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Sanides.

Codices und

Codicilli.

Charta.

ihrer Figur und Materie, als auch in Betrachtung ihres Inhalts. Diese waren dreieckig und von Stein; jene aber waren von Erz oder Holz und hatten die Gestalt eines Vierecks (b). Die erstern wurden ohne Unterschied in allerley Fällen ge: braucht; die leßtern aber waren nur den Opfergebräuchen und andern gottesdienstli: chen Ceremonien gewidmet (c). Johan Tzetzes leugnet indessen, daß die Ryrbeis von Holz gewesen; indem er die Arones für þölzern, die Ryrbeis aber für ehern ausgiebt (d) (173).

S. 553.

Man pflegte auch diejenigen Täfelgen, worauf die Richter ihre Verurtheilungs. sentenzen, Strafurtheil u. f. f. schreiben liessen, Sanides zu nennen. Dem Aulus Gellius, Plutarchus und Diogenes Laertius zu Folge, sind die Gefeße Solons anfänglich nur auf hölzerne Tafeln gegraben worden. So einfach diese Materie auch war, so schien sie doch eben so bequem zu seyn, dem Volke die Vorschriften der Gesetzgeber und die Verordnungen der Oberherrn bekant zu machen, als Erz und Marmor. Diese bestanden nicht allemal aus Tafeln, sondern waren oft Säulen und Pyramiden. Oft pflegte man auch die hölzernen Tafeln mit Kalk, Gips oder einem andern Ueberzug weis zu machen, damit sich die Schrift desto besser ausnemen möchte.

S. 554.

Ehe die Römer den Gebrauch eingefüret, ihre Gesetze auf Erz zu graben: schrieben sie dieselben auf eichene Tafeln (e). Aus hölzernen Tafeln machte man Bücher, welche Codices genant wurden; die sogenanten Codicilli aber bestanden aus Tafelgen. Auf den erstern konte die Schrift nicht wiederausgelöschet werden; wohl aber auf den lehtern (f). Die Acta publica hiessen Codices oder Tabulå publica; welcher Name von den Stämmen der Bäume entlenet worden, denen eine Verbindung mehrerer Tafeln oder Breter deswegen änlich war, weil sie aus densel ten verfertiget worden (B).

S. 555.

Nach den Institutionen Juftiniani hatte jederman Freiheit sich in den Te: stamenten der Tafeln, der Charta, oder der Membrana, oder auch nach Belieben eis ner jeden andern Materie zu bedienen (g). Durch Tabulas bezeichnet dieser Ge

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(b) ECKHARD fchediasma de tabular. ant. p. 21. 22. (c) IOANN. POTTE-
RI Archaeol. Graec, lib. 1. c. 26. (0) IOH. TZETZES Chiliad. 12. hift.
cap. 406.
(e) DIONYS. HALICARN. antiq. I. 4. c. so. (f) vos.
(9) IVSTIN. Instit. lib. 2. tit. 10. §. 12,
merkungen zum Pollúp B. 8. Kap. 10. Segin.
128 nachzusehen ist.

SIVS de arte gramm. p. 132.

(173) Daß die Gefeße Solons eigentlich Apones und Ryrbeis genant worden, ist be reits oben angemerket worden. Nachmals wur den alle öffentliche Urkunden von diesen Denk: malen der Weisheit mit diesem Namen belegt. Bey der Kirchenlehrern komt zúgßes auch zuweilen vor, wovon Jungerman in den Uns

(B) Plurium tabularum contextus CAVDEX apud antiquos vocabatur. Vnde publi cae tabulae CODICES dicuntur. SENECA de Breuit. vitae c. 13.

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"

feßgeber vornemlich die Tafeln von Holz und Rinde; durch Carta, egyptisches Paz pier (h) und durch Membrana, Pergament. Es war dis indessen kein neues Ger seß; sondern ein altes, über welches schon lange gehalten worden, und welches auch in den Digesten bestätiget ist. "Die Tafeln, heist es daselbst (i), mögen von Holz oder von einer andern Materie, von Papier oder von Leder seyn, so werden sie doch allemal eigentliche so genante Tafeln seyn Was nun die Gesehe in Absicht der Testamente verordnen, kan unstreitig auch auf andere Arten von Acten gezogen wer? den, bey denen man nicht so viele Vorsichtigkeit zu gebrauchen pflegte. Jede Maz terie, worauf man schreiben konte, wurde, wie man sagt, mit dem Worte Charta bezeichnet (F). Dis ist die Meinung des Herrn Mabillon, welcher auch behaups tet, daß daher alle Arten von Acten Chartå benant worden. Solten sie diesen Nar men aber nicht vielmehr von dem egyptischen Papier entlenet haben? Vor dem ach ten Jahrhundert pflegte man Diplomen auf dergleichen Papier auszufertigen. Bis dahin pflegte man dergleichen Papier vorzüglich Charta zu nennen, welcher Name demselben allein und keiner andern Materie gegeben wurde.

S. 556.

Wenn es damals eine Art von bleiernem Papier gab, welches Xágrne μoλúß- Carta plumSwos, Carta plumbea genant worden, wie die VB. Mabillon und Montfau- bea. con (1) behaupten: so wurde es durch den Beisah bleiern hinlänglich von egyptischem Papier unterschieden. Man schlug das Bley zu Blechen, denete es aus und gab ihm dadurch einige Aenlichkeit mit dem Papier, daher es denn auch den Namen Carta bekam (m). Aber eben deswegen ist es noch zweifelhaft, ob die carta plumbea, mit welcher Jero feine Brust geduldig beschweren lies, nachdem er sich vor: her auf den Rücken geleget hatte, um dadurch eine stärkere Stimme zu bekom: men (C), beschrieben, oder nur erst zum schreiben tüchtig gemacht gewesen. War wohl die Schwere eines so feinen Blechs, als zum schreiben erforderlich ist, fähig, die Gedult dieses Kaisers auf eine Probe zu sehen, welche seine ausschweifende Neigung zur Tonkunst beweisen könte? Dieses sogenante Papier muste also weit dicker seyn, als dasjenige zu Blechen geschlagene Bley, womit man die Kisten zu verschiedenen Waaren zu füttern pflegt. Imgleichen mus auch dasjenige bleierne Papier (n), dessen von einem alten bey dem Jofephus angefürten Schriftsteller, von dem Apol Rrr 2 lonius

(i) Dig. lib. 37. tit. 11. (†) MABIL(1) MONTFAV C. Palaeogr. p. 16. (1) ALLATIVs animadu. in antiq. Etrufc.

(h) MAFFEI Ift. diplom. p. 59.
LON de re diplom. tom. 1. c. 8. n. 1.
(m) MABILLON 1. c. n.15.
fragm. n. 72.

(C) Nec eorum quidquam omittere, quae generis huius artifices vel conferuandae vocis caufa vel augendae factitarent. Sed et plum beam cartam fupinus fuftinere. SVETON. in Neron. c. 20. Der ältere Plinius berichtet

B. 34. Kap. 18 eben diese Begebenheit, nen:
net dieses Bley aber nur blos Blech, ohne et:
was hinzuzusetzen, welches sich auf Charten oder
auf das Schreiben beziehen könte.

Egyptisch Pas pier.

Ionius von Tyrus (D) und von dem Anastasius, dem Bibliothekarius (E), bey den Päpsten Sergius und Gregorius 3 Meldung geschiehet, von eben der Art ge wesen seyn, als mit welchem Vero seine Brust beschweren lassen (174).

S. 557.

Daß man vor Ulters durch das blosse Wort Carta egyptisch Papier verstanden habe, kan durch eine grosse Menge von Zeugnissen erwiesen werden. Nachdem der Geschichtschreiber Plinius (0) angemerket, daß Varro die Erfindung desselben in das Jahrhundert Alexanders seßet, widerleget er dessen Meinung, durch die Bücher von Papier, welche in des uma Pompilius Grab gefunden worden (p); wor aus also folget, daß dieses Papier bereits dreihundert Jahr vor Erbauung der Stadt Alexandrien üblich gewesen (q). In beiden Stellen aber bedienet sich Plinius des blossen Worts Carta. Ulpian (r), der heil. Hieronymus (s), Jovinus, Lus sebius, und der Kaiser Justinian (1), alle diese Verfasser unterscheiden Charta aus: drücklich von dem Pergament. Da die meisten Bücher aus egyptischen Papier be standen: so wurde ihnen im gemeinen Leben die algemeine Benennung Charta bei: gelegt; in vfu plerique libros cartas appellant (u). Ohne Zweifel ist dieser Name dem Pergament nicht ehe gegeben worden, als bis das egyptische Papier in Abname zu geraten angefangen. Die von Anastasio, dem Bibliothecarius, für die gegenseitige Meinung angefürte Stelle (r), scheinet solche noch nicht zu beweisen; weil sie, anftat das Pergament dem egyptischen Papier entgegen zu sehen, vielleicht nur die rohen Blätter des Papyrus den zubereiteten entgegensehet.

Vier

(0) PLIN. hift. lib.13. c. 11. (p) Ibid. c.13. (4) MELCH. GVILANDINI
Papyr. p. 197.
(r) ff. 1, 37. tit. 11. leg. 1. (8) Inftitut. 1VSTIN. lib. 2.
tit. 1o. §. 12. (1) ff. 1. 32. tit. 3. leg. 52. §. 4. (u) ANASTAS. in vit.
S. Sylv. tom. 1. p. 43 nov. edit. (†) MAFFEI Iftor. diplom. p. 65.

(D) Lysimachus von Alexandrien behaus
ptet, daß ein gewisser König von Egypten die Ju:
den in bleiernes Papier wickeln und in das Meer
werfen laffen; eis poλußdives xágтas iv-
Sugarтaç. 10SEPH. lib. 1. aduerf. Apion.

(E) Anastasius Bibliothecarius versichert, daß der Papst Sergius bleiernes Papier giessen und damit das Dach einer Kirche decken lassen: Trullum vero eiusdem ecclefiae fufis chartis plumbeis cooperuit atque muniuit. Hier ist also bleiernes Papier, dessen Bestimmung nicht Das geringste mit dem schreiben gemein hat.

Warum folten wir denn nicht auch die übrigen Stellen von dieser Carta auf eben die Art ausle: gen können? Es hat diesen Namen ohne Zweifel von der Aenlichkeit der bleiernen Bleche oder Tas feln mit dem Papiere bekommen. Die Leichtigs keit des letztern und Schwere des erstern kan gar leicht zu diesen ironischen Ausdruck Gelegenheit gegeben haben. Es ist dis also ein neuer Beweis, daß Charta eigentlich egyptisch Papier bedeute.

(174) Daß Carta plumbea beim Suetonius von nichts anders als bleiernen Blechen oder Plats ten zu verstehen sey, behauptet auch Casaubonus in den Anmerkungen zu diesen Geschichtschreiber.

Vierter Abschnit,

Acten auf Haut, Leder und Pergament.

Inhalt.

I. Diplomen auf Gedärmen und Fischhau: IV. Dessen Gebrauch bey Diplomen [S.

ten S. 558. 559.

II. Schrift auf zubereiteten Leder §. 560.
III. Ursprung und verschiedene Arten des
Pergaments §. 561.562.

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S.

563.1

V. Charten von Pergament in Form der
Rollen §. 564. 565.

VI. Altertum und Geschichte des raclirs
ten Pergaments §. 566: 568,

558.

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hnerachtet das Altertum die Erhaltung seiner Urkunden oft dem Marmor und Diplomen Metal anvertrauete; ohnerachtet man sich auch in den neuern Zeiten zuwei: auf Gedár. len dieser Mittel bedienet: so låsset sich doch die Materie der Diplomen bei: men und nahe auf Felle und Papier allein einschränken. Man schrieb zwar auch auf die Ge: Fischhauten. dårme der Elephanten (a); allein wir haben keine einige Charte dieser Art aufzuweiz fen. Wenn es gleich keine Diplomen giebt, die auf den Eingeweiden der kriechen: den Thiere geschrieben worden: so ist doch dem Cedrenus (b) und Zonaras (c) zu Folge, bey einer zu Conftantinopel unter dem Kaiser Basiliskus ausgebrochenen Feuersbrunst das Eingeweide einer Schlange von den Flammen mit verzehret worden, worauf die Iliade und Odyssee des Homer, nebst den Thaten der Helden mit golde nen Buchstaben geschrieben gewesen. Allein man hat gegründete Ursache, alles das jenige in Verdacht zu ziehen, was nur von den griechischen Geschichtschreibern allein versichert wird; wenn sie, wie Cedrenus und Zonaras, viele Jahrhunderte nach den erzälten Begebenheiten gelebet häben. Puricelli verdienet mehrern Glauben, wenn er uns in seinen Denkmalen der ambrosianischen Kirche zu Mailand (d) das Oris ginal von einem Diplom der italianischen Könige Hugo und Lotharius beschreibt, welches auf Fischhaut geschrieben gewesen. Er behauptet dieses gleichfals von vielen Diplomen andrer Kaiser und Könige; ja noch von einigen Urkunden aus dem vier: zehnten Jahrhundert. Vielleicht würde man deren eine noch grössere Anzal entdecken können, wenn man die Charten genauer betrachten wolte. Diejenigen Urkunden die: fer Art, welche bis jeht noch bekant sind, werden indessen mit Recht unter die Selten: heiten der Archive gezälet.

S. 559.

Indessen wird die Wirklichkeit der Charten von Fischhaut in der ambrosiani- Fortsetzung. schen Kirche von dem Muratori nicht nur in Zweifel gezogen, ja geleugnet; sondern er legt auch den Naturkündigern die Frage zur Beantwortung vor: ob wohl die Fi

(a) MONTFAV C. Palaeogr. p. 16.
tom. 1. p. 351. edit. Parif. 1647.

Rrr 3

sche

ISIDOR. lib. 6. c. 1 1. (b) CEDREN.
(c) ZONAR. Annal. tom. 2. 1. 14. p. 52.

edit. Parif. 1687. (D) PVRICELLVs de Ambrofian, eccles, Mediolanenf. mo-
numentis p.282. feqq.

Leder.

sche eine solche Haut haben, aus welcher man Pergament machen könne (e). In: dessen kan es leicht möglich seyn, daß Puricelli dasjenige für Fischhaut gehalten, was ein ganz andres Pergament ist, als gemeiniglich in unsern Archiven angetroffen wird. Wir haben es ungemein weich befunden, welches nicht von der Feuchtigkeit Herrürete, sondern von der Zubereitung; vielleicht hat es auch wirklich einen ganz andern Ursprung gehabt, als das gewönliche Pergament in unsern Archiven. Ue brigens scheinet sich die Achtung, die man für den Puricelli äussert, mit dem Mistrauen nicht gar zu wohl zu reimen, welches man in die von ihm behauptete Wirk lichkeit solcher Begebenheiten seket, deren Denkmale er für Augen gehabt zu haben versichert. Wenn man seinem Ausspruch einen andern Ausspruch entgegen sehen wolte; so müste man wenigstens behaupten können, daß man das Diplom der Köni ge Hugo und Lotharius gesehen habe, daß es wirklich von Pergament oder einer andern von Fischhaut sehr verschiedenen Materie sey, und daß man an den übrigen ånlichen Charten der Könige und Kaiser, welche Puricelli in Händen gehabt haben wil, nach einer genauen Untersuchung nichts gefunden, so der Fischhaut änlich ge wesen. Dagegen suchet Herr Muratori ihre Wirklichkeit blos aus dem Grunde zu leugnen, weil er diese Stücke nicht gesehen. Wenn er uns versichert hätte, daß er alle Urkunden in diesem Archiv in Hånden gehabt: vielleicht würden wir alsdann seinen Widerspruch mehrern Glauben beimessen, als dem Zeugnis des Puricelli, welches doch, wenn sonst älle Umstände gleich sind, den Vorzug verdienet. Wir wollen indessen die Gefälligkeit gegen das Ansehen des Herrn Muratori so weit treiben als möglich ist; wir wollen die Wirklichkeit solcher Denkmale für unentschieden halten, aus denen er das Daseyn aller Charten auf Fischhaut überhaupt bestreiten wollen. Et adhuc fub iudice lis eft.

S. 560,

Schrift auf Das zubereitete Leder von Thieren würde auf derjenigen Seite beschrieben, wo zubereitetem die Haare befindlich gewesen waren. Allatius versichert (f), daß er in den Biblio theken Griechenlands, Italiens und Deutschlands verschiedene lederne Volumiz na oder Rollen gesehen, die mit hebräischen Buchstaben ohne Puncte beschrieben gewesen. Die verschiedenen Stücke, woraus sie bestehen, sind nicht aneinander ge leimet, sondern nur zusammengenåbet. Der Gebrauch dieser Rollen ist bey den Juden noch sehr häufig; welches wir mit zalreichen Beispielen aus ihren Sy nagogen beweisen könten. Doch findet man dergleichen auch in der vaticaniz schen (g) und in der königlichen Bibliothek; imgleichen zu Livorno und Bologna in Italien (h). Man verwaret daselbst in dem Kloster des heiligen Dominici in einem mit zweien Schlössern versehenen Reliquienkasten, zu deren einem der Stadts rath zu dem andern aber die Mönche den Schlüssel haben, die Bücher des Esdras, welche auf eine lederne Rolle geschrieben sind. Der Verfasser der Beschreibung der vaticanischen Bibliothek (i), behauptet ohne Bedenken, daß dieses die eigenen

Hand:

(f) ALLAT. Ani(h) MONT

(e) MVRATORI Antiq. Ital. tom. 3. Diff. 34. P. 34.
madu, in Antiq. Etrufc. fragin. n. 63, p. 114.
(B) Ibid.
FAVC. Palacogr. c. 2. p. 17. MAFFEI Ift. dipl. p. 73.

(i) Pag. 394.395.

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