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der denselben hat hervorbringen können. 3. Die beiden Unterschriften des Königs sind durch zwölf Jahr und die Unterschriften des Referendarii durch vier Jahr von einander unterschieden. Dies seht ebenfals eine Veränderung, der Feder und der Dinte zum voraus, und mehr ist auch nicht nötig, eine so kleine Verschiedenheit zuwegezubringen. 4. Mus man noch bemerken, daß die vorgegebene Vergleichung, die von dem Abt Raguer so sehr herausgestrichen wird (0), nicht mit den Originalen angestellet worden, ja nicht einmal mit den davon gemachten Ubzeichnungen; son: dern nur mit den Kupferstichen. Es ist daher kein Wunder, daß einige Verschiedenheit in denselben angetroffen wird; zu bewundern aber ist es, daß diese Verschiedenheit nicht noch grösser ist, wenn man auch annemen wolte, daß die Unterschriften in den Dris ginalen einander volkommen gleich wären.

S. 46.

Nunmehr haben die Gegner der Diplomatik noch die lehten Kräfte wider seine Einwürfe. Muster anzustrengen. Die Eigenschaften derjenigen Stücke, die andern zur Regel dienen können, sind ihrer Meinung nach folgende: 1. Sollen sie von allen Felern frey und durch die öffentlichen Archive autoristret seyn. 2. Sollen mehrere von eis nem und eben demselben Fürsten oder Referendario unterschriebene Urkunden, wenn sie gleich an verschiedenen Orten aufbehalten werden, eine und eben dieselbe Hand, eben dasselbe Siegel, eben dieselbe Schrift, Schreibart und Formeln haben. 3. Sollen sie, wenn sie mit unächten Urkunden verglichen werden, von denselben uns terschieden seyn. Auf diese Bedingungen wollen sie Urkunden als Regeln für ans dere annemen.

Allein 1. So wie diese Regeln vorgetragen worden, scheinet es, daß man auf der einen Seite keine andere Absicht gehabt, als die Ausübung derselben unmöglich zu machen, und auf der andern Seite vorzugeben, daß Mabillon alle Grundsätze der ganzen Diplomatik auf die Abdrücke eingeschränket habe, die er vielleicht niemals vor Regeln hat ausgeben wollen. Gesetzt indessen, daß er sie wirklich zu dieser Staffel des Ansehens erheben wollen; so betrift es hier die Beispiele von den Urkunden der ersten and zweiten Linie, die, wie verlangt wird, durch änliche Denkmåler aus den öffentlichen' Archiven autoristret seyn sollen; als wenn diese Archive nicht erst einige Jahrhundert nach dem Abgang der zweiten Linie entstanden wären. Man mus sich hier also an stat das Zeugnis öffentlicher Archive zu verlangen, höchstens mit den Urkunden aus andern geiste lichen Archiven, die von den erstern ganz verschieden sind, begnügen.

2. Obgleich zwischen zwo Urkunden eines und eben desselben Fürsten, eines und eben desselben Referendarii unstreitig eine gewisse grosse Uebereinstimmung stat finden mus; so mus man dieselbe doch nicht nach der äussersten Strenge fordern. Es findet sich ben denselben oft, wie wir bereits gesehen haben, eine sehr merkwürs dige Verschiedenheit in der Schrift oder Unterschrift einer und eben derselben Person, die von der Verschiedenheit des Alters, der Zeitumstände, der Feder, der Dinte und des Papiers abhänget. Das Siegel wird zuweilen verändert. Die Schreibart ist eben sowohl Abwechselungen unterworfen, als die Formeln. In den folgenden Theilen wird man unzålige Beispiele davon finden.

(0) Hift. des conteftat, fur la Diplom. p. 248. 249.

3. Wenn

3. Wenn eine Urkunde åcht ist, weil sie sich von einigen unåchten unterscheidet ; so wird auch eine Urkunde falsch seyn müssen, wenn sie von einigen ächten verschie: den ist. Nun kan aber eine Urkunde von einigen ächten verschieden seyn, ohne dess wegen falsch zu seyn, und eine andere kan sich von einigen falschen unterscheiden, ohne dadurch ächt zu werden. Haben nicht die ächten, sowohl als unächten Urkunden unendliche Verschiedenheiten? Wir wollen unsere Leser hieben auf den dritten, vier: ten und fünften Theil dieses Werks verweisen; ohnerachtet auch die beiden ersten Theile eine grosse Anzahl von Beispielen dieser Art enthalten werden. Es fan da: Her eine Urkunde, die von einigen unächten verschieden ist, demohnerachtet unächt seyn; und eine andere, die von einigen ächten abgehet, kan dennoch richtig seyn. Die dritte Regel der Gegner der Diplomatik ist daher augenscheinlich felerhaft; ins dem sie just das Gegentheil zum Grunde sehet.

§. 47.

Es giebt Wissenschaften, welche blos warscheinlich sind. Wenn die Diploma: Physische Ge: tik allemahl mit blossen Warscheinlichkeiten zu thun hätte, wie man denn nicht leu: wisheit der gnen kan, daß solches zuweilen stat findet; so dürfte man sie demohnerachtet nicht Diplomatik. verabsäumen oder sie eines Namens berauben, den sie mit vielen andern Wissens schaften gemein haben würde. Ihre Vorzüge sind aber noch weit grösser. Anstat dieselben aber zu erkennen, gehen einige Schriftsteller so weit, daß sie dieselbe gar aus der Reihe der Wissenschaften verbannen wollen. Ihnen zu Folge findet, wie wir bereits angemerkt haben, keine Wissenschaft ohne Gewisheit stat, und hieraus schliessen sie, daß die Diplomatik keine Wissenschaft seyn könne (p). Wenn sie eine Wissenschaft werden sol, so werden sie vermutlich nicht verlangen, daß sie auf eine metaphysische Gewisheit gegründet werden sol. Dies würde in Betrachtung der Dinge, die von dem Gebrauch und dem Wilkühr der Menschen abhängen, eine aus: schweifende Forderung seyn. Sie werden schon zufrieden seyn, wenn die Grundsäke der Diplomatik nur zu derjenigen Gewisheit gebracht werden können, womit sich ver: ständige Männer in allen menschlichen Dingen begnügen. Wenigstens ist dies ihre Sprache. Mabillon hat sich aber hier nicht auf einen Beweis eingeschrenket, wel: cher mehr warscheinlich als gewis zu seyn schien. Er glaubte, daß keine Schrift mit so vieler Geschicklichkeit könte geschmiedet und untergeschoben seyn, daß nicht ein er: Farner Kenner der Altertümer die Unrichtigkeit derselben entdecken könte (q). Wenn aber dadurch die Kentnis der Ultertümer nicht bis zur physischen Gewisheit gebracht wird; so komt sie derselben doch wenigstens sehr nahe. Die Anhänger des gegenseitigen Lehrgebäudes behaupten hingegen, daß man von der Richtigkeit der Ur: kunden niemals so gewis überzeugt seyn könne, als von der ächten Richtigkeit eines Metals. Diejenigen, sagen sie, welche sich unterstehen das Gold nachzumünzen, wers den folches niemals volkommen nachamen können. Eben dieses behauptet aber auch Hr.. Maillon von den Urkunden. Die volkomne Nachamung derselben wird alles zeit eine Klippe seyn, woran dergleichen Betrüger scheitern werden. Seine Gegner,

F 2

(p) Germon. Difcept. II. p. 71. u. f. (4) Suplement. de re diplomat, c. 4. p. 17.

die

Fortsetzung.

die sich mit diesem Beweisgrand bewaften, fangen das Treffen von neuen an. Wenn der falsche Münzer, sagen sie, seinem Metal den åussern Schein des Goldes geben kan, so wird er solchen doch nicht den innersten Theilen desselben mittheilen können; und wenn er auch darin glücklich seyn solte, so wird doch die Härte, der Klang und das Gewicht verschieden seyn.

S. 48.

Die Urkunden werden aber auch hier die Vergleichung aushalten. Ein Vers fälscher wird vielleicht die Züge der Schrift eines entfernten Jahrhunderts gut genüg nachamen können; demohnerachtet aber wird er doch die Farbe der Dinte, die Be: schaffenheit des Pergaments u. s. f. niemals volkommen erreichen. - Und wenn er auch hierin seinen Zweck erreichen solte; so wird er doch gewis an einem oder dem andern Ort, entweder wider die Geschichte, oder wider die Schreibart, oder wider die zu der Zeit üblichen Formeln anstossen. Gefeßt daß endlich an kei: ner Formel was auszusehen sey; so werden die Hülfsmittel eines Kenners der Al tertümer dennoch nicht erschöpft seyn. Wir werden in folgenden verschiedene Beispie: le davon anfüren. Die Kunst, sagt man, kan die Natur nur bis auf einen ges gewissen Punkt, niemals aber volkommen nachamen. Ein Verfälscher kan daher auch gewisser Massen eine alte Urkunde nachmachen; er wird aber sein Urbild niemals volkommen erreichen. Der Goldarbeiter hat gewisse sichere Regeln; wenn er dens selben aufmerksam fölgt, wird er sich nicht irren können (r). Die Anwendung ders selben ist überdem nicht schwer, weil man dabeŋ nur des Gefüls, der Augen und der Ohren nöthig hat. Der Altertumskundige hat eben so gewisse Regeln. Es ist nicht zu befürchten, daß man ihn darin werde betrügen können, wenn er nur aufs richtig verfåret. Die Urtheile gründen sich auf beiden Seiten gleich stark aufdie Empfindung der Sinne. Hier wird aber das Gegentheil behauptet. Man gibt vor, daß es mit den alten Urkunden eines andere Beschaffenheit habe. Derjenige, der sie nachmacht, wil nicht die Natur nachbilden; sondern die Kunst, das ist, das Werk eines Totarii nachamen. Wenn er hierbey einige Schwierigkeiten antrist, so find fie zu heben. Hat denn wohl einer, der die Kunst Gold nachzuarbeiten versteht, mehr Schwierigkeiten zu heben? Mus er etwa die Natur nachbilden? Ist es nicht genug, wenn er nur dasjenige nachamet, was der Giesser, Goldschmied oder Münz; meister vorgearbeitet hat? Über, seht man hinzu, das Urtheil, welches man von als ten Urkunden fället, gründet sich nicht allein auf die Empfindung der Sinne; es bes ruhet auch auf verschiedene Mutmassungen, und wird daher ungewis und zweifelhaft, Können aber wohl Mutmassungen, wenn sie zur Bestätigung der Gewisheit gebraucht werden, dieselbe aufheben? Ist endlich das Urtheil desjenigen, welcher das Gold probiret, allein auf seine Sinne gegründet? Beruhet es nicht auf die verschiedenen Merkmale des wahreu oder falschen, welche ihm seine Kunst an die Hand giebt? Wenn man diese Merkmale und deren Anwendung auf das Zeugnis der Sinne zus ruck:

109.

(r) Germonii Difcept. II. p. 61. f. Mém, chron, et dogm. tom. 3. p. 1og.

rückfüren wil, werden wir nicht alles dieses, wenigstens auf eine änliche und gleich: gültige Art bey unserm Altertumsforscher wieder finden? Ja er nimt niemals seine Zuflucht zu Mutmassungen, ausser nur, wenn er das Original nicht vor Augen hat. Denn was die Originale betrift, so sind die Mutmassungen nur ein Hülfsmittel für diejenigen, welche sich das Recht anmassen, von alten Urkunden zu urtheilen, ohne Kenner der Altertümer zu seyn; da hingegen die Erfarung denenjenigen, die es sind, Gewisheit ertheilet.

S. 49.

der

Über, (hier komt der wichtigste Einwurf) ist es denn noch niemals geschehen, Einwurf von daß berümte Kenner der Altertümer bey Untersuchung der Urkunden hintergangen den Felern Alter worden? Allein, hat es sich denn auch noch niemals zugetragen, daß Meister_in_ih: tumskundi rer Kunst sich in der Probe des Goldes geirret haben? Es ist wahr, in gewissen Fål: gen. len lassen sich auch sehr geschickte Männer durch das Ansehen der Person, durch Neis gung, durch Uebereilung, durch Vorurtheile leiten.. Sie versäumen oft sich an ihre Grundfäße zu halten, oder haben dieselben vielmehr nicht allemal vor Augen. Ist dies aber ein Feler der Wissenschaft oder der Personen? Wenn man die Perso nen auf Kosten der Wissenschaft entschuldigen wil, so wird eine jede Wissenschaft müs: sen verkleinert werden. Wenn man aber der Billigkeit gemås das Gegentheil thut; so wird die Diplomatik nicht mehr als eine jede andere Wissenschaft für die Feler ders jenigen stehen dürfen, welche sonst in derselben geübt sind. Der V. Mabillon, sagt man, hat sich in dem Alter eines Stücks, so aus einem Chartulario genommen worden,geirret;ohnerachtet er derjenige war, der sich mitUntersuchung der alten Urkunden unter allen am meisten beschäftiget hatte (s). Hat denn aber wohl jemand vorgegeben, daß der V. Wabillon untrüglich gewesen? Geseht, er habe sich einmal betrogen, ist denn die diplomatische Wissenschaft verbunden, dafür zu ste hen? Hat sich Mabillon nicht durch die Hiße, mit welcher Hr. Baluze (t) die ächs te Richtigkeit und das Altertum gewisser Schriften verteidigte, in welchen die Schrift des zwölften Jahrhunderts mit aller nur möglichen Geschicklichkeit nachgeamet war, gar leicht können hinreissen lassen? Der Hr. de Montfaucon, ob er gleich dem Hrn. Mabillon in der Kentnis der Urkunden nicht gleich war, lies sich nicht dadurch hintergehen; sondern weigerte sich, die ächte Richtigkeit dieser Stücke, die vom Hrn. Baluze so sehr herausgestrichen wurde, durch seine Unterschrift zu bestätigen. Ders jenige, welcher dem Hrn. Mabillon wegen dieses Versehens so empfindliche Vors würfe macht, gestehet, daß die streitige Urkunde andern Rennern des Alters rums verdächtig geschienen. Wenigstens hätten sich alle Altertumsverständige zur Verteidigung einer untergeschobenen Urkunde vereinigen müssen, wenn man die Schuld davon mit nur einigem Schein auf die Wissenschaft selbst schieben wolte. Hier aber werden im Gegentheil die Kenner der Altertümer selbst nur von zween oder drey

F 3

(3) Mém. chron. et dogm. tom. 3. p. 109. f. (t) Lettre de M. Baluze pour fervir de
réponse à diverfes écrits. Paris 1698.

Fortsetzung.

drey aus ihrer Mitte abgehen dürfen; ohne daß das Versehen dieser zwo oder drey Personen ihrer Wissenschaft im geringsten nachtheilig seyn könte (11).

S. 50.

Wenn endlich die Diplomatik auch nur einer blos moralischen Gewisheit får hig wåre; ist denn nicht die ganze Welt darin einstimmig, daß dies Gewisheit in ihrer Art der metaphysischen gleich komt? Ja sie hat noch den Vortheil, daß sie nicht so sehr wie diese den sophistischen Betrügereien der abstracten Warheiten unterworfen ist. Nun kan aber der Altertumsforscher sehr oft nicht nur die moralische Gewisheit erlangen; sondern es ist auch nichts ungewönliches, daß er dieselbe andern mittheilen kan. Er thut solches, wenn er ihnen beweiset, daß die zu einer gewissen Zeit üblichen Formeln und Gebräuche entweder beobachtet worden, oder nicht; indem es nicht möglich ist, daß nicht ein einiger, oder fast kein einiger der Gebräuche, Buchstabenzüge oder Formeln, die gewissen Zeiten eigentümlich gewesen, beobachtet worden, und daß demohnerachtet eine Urkunde ächt seyn könte; oder daß der genauesten Beobachtung aller dieser Stücke ohnerachtet, eine Schrift dennoch nicht ein unächtes Werk der spätern Jahrhunderte sen oder gar für falsch erkläret werden müsse. Auf diese Art ist ein Altertumsverständiger im Stande, andern eine moralische Ges wisheit beizubringen, daß diese Urkunde untergeschoben, jene aber acht sey. Nur allein zur physischen Gewisheit, die auf das eigne Unschauen der Originale berus het, kan er sie nicht erheben, ohne sie vorher zu Kennner der Altertümer zu machen.

S. 51.

Seltenheit Es würde Unrecht seyn, wenn man sich einbilden wolte, daß eine Formel, ein mancher For: Gebrauch verdächtig sey, weil er in einem gewissen Zeitpunct selten vorkomt, ob er meln. gleich nicht ganz ohne Beispiele ist. Ihre Seltenheit macht sie nicht nur nicht vers dächtig; sondern man kan solche vielmehr als ein vortheilhaftes Vorurtheil für dies selben ansehen. Denn wird die Schwierigkeit seltene Formeln zu finden, um sie nach: zuamen, nicht ihrer Seltenheit gemás seyn? Ist es überdem wohl warscheins

(11) Die Unwissenheit derjenigen Beweise, deren die Geschichte und die damit verwand: ten Wissenschaften ihrer Natur nach fähig sind, und der verschiedenen Arten der Gewisheit, die nach der Verschiedenheit der jedesmaligen War: heiten verschieden bestimt und dargethan werden mus, ist sehr oft, wo nicht mehrentheils der Grund, der von manchen in historischen Wissen schaften geäusserten Zweifelsucht und übertries benen Bestreitung derselben gewesen; welche Unwissenheit oder wenigstens vorsetzliche Ver: láugnung der davon gehabten Kentnis aus des V. Germon Einwürfen wider die Diplomatik genugsam hervorleuchtet. Historische Wissen: schaften sind scharfer metaphysischer Demons

lich,

ftrationen weder fähig noch benötiget, und es würde eben so ungereimt seyn, dieselben hier zu erwarten, als wenn man einen physischen Bes weis von abstracten Warheiten fordern wolte. Die übertriebenen Klagen über die großfe Schwie: rigkeit untergeschobene Urkunden von achten zu unterscheiden, die auch von Gelehrten gefüret werden, welche eben nicht zur Zweifelsucht ge neigt sind, beweisen vielmehr den noch grossen Mangel einer hinlänglichen Kentnis der diplo matischen Wissenschaft, welche zwar seit einem Jahrhundert ungemein vieles gewonnen, aber noch nicht so algemein geworden, als es ihre grosse Brauchbarkeit erfordert.

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