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Handschriften des Esdras selbst seyn. ` Man müste aber zum Beweis eines so sonderbaren Umstandes ohne Zweifel weit stärkere Gründe angeben können. In der Bibliothek der Canonicorum regularium St. Salvatoris in eben derselben Stadt zeiget man noch eine andere lederne Rolle, auf welcher das Buch Esther in der Originalsprache befindlich ist. Petrarch, welcher ein Kleid von blossem zubereite: ten Leder trug, pflegte seine Gedanken und Einfälle, so wie ihm selbige beifielen, auf dasselbe zu schreiben, damit er solche nicht wieder vergessen möchte (f). Dieses be: schriebene und mit ausgekraßten Stellen angefülte Kleid wurde noch im Jahr 1527 aufbehalten und als ein schäßbares Denkmal der Gelehrsamkeit von den unter den Gelehrten berumten Jacob Sadolet, Johannes Casa und Ludwig Bucatello verehret. Ein gewisser Abt pflegte aus grosser Achtung gegen die Schriften des heiligen Athanasius zu sagen, daß man sie in Ermanglung des Papiers auf seine Kleider schreiben müsse (1). Ulpian macht im 32-Buch der Digesten eigentlich keinen Unterschied zwischen dem Pergament und Leder (m); ohnerachtet Mabillon solches behauptet (n). Er verstehet vielmehr unter das lektere sowol die Haut von gewiß-, sen Pflanzen, als auch von Thieren. Indessen werden doch an einem andern Ort die jeßtgedachten Stücke wirklich von ihm unterschieden (o). Unser gelehrter Benes dictiner versichert, daß man sich des Leders zu den Diplomen nur sehr selten bedie net habe; wenn es anders jemals dazu gebraucht worden. Dieser Sah mus indes fen nach Masgebung der Zeiten, Örte und Personen einiger Massen eingeschränket werden.12.

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Der Gebrauch, auf die Haut yon Thieren zu schreiben, ist so alt, daß sich auch Ursprung des die eigentliche Zeit des Ursprungs desselben nicht bestimmen lässet. Der ältere Pergaments. Plinius, welcher dem Varro folget, leget die Erfindung des Pergaments dem Lumenes, König von Pergamus in Asien bey. Der heilige Ifidorus von Sevilla lässet den Ursprung desselben auch nicht viel höher hinaufsteigen (p). Guis landini (9) widerlegt die beiden erstern Schriftsteller (denn des dritten geschiehet bey ihm nicht Meldung) durch das Zeugnis des Jofephus (r), noch mehr aber durch die Versicherung des Herodotus (s), daß sich die Jonier in Ermanglung des egyptischen Papiers der Felle von Ziegen und Hammeln bedienet, und daß noch zu seiner Zeit verschiedene barbarische Völker auf dergleichen Häuten geschrieben. Die alten Perfer pflegten, dem Diodorus von Sicilien (t) und dem Crefias zu Folge, die Jahrbücher ihres Volks auf Felle oder Pergament zu schreiben. Dem ersten Anschein nach müssen sich also Varro und Plinius eines sehr merklichen Fe: lers schuldig gemacht haben. Solte man aber nicht annemen können, daß sie nicht eben den Ursprung des Gebrauchs auf Felle zu schreiben, sondern vielmehr der Ver ferti:

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(†) FRANC. BOVHÎ eleg. lib. 1. (1) Prat. fpirit. c. 40. (m) Dig. 1.
32. §. 3. leg. 5.2. (n) MABILLON de re diplom. 1. 1. c. 8. n. 2. (0)
Dig. 1. 37. tit. 1. leg. 1. (p) ISIDOR. Orig. l. 6. c. 11. (q) GVI-
LAND. Papyr. membr. 6. p. 92. fegg. (r) IOSEPH. Antiq. Iud. 1. 12.
C. 2. (8) HERODOT. Terpficb. 1.5. c. 58. (1) DIOD. SIC. 1.

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Gebrauch des Pergaments in Diplomen.

fertigung des Pergaments, so wie wir dasselbe heutiges Tages zuzubereiten pflegen, in die Regierungen des Eumenes und des Prolemåus Philadelphus geseht? Ja es hat diese Kunst vielleicht auch aus andern barbärischen Ländern dahin gebracht seyn können; anstat daß sie erst zu Pergamus erfunden worden. Sie ist daselbst viels leicht zur Volkommenheit gebracht, und das Pergament von da in viele Gegenden ver faren worden, welches denn schon hinlänglich gewesen, daß es den Namen Pergames num bekommen (u). Vossius stimmet mit dieser Art, die verschiedenen Zeugnisse der Schriftsteller zu vergleichen, so ziemlich überein (r). Was wir jeho von dem Pergament behauptet haben, lässet sich auch auf die zubereiteten Kalbfelle (Velin) anwenden, welche von den erstern blos darin unterschieden sind, daß diese aus Kalbfellen, jene aber aus Hammelfellen zubereitet werden. Beide pflegte man mit Bimsstein glat zu machen. Das erste Pergament, welches verfertiget wurde, kan nicht anders als gelb lich gewesen seyn; zu Rom aber erfand man das Geheimnis, demselben eine ge wisse Weisse zu geben (y). Weil es aber gar leicht den Schmuß annam, überdem auch den Augen beschwerlich fiel: so fand diese Erfindung wenig Beifal.

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Sonst pflegte man, ausser der jektgedachten Erfindung, drey Arten von Perga ment anzunemen; nemlich das weisse, das gelbe und das purpurfarbene (3). Das weisse hatte diese Beschaffenheit von Natur. ---Das gelbe war auf einer Seite weis, auf der andern aber gelb; wovon auch der Vers des Perfius verstanden werden

mus:

Iam liber et pofitis bicolor membrana capillis.

Das purpurfarbene Pergament hatte diese Farbe gemeiniglich auf beiden Seiten aufzuweisen, und wurde mit goldenen oder silbernen Buchstaben beschrieben. Man kan nicht nur gottesdienstliche Bücher und besonders die Psalmen auf solchem purpurfarbenen Pergament aufzeigen (a): sondern es finden sich auch noch in vielen Biblidtheken und Kirchen sehr alte Mesbücher, die viel oder wenig Blätter von dergleichen Pergament haben. Ja einige bestehen aus blossen purpurfarbenen Blättern, ohne einige Vermischung derselben mit Blättern von dem gewönlichen Pergament. Di: plomen von dieser Farbe sind uns nicht zu Gesicht gekommen. Ohnerachtet nun wohl noch einige vorhanden sind: so sind sie doch ungemein selten. Dis ist alles, was wir von der Beschaffenheit und den verschiedenen Arten des Pergaments anzunterken ha: ben. Die alte Art dasselbe zu verfertigen, war in keinem wesentlichen Stücke von der heutigen unterschieden, von welcher man sich aus dem Schauplatz der Natur einen hinlänglichen Begrif machen kan. Wir wollen daher nur noch von dem Ge: brauch des Pergaments in den Charten handeln.

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Wenn die ältesten Handschriften, die bis jeht aufbehalten worden, auf Perga: ment geschrieben sind: so sind hingegen die ältesten Diplomen auf egyptischen Papier (u) HIERON. ep. ad Chrom.) vossIvs de arte gramm. 1. 1. c. 38. p. 134. (1) ISIDOR. orig. 1. 6, c.11. (3) Ibid. (a) HIERON. prolog. in Iob,

pier verzeichnet. Man hat bisher noch keine Charte auf Pergament ausfindig gemacht, welche vor dem sechsten Jahrhundert ausgefertiget worden, Hr. Maffei ist von den Materien, worauf einige Diplomen unfrer Könige geschrieben sind, nicht hinlänglich unterrichtet gewesen; indem er sowol den Anfang als auch den Fortgang von dem Gebrauch des Pergaments bey den Charten in die Regierung des lombars dischen Königs Didier, folglich in das achte Jahrhundert sehet (6). Mit einem

Morte, fagt er (4), man hat, so viel ich weis, keine einige Originalcharte vor 709 aufzuweisen, welche auf einer andern Materie, als auf Papier geschrieben worden.” Allein wenn er die 380 und 472 Seite der Diplomatik des Mabillon angesehen hätte: so würde er gelernet haben, daß man dergleichen wirklich aufweisen könne, Indessen können wir der Behutsamkeit seiner Kritik den gehörigen Ruhm nicht versaz gen: indem er noch nicht, dem Lehrbegrif gewisser Leute zu Folge, jedes pergamentene Diplom, welches vor dem achten Jahrhundert datiret ist, deswegen für falsch hält; weil er selbst keines dieser Art gesehen, oder weil er geglaubt, daß auch andere Ken ner der Altertümer in ihren Untersuchungen eben so wenig glücklich gewesen. Er ge: stehet vielmehr zu, daß es dergleichen Diplomen gar wol geben könne, und daß man "wirklich einige Charten auf Pergament geschrieben habe. Ueberzeuget durch die vielen Zeugnisse der Schriftsteller und durch die stumme Sprache der Handschriften auf Pergament, begnügt er sich mit dem Urtheil," daß das lektere gemeiniglich zu

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Büchern, das Papier aber zu öffentlichen Acten gebraucht worden (B)." Dieser Sak ist zu billig, als daß wir einiges Bedenken tragen solten, demselben beizupflich: ten. Ohnerachtet Italien in Absicht der Altertümer, die es aus seinem Schoos her: vorbringet, einen grossen Vorzug für Frankreich und England hat: so gestehet doch der gelehrte Marquis selbst zu, daß diese beiden Reiche weit mehr Originaldiplomen auf Pergament aus dem siebenten Jahrhundert aufzuweisen haben. Wir wol len indessen zugeben, daß weder England (c) noch auch Deutschland (d) sich bey ih: ren Acteń jemals des egyptischen Papiers oder des Papiers von Baumwolle bedie: net haben. Das Pergament war die einige Materie, worauf sie vor Erfindung des Papiers von Haderlumpen ihre Urkunden zu schreiben pflegten. Wenn also der scharfsinnige Gudenus nur allein sein Vaterland vor Augen gehabt: so hat er ganz wohl behaupten können, daß alle Diplomen und Acten vor 1280 auf Pergament ge schrieben worden. (e).

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Charten von

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Uus mehrern aneinander befestigten (C) Stücken Pergament pflegte man RelPergament len zu machen, welche Volumina genannt wurden, a voluendo (f), imgleichen in Form der Rollen, a rota, oder Cylinder, and zuλívdgy; weil sie theils die Gestalt dieser Stü Rollen. de hatten (g), theils aber auch, weil die Stäbe worauf man sie zu rollen pflegte, wirk liche kleine Cylinder von Holz, Horn (h), Knochen, Elfenbein, Glas oder auch von Metal waren. An den beiden Enden derselben waren Kugeln oder Knöpfe von ver: schiedener Gestalt befindlich; die aufgerolten Stücke nicht nur in der gehörigen Ord: nung zu erhalten, sondern auch dieselben zu zieren. Die alten Juden pflegten die einzelnen Stücke ihrer gottesdienstlichen Rollen mit so vieler Kunst aneinander zu be festigen, daß man die Fugen kaum erkennen konte. Prolemåus Philadelphus wunderte sich, dem Josephus zu Folge (i) ungemein, als die siebenzig Aeltesten, die der Hohepriester an ihn geschickt hatte, in seiner Gegenwart die Rollen abwickelten, worauf das Gesetzbuch mit goldenen Buchstaben geschrieben war. Nachmals pflegte man sich lange nicht so viele Mühe zu geben, so viele Stücke Pergament, als die Acte erforderte, aneinander zu befestigen. Oft wurden dieselben anstat sie zusam menzuleimen nur aneinander genähet, oder durch Bänder von eben derselben Mate: rie aneinandergeheftet: wovon unzälige Beispiele aus den spätern Jahrhunderten aufgewiesen werden können. Ja dis geschahe oft auch alsdann, wenn die Acten kurz genug waren, daß man sie wenigstens auf ein Quartblat hätte bringen können. Die Proceduren, gerichtliche Acten und Inquestå (1) wurden oft auf Rollen von vielen Ruthen lang geschrieben. Ueberhaupt aber pflegte man die Rollen mur selten auf bei den Seiten zu beschreiben. Auf unfrer vierten Kupfertafel sind einige Rollen befindlich, die wir aus der 194 Kupfertafel des erläuterten Altertums des Hrn. Montfaus con und aus dem Chronicon Gottwicense Th. 1. S. 37 genommen haben.

Fortsetzung

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Die Alten mochten nun das egyptische Papier blos seiner Feinigkeit wegen mir auf der einen Seite beschreiben; oder es mochte solches in Betrachtung der Wich tigkeit der Sachen, und aus Achtung für diejenigen geschehen, an welche man dieselben richtete, oder in deren Namen sie geschrieben wurden: so ist gewis, daß der Ge: brauch, die Charten niemals auf der Rückseite zu beschreiben, bey dem Pergament eben so häufig war, als bey dem Papier. Die Briefe der Fürsten, der obrigkeit: lichen Personen und Generale bey den Römern wurden allemal nur inwendig und der Länge des Blats nach beschrieben (1). Vor des Cäsars Zeiten hatten Verso: nen von seinem Nange die eine Seite ihrer Briefe allemal weis gelassen. Gemeine Leute hatten aber niemals ein Bedenken getragen, sich in Schriften von keiner grossen Erheb:

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Erheblichkeit, oder die eben nicht für die Nachwelt verfertiget wurden, sich sowol des verso als des recto zu Nuße zu machen. Da die Testamente oft die Gestalt der Bücher bekamen: so trug man alsdann auch noch weniger Bedenken, die Rückseite eines jeden Blates ju beschreiben. Dieser Gebrauch wird von den åltern und neuern. Rechtsgelehrten nicht nur erweislich gemacht; sondern auch durch die feierlichsten Ausdrücke bestätiget (m). Von dem Verfal des römischen Reichs an, bis auf die spåtern Zeiten geschahe es sehr selten, daß man einen Theil der Schrift auf der Rückz feite der pergamentenen Charten schrieb. Wenn man solches aber ja that: so wur den doch nur die Unterschriften und andere Schlusformeln auf diese Seite gesehet. Ja man findet auch hiervon fast kein einiges Beispiel vor dem zehnten Jahrhundert. Wir haben gesagt, daß man vor Alters die Testamente auf verschiedenen Blättern geschrieben und die Freiheit gehabt, dieselben anzufüllen, ohne einigen leeren Raum zu lassen. In den mitlern Zeiten aber gab man den Testamenten keine von den übris gen Charten verschiedene Gestalt. Hingegen hat man seit ohngefär dreihundert Jahren sowol die Testamente als auch die Verträge, Tractaten und andere Acten wieder nach der alten Form eingerichtet, in welcher die Testamente ehedem abgefasset wurden.

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In dem vierzehnten und funfzehnten Jahrhundert merkte man erst, wie nach: Raclire theilig der Gebrauch des raclirten Pergaments in öffentlichen Acten sey. Man tes Pergas fieng daher auch um diese Zeit erst an, dieser Unordnung auf eine nachdrückliche Urt ment. abzuhelfen. Zu dem Ende enthielten die Provisionen, worin die Kaiser jemand in den Grafenstand erhuben und ihm Gewalt ertheileten, kaiserliche Notarios zu erwá: len, gemeiniglich die Clausel: mit der Bedingung, daß sie kein altes und abges schabtes Pergament gebrauchen, sondern allezeit neues und ungebrauchtes Pergament nemen wolten (n). Obgleich der Gebrauch des abgeschabten Perga ments in öffentlichen Acten niemals herschend geworden; ja ob es gleich scheint, daß dafselbe nur in Deutschland einigermassen üblich gewesen: so ist solches doch für sehr viele brauchbare Bücher, deren Verlust wir nunmehr bedauren müssen, von trauri: gen Folgen gewesen. Wenn der Untergang solcher Bücher einmal beschworen war: fo zog mau dieselben bald durch siedend Wasser, bald durch ein Wasser, worin man lebendigen Kalk abgelöscht hatte; man schabte die Oberfläche von denselben ab; mit einem Wort, man raclirte dieselben. Ja zuweilen machte man eben dieselben Anstalten, als wenn man neues Pergament verfertigen wolte. Auf diese Art brachte man die alte Schrift weg, um ihre Stelle durch eine neue zu ersehen. Diese barbarische Ge: wonheit hatte sich in Absicht der Handschriften überal verbreitet. Bey den Gries chen war dieselbe im zwölften, dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert so beliebt geworden, daß darüber viele vortrefliche Werke verloren gegangen sind. Wir sind dagegen durch eine grosse Menge von Chorbüchern, die ihre Stelle nunmehr einne: men, schlecht genug schadlos gehalten worden.

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S. 567..

(m) HVGO de prima fcrib, orig. p. 188.

() MAFFEI Iftor. diplom, p. 69.

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