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§. 407.

Lange hernach ist der Name Memoriales und im Französischen Memoriaup fonderlich bey den Kanzellisten üblich geworden; da man im Gegentheil die Benens nung Memoriale allen Arten von Charten, Diplomen und Notizien beizulegen pflegte. Endlich verstehet man unter dem Ausdruck Memorialia und Menoriå auch alle zu einer gewissen Sache oder Rechtshandel gehörigen Schriften (c). Der Ausspruch des Hrn. Baluze kan unsere Meinung bestätigen (B). Indessen be: jeichnen Memoria, Memoriale, Commemoratorium, Memoratorium und Rememoratorium am allerhäufigsten die Notizien. Zu den beiden lehtern pflegte man auch noch oft Breue hinzuzusehen. Breuis memoratoria oder commemoratoria wurde in eben derselben Bedeutung genommen. Ohnerachtet man das von dem Abt zu Gottwich angefürte Diplom Kaiser Heinrichs 4 nicht für eine blosse Notiz halten kan: so wird sie doch Libertatis memoriale genant (d). Dieser Ausdruck bedeutet hier blos, daß dies das Denkmal der einer Abtey ertheilten Freiheit sey. Im vierten Jahrhundert bezeichnete Commemoratorium alle Libelle, Breve oder Bil: Tets, ja auch so gar Inventaria (e). In achten wurden in England ordentliche Charten ausgefertiget, welchen die Benennung Commemorationes beigelegt wut: de (f).

§. 408.

Die Difpofitiones waren, dem Verfasser der Notitia Imperii zu Folge (g), von den Rescripten oder Antworten der Kaiser über diejenigen Rechtshändel, über welche man sie befragte, nicht verschieden. Der Comes difpofitionum hatte ver: schiedene Referendarios unter sich, diese überreichten dem Kaiser die Bitschriften und Anfragen der Richter und schickten ihnen die kaiserlichen Antworten, welche Mandata genant wurden, wieder zu. Der Aufseher über das Behältnis der Dispositionum hatte auch die Libros oder Commentarios Beneficiorum in seiner Berwarung (h); worin die Vertheilung derjenigen Ländereien verzeichnet war, die den Soldaten gegeben worden und damals Beneficia hiessen. Unter unsern Königen der bei: den ersten Linien haben sie diesen Namen gleichfals gefüret. Diese überliessen den Edlen und nachmals auch so gar den Geistlichen gewisse Stücke von ihren Ländereien auf Lebenszeit unter dem Beding der Unterthänigkeit und Dienstleistung in Kriegszei Len. Nach und nach kamen sie auch, mit Genemhaltung der frånkischen Könige oder Kaiser, auf die Nachkommen der erstern und auf die Nachfolger der leßtern. Bald darauf wurden sie von den Privatpersonen als ihre eigentümlichen Erbgüter an gesehen, die doch unmittelbar unter dem Könige oder Herren stunden, von welchem sie folche empfangen hatten, und da verloren sie den Namen der Beneficien und wurden

(c) Archiv. de Bonne nouv. de Rouen.
HVGO de prima fcrib. orig. p. 192.
P. 172. (g) Notitia Imperii c. 97.
edit. Turneb.

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Lehne

(b) Chron. Gottwic. Tom. 1. p. 291. (c) (f) HICKES. Grammat. Anglo-Sax. (h) HYGEN. de limit. conftit. p. 134.

(B) Puto memoriam fignificare codd. foro agitabantur, ne earum memoria abolere. publicos, in quibus caufae fcribebantur quae in

tur. BALVZI1 Miscellan. lib. 2 p. 465.

Lehne genant. Die Charten, worin man dieselben erhielt, hiessen Beneficiariă. Diese Urkunden hatten übrigens eine grosse Aenlichkeit mit den Pråstariis und Pres cariis. Herr du Cange hat in seinem Wörterbuch alles, was zu einem so wichti gen Gegenstand gehöret, mit vieler Gelehrsamkeit und Ausfürlichkeit abgehandelt. Indessen wurden, dem Hrn. Maffei zu Folge (i), die in dem kaiserlichen Archiv der Beneficien befindliche Schriften selbst Beneficia genant. Der Comes dieses Ar chivs hatte die Oberaufsicht über die Verwaltung und Beamten in den eigentümlichen Erbgütern der Kaiser. Ja auch die diese Erbgüter betreffende Bewilligungen und Verträge waren von ihm abhängig und unter seiner Verwarung. Der gelehrte Marquis, den wir jekt angefüret haben, wird ohne Zweifel Grund gehabt haben, warum er diesen Diplomen den Namen der Beneficien gegeben; ohnerachtet diese Be: deutung des Worts dem du Cange unbekant gewesen. Ja in dem Codice finden wir auch wirklich folgende entscheidende Stelle in einem Refeript des Kaisers Constans tini: Si qua BENEFICIA perfonalia fine dié et confule fuerint deprehenfa, auctoritate careant (f). Das theodosianische Gesetzbuch erkläret sich in diesem Stück eben so bestimt und ausdrücklich (1).

Sechster Abschnit,

Verträge, politische und synallagmatische Urkunden.
Erster Artikel,

Charta paricolă, Syngrapha und Chirographa.

Inhalt.

1. Erklärung der Chartarum paricola: III. Unterschied von Chirographum und

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Syngraphum S. 412: 414.
IV. Widerlegung Johannis de Janua
S. 415.

S. 409.

ie Verträge und Bündnisse machen einen so ansehnlichen Theil in unsern Ur: Erklärung chiven aus; daß wir nicht umhin können, ihnen einen besondern Abschnit zu der Paricole. widmen. Die ältesten Stücke dieser Art füren uns in die ersten Jahrhun: rum. derte der frånkischen Monarchie, und zugleich auch in die noch åltern Zeiten der Griechen und Römer. Die Chartå paricolå haben ihren Ursprung den Vertrágen überhaupt und insbesondere den Tauschverträgen zu verdanken. Die Benennung haben sie aber daher erhalten, weil man den contrahirenden Personen so viele Exemplare gleichen Inhalts auszuhändigen pflegte, als Personen an der ausgefertig ten Acte Theil namen. (a). Daher sind denn die Namen Chartå pariclă, Chartă Aaa 3

(1) MAFFEI Iftor. diplom. p. 84. 85.
THEODOS. lib. 6. tit. 2 leg. 15.

paris

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gcn.

paricolå oder blos Pariculă, Chartå divisă und partită, Contractus per Chartas partitas u. f. f. entstanden. Es wurden aber die Copien nicht allein bey den gegenseitigen und andern Verträgen auf diese Art vervielfältiget. Die Präcepta der Könige, Schenkungen, Testamente, ja selbst gerichtliche Sentenzen, durch wel che ein Rechtshandel zwischen den Parteien aufgehoben wurde, weil keine derselben einigen Vortheil über die andere erhalten hatte, hatten zuweilen ein gleiches Schicksal. Man wird etwas änliches hiervon in der åltesten Urkunde gewar, die uns in spanischer Sprache zu Gesicht gekommen ist. Es ist ein Urtheil, welches im Jahr 1243 von Ferdinand, König von Castilien ausgesprochen worden (6). Er befielet darin, daß zwey Urkunden ausgefertiget werden sollen, damit jede Partey eine von denselben zu sich nemen könte. Weil man nun in dem Kupferstich derselben, der vom Christoval Rodriguez herrüret, keine durchschnittene Buchstaben antrift: so ist solches ein Be weis, daß es nur Chartå pariclå gewesen sind (121).

S. 410.

Partita bey Aus den Chartis paricolis entstanden mit der Zeit diejenigen Charten, welche Tauschhands durch Buchstaben, Worte oder Sprüche getheilt waren, die nachmals der Mitte nach durchschnitten und den contrahirenden Parteien eingehändiget wurden. Diese Schrif ten find wiederum in ausgèzackte Urkunden ausgeartet, woraus denn endlich die uns dulatå entstanden sind. Beide Arten waren vornemlich in gegenseitigen Vertrågén üblich. Selten wurde eine solche Handlung geschlossen, daß nicht eine dieser Arten von Urkunden daben gebraucht worden; ohnerachtet man solches eben nicht allemal ausdrück: lich anzumerken pflegte. Indessen müssen wir jeßt den Gebrauch dieser Arten bestim: men, die algemeine Regel und die Ausname von derselben, in Absicht der Paricola rum festsehen, und zugleich die verschiedenen Benennungen derselben anmerken. In den Formeln des Marculf werden sie mit keinem andern Ausdruck bezeichnet, als mit Concambium oder Commutatio (c). In dem Tert der Urkunden selbst aber wird ausdrücklich angemerket, daß von diesen Verträgen zwey Urkunden gleichen Inhalts ausgefertiget worden; duas inter fe vno tenore chartas confcripferunt. In den angevinischen Formeln findet sich eine änliche Schlusformel (d). In Sir monds Formeln wird für Chartas, Commutationes gefeßt. Hieronymi Biz gnons Formeln aber füren die Aufschrift Concamiatura; in dem Tert selbst aber heist es: Duas epiftolas paricolas vno tenore confcriptas (e). Die Formeln des Iso, Mönchs zu St. Gallen, die den Formeln des Baluze angehänget sind, liefern uns eine Schrift, welche Charta immutationis betitelt ist (f). Die beiden Charta paricola aber, welche den Contrahenten ausgehändiget werden solten, bekom

men

(b) Bibliotheca univerfal de la Polygr. Efpannola. (c) MARCVLF lib. 2 c. 23. 24. Append. 17. (b) MABILLON de re diplom. supplem. p. 79. (e) BIGNON cap. 26. (f) BALVZ. c. 14. (121) Du Cange füret in seinem Wörterbuch v. Paricla einige Beispiele an, daß dergleichen

Urkunden bey königlichen Placitis, richterlichen
Sentenzen und Testamenten üblich gewesen.

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men in dem Text die Benennung, fimillae firmitates parique tenore confcriptae, cambii und firmitatis emisfiones (122).

S. 415.

In dem zehnten Jahrhundert haben wir viele dergleichen gegenseitige Vertrå: Fortsetzung. ge, wo zwar nicht angemerket wird, daß zwey Exemplaria davon verfertiget wors den (9); indessen scheinet es doch warscheinlich zu seyn, daß es wirklich geschehen. Die Ausdrücke Concambium, und zuweilen Epistola, Commutatio, Carta, Procambium, Concambii traditio werden in dem Tert gebraucht, die Urkunden selbst zu bezeichnen. Der Name Epistola, wodurch dergleichen Verträge angedeutet wur den, erinnert uns, daß sie von den Litteris cambitoriis, die zuweilen auch Precas torium hiessen (6), weil sie in Form einer Bitschrift abgefasset waren, unterschieden werden müssen. Aufser den jektgedachten Benennungen hatten die Chartå paricolă noch viele andere. Dergleichen waren Concamberiae, Concamnia, Concamii, Cambitiones, Cartae commutationis, Scampfariae, Scambiariae, Concambariae, Chartulae commutationis, Cartae confcambiariae. Wenn dergleichen Vertrås ge mit den Königen errichtet wurden: so liessen dieselben Praeceptiones, oder Praecepta ad modum commutationis ausfertigen (i).

S. 412.

Wenn man in den mitlern und spätern Jahrhunderten die ausgezackten und Unterschied durch Anfangsbuchstaben getheilten Urkunden mit dem Ausdruck Chirographum der Chirogra bezeichnete: so hatte die ältere Bedeutung dieses Worts nichts mit dem jektgedach: phen und ten Begrif gemein. Es bedeutete gemeiniglich eine von dem Schuldner unterschrie: Syngra bene Schuldverschreibung, die dem Gläubiger übergeben wurde und auch Antapo, Phen. cha hies. Dem Marquis Maffei zu Folge nennet Spartianus die Schuldbries fe, Plautus aber die Beglaubigungsscheine und Erlaubnisschriften der Obrigkeit Syngraphas (f). Die Nenwörter Chirographus, Chirographa und Chirographum pflegte man durch verschiedene Merkmale von den Renwörtern Syns graphus, Syngrapba und Syngraphum zu unterscheiden; besonders aber das durch, daß Chirographum ein unterschriebener Schuldbrief war, der demjenigen, gegen welchen man sich verbindlich machte, eingehändiget wurde. Syngrapha hin: gegen bedeutete eine Acte, die sowol von dem Schuldner, als auch von dem Gläubis

(g) Hift. de Langued. tom. 2. p. 71. 80.
p. 27. Eiusd. Amplift Collect. tom.
(b) Hift. Delphin. tom. 2. p. 560.
(F) MAFFEI Iltor, diplom. p. 16.

(122) Die Chartå undulată, wofür im franzsfifchen chartes ondulées stehet, ist eine Art von Chartis partitis die noch jetzt in Eng: land üblich und vielleicht eben dieselbe ift, die man daselbst Charter-party und Indenture nen:

1.

ger

MARTENE Thefaur. Anecdot. tom. 1.
p. 281. 282. Chron. Gottwic. tom. I.
(i) BALVZ. Capital. tom. 2. p. 390. ·

net. Die aus dem Mabillon angefürte ange,
vinische Formel hat die Aufschrift: Incipit con-
camius, und am Ende heißt es: Et haec epiftolas
vni tenorum confcriptas, quem inter nus fieri
rogauimus, firmas permaneant,

Fortsetzung.

ger unterschrieben war, und von beiden verwaret wurde (1). Es waren diese Schrifs ten folglich wirkliche Chartă paricolå (123).

S. 413.

Ein andrer Unterschieb der Chirographen von den Syngraphen bestehet darin, daß in den erstern blos dasjenige, was zwischen den Contrahenten verglichen worden, erzälet wird; da hingegen die leßtern auch Begebenheiten enthalten, die zwar nicht allemal richtig sind, aber doch als wahr vorausgeseht werden. Freifius, den der B. Herman Hugo anfüret (m), behauptet, daß Syngrapha ein Vertrag sen, der von den Contrahenten unterzeichnet worden. Spiegelius fehet noch hinzu, daß er von ihnen eigenhändig aufgesetzt und daß beiderseitige Acten gegeneinander ausgewechselt worden. Die Syngraphen waren bey den Griechen schon lange üblich gewesen, als die Römer den Gebrauch derselben erst annamen. Dergleichen Verpflichtungen wurden mit der größten Gewissenhaftigkeit beobachtet und man hielte es für die schändlichste Treulosigkeit, wenn man dieselben verleugnen wolte. Fast eben so ver: hielt es sich mit den Chirographen. Nichts war niederträchtiger, als einen solchen Bertrag zu brechen. Prareas verursachte durch eine solche Untreue die Verweise des Tertulliani. Dieser Abtrünnige, wider welchen der lettere schrieb, hatte seinen Irtümern schon einmal entsagt, und die Rechtgläubigen hatten noch die Chirogras phe seines Widerrufs in Händen. Denique cauerat priftinum doctor de emendatione

(1) ERASMI Adag. Chil. 4. Centur. 1. adag. 78. (m) HVGO de prima fcrib. orig. p. 198.

SYNGRAPHAS et caetera CHIROGRA

PHA hoc intereft, quod in caeteris tantum, quae gefta funt, fcribi folent; in SYNGRA

PHIS etiam contra fidem veritatis pactio ve

(123) Pollux erkläret B. 8 Segm. 140 schrieben hatte, die eigenhändige Unterschrift der συγγραφή burg συνάλλαγμα, συμβό Briefe u. f. f. mopon beim Cicero famil. 2, 13. λαιον, γραμματεῖον, συνθήκη ἔγγρα- de natura Deor. 3, 30. unb beim Suetonius φος, ὁμολογία έγγραφος. Εs bebeutet bies in bietem unb bem folgenbcn S angemerften line Es in Aug. 64. Tito 3. Beispiele vorkommen. Den fer Ausdruck also eigentlich einen jeden Vertrag terschied zwischen Chirographum und Syngra: oder Stipulation und dessen schriftliche Bestätis gung; nachmals aber wurde derselbe zur Bes phum hat schon Ascanius in Ciceron. Verr. de gung; nachmals aber wurde derselbe zur Be Praet. vrb. 1. 36 gemacht; wo er fagt: Inter zeichnung einer Schuldverschreibung gebraucht. Und in dieser Bedeutung komt derfelbe fool beim Cicero pro domo fua c. so facere fyn graphas cum aliquibus, und de Arufp. R. c. 13. Credere alicui per fyngrapham; als auch etliche Mal beim Plautus vor, Afin. 4, 1. verf. i und 57. Die von den Verfassern dem Maffei zu Folge angefürte Stelle dieses Dichters ist ver. mutlich die in Capt. 2, 3 verf. 90 wo ein Diploma commeatus oder Pasport damit bezeich net wird: HEG. Eadem opera a praetore fumam fyngraphum. TIN. Quem yngrapbum? HEG. Quem hic ferat fecum ad legionem: hine ire huic vt liceat domum. Chirogra: pham hingegen bedeutete ursprünglich überhaupt alles, was jemand mit seiner eigenen Hand ge:

nit, et non numerata quoque pecunia aut non hominum fcribi folet more inftitutoque Grae integre numerata, pro temporaria voluntate uari folent; SYNGRAPHAE fignata vtrius. corum: Et caeterae tabulae ab vna parte ferque manu, vtrique parti feruandae traduntur. Was nard ouyrgagnv zogvéves, fecundum fyngraphum scortari und væUTIxù ovyyeapn gewesen, erklären Råhn und Jungers man in den Anmerkungen zu der obenangefürs ten Stelle Pollucis.

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