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Beschlus.

Um diesem

nicht anders als vermittelst eines Spiegels erkennen und lesen konte.
Buche das Ansehen des Altertums zu geben, hatte er die Blätter auf eine solche Art
angestrichen und gemalt, daß jederman ihnen ein Alter von mehr als tausend Jahren
beilegen muste; ja daß man sich so gar einbildete, diese Buchstaben, deren Werth
man nicht wisse, müsten die verlohrnen Züge einer oder der andern alten Sprache
feyn. Da nun der Bruder sahe, daß jederman das ehrwürdige Altertum seiner
Handschrift bewunderte, hob er diese Verblendung dadurch, daß er ihnen einen Spies
gel reichte. Man darf daher die Farbe des Papiers oder Pergaments nicht für ei:
nen gar zu zuverläßigen Entscheidungsgrund halten. Solche vorgegebene Kenner,
die sich durch eine beräucherte Pancharte von dem Altertum derselben würden bereden
lassen, würden der Welt eben keine erhabenen Begriffe von ihrer grossen Geschick:
lichkeit beibringen.

S. 621.

Wenn man sich durch dergleichen verfürerische äusseren Umstände wolte hinters gehen lassen: so würde man viele Stücke aus dem funfzehnten Jahrhundert für älter erklären müssen, als die meisten Schriften aus dem eilften, ja selbst als die pergaz mentnen Diplomen aus dem siebenten und achten Jahrhundert. Selbst Anfänger in der Kentnis der Altertümer können auf dem ersten Anblick sehen, ob Urkunden ge wissen Zufällen ausgeseht gewesen, die ihr Alter zu vermehren scheinen. Allein die Aufmerksamkeit eines in diesem Theil der Gelehrsamkeit erfarnen Mannes, beschäfti get sich mit weit erheblichern und schwerern Umständen. Er sieher nicht nur auf die Mässe, welche diese Diplomen an sich gezogen haben; sondern auch die Orte, wo sie aufbehalten worden, die Sorgfalt, mit welcher solches geschehen, und der häufige oder geringe Gebrauch, den man bisher von denselben gemacht, machen seiner Er farung und Einsicht wechselsweise zu thun. Er weis sich alle diese und noch manche andre Umstände zu Nuke zu machen, die sich leichter empfinden als ausdrucken las sen. Es hat sich daher selbst Mabillon nicht getrauet, das Altertum der Diplo men aus der blossen Beschaffenheit und Farbe des Pergaments ohne Bezug auf die Schrift zu bestimmen. Ja es würden auch fast alle Regeln, die man hierbey geben könte, sich auf eine Menge von Mustern gründen müssen, wovon man der Welt die Originale selbst vorlegen müste, wenn man ihr einen Begrif davon machen wolte Wenn man daher dieses Hülfsmittel zu der höchsten Volkommenheit erheben wolte, die dasselbe der Schärfe nach endlich wohl fähig ist: so müste man vorher öffentliche Archive anlegen, die mit urkundlichen Schriften aus allen Jahrhunderten und aus allen. Ländern reichlich versehen, und nach einer gehörigen Ordnung eingericht wären, und hierauf müste man gewisse Regeln über diese Muster und die verschiedenen Ver: hältnisse unter ihnen festsehen. Alsdann fönte man mit leichter Mühe ein Kenner in Absicht dieses Umstands werden. Dieses Mittel, welches jezt nur von Kennern der Altertümer gebraucht werden kan, würde alsdann auch Leuten von mittelmäßigen Einsichten zu statten kommen, ohne daß ihnen solches viel kosten könte. So lange aber bis eine solche Veranstaltung getroffen wird, und wer wird behaupten können, daß solches jemals geschehen werde, wird man sich wenigstens in diesem Stück alle mal an die Entscheidungen der Altertumskundigen halten müssen.

Zehn

Zehnter Abschnit,

Instrumente, womit man geschrieben.
Inhalt.

I. Regula, Norma, Canon §. 622.
II. Punctorium, Subula, Scheren
u. f. f. §. 623.

III. Schreibzeug und Dintenfas §. 624.

S.

IV. Griffel und Palimpsestus §. 625.

626.

V. Rohr, Federn, Pinsel u. s. f. zum
schreiben §. 627:630.

622.

hnerachtet man bey der Beurtheilung des Wahren und Falschen in den Acten Lineal. aus den Instrumenten, mit welchen man geschrieben, sehr wenig Erläuterung bekommen kan: so können wir doch dieselben, vermöge des Umfangs unsres Entwurfs, nicht gänzlich mit Stilschweigen übergehen. Die Werkzeuge, mit wel chen die Schreibstube eines Schreibers bey den Alten versehen seyn muste, waren das Lineal, der Zirkel, Bley, die Scheere, das Messer, der Schleifstein, ein Schwam, der Griffel, der Pinsel, die Feder oder das Rohr, das Dintfas, das Schreibzeug, das Pult, ein Glas mit einer flüßigen Materie, womit man die Dinte, wenn sie alzudick geworden, zu verdünnen pflegte, ein andres mit roter Farbe, womit man die Aufschriften der Bücher oder der Kapitel zu schreiben pflegte (a), und eine Streu büchse: Jedes dieser Werkzeuge hatte seinen besondern bestimten Gebrauch.

Das Lineal, Regula, Torma und zuweilen auch Canon dienete, gerade Lis nien zu ziehen, und der Zirkel, denenselben einen gleichen Abstand voneinander zu ges ben. Diese Linien, welche weis gezogen wurden, sind noch heutiges Tages auf mans chen Charten und ungemein vielen Handschriften vorhanden; haben auch gemeinis glich an ihren beiden Enden einen Punct, mit welchem das Pergament völlig durchboret ist. Es giebt Handschriften, wo diese Löcher nach der Mitte der Seiten zugehen, und alsdann hat man die Linien zuweilen weggelassen. Diese Löcher bestes hen indessen nicht allemal aus blossen Puncten: sondern sie sind oft kleine horizontale Einschnitte. Wenn sich die Puncte, welche jede Linie bezeichnen, auf der Mitte der Blätter befinden; so sind diese lehtern an den beiden Enden mit vier Puncten durch stochen; welche einander gegenüberstehen. Diese gleichweit voneinander abstehenden Defnungen sind entweder mit dem Griffel oder der Spike des Zirkels gemacht, oder auch mit einem andern schneidenden oder spißigen Instrument, womit man zugleich die Linien, die vor der Schrift vorhergehen solten, ziehen konte.

S. 623.

In den Statuten des heiligen Guigo (6) wird dasselbe Punctorium genant Punctorium. und von Subula, einem andern ánlichen Werkzeug der Schreiber noch unterschie

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den.

(a) MONTFAVC. Palaeogr. p. 23. (b) GVIGO Statuta Carthuf. c. 29.

den. Allein in des Abt Engelhard Leben der heiligen Mechtildis (c) werden dies felben miteinander verwechselt. Herr Legipont seßet den Unterschied zwischen dem Griffel und der Subula darin, daß der erstere nur bey den wächsernen Tafeln, die lektere aber bey den pergamentnen Handschriften gebraucht worden, sowol die Puncte an dem Anfang und Ende der Linien zu bemerken, als auch die Linien selbst damit zu ziehen (d). Wenn das Werkzeug, womit die Linien verfertiget wurden, alzuscharf war, so wurde das Pergament zuweilen durchschnitten, und alsdann muste man die beschädigten Linien leer lassen. Wir haben davon verschiedene Beispiele gefunden. Wir dürfen wohl nicht erst anmerken, daß man mit der Scheere das Unebne an den Stücken Pergament oder Papier abgeschnitten. Der Gebrauch des Messers, des Steins und des Dintfas sind eben so bekant. Mit dem Schwam pflegte man die Feler, die dem Schreiber oder dem Verfasser entwischet waren, auszulöschen. Man bedienete sich desselben auch diejenigen Stücke, woraus die goldene Dinte verfertiget wurde, zuzubereiten.

S. 624.

Schreibzeug. Das Schreibzeug dienete nicht nur zur Aufbehaltung der Federn oder des Rohrs: sondern es war zuweilen auch so gestaltet, daß es die Stelle eines Lineals vertreten konte. Daher nennet vielleicht ein alter Schriftsteller ein solches Gesteck in dieser Bedeutung Canon.

Καὶ κανόνα γραφίδων ἐθυτάτων φύλακα (21). Es fcheint, δαβ ber beilige Clemens von Alexandrien dem Dintfas den Namen Canon beilege (e). Herr du Cange glaubet aber in den Zusähen zu seinem Wörterbuch der mitlern und spåteen griechischen Sprache, daß man navíov lesen müsse, als wovon xavinλesor, atramentarium, herstamme. Der erste Secretarius der Kaiser zu Constantinos pel firete ben Samen Canicularius, κανίκλειος, κανίκλης οδεῖ ἐπὶ τοῦ κανι aλelov; weil er die Aufsicht über das Zinnobergefås hatte, dessen sich die Kaiser zur Unterschrift aller Acten ihrer oberherschaftlichen Gewalt bedieneten. Praepofitus caniculi, sagt Anastasius bibliothekarius (f), eft qui curam et cuftodiam gerit caniculi, id eft, atramentarii, ex quo Imperator phoeniceas literas fcribit in chartis. Die Päpste hatten gewisse Bedienten, welche Atramentarii hiessen, und eben diese Verrichtungen hatten. Die Materie und Gestalt des Dint: fas und des Schreibzeugs, waren so wie das Heft des Messers ungemein verschie: den. Allein die Klinge des lehtern war weit breiter als bey den unsrigen. In Montfaucons Paläographie (g) und in dessen erläutertem Altertum ist ein Schreib zeug von einem ganz besondern Geschmack abgestochen, dessen Original in dem Schak zu St. Denis aufbehalten wird. Wir übergehen die Kreide und Bimssteine; ohnerachtet

(c) ENGELHARDI vita S. Mecht. c. 23. (b) LEGIPON T. Differt. de Mft.
Librisque p. 110. (e) CLEM. ALEXANDR. Strom. l. 6. (f) ANA-
STAS. BIBLIOTH. ad VIII. Synod. gener. A&. X. (8) MONTFAV C.
Palaeogr. p. 23.

(A) Et canonem calamorum rectisfimo. rum cuftodem. Antbol. 1, 6. pag. 939. edit.
Commel.

Schriftsteller behaupten, daß diese bey den lehtern verboten worden, weil mit diesen

gefår:

(h) MONTFAVC. Palaeogr. p. 22. 24. (i) Sehet die fehn ersten Summern der vierten Kupferplatte. (F) MONTFAVC. Antiq. expliq. tom. 3. part. 2. 1.5. c. 7. (ALLAT. Animadu. in Antiq. Etrufc. fragit. num. 8.

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(A) Et canonem calamorum rectisfimo. rum cuftodem. Antbol. 1. 6. pag. 939. edit.

Commel.

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