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uns die Menge und Verschiedenheit derjenigen Schriften, denen die Samler und Her: ausgeber von Urkunden diesen Namen beigelegt haben, ohnerachtet sie denselben nie: mals im Text selbst füren, nötiget. Ueberdem würde es wider unsern Entwurf laus fen, wenn wir uns bey Acten aufhalten wolten, welche noch täglich vorkommen. Indessen müssen wir bey der Eintragung der Schenkungen, Testamente, Freilassungen u. f. f. in die öffentlichen oder Municipalacten ein wenig stehen bleiben: woben wir doch auch einige neuere Acten mit berüren werden, welche ihrer befondern Umstånde wegen, Aufmerksamkeit verdienen; ohne dasjenige zu wiederholen, was wir bereits hin und wieder in diesem Hauptstück davon beigebracht haben.

S. 497.

Die öffentlichen Ucten werden Gesta publica (a), Gesta municipalia und Acta publica. publici Codices, seltener Monumenta publica, oft aber nur blos Gesta genant. Wenn (b) eine Schrift in die öffentlichen Acten eingetragen werden solte: so wurden die römische Obrigkeit oder die Gerichte, welche nachmals auf das römische Recht folgten, um die Defnung derselben ersucht. Hierauf hielte man um die Einschreibung der Aete an, welche man entweder gleich mit überreichte, oder noch erst aufgesetzt wers den solte. Wenn die Sache ein neuerworbnes Grundstück betraf, so pflegte man ei nen oder mehrere Richter oder Curiales abzuschicken, welche den neuen Besitzer oder feine Gevolmächtigten einweisen musten. Der Curialis stattete bey seiner Rückkunft Bericht von der geschehenen Befihnemung ab; worauf der neue Besizer oder sein Ges volmächtigter eingestand, daß die Commission des Curialis volzogen worden, sich auch anheischig machte, dasjenige, was er von dem neuerworbenen Grundstück an den Fiscus abzutragen habe, zu entrichten. Endlich bat er, daß sein Name und die zu sei nem Behuf geschehene Veränderung des Besites in das Polyptychum oder Zinse buch eingetragen und ihm eine Allegations- oder Traditionsacte, die von den Cus rialen eigenhändig unterschrieben wäre, ausgefertigt werden möchte; welches ihm denn auch bewilliget wurde. Dis war eigentlich, was man Gesta allegationis et traditionis zu nennen pflegte. Hr. Maffei hat ein Denkmal dieser Art, welches er in das fünfte oder aufs höchste sechste Jahrhundert seit, bekant gemacht. Aus Marculfs und den folgenden Formeln erhellet (c), daß, wenn eine Charte in die öffentli chen Acten eingetragen worden, nicht nur eine Volmacht, sondern auch ein Bericht vorhergegangen, welchem insbesondere der Name Gesta beigelegt worden. Diese drey Stücke wurden also hintereinander den Municipalacten einverleibet. Man nam endlich eine Abschrift hiervon zum Behuf der interessirten Partey, und auch diese Schrift wurde Gesta genant.?

S. 498.

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In dem Anhang zu Marculfs Formeln ist eine Mamimissionsformet befind: Gesta. lich, welche Gesta manumiffionis genant wird (d). Es wurde also der Name Бера (a) BALVZ. Capitul. tom. 2. p. 465.466. (b) MAFFEI Iftor. diplom. p. 139. feqq. (c) BALVZ, Capitul, tom. 2. p. 425 legg. 465.470. §31 feqq. (0) Ibid. p. 466.

Kirchliche
Acten.

Gesta auch von einzeln Schriften gebraucht; ohnerachtet derfelbe allemal in der meh: rern Zal gesetzt wurde. Nachmals pflegte man sich desselben in Spanien in der eine fachen Zal zu bedienen, Charten und Schenkungen damit zu bezeichnen. Haec eft gefta fiue charta etc. Hanc geltam vel donationem fcripfit, heist es in dem dritten Bande der spanischen Kirchenversamlungen. Als das römische Reich noch fortdauerte, pflegte man selbst in den Provinzen desselben ausser den Municipalacten auch die Gesta proconsularia, Hesta práfectoria, Gesta prásidialia, Gesta judicum, Acta judicialia, úπoμvýμara, Acta civilia aufzubehalten. Suetonius und Tacitus gedenken der Einfürung der Tagebücher des Raths und der Stadt Rom, welche diurna Acta betitelt gewesen. Die öffentlichen Acten werden von den Kaifern Arcadius und Honorius Raciocinia publica genant (e); ausserdem aber fü reten sie auch noch die Namen Rationaria und Rationes, welche indessen doch von den Rechnungsbüchern noch üblicher waren (f). Alle diese Acten konten für öffent liche gehalten werden. Die Kirche hatte gleichfals die ihrigen, welche Gesta eccles siastica und Gesta episcopalia hiessen. Es ist bekant, daß die Gläubigen fast alle ihre Streitigkeiten für ihre Bischöfe gebracht, welche sie denn entweder zu schlichten oder zu vergleichen suchten. Die Kirchen und Bischöfe musten also notwendig öffent liche Acten haben, deren man sich benötigten Fals bedieneu fonte.

S. 499.

Diejenigen Acten, welche vor, bey und nach der Ordination der Bischöfe verfer tiget wurden, namen einen sehr vorzüglichen Plaß unter den kirchlichen Acten ein. Wir haben an einem andern Ort davon gesprochen; daher wir nur noch einige wenige Anmerkungen daben zu machen haben. Diejenige Ucte, worin berichtet wurde, wie es mit dem Examine des neuerwalten Bischofs abgelaufen, welches der Erzbischof vor feiner Einweihung mit ihm anstellete, wurde im neunten Jahrhundert Examinatio genant (g). Weil diese Schrift eine umständliche Erzälung dieser wichtigen Hand lung enthält: so würden wir sie nach unsern Gebräuchen einen Bericht nennen. Sie fieng sich mit dem Jahr Chrifti, mit der Indiction und den Tag der Calendarum des Monats an. Diejenige Acte, welche die bey der Einweihung eines Bischofs ge; genwärtigen Bischöfe auffeßten, war von der jektgedachten nicht sehr unterschie den (h). Es wurde nur noch das Regierungsjahr der fränkischen Könige beigefügt; die Acte selbst aber Documentum de ordinatione genant. Die Acte, welche die geschehene Wahl, Einweihung und Einfürung zugleich enthielte und blos Schedula indaginis hies (i), ist den vorhergegangenen ungemein änlich; ob sie gleich von ei nem weit grössern Umfang ist. Diejenige, welche Hr. Baluze herausgegeben hat, ist gegen das Ende des zehnten Jahrhunderts verfertiget worden. Es herschet in derselben eine Verwirrung, welche diese Zeit der Unwissenheit deutlich genug bezeich

net.

(e) Cod. THEO D. lib. 11. tit. 26. leg. 2.

§. 500.

(f) HVGO de prim. ferib. orig. p. 197. (g) BALVZ. Capitul. tom. 2. p. 612. feqq. (b) Ibid. p.621. (i) Ibid. p. 629.

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Es giebt noch eine grosse Menge andrer kirchlichen Acten, die von den Bischö: Fortsetzung. fen entweder auf den Kirchenversamlungen oder in der besondern Regierung ihrer Diócesen herstammen. So wie die alten von den Päpsten ausgefertigten Acten von den Bischöfen angenommen wurden: so pflegten auch jene zuweilen die Acten der lektern anzunemen und zu bestätigen. Indessen finden wir nicht, daß die Bischöfe jeż mals den Dictatus Papae Gregorii 7 als ein Muster angenommen oder wenigstens diesem Papst zugeschrieben (F); in welcher Schrift derselbe der ganzen erstaun ten Welt seine Ansprüche auf die Kronen und weltlichen Gerechtsamen der Monar chen bekant zu machen gesucht. Schon lange vorher waren die angevinischen For meln dictati betitelt worden (1). Die Acten oder Urkunden, worin mehre Beneficia entweder zusammengezogen oder einer und eben derselben Person ertheilet wurden, heissen unionum tituli et acta; denn so druckte man sich auf einer Kirchenversam lung des sechzehnten Jahrhunderts aus. Die Acta revocationis, licentiå oder permißionis, commißionis, conceßionis und depositionis; imgleichen diejenigen, worin gewisse Vorrechte ertheilet werden, find an und vor sich selbst schon ver: ständlich genug; welches auch von den Apellationsacten, Verpflichtungsacten, Compromisacten, Deliberationsacten, Klagacten, Acres de restitution de recepis fe (2), Obligationsacten u. f. f. gilt.

Zehnter Abschnit,

Uebrige in den Archiven befindliche Nachrichten und Pavière.
Erster Artikel.

Registra, Polyptycha, Libri censuales, Libri ter-
rarii, Inventaria 2.
Inhalt.

1. Registra, Regesta u. s. f. §. 501.
II. Tomi chartarum §. 502.
III. Altertum der öffentlichen Register in
Frankreich S. 503.

IV. Libri censuales, Polyptycha, Liz
bri descriptionum §. 504. 505.

§.

V. Dasaría S. 506.

VI. Libri terrarii, Descriptiones S.
507.

VII. Particulă, Parcell&, Advocatio,
nes, Inventaria S. 508.
VIII. Register der Deutschen §. 509.

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s ist uns jeht nichts mehr übrig, als eine kurze Untersuchung der Register, Zins: Registra. bücher, Polyptycorum, Librorum terrariorum, Inventarien, Tagebücher, Memoriarum, Rollen und anderer nachrichtlichen Schriften, welche in den

(I) Concil. LAB B. tom. 10. p. 110.

plem. p. 77.

(A) Reftitutio bedeutet eine schriftliche Ver: ørdnung des Fürsten oder der Obrigkeit, worin

Regi

(1) MABILLON de re diplom, fup

jemand in den Besitz eines Guts gescht wird,
welches er nicht mehr hat.

:

Tomi chart

tarum.

Registraturen, Archiven und Notariatstuben befindlich sind. Von den Actis ober Gestis publicis und municipalibus haben wir bereits zur Gnüge gehandelt. Es gab unter denselben einige, wo die Schriften der Länge nach eingetragen wurden; da hingegen andre nur blosse Auszüge, oder so zu sagen nur Verzeichnisse der Urkunden enthielten. Und dieses sind beinahe unsere öffentlichen Register. Diese wurden Res gestum, Registrum, Regestrum, Register genant; wovon aber die beiden erstern Benennungen die ältesten und üblichsten sind, indem sie schon zu den Zeiten des rỗmischen Reichs gebräuchlich gewesen. Regestum komt sowol in dem Gesetzbuch des Theodosii, als auch des Justiniani häufig vor; indessen hat doch der Name Registrum nach und nach den Vorzug bekommen. Wem ist wohl das Registrum der Briefe des heiligen Gregorius des grossen unbekant? Wer weis nicht, daß seis ne Nachfolger sowol wie er dergleichen verfertiget haben, und daß noch jeßt viele Res gister ihrer Briefe oder Bullen vorhanden sind; vornemlich von dem zehnten Jahr: hundert an. Die Griechen hatten von dem siebenten Jahrhundert an eben denfels ben Begrif mit dem Worte péyisgov verknüpft.

§. 502.

Die Samlungen, welche Tomi chartarum genant wurden, hatten beinahe eben dieselbe Bedeutung und wurden auch fast auf eben die Art gebraucht. Die Herz ausgeber des du Cange füren die Geschichte der Reliquien des heiligen Perri in der Abtey St. Manfuy (a) als einen Beweis an, daß Thomo- charta eine Urkunde oder ein Diplom bedeute. Wir würden indessen diese Stelle lieber von Copialbú: chern oder Samlungen von Urkunden verstehen. Wenigstens ist so viel gewis, daß sich diese gelehrten Männer geirret haben, wenn sie aus Thomo-charta eine vocem hybridam machen, welches aus dem griechischen Worte róuos und dem lateinischen Ausdruck Charta zusammengesehet sen; indem Xágons gut griechisch ist (6), sich auch schon Dioscorides desselben bedienet hat. Tomo:charta, wie es mit meh: rerm Grunde geschrieben wird, bezeichnet zuweilen eine wirkliche Charte. Es wird in dieser Bedeutung von einem gewissen Schriftsteller gebraucht, welcher erzålet, wie das Kloster zu Mouzon, auf Vorbitte des Adalberon, Erzbischofs zu Rheims, ein gewisses Privilegium von dem Papst Johan 13 erhalten habe (c). Eben dieses Wort ist auch noch anderer Bedeutungen fähig, die wir bey den Copialbüchern ans gefüret haben (d). Die teutschen Archivisten, welche nicht solche öffentliche Be: hältnisse in ihrer Aufsicht haben, die den Namen der Archive füren, werden blos Registratores genant. Sie verwalten sowol das Amt eines Archivarii, als auch eines geringern Kanzlers. Ihre Verzeichnisse aber werden Registraturen und Protocolla genant. Alle Gerichte, Gemeinheiten und öffentlichen Personen haben ihre Register. Weil aber die Benennungen, die ihnen nach) Masgebung der Be: hältnisse, worin sie befindlich sind, und der in ihnen enthaltenen Sachen, mit unserm gegenwärtigen Vorhaben in keiner genauen Verbindung stehen: so wollen wir dies

selben

(a) Preuves de l'hift. de Lorraine tom. 2. p. 277. (b) Lexie. HENR. STEPH, (c) Annal. Bened. tom. 3. p. 612. (D) S. I

tom. 4. p. 401. 402.
Hauptst. 9 Abschn. §. 202.

felben auch mit Stilschweigen übergehen. Weil aber die Imbreviaturå mit mehrerm Rechte hieher gehören: so wollen wir nur mit wenig Worten anmerken, daß fie in dem dreizehnten Jahrhundert in der Bedeutung der Register üblich gewe sen (151).

S. 503.

Herr de la Mare bemerket, daß die ältesten Register in unseen Registraturen Altertum der und Archiben erst unter Philip dem schönen entstanden sind. Vermutlich verstehet Register in er dis aber nur von solchen, die den heutigen, von diesem Zeitpunct an, volkommen Frankreich. inlich sind. Denn 1. wurden die öffentlichen Register von Richard, König in England, zugleich mit dem Gepäcke Philippi Augusti nach England gefüret. Man hatte also schon damals öffentliche Register. 2. Nach diesem Verlust gab man sich die größte Mühe denselben zu ersehen. Es müste also in dem königlichen Schat von Urkunden wenigstens ein öffentliches Register von dem Anfang des dreizehnten Jahrhunderts an, befindlich seyn; welches denn auch wirklich in demselben angetrof fen wird (2). 3. Wir finden keinen wesentlichen Unterschied zwischen den alten of: fentlichen oder Municipalacten und unsern öffentlichen Registern. Diese Ucten was ren unter den beiden erstern Linien unsrer Könige beständig üblich. 4. Die Polyp rycha, welche sonst so häufig waren, können für eine Art von Registern gehalten werden. Die Register sind ihrer verschiedenen Gestalt und Benennungen ohnerach tet, niemals aus dem Gebrauch gekommen: ohnerachtet dergleichen Verzeichnisse zu gewissen Zeiten und an gewissen Orten ordentlicher Weise gar nicht üblich waren, man auch von dem Eintragen in die öffentlichen Acten fast nicht das geringste wuste. Einige Schriftsteller behaupten, daß man kein ålteres Datum in den Registern des Parlaments zu Paris antreffe, als von dem Jahr 1256; daß man nicht verlangen dürfe, daß die Arets dieses Gerichtshofes, nebst den Edicten und Privilegien unsrer Könige eher in dieselben registriret worden; daß das Parlament kein álteres gehabt habe, und daß, wenn es ja ältere gehabt, dieselben entweder verloren und verlegt worden, oder doch zur Zeit noch unbekant sind. Indessen hat doch Herr Blanchard in dem ersten Register des Parlaments auf der Seite A. offene Briefe des heiligen Ludwigs von 1229 gefunden (e). Gegen das Ende des vierzehnten Jahrhun derts werden die Listen der Commissarien, welche die Häuser in Languedoc ausz bessern lassen solten, Registra genant (f). Es würde uns leicht seyn, eine grosse

Menge (c) BLANCHARD Compil. chronol, praef. p. 1. (f) Hift. de Langued. tom.

4. P. 387. (151) Daß der lateinische Ausdruck Charta oder Chartus von dem griechischen Xágrne und Xégrov absstämmen, ist wohl unleugbar. Diofcoridis von den Verfassern angefürte Stels le stehet B. 1. Kap. 116. Pollur füret B. 7. Segm. 210 eine Stelle aus dem Comödien dichter Plato an, wo er Xágras für Scripta

Diplom. I. Th.

gebraucht. Von den Imbreuiaturis handelt
du Cange v. Breuis.

(A) Wir werden an einem andern Ort Ge legenheit bekommen, von den Registern des Parlaments und einiger andern Gerichtshöfe umständlicher zu reden.

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