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lich, daß man in den spåtern Zeiten, wo die Gebräuche der vorigen Jahrhunderte nur sehr wenig bekant waren, ungewönliche Formeln den üblichern werde vorgezogen haben? Gesetzt auch, diese seltenen Formeln wären den Verfälschern nicht ganz uns bekant gewesen; würden sie dennoch nicht lieber solche Gebräuche und Formeln erwålet haben, deren Beispiele gewöhnlicher waren? Indessen pralen diejenigen, welche eine oder die andre alte Urkunde ohne hinreichenden Grund für unächt ausgeben, am meisten mit diesem Einwurf die gewönlichsten Gebräuche den ungewönlichern ent gegen zu sehen.

S. 52.

Wenn ihm sein Ansehen
Gute halten, wenn wir
"Es hat, sagt er (F),

Wir haben es noch mit einem neuen Gegner zu thun, welcher zwar viel zu Einwurf des scharfsinnig ist, daß er nicht in den meisten Fällen den Entscheidungen des Hrn. Muratori. Mabillons beitreten solte; aber doch zu viel Höflichkeit besißet, daß er dessen Geg nern in einem oder dem andern Stücke nicht nachgeben solte. das Recht ertheilet, gehöret zu werden; so mus er es uns zu nur allein der Warheit unsre Unterwürfigkeit vorbehalten. vor Zeiten so scharfsinnige und geschickte Verfälscher gegeben, daß sie in Nachmas chung der Denkmåler voriger Jahrhunderte weder wider die Zeitrechnung, noch wider die Geschichte, noch auch wider die Formeln der Notarien im geringsten angestoffen sind und die Züge und Merkmale alter Urkunden auf das volkoms menste nachamen oder wenigstens ihre Abschriften nachbilden können. Wenn

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nun dergleichen Arbeiten solcher Leute vorkommen (denn es wird wohl niemand leug: nen, daß nicht dergleichen hätten nachgemacht werden können und daß nicht noch heuti ges Tages einige solcher Geburten übrig seyn könten ;) so wird man seine Zuflucht zu den Hülfsmitteln der Critik, dergleichen falsche Waaren von åchten zu unterscheiden zuweilen vergeblich nemen müssen. Dies ist sein Einwurf in seiner ganzen Stärke.

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S. 53.

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1. Wir wollen die Widerlegung dieses Einwurfs, die an verschiedenen Orten Beantwor dieses Werks vorkomt, hier nicht wiederholen; wo wir zugleich erweisen, daß, tung. wenn derselbe auch metaphysisch richtig ist er doch moralisch falsch sen. Denn in critischen und historischen Sachen kan alles nur zu einer moralischen oder höchstens physischen Gewisheit gebracht werden. Daher mus jeder Sah als unrichtig verworfen werden, der mit einer von diesen beiden Arten der Gewisheit nicht bes stehen kan.

(3) Atqui olim non defuere falfarii tam acuti ingenii, tantaeque induftriae; vt in confingendis praecedentium faeculorum monumentis neque contra Chronologiam, neque contra hiftoricam eruditionem, aut Notariorum formulas quidquam peccarent, et probe imitari nosfent veterum characteres et notas, aut eorum tantuinmodo apographa confinge

2. Wenn

re. Si quando corum foetus occurrunt, (ne-
que enim quisquam neget, quin talia effor-
mari potuerint, et ex iis aliqua fupereffe pos-
fint), fruftra interdum artis criticae fubfidia
adhibentur ad falfas eiusmodi merces a veris
fecernendas. Muratori Antiquitat. [Ital, me-
dii aeui tom. 3. Differt. 34. col. 30.

Fortsetzung.

2. Wenn die Verfälscher unächte Urkunden den ächten nur zuweilen so ånlich gemacht, daß es unmöglich ist, sie von einander zu unterscheiden; so würde es eben die Beschaffenheit mit ihnen haben, als mit einem Schuldigen, der alle Merkmale der Unschuld hat. Wird man in diesem Fal den erstern verurtheilen können? Kein ehrlicher Man würde alsdann durch seine Unschuld für die Schärfe der Geseße gesichert seyn;weil hier eine volkommene Uenlichkeit des Schuldigen mit demUnschuldigen stat fins den würde. Es ist daher augenscheinlich, daß eine solche vorgegebene unrichtige Urkunde für åcht gehalten werden müsse.

3. Wie hat sich aber Hr. Wuratori einbilden können, daß es jemals eine alte Urkunde in der Welt gegeben oder noch gebe, die alle Merkmale der ächten Rich: tigkeit an sich habe, und demoßnerachtet unächt sey? Er hat solches weder aus dem ins nern noch äussern Merkmale derselben schliessen können, weil sie insgesamt für die Richtig keit der Urkunde streiten. Die Urkunde hat daher nicht anders als durch das Geständ nis oder die Ueberfürung des Verfälschers für das gehalten werden können, was sie gewesen. Man zeige uns aber ein einiges untergeschobenes altes Original, welches die Zeitbestimmung aus einem der åltern Jahrhunderte aufzuweisen hat, und an des sen Unrichtigkeit alle Regeln der Critik nebst der Erfarung der geschicktesten Kenner des Altertums gescheitert sind, und dessen Unrichtigkeit doch nicht mehr zweifelhaft ist. Die Unmöglichkeit, eine Urkunde, bey welcher sich alle diese Merkmale befinden, wirklich für unrichtig zu erklären, ist augenscheinlich. Die algemeinen und besondern Geschich: ten Italiens, welche Hr. Muratori in so grosser Anzahl herausgegeben hat, has ben ihm ben keiner einigen Begebenheit eine Urkunde an die Hand geben können, bey welcher alle Bemühungen der Critik vergeblich gewesen, und deren Uns richtigkeit durch das eigene Geständnis oder durch die Ueberzeugung des Verbrechers demohnerachtet erweislich gemacht worden. Ein solcher Fal würde seinem Gedächt: nis gewis nicht entwischet seyn, und er würde gewis nicht ermangelt haben, einen Sah damit zu unterstüßen, den man notwendig als seltsam ansehen mus, wenn er nicht gar einen Widerspruch in den Ausdrücken bey sich füret.

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S. 54.

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Hr. Muratori trägt gleich darauf noch einen andern Sah vor, der zwar nicht so seltsam, demohnerachtet aber noch schwierig ist. "Es kommen, sagter (G), zuweis len Urkunden vor, welche allenthalben Merkmale eines åchten Ursprungs aufs zuweisen haben und demohnerachtet gewisse Mängel verraten, welche das Gemüt in Zweifel lassen, was man von ihrer ächten Richtigkeit urtheilen sol. Wenn diese Urkunden keine andere Merkmale an sich haben, als die die ächte Richtigkeit ihres Ursprungs beweisen; wie können sie den Mängel an sich haben, die dieselbe unges wis machen? Wie kan Hr. Muratori wegen einiger geringen Mängel (naeuis) an der Richtigkeit der Urkunden zweifeln; wenn sie allenthalben solche Merkmale aufzus

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aufzuweisen haben, die ihre Richtigkeit ausser allen Streit sehen? Er, der sich dfs
fentlich für so viele Urkunden erkläret þat, an welchen man grosse Mängel wahrge:
nommen, ohne daß sie dabey allenthalben Merkmale der Richtigkeit aufzuweisen ges
habt?

Dritter Abschnit

Von dem Ansehen der Urkunden überhaupt.

Inhalt.

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ten Richtigkeit nicht nachtheilig find
63. 64.

I. Von dem Unsehen, das die Urkunden IV. Feler einiger Urkunden, die ihrer åch-
an und vor sich haben S. 54:56.
II. Dieses Ansehen übertrift das Unse:
hen eines Geschichtschreibers eben der:
selben Zeit 57:61.

III. In welchen Fällen die Geschichte
glaubwürdiger ist als eine Urkunde 62.

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V. Uebereinstimmung der Urkunden mit
der Geschichte 65.

VI. Vorzug der Urkunden für die Auf
schriften und Münzen 66:68.

S.

54.

nter allen Beweisen, die vor Gericht stat finden, sind die schriftlichen die aller: Mgemeines stärksten, und unter diesen kommen wiederum keine denen an Stärke ben, die Ansehen ders aus feierlichen Acten genommen werden. Nun gehören aber die Urkun selben. den zu dieser lektern Urt; folglich kan in den Gerichten nichts von einem grössern Gewicht vorgebracht werden, als diese (H). Daher bemerket auch der Verfasser der Vorrede zu den Brief des Hrn. Abt Lazzarini (w) an einen Freund in Paris, daß man alle Befele der Päpste und Fürsten angreifen, das öffentliche Recht bestreis. ten und die Güter der Privatpersonen in Gefar stürzen würde, wenn man die Glaubs würdigkeit der Urkunden verdächtig machen wolte. Einem so grossen Nachtheil vor: zubeugen hat sowohl der geistliche als auch der weltliche Arm das Unsehen der alten Urkunden mit aller seiner Macht zu unterstüßen gesucht. Zu dem Ende werden sie sowohl in dem geistlichen als auch bürgerlichen Recht mit gleichem Nachdruck auf: recht erhalten. Wir wollen nur eine einige Stelle aus der Glossa ordinaria_ans füren, welche überdem noch durch die alten römischen Gesetze bestätiget wird. Dies fer Stelle zu Folge (I), sollen die öffentlichen Instrumente jederzeit gültig bleiben, sowohl zum Vortheil als auch zum Nachtheil der Parteien,

(w) S. 199 der römischen Ausg. vom Jahr 1743.
(5) Indifputabile teftimonium, vox anti-
qua chartarum. Casfiod. lib. 12. Var.

Inftrumenta publica perpetua firmitate

Diplom, I. Th,

§. 55.

nituntur ad damnum et commodum vtrius
que partis. Lib. 2. Decretal. de fide inftru-
ment. tit. 22. in cap. 2.

Gründet sich auf ihren

feierlichen Ursprung.

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S. 15.

Damit man sehen möge, unter welchen feierlichen Umständen die alten Urkuns den ausgefertiget worden, dürfen wir uns nur auf eine einige Stelle berufen, und zwar aus einer Schrift, welche die Aufschrift füret: Anmerkungen über eine Antwort in dem Mercurio, des letztern Tovembermonats (1723), auf die Fras ge u. f. f. (x)" Man siehet nicht, sagt der geschickte Ungenante, warum der Vers fasser der Antwort die Urkunden (la Charte) unter die Schriften der Notarien (acte de notaire) seßen wil. Es wurden bey denselben zwar nicht die heut zu Tage gewönlichen Umstände beobachtet; diejenigen aber, deren man sich dabey bes dienete, machten sie wenigstens eben so, wo nicht noch mehr authentisch, als die Acten der Totarien. Was die Urkunden unsrer Könige betrift, so waren ih re Referendarii oder Cancellarii die Notarii bey denselben. Unter den Köz nigen der ersten Linie unterschrieben die Fürsten sie beynahe allemal selbst; ja es wurde das Petschaft ihres Rings und nachmals unter der zweiten Linie ihres Siegels daraufgedruckt. Der Fürst unterzeichnete sie mit seinem Monogramma, und überhaupt kan man sagen, daß sie fast niemals Vorrechte bewilligten und ausfers tigen liessen, als nur bey völliger Versamlung des Hofes, oder in Gegenwart der vornemen Kroubedienten, deren namentliche Anfürung und Unterzeichnung (K) in den Urkunden unsrer Könige allemal angetroffen wird. Daher denn die Formel rüret, welche nachmals beobachtet worden: Actum Parifiis etc. aftantibus in palatio noftro, quorum nomina fubftituta funt et figna. Signum N. Dapiferi S. N. Conftabulari, Buticulario nullo, S. N. Camerarii: Data per manum N. Cancellarii oder vacante Cancellaria. Was aber die urkundlichen Schriften der Privatpersonen betrift: so waren sie nicht nur allemal von Lotariis geschrieben, die, obgleich nicht ausschliessungsweise, vermöge ihres Amtes wirkliche öffentliche Personen. waren; sondern sie wurden auch gewönlicher Weise in den öffentlichen Versamlun: gen ertheilet, vorgelesen und unterzeichnet. In mallo publico. In mallo publico. In generali placito. In conuentu Nobilium. Der Herr lies sie in Gegenwart seiner Pairs und Unterthanen bekant machen, welche ihm denn zur Gewär dafür dies nen musten. Dagegen war er ihnen wiederum verpflichtet, obwohl auf eine ans dere Art, indem er sich blos verbindlich machte, sie zur Volziehung ihrer Vertrás ge anzuhalten, jene aber ihrem Herrn sowohl ihren Leib als auch ihr Vermögen verpfändeten.

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29

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(r) Mercur. Janvier 1724 S. 8. f.

(K) Die vornemen Kronbedienten haben viel Teicht niemals ihre Namen unter die Original: urkunden unsrer Könige gesetzt. Wenn man auf denselben blos die Worte findet fignum N. so ist selches ein fast gewisses Merkmal, daß sie ihre Namen nicht eigenhändig untergeschrieben, ob sie gleich gegenwärtig gewesen. Man kan hiervon aber nicht volkommen urtheilen, wenn man nicht die Originale selbst aufweiset. Man

S. 56.

kan nur behaupten, daß die Fälle sehr selten find, wo die durch das Wort fignum angedeu tete Zeugen etwas anders auf die Urkunden gczeichnet als cin blosses Kreut. Welches sie aber auch nicht einmahl allezeit thaten, besons ders im cilften und zwölften Jahrhundert; in welchem Fal denn alles von der Hand des X70: tarii oder Secretarii ift.

§. 56.

Auf eine so feierliche Art wurden die Urkunden ausgefertiget. Kan wohl ets Fortsehung. was authentischer und von einem grössern Unsehen seyn, als Denkmåler, die vor den Augen der grösten Personen in einem Staat abgefasset, oder doch in ihrer Gegens wart auf eine feierliche Art bekant gemacht worden? Unter den alten königlichen Urs kunden sind einige mit mehrerer oder geringerer Feierlichkeit ausgefertiget worden. Der übrigen Jahrhunderte zu geschweigen, so findet man in den feierlichsten Urs funden des dreizehnten Jahrhunderts die Anrufung des Namens GOttes, Jesu Christi oder der heiligen Dreieinigkeit, die christliche Jahrzahl, das Regierungss jahr des Königs, sein Monogramma und die Meldung der Gegenwart seiner hos hen Bedienten. Sie wurden überdem noch mit einem Siegel und Gegensiegel verz sehen. Die nicht so feierlichen enthielten weder eine Anrufung, noch auch ein Mos nogramma, noch auch die Namen der gegenwärtigen hohen Bedienten; sondern blos das Jahr Jesu Chrifti, den Monat und das Siegel. Zwischen diesen zwo Arten von Urkunden gab es noch eine mitlere Gattung, bey welcher sich gewisse Um: stände von den allerfeierlichsten befanden, oder einige weggelassen wurden, als das Monogramma, die Namen der gegenwärtigen vornemen Bedienten, die Anrus fung und das Jahr der Regierung. Wenn man daher die allerfeierlichsten Urkuns den zur Regel und zum Muster aller andern annemen wolte; so würde man fast eben so unbillig handeln, als wenn man alle Urkunden nach den nicht so feierlichen beurs theilen und in Ermanglung der Uebereinstimmung für unächt erklären wolte. Dem berümten B. Hardouin hat es gefallen, sich für das lehtere Verfaren zu erklären (y). Ausserdem aber, daß dieses Verfaren auf eine blosse Regel der Einbildung bes ruhet, so ist es sehr ungereimt, bey feierlichen Schriften und Urkunden, die nicht so feierlichen zum Nachtheil derjenigen anzunemen, die solches in einem höhern Grad find (12).

S. 57.

Welchen Glauben müssen nicht öffentliche Personen verdienen, die oft Mån: Und übertrift ner vom ersten Range sind, wenn sie Begebenheiten bestätigen, wovon sie wirkliche Zeu: die Zeitgenoss genabgegeben: da es schon die gewissenhaftesten Kunstrichter für ihre Pflicht halten, dem sen in der Ges Zeugnis eines zu eben derselben Z.it lebenden Geschichtschreibers Beifal zu geben; wenn schichte. gleich die Begebenheiten, die er berichtet, eigentlich nicht in seiner Gegenwart noch auch zu der Zeit selbst, in welcher er geschrieben, vorgegangen sind.

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(1) Mf. Bibl. reg. num. 6226. A. p. 80. 81.Antiqua numifmata Regum Francorum Mf,
Bibl. Reg. 6216. A. paffim.

(12) Was hier von den feierlichen Umstän den, unter welchen die Urkunden ehedem unter den fränkischen Königen ausgefertiget wurden, gesagt worden, gilt auch von den öffentlichen A aten der deutschen Kaiser; indem die mehre

sten dieser Umstände, nach Maasgebung des
verschiedenen Zeitraums auch bey denselben stat
finden, wovon im folgenden ausfürlicher wird
gehandelt werden können.

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