome unterzeichnet worden, wie doch dieser gelehrte Kunstrichter Ec 2 vorzus

(f) Ibid. (1) Gallia Chrift, tom. 2. p. 123.
MABILLON Annal. Benedi&t. Tom. 4. p. 732.

(m) Mf. reg. p. 397. (n)

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Fortsetzung.

vorzugeben scheinet? Wird nicht vielmehr ausdrücklich in derselben gesagt, daß der Schenkungsbrief nach Rom gebracht und auf den Altar des heiligen Perri gelegt worden? War es wohl nach einer so feierlichen Handlung, die von dem Stifter des Klosters zu Vendome zum Besten der römischen Kirche veranstaltet worden, noch schwer, den Papst zur Unterschrift diefer Urkunde zu bewegen, zu einem Zeichen, daß er die neue Abter als eine unmittelbare von dem heiligen Stul abhängige Stiftung ansehen und in Empfang nemen wolle? Weil der Graf von Anjou seinen Stif tungsbrief dem heiligen Perro selbst überreichen wolte, so reisete er, einigen alten Denkmälern zu Folge, im Jahr 1047 selbst nach Rom, und da kan Clemens 2 denselben unterschrieben haben und bald darauf verstorben seyn. Benedict, der den apo: stolischen Stul unmittelbar darauf bestieg, kan ihn gleichfals unterschrieben und dabey als ein weit älterer Papst den Rang über seinen Vorgänger genommen haben. Nichts ist natürlicher, und nichts geschahe im zehnten und eilften Jahrhundert häufiger, als daß man die Schenkungsbriefe nach Rom brachte, und den Papst um eine Bestätis gung derselben und feierliche Verfluchung aller derjenigen ersuchte, die diesem Stif tungsbrief zuwiderhandeln und denselben angreifen würden. Mit weit mehrerm Rechte fonte also eine Schenkung, die dem heiligen Stul selbst gemacht wurde, nach Rom gebracht und durch die Unterschrift des Papsts bestätiget werden.

S. 212.

Wir müssen aber eine noch scheinbarere Schwierigkeit anfüren. Der Urkunde des Herrn de Launoi zu Folge (0), hat Gottfried von Anjou nach seiner Ankunft zu Rom diesen Schenkungsbrief auf den Altar gelegt, und denselben von zweien Päpsten unterschreiben lassen. Nun ist derselbe aber im Jahr 1040 datiret, in welk chem Jahre der zweite dieser Päpste noch nicht mit der päpstlichen Würde bekleidet war. Er hat daher in dieser Schrift noch nicht ein Papst genant werden könnénz folglich ist die ganze Schrift falsch. Da Herr Mabillon den wahren Etif tungsbrief der Abtey zu Vendome herausgegeben hat: so toute man denjenigen ohne Nachtheil gar wohl verwerfen, dessen wirkliche oder vorgegebene Feler wider die Zeitrechnung dem Herrn Launoi so anstößig gewesen sind. Unser berumter Kunst: richter hat aber die Urkunde, welche er so ausfürlich zu bestreiten gesucht und von welcher er Gelegenheit genommen, die Mönche mit allerley Vorwürfen zu überhäuFen, wirklich nicht einmal verstanden. Das Exemplar dieses Stiftungsbriefes, wel ches Herr Mabillon herausgegeben hat, ist nicht eben dasselbe, so nach. Rom gez bracht worden. Man würde ein einiges Original nicht der Gefar einer so weiten Reise unterworfen haben. Dasjenige Eremplar, welches der Graf von Anjou dem heiligen Perrus überreichet hat, ist niemals wieder zum Vorschein gekommen: es mag nun seyn, daß es nicht wieder von Rom zurückgekommen, welches denn sehr warscheinlich ist, oder die Mönche zu Vendome mögen aus Furcht für die heftigen Angriffe des Herrn de Launoi Bedenken getragen haben, das zweite Original, wel ches man vielleicht von dieser Urkunde verfertiget hatte, vorzuzeigen; indem sie den Einwürfen nicht zu begegnen wuften, die mehrentheils nur auf die schlechte Kent:

(0) L'AVNOII opera tom. 3. part. 1. p. 327.

nis

nis dieser entfernten Jahrhunderte und der besondern und sehr von unsern Zeiten ver schiedenen Gebrauchen derselben gegründet sind.

S. 213.

Nachdem die Abtey zur Vendome dem römischen Stul unmittelbar war über: Weitere hiefert und von dem Grafen von Anjou mit neuen Freiheiten begabet worden: so lies Fortsetzung. gedachter Graf daher eine andere Urkunde ausfertigen, die man für den eigentli chen Stiftungsbrief helten konte, weil die ganze Einrichtung dieses Klosters in dem selben wiederholet wurde. Sie enthält das Verzeichnis eben derselben Ländereien, die zur Zeit der ersten Stiftung sowol von dem Grafen als auch der Gräfin von An: jou dieser Abtey geschenket worden, und die hier nur mit neuen Begünstigen und mit neuen Vorrechten vermeret wurden, die die vorige Freigebigkeit dieser Personen bis auf die höchste Stufe der Volkommenheit erhuben. Diese Urkunde wurde nicht nur von Heinrich 1, König von Frankreich, unterzeichnet, sondern auch von den mehre ften derjenigen Zeugen, die die erste unterschrieben hatten, bey welchen sich aber Heinrich 1 nicht mit befunden hatte. Der Verfasser des historischen Copialbuchs zu Vendome hat aus diesen dreien Schriften nur eine einige gemacht, damit er sich ei: nige Mühe ersparen möchte. Er hat die ganze Geschichte von der Schenkung der Abtey zu Vendome an den heiligen Stul mit dem Stiftungsbrief verwechselt, von welchem er allein nur das Datum anfüret. Er fehet die Unterschriften der Päpste nicht nur nach den Unterzeichnungen der Herren, der Prälaten und der bloffen Laien; sondern auch nach der völligen Formel des Datum. Dies hätte ja dem Herrn de Launoi die Augen öfnen und ihn überzeugen können, daß da in der Ur kunde selbst der Unterschrift des Papstes Meldung geschehen, jederman dieselbe atlen andern würde vorgeseht haben. Wenn auch die Urkunde noch vor der Reise nach Rom von den Zeugen wäre untersyrieben worden: so würde man dennoch einen der päpstlichen Würde gemåsen Plak zur Unterschrift leer gelassen haben. Kein Be: trüger ist wohl so ausschweifend, daß er gerade das Gegentheil thun solte. Man håtte also diesen Umstand durch die Beschaffenheit historischer Copialbücher entschuldigen sollen; in welchen man begieriger war, die Begebenheiten auf einander zu hau fen, als jede derselben an ihre gehörige Stelle zu ordnen. Ohne Zweifel haben die Mönche zu Craon auch von dieser oder einer andern historischen Samlung, die ent weder alte oder neue Abschrift genommen, bey deren Bestreitung Hr. de Launoi sei: me bat," ne ganze Kritik erschöpfet hat. Dies ist die Entwicklung eines Unstandes, welcher vorher so verworren zu seyn schiene. Die Auflösung der vorgegebenen Widersprüche zwischen Originale und Copialbüchern, und zwischen diesen und den aus der Ge fchichte bekanten Begebenheiten, besonders in Betrachtung des zehnten, eilften und zwölften Jahrhunderts, ist gar nicht schwer und künstlich, aber von einem desto größ fern Rnken.

S. 214.

Der Stiftungsbrief der Prioren, zu Leviere ist gleichfals nach Copialbüchern Stiftungs øder davon genommenen Abschriften herausgegeben worden. Man trift in demsel; brief der Pri ben verschiedene Zeitbestimmungen an, die man nicht miteinander verwechseln mus; oren zu Le:

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viere.

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Folgerung hieraus.

ob sie gleich von den Urhebern dieser Copialbücher oder neuern Nachrichten nicht ger hörig unterschieden worden. Die erste Zeitbestimmung, die man in demselben antrift, ist die Zeit der Abfassung des Stiftungbricfes, der vielleicht nach dem Jahre 1040 ausgefertiget worden. Hierauf folget die Epoche der Vereinigung beider Klöster zu Leviere und zu Vendome, oder wenigstens der von dem Grafen von Anjou bep dem Könige von Frankreich und den Groffen des Königreichs angewandten Bemühun: gen, sich der Fortdauer der neuen Stiftung zu versichern. Da dieser Herr seine zu Vendome gestiftete Ubten mit Bewilligung des Bischofs zu Chartres dem heil. Stul bereits angetragen hatte: so entschlos er sich endlich, auch die zu Leriere anges legte Priorey, doch mit Genemhaltung des Bischofs von Angers, dem Papst unmittelbar zu unterwerfen. Er überlieferte dieselbe also den Händen Victors 2, und lies zugleich die Unterwerfung der Abtey zu Vendome, welche um etwa neun Jahr ålter war, zugleich mit erneuern. Alle diese Begebenheiten haben verschiedene Ur: kunden oder Notitias veranlasset. Die lehtere wurde im Jahr 1056 ausgefertis get; ben welchem Zeitpunct sich Hr. Mabillon allein aufgehalten hat (p): obgleich die in dieser Urkunde ausdrücklich gemeldeten Vorfälle, die in den Toritiis und hi storischen Copialbüchern insgesamt miteinander verwechselt worden, augenscheinlich viel weiter hinausgehen. In diesen leßtern wird das Datum der Stiftung, mic den vierzehn oder funfzehn Jahr hernach erfolgten Begebenheiten verbunden. Es wird daselbst sowol das, was die Stiftung betrift, als auch die innerhalb sechzehn Jahren geschehene Vereinigung der beiden Klöster und ihre Ueberlieferung an den Pabst zusammengenommen, und alle diese Umstände werden unter das Darum ges gefeht, da die Einrichtung dieser Klöster auf immer festgesetzt worden. Und auf diese Art pflegte man in den historischen Copialbüchern öfters zu verfaren.

S. 215.

Man siehet hieraus, daß man in Betrachtung der in den Copialbüchern ja auch
in vielen Moritiis angefürten Begebenheiten und deren Zeitbestimmung zwar viele,
Kritik anwenden müsse; es erhellet aber auch zugleich, daß diese Kritik scharffins
nig und geläutert seyn müsse; sonst läuft man Gefar, unendliche Feler wider die Ges
schichte zu begehen; zu geschweigen, daß man dadurch leicht zu den verhaftesten Be:
schuldigungen wider die gerechteste und unschuldigste Sache verleitet werden kan.
Wenn der V. Hardoyin aus zweien Urkunden nur eine einige gemacht hat; so hat
hingegen Hr. Menage eine einige in zwey verwandelt. Daher schliesset er denn
hieraus, daß eine von beiden Urkunden falsch sey: denn warum wären zwei
Schenkungen einer und eben derselben Sache von einer und eben ders
felben Person an einerley Personen nötig gewesen (4). Es findet aber nur
eine einige Schenkung und eine einige Urkunde stat. Wenn diese Urkunde, so wie
fie in dem Copialbuche des heil. Maur des Foffez gelesen wird, von der in dem Co-
pialbuch des heil. Maur de Glanfeuil verschieden zu seyn scheinet: so rúret solches
daher,
daß die erstere nur ein Auszug aus der lettern ist. Das lektere Copialbuch

() MABILLON. Annal. Benedict. tom. 4. p. 563. 744.
de Sabié p. 231. feqq.

liefert

(9) MENAGE hift,

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