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Da BRIQUET keine Angaben über die Wachstumsverteilung im Internodium mitteilt, so wurde festgestellt, daß der oben aufgestellte Satz, wonach das Gelenk an dem zuletzt ausgewachsenen Teil des Internodiums auftritt, auch hier zutrifft. Das Streckungs wachstum schreitet von unten nach oben im Internodium vorwärts, das Gelenk bildet sich also im oberen Teil des Internodiums aus.

Daß es geotropische und heliotropische Keimungen ausführen kann, ist leicht festzustellen.

Es fragt sich aber, ob das seine Hauptfunktion ist, und ob nicht auch andere Teile der Pflanze Krümmungen ausführen können. Beschränken wir uns auf die geotropischen Aufwärtskrümmungen, so ist zu bemerken, daß diese verschieden verlaufen, je nachdem es sich um eine junge oder eine ältere, schon zur Blütenbildung übergegangene Pflanze handelt. Die folgende Darstellung bezieht sich auf eine ältere blühende Pflanze von Gal. bifida einer Art, die ebenso wi G. Tetrahit mit knotenförmigen Anschwellungen am oberen Ende der Internodien versehen ist. Sie besitzt (wie auch andere Arten derselben Gattung) ein so gutes ,,Wurzelungsvermögen", daß man blühende Pflanzen aus dem Felde ausheben und in einen Topf pflanzen kann, ohne daß sie dadurch leiden - sie wachsen sofort kräftig weiter.

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In Fig. 25 ist das Verhalten einer Pflanze, die mit dem Topfe horizontal gelegt wurde, schematisch dargestellt. Zunächst führt das Internodium 4, welches noch keinen Knoten ausgebidet hat, aber kräftig im Wachstum begriffen ist, eine geotropische Aufwärtskrümmung aus und gelangt in die mit I bezeichnete punktierte Stellung. Dann führt der zu Gelenk 3 gehörige Knoten eine Krümmung aus, durch welche das Internodium in die Lage III gebracht wird. Es streckt sich wieder mehr gerade (Lage II), darauf folgen dann die zu 2 und 11) gehörigen Knoten vorausgesetzt, daß sie nicht schon zu alt sind und deshalb das Wachstum nicht mehr aufnehmen können. Die Knoten 3 und 2 strecken sich dann wieder gerade.

Fig. 25. Schema für die Aufrichtung einer horizontal gelegten Galeopsis.

Im Gegensatze zu gelenklosen Pflanzen, deren ausgewachsene Teile ein für allemal fertig 2) und deshalb nicht mehr krümmungsfähig sind, sind also derartige Gelenkpflanzen auch im späteren Lebensalter imstande, nicht nur den Gipfel, sondern unter Umständen die ganze Pflanze (mit Ausnahme des basalen Internodiums) aufzurichten. So schön auch diese -in ähnlicher Weise bei den Gräsern wiederkehrende Bewegung ist, so wenig können wir sie doch als eine für das Leben der Pflanze sehr wichtige betrachten "); sie ist der hier vertretenen Auffassung nach nur eine Nebenfunktion. Ursprünglich stellen die auch als ,,Achsenknoten" bezeichneten Gelenke nur eine mit der Entfaltungsart zusammenhängende andere Art der Aussteifung des Internodiums dar.

1) Daß das unterste Internodium eigentlich keinen Knoten besitzt, wurde oben erwähnt, hier handelt es sich nur um ein Schema.

2) Von Holzgewächsen mit Cambium sei hier abgesehen.

3) Besonders ist zu beachten, daß Galeopsis reich verzweigt ist und die Seitenäste sich auch bei Lagenänderung aufrichten. Es hat also keine sonderliche Bedeutung, wenn auch die Basis der Pflanze sich noch aufrichtet.

Bisher aber hat man stets die Bewegungsfähigkeit der Gelenke in den Vordergrund gestellt, weil diese ohne Zweifel am meisten in die Augen springt nur hat man dabei übersehen, daß die ,,Gelenktätigkeit" äußerst selten in Anspruch genommen wird, und daß die Galeopsis-Arten, die keine Gelenke haben, sich ebenso wohl befinden wie die anderen.

Eine Ansicht über die Funktion der ,,Achsenknoten" hat wohl zuerst VAUCHER geäußert 1). Er meint, es sei wahrscheinlich, daß bei Galeopsis Tetrahit diese dazu bestimmt seien, die Biegung 2) des Stengels und der Zweige (en différents sens) zu erleichtern. Tatsächlich sind aber die Knoten nur im welken Zustand biegsamer als die mit verholzten Gewebe versehenen übrigen Teile der Internodien. Es wäre auch nicht einzusehen, was ihnen eine größere Biegsamkeit nützen sollte. Denn die übrigen Teile der Internodien sind nicht etwa spröde, und man kann auch nicht

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Fig. 26. Galeopsis bifida. FÄltere Pflanze, die horizontal gelegt wurde. Die Aufwärtskrümmung erfolgte hauptsächlich im Gelenk des Internodiums 3.

annehmen, daß durch die Biegung in den Knoten bei starkem Wind usw. die mechanische Inanspruchnahme der Wurzeln in zweckmäßiger Weise vermindert werde.

Die folgenden Autoren stellen die geotropische (und heliotropische) Krümmungsfähigkeit der Anschwellungen ganz und gar in den Vorder

grund.

So meint S. RÜTZOU3), die Achsenknoten seien dazu bestimmt (,,beregnede"), dem Stengel seine normale Stellung wiederzugeben, wenn diese aus irgendeinem Grunde verändert worden sei.

1) A. a. O., III, p. 650.

2) Es wäre möglich, daß VAUCHER bei den ,,flexions" an Aufrichtungskrümmungen gedacht hat. Indes läßt sich seiner kurzen Angabe darüber nichts entnehmen.

3) S. RÜTZOU, Om Axe knoderne, Botanisk tidsskrift, Bind 12, Kopenhagen 1880-1881, p. 261.

BRIQUET bezeichnet die Achsenknoten sogar direkt als ,,renflements moteurs". Er meint, bei G. Tetrahit seien die geotropischen und-heliotropischen Bewegungen

auf sie beschränkt, während sich bei G. Ladanum z. B. die ganzen Internodien krümmen. Wir sahen, daß das nicht zutrifft. Auch bei den mit Achsenknoten versehenen Galeopsis-Arten krümmen sich vielmehr die wachsenden Internodien bei Lagenveränderung geotropisch aufwärts (Fig. 27), nur in den ausgewachsenen Internodien ist die Krümmung auf die Achsenknoten beschränkt, da hier allein eine Wiederaufnahme des Wachstums möglich ist. Im Anschluß an

BRIQUET betrachtet auch BARTH1) die Galeopsisknoten als „Bewegungs

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Fig. 27. Galeopsis bifida. Junge Pflanze horizontal gelegt, Aufwärtskrümmung erfolgt zunächst im Internodium.

knoten". Auch er meint, daß die geotropischen Bewegungen nur in den Knoten ausgeführt werden (wodurch allein ja der Name Bewegungsknoten einigermaßen ge

rechtfertigt werden

⚫ könnte). Das ist aber, wie schon oben erwähnt wurde und aus Fig.27 ohne weiteres ersichtlich ist, bei Galeopsis bifida nicht der Fall. Die geotropische Aufwärtskrümmung geht auch an Internodien, die noch keine Bewegungsknoten" besitzen, energisch und rasch vor sich, entsprechend der oben angeführten Wachstumsverteilung

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nächst im oberen Teil eines Internodiums. Später trat dann das nächst untere Internodium in die Krümmung ein (Fig. 28),

Fig. 28. Galeopsis bifida. Dieselbe, horizontal gelegte Pflanze (wie in Fig. 27) später.

dieses aber naturgemäß weiter oben im Internodium.. Schließlich geht die

1) R. BARTH, Die geotropischen Wachstumskrümmung. d. Knoten, Diss., Leipzig 1894.

Krümmung auf die dem Gelenk entsprechenden Teile über, da sie am längsten wachstumsfähig bleiben. Nehmen wir an, die Knotenbildung fehle und die Krümmung bleibe auf Internodium 3 beschränkt (also entsprechend dem Verhalten von Galeopsis Ladanum, das keine Knoten hat), was würde das der Pflanze für Nachteile bringen? Internodium 2 würde horizontal bleiben, das am Knoten zwischen 2 und 3 stehende Blattpaar würde nicht emporgehoben werden. Das ist aber für die Pflanze doch so gut wie gleichgültig! BARTH hat beobachtet, daß in den Knoten mittleren Alters die

ansehnlichsten Krümmungen auftraten, während diese bei jüngeren und älteren weit kleiner waren. Das wird wohl bezüglich der letzteren damit zusammenhängen, daß die Fähigkeit, das Wachstum wieder aufzunehmen, mit dem Alter erlischt, bei den mittleren damit, daß ihre Zellen reicher an Inhaltsstoffen sind als die jüngeren Knoten.

Ob die,,Bewegungsknoten" nicht nur in den Zinkkästen des Laboratoriums, sondern auch in der freien Natur in Tätigkeit treten, hat BARTH sich nicht gefragt. Das ist aber das, worauf es hier in erster Linie ankommt.

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BRIQUET (a. a. O., p. 102) meint,,Le rôle des renflements se revèle comme étant d'une utilité incontestable pour la plante dans une quantité de cas." Denn einerseits können Pflanzen, die durch Wind oder eine sonstige Ursache umgeworfen werden, geotropische Aufwärtskrümmungen ausführen, andererseits an bestimmten Standorten durch phototropische Krümmungen der Knoten sich ein Maximum von Licht sichern.

Fig. 29. Galeopsis bifida. Dieselbe Pflanze wie die in
Fig. 28 abgebildete noch später.

Gewiß kommt das vor. Aber es fehlt jeder Nachweis dafür, daß die mit Knoten ausgerüsteten Galeopsis-Arten öfters umgeworfen oder zu heliotropischen Krümmungen genötigt werden, als die nicht damit ausgerüsteten. Wir sahen ferner, daß die Annahme, daß die Krümmungsfähigkeit auf die Knoten beschränkt sei, nicht richtig ist.

Nur wenn diese beiden Annahmen zutreffen würden, könnten wir aber die Knoten als durch Anpassung entstandene ,,Bewegungsknoten"

bezeichnen. Wenn ein Organ in 99% der Fälle gar nicht in Tätigkeit tritt, so kann man doch wohl nicht sagen, es sei für diese ,,berechnet" oder sie sei ihm übertragen". Es handelt sich vielmehr um eine Nebenfunktion, um die Ausnutzung einer anderweit schon vorhandenen Eigenschaft. Diese Ausnutzung tritt durchaus nicht immer ein - bei manchen Pflanzen fehlt sie, wie wir oben sehen, ganz. Bei anderen findet sie häufiger statt und es lassen sich Fälle denken, in denen diese Ausnutzung eine größere Wichtigkeit gewinnt. Die mit Knoten versehenen GaleopsisArten aber würden meiner Ansicht nach nicht im Kampfe ums Dasein zugrunde gehen, auch wenn die Knoten nicht die Fähigkeit hätten, gelegentlich als „,Bewegungsknoten" zu dienen.

2. Das zeigt auch das Verhalten der mit dicken Gelenkwulsten ausgestatteten Impatiens-Arten, wie I. glanduligera u. a. Ich fand unter normalen Verhältnissen bei dieser 3 m Höhe erreichenden Pflanze keine Gelenkkrümmungen oder doch nur schwache an den Seitenästen. Pflanzen, die an Komposthaufen seitlich herauswuchsen und dann durch Erdabspülung umfielen, zeigten aber sehr auffallende Kniebildung an den Gelenken.

In den genannten Fällen ist die Bewegungsfähigkeit der Gelenke eine sekundäre Erscheinung, die Ausnützung einer in der Pflanze „latent“ vorhandenen Möglichkeit.

3. Als weitere Beispiele könnten genannt werden Begonia luxurians, eine mit deutlichen Gelenkwülsten versehene strauchig wachsende Art Brasiliens, und einige ebenfalls strauchig wachsende Acanthaceen wie Cyrtanthera magnifica u. a., die, wenn überhaupt, so doch gewiß nur sehr selten dazu kommen, ihre angeblichen ,,Bewegungsknoten" zu Bewegungen zu benutzen.

4. Anders verhält es sich bei einigen mit dünnen, langen Sproẞachsen versehenen Dikotylen. Bei diesen kommt der Stengel öfters in die Lage umzusinken und kann dann mittels des Knotens Aufrichtebewegungen ausführen. So z. B. bei einigen Acanthaceen, wie Peristrophe salicifolia und Blechum Brownii.

Von einheimischen Pflanzen, die sich ebenso verhalten, seien die dünnstengeligen Galium-Arten genannt. An offenen Standorten, z. B. auf Wiesen, wird Galium Mollugo leicht durch Wind oder Regen „gelagert“. Die Sprosse richten sich dann in ihren Gelenken" wieder auf. Hier könnte man diese also allenfalls als Bewegungsknoten bezeichnen. Aber auch bei diesen Pflanzen wäre das ihre primäre Funktion nur dann, wenn sich (was ich für ausgeschlossen halte) nachweisen ließe, daß die dünnstengligen Arten die ursprünglicheren sind. Vielmehr hängt die Gelenkbildung auch in diesen Fällen zunächst mit den Entfaltungsvorgängen am Sprosse zusammen und wird nur sekundär für geotropische Bewegungen ausgenützt. Das zeigen auch die straffen steifen Stengel von Galium silvaticum, die zwar deutlich entwickelte ,,Gelenke" besitzen, an denen ich aber bei zahlreichen beobachteten Pflanzen nie eine Krümmung beobachten konnte. Wenn sie auch wahrscheinlich imstande sind, eine solche auszuführen, so machen sie doch in der freien Natur von dieser Fähigkeit offenbar nur sehr selten Gebrauch.

5. Auf nur wenige Pflanzen beschränkt sind die Gelenkknoten in der Mitte der Internodien, wie sie bei einigen Pilea-Arten vorkommen 1).

1) Das folgende nach Untersuchungen an Pilea stipulosa Miqu. Ich vermag nicht festzustellen, ob diese Art vielleicht dieselbe ist, wie die von WESTERMAIER untersuchte,,Pilea oreophila" (WESTERMAIER, Über gelenkartige Einrichtungen an Stamm

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