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Einwürfe darwider.

Formalitäten nachzuamen, und historische Umstände, die beinahe ganz vergessen wor: den, anzufüren; wenn sie endlich voller Begebenheiten oder Ausdrücke seyn solten, die sich auf sehr dunkle historische Umstånde der damaligen Zeiten beziehen: so kan man zuweilen aus den blossen Abschriften, wenn sie gleich nicht authentisch seyn sol ten, die Richtigkeit des Originals zuverläßig bestimmen. Denn wie hätte wohl ein Betrüger, der nicht zu der Zeit gelebt hat, die in dem Datum der Urkunde angege ben wird, in solchen unwissenden Jahrhunderten von den Sitten, Formeln und fleis nesten historischen Umständen eines Hauses, einer Stadt, einer Gegend oder einer Provinz so genau unterrichtet seyn können? Und wenn er von allen diesen Dingen nur sehr dunkle Begriffe und eine sehr seichte Kentnis haben können: so ist es fast nicht möglich, daß sich seine Arbeit nicht an hundert Orten verraten solte, da die Ge bräuche und geringsten Umstände der vorigen Jahrhunderte zu unsern Zeiten in ein so helles Licht geseht sind. Im Gegentheil, wenn man die Zeit des Betrügers mit dem Datum der Schrift vergleichen wil: so wird, wie wir im folgenden zeigen wer den, aus der Unbrauchbarkeit eines solchen Instruments erhellen, daß man es nicht einmal schmieden wollen.

S. 239.

Ein Betrüger, wird man sagen (G), amet allemal ein-Diplom aus demjeni gen Zeitpunet nach, in welchen er seine falsche Arbeit sehen wil. Er verändert nur die Namen der Derter oder der Vorrechte, die er sich anmassen, oder deren rechts mäßigen Besiß er durch Urkunden beweisen wil. Er wird zwar die Züge, die Dinte, das Pergament u. f. f. vielleicht nicht allemal so genau nachamen können, daß er eis nen geschickten Kenner der Altertümer damit hintergehen solte; alsdenn wird aber doch der lettere die Richtigkeit oder Unrichtigkeit des Originals zum wenigsten nicht aus den Abschriften bestimmen können (o). Wie wird er ein solches Stück für falsch ausgeben können, da es in Absicht der Formeln, der Schreibart, der Gebräu: che und der Geschichte dem Jahrhundert, welchem es beigelegt wird, volkommen ge: más ist? Wie wird er dasselbe aber für wahr halten können, da die Unrichtigkeit desselben gewis ist und schon als erwiesen vorausgeseht wird? Wil man etwa ant: worten, man behaupte ja nicht, daß es allemal, sondern nur, daß es zuweilen mög lich sey, die Richtigkeit der Originale aus den Abschriften zu bestimmen; so wird man erst die Fälle bestimmen müssen, wo man dieses Urtheil fällen kan, oder nicht. Nun behauptet man aber, daß es keinen einigen Fal giebt, da man dieses Urtheil fällen fonte. Wenn ein Original für åcht gehalten werden sol: so mus es der Schreibart, den Gebräuchen, den Formeln und den historischen Umständen derjeni gen Zeit, in welche es gefeht wird, gemás seyn. Aus der bloffen Untersuchung der Abschrift aber wird man niemals mit Gewisheit überzeuget werden können, daß diese Aenlichkeit von etwas andern herrüret, als von einer sehr genauen Nachamung ei: nes andern Diploms derfelben Zeit. Man wird also die Richtigkeit eines Originals

(0) GERMON. Difceptat. 4. p. 198. 199.
(G) Man wird uns nicht vorwerfen können,
daß wir die Einwürfe unfrer Gegner, die wir be:

aus

streiten, nicht in ihrer ganzen Stärke vortra: gen.

aus den Abschriften niemals bestimmen können; ob man gleich die Unrichtigkeit deffelben zuweilen aus diesem Grunde behaupten kan.

S. 240,

ben.

Dies ist alles, was sich nur wider den Sah einwenden låsset, daß man die Beantware åchte Richtigkeit der Originale niemals aus den Copien entscheiden könne. Vielleicht tung derfel ist es an und vor sich selbst und nach der Schärfe betrachtet möglich, daß ein Betrů: ger die innern Merkmale, als die Schreibart, die Gebräuche u. f. f. nachamen kön: ne, wenn es ihm gleich unmöglich fallen solte, die äussern Umstände, als da sind die Züge, die Dinte u. f. f. nachzubilden (H). Es ist unndtig, die eigentlichen Gren zen dieser Möglichkeit zu bestimmen. Man pflegt sich im gemeinen Leben nicht nach metaphysischen Möglichkeiten zu richten. Es ist augenscheinlich, daß, wenn ein Betrüger die Formeln und andern Gebräuche der damaligen Zeit auf das allervol: kommenste erreichen könte, von Seiten der Abschrift nichts mehr übrig bleiben würde, woraus man das Original beurtheilen könte; weil die Copien nur allein der innern Merkmale fähig sind, die äussern Kenzeichen aber ihnen nicht mitgetheilet werden können. Es lässet sich aber leicht beweisen, daß diese volkomne Nachamung auch der innern Merkmale moralisch unmöglich ist.

Nun-ist

1. Daß der Betrüger durch diese Unmöglichkeit gleich anfänglich verhindert werden mus, wollen wir folgender Gestalt beweisen. Seine Absicht ist, zum Beis spiel, sich gewisse Vorrechte anzumassen, oder sich gewisser Güter mit allen ihren Umstånden und Zubehör zu bemächtigen. Er mus daher die erhaltene Schenkung oder den geschehenen Ankauf derselben in ein gewisses Jahrhundert sehen. Hier wird es ihm nun eben nicht schwer fallen, Urkunden zu finden; aber darin wird die Schwie: rigkeit bestehen, wie er solche Urkunden finden sol, die mit seinem Vorwurf in allen Stücken übereinkommen. Denn die allergeringste Ungleichheit wird ihn hier weit eher verraten, als wenn er nicht so viele Vorsichtigkeit gebraucht hätte. aber, in Betrachtung der Umstände und Zubehör, welche unzäligen Verschiedenhei ten unterworfen sind, eine volkommene Aenlichkeit zwischen zwey Schenkungsbriefen bey nahe eben so schwer anzutreffen, als zwey Gesichter, die sich volkommen ånlich find. Wenn der Betrüger die Verschiedenheit, die diese Güter, Vorrechte, Freiz heiten nebst allen ihren Folgen besonders bezeichnen und von andern unterscheiden, zu verbergen sucht: so wird eben diese gezwungene Verbergung die Erdichtung entz decken. Wenn er sie aber nicht zu verbergen sucht, so wird er sich bey verschiedes nen Umstånden blosgeben müssen, die sich auf die Geschichte der damaligen Zeit bes ziehen; eine Geschichte, die er unmöglich so inne haben kan, daß er nicht so viele Fes ler begehen als Schritte thun solte.

(H) Wir nennen diejenigen Merkmale oder Umstände innere Merkmale einer Urkunde, die das Wesen derselben_betreffen, und so genau mit ihr verbunden sind, daß sie sowol in den Originalen, als auch in den Copien auf einers

Diplom. I. Th.

2. Da

ley Art angetroffen werden. Hingegen sind die
auffern Merkmale eines Diploms bey uns dies
jenigen, die nur das äussere desselben betreffen,
die dem Original allein eigen sind und den Co
pien nicht mitgetheilet werden können.

G g

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2. Da er nun unmöglich ein solches Muster finden wird, welches allen seinen Absichten volkommen gemás seyn solte: so wird er mit einem Diplom zufrieden seyn müssen, welches nur einige Aenlichkeit mit denselben hat. Er wird also entweder in den Personen, oder in den Zeitbestimmungen, oder auch in den historischen Umstánden notwendig Veränderungen vornemen müssen. Alles dies sind aber zugleich Hülfsmittel den gespielten Betrug an den Tag zu bringen, ohne daß man sich zu dem Original wenden dürfte. Ein einiger veränderter Name wird das ganze Geheimnis entwickeln können. Würde man wohl vor der geschehenen Wiederherstellung der Wissenschaften jemand gefunden haben, der genau bestimmen können, was bas für ein Herr, Graf, Abt, ja Bischof gewesen, der damals vor fünfhundert Jahren diesen oder jenen Ort im Besik gehabt; der die Beschaffenheit und Umstände der Vorrechte, die er besessen, angeben und bestimmen können, zu welcher Zeit er seine Gewalt daselbst zu üben angefangen, und wenn dieselbe entweder durch den Tod oder durch einen andern Zufal wiederum ein Ende genommen; imgleichen der mit Ger wisheit behaupten können, daß er sich in dem Jahre und an dem Tage an denjenis gen Ort befunden, wo die Urkunde sol ausgefertiget worden seyn? Die Aufklärung sowol dieser als noch weit mehrerer Umstände würde in diesem Fal nicht nur als unz umgänglich notwendig erfordert werden, sondern auch für jeden geschickten und vers ständigen Man, in demjenigen Jahrhundert, wohin wir ihn sehen, unmöglich gewe: sen seyn. Es würde ihm also kein andrer Weg übrig bleiben, als diese Schwierigs keiten zu übergehen, und uns völlige Freiheit zu lassen, ihn vermittelst der vielen Urs kunden und historischen Denkmäler, die damals unmöglich zusammengebracht und verglichen werden konten, der Betrügeren zu überfüren. Nun kan man diese Uebers fürung schon durch blosse Abschriften bewerkstelligen. Folglich u. s. f.

3. Wenn wir aber auch den ganzen Saß unsrer Gegner nach seinem ganjen Umfang einräumen, so werden heutiges Tages dennoch die blossen Copien zuweilen hinlänglich seyn, die Erdichtung eines Originals, welches nach Masgebung eines åltern Diploms, dessen Zeitbestimmung es in seinem Datum aufzuweisen hat, zu ent:: decken. Es kan sich nemlich zutragen, daß der Betrüger einen Herren oder Prálas ten Güter oder Vorrechte wegschenken lässet, die doch einem andern zugehören. Die Beweise davon werden gewis und unleugbar seyn. Gewisse Denkmåler, die zu den Zeiten des Betrügers unbekant waren, werden den gespielten Betrug so zuz verläßig entwickeln, daß gar kein Zweifel mehr übrig bleibt. Dis ist also wieder ein neuer Weg, die Unrichtigkeit der Originale aus Copien, die nach andern Diplomen derselben Zeit verfertiget worden, zuweilen zu beurtheilen. Es ist daher unrichtig, daß man weder die Richtigkeit noch auch die Unrichtigkeit der Originale aus den Abschriften bestimmen könne.

4. Wenn eine Abschrift nicht lange nach dem Original verfertiget worden: so giebt es viele Fälle, wo man von derselben auf die Richtigkeit des Originals schliessen fan. Das Original hat unmöglich erst nach der Copie untergeschoben werden köns Eben so wenig hat dieses vorher geschehen können. Denn, wie wir vorausge fehet haben, so ist die Abschrift gleich nach dem Original ausgefertiget worden. Die ses aber ist unstreitig vorgezeiget worden, damit wenigstens diefe Abschrift nach den gericht:

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gerichtlichen Formalitäten von derselben genommen werden können. Folglich hat das Original und dessen Urheber die scharfen gerichtlichen Untersuchungen ausstehen müffen. Das Original war aus keiner andern Ursache geschmiedet, als um sich die Güter eines andern anzumassen, oder sich in dem ruhigen Besiß derjenigen zu behaupten, die man mit Recht inne zu haben geglaubt. Hätte man sich fremder Gúter bemächtigen wollen: so würden die Eigentümer dazu nicht stillegeschwiegen haben; zumal da sie tausend Mittel gehabt, ein neues Original der Unrichtigkeit zu überfüren. Hätte man sich aber durch eine solche Urkunde nur in dem Besik rechtmäßiger aber ftreitiger Vorrechte erhalten wollen; so würde der Urheber einer solchen falschen Schrift in Gefar geraten seyn, alles zu verlieren, wenn er Stücke hätte vorbringen wollen, deren Unrichtigkeit durch die Zeugen, Norarios und Siegel dargethan wer den konte. Es würden also diese Urkunden, anstat dem Betrüger nüßlich zu seyn, ihn nur in die gröfte Gefar gestürzt haben. Derjenige, welcher ein gegründetes Vorrecht zu unterstüßen, falsche Schriften aufweiset, läuft nicht nur Gefar in Abficht seiner Person; sondern macht seine gerechte Sache dadurch auch höchstverdäch tig. Nun thut aber niemand böses, wenn er nichts dabey gewinnen, sondern vielmehr alles verlieren kan. Man kan daher auch nicht behaupten, daß jemand um sich in dem Besitz seiner Güter oder Vorrechte zu erhalten, eine falsche Urkunde ver fertiget haben würde, deren Unrichtigkeit man sogleich bey dem ersten Anblick würde entdeckt haben.

S. 241.

Wenn man aber demohnerachtet einen Betrüger für so unbesonnen halten wol Fortsetzung. se, daß er sich auch der allergrößten Gefar unterziehen können; so darf man gewis nicht zweifeln, daß er entdeckt, seine Urkunde der Unrichtigkeit überfüret und dieselbe folglich auch unterdrückt worden. Sie kan also auch nicht mehr vorhanden seyn. Allein die Erdichtung und das wirkliche Daseyn eines falschen Originals scheinet noch weit unglaublicher zu seyn; wenn man vorausseßt, daß das Original nicht lange nach der Verfertigung erneuert und vidimirer oder verglichen worden. Denn die Erz neurung, Vidimirung oder Vergleichung, die zum Beispiel im zwölften Jahrhuns dert geschehen, beweiset, daß das Original nicht erst nach der Zeit erdichtet seyn kan. Denn wenn das lektere gleich das Datum eben dieses Jahrhunderts aufzuweisen hat, und kaum dreißig Jahr von der erstern entfernt ist: so ist augenscheinlich, daß man es nicht anders als mit dem unausbleiblichen Verlust von einer und mit der åusser: ften Gefar von der andern Seite habe aufweisen können. Hieraus lässet sich schon hinlänglich schliessen, daß man es nicht werde vorgezeiget haben; weil man es wür de entdeckt und vernichtet haben, wenn es falsch gewesen wäre. Der übrigen von dem Original noch verschiedenen Denkmåler nicht zu gedenken, die eine vidimirte Copie bestätigen und unterstüßen können: so erhellet schon aus dem blossen Vidimus, daß das Original gleich nach seinem Ursprung so genau untersucht worden, daß man sich daben nicht betrügen können, und daß es demohnerachtet bestätiget und mit neuem Ansehen bekleidet, aber im geringsten nicht für verdächtig erkläret oder gehalten wor den. Es ist daher auch moralisch unmöglich, daß es hat können untergeschoben wer: den. Wir werden folglich auch zuweilen durch vidimirte oder verglichene Abschriften in Gg 2

den

1

ginale aus
den Copien.

den Stand gesehet, die Richtigkeit des Originals zu bestimmen. Folglich hätten wir nunmehr unsern Sak bewiesen, daß man die Originale zu manchen Zeiten aus den Abschriften beurtheilen könne. Es würde überflüssig seyn, wenn wir uns bey meh: rern möglichen Fällen aufhalten wolten. Es ist genug, daß wir unsern Sah durch mehrere Beispiele dargethan, und dadurch die bisher bestrittenen Scheingründe geho ben haben.

S. 242.

Beurtheilung Die Schrift, die Dinte, das Pergameut und die Siegel werden ohne Zweifel der Richtig die vornehmsten Gründe an die Hand geben können, die Richtigkeit oder Unrichtig. Peit der Oris feit der Originale zu beurtheilen; man kan aber auch dergleichen Gründe, die zuwei: len eben so entscheident sind, aus den Formeln und aus der Geschichte hernemen. Bei de Arten finden bey den Originalen zugleich stat; bey den Abschriften aber lässet sich nur allein die lehte Art anbringen. Wenn man, unsern Gegnern zu Folge (p), die Nichtigkeit eines Originals niemals behaupten kan, ohne es selbst gesehen zu haben; warum wil man dann dasselbe blos vermittelst der Abschrift für verwerflich erklären? Wenn, ihrem eigenen Geständnis nach, die Dinte, die Züge, Buchstaben, Siegel und das Pergament ein Original verraten können, an dessen Formeln u. f. f. in den Copien nichts auszusehen ist: warum solte nicht die Gegenwart aller dieser Umstånde in eis nem Original dasselbe hinlänglich verteidigen können, wenn die ungewönliche und nicht regelmässige Beschaffenheit der Formeln in der Copie dasselbe verdächtig gemacht hätte (I)? Es scheinet zuweilen ungemein leicht zu seyn, daß man aus den historis schen Umständen oder neuern Formeln schliessen könne, ein Diplom, wenn es wirklich falsch ist, habe nicht ehe als nach diesem oder jenem Jahrhundert verfertiget werden können. Hingegen erhellet aus dem Original selbst, daß es unstreitig in einem frü: hern Jahrhundert ausgefertiget worden; indem die Dinte, die Schrift, das Sier gel und das Pergament hinlängliche Beweise eines weit höhern Altertums der Urkuns den seyn können. Es wird also hieraus die Richtigkeit der Schrift dargethan wer de können, ohnerachtet man dieselbe nach den Abschriften zu urtheilen, als unrichtig oder doch höchftverdächtig verworfen haben würde. Es werden also die Copien an und für sich selbst keine gewissern Beweise für die Unrichtigkeit eines Originals liefern können, als sie für die Richtigkeit desselben zu geben im Stande sind.

(p) GERMON. Difcept. 4. adv. Foutanini vindic. p. 199.
(J) Der V. Germon behauptet, man köns
ne von der ächten Richtigkeit eines alten Di:
ploms nicht anders überzeuget werden, als durch
das öffentliche Unsehen, oder durch das Urtheil der
Kenner der Altertümer; wenn fie nemlich versi
chern werden, daß eine gewisse Urkunde mit solchen
übereinstimme, deren Richtigkeit von den Obrig.
keiten für unstreitig erkläret worden. Also giebt

S. 243.

es noch mehrere Gründe aus den sowol innern als åussern Merkmalen der Urkunden ihre Richs tigkeit oder Unrichtigkeit zu bestimmen. Allein, es werden hier diese Gründe mit dem öffentlichen Ansehen verwechselt, welches den rechtmässigen Gebrauch, den man davon gemacht hat, bestim met. GERMON. Discept. 2. p. 67.

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