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Diese Urticaceen sind Schattenpflanzen des Bergwaldes der Tropen. Wie die Abbildung Fig. 30 zeigt, sind ihre Internodien annähernd in der Mitte tonnenförmig angeschwollen. Daß die Anschwellung an der zuletzt in die Länge gewachsenen Stelle liegt, wurde festgestellt einmal durch Messung, sodann dadurch, daß schon ehe die Anschwellung auftritt, an dieser Stelle die geotropische Aufwärtskrümmung horizontal gelegener Sprosse stattfindet.

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Fig. 30. Pilea stipulosa (verkl.). Sproßstücke mit Knoten, die in der Mitte des Internodiums ausgebildet sind.

Die Messung (durch Anbringung von Marken) ergab z. B. an einem Internodium, das von 40 cm auf 45 heranwuchs (das also am Ende seiner ,,großen Wachstumsperiode" sich befand), daß der Längenzuwachs ausschließlich in dem später anschwellenden Teile stattgefunden hatte, und daß hier demgemäß die Teilstriche, die ursprünglich einen Abstand von 1 mm hatten, auf über 2 mm auseinandergerückt waren.

Der Durchmesser dieses Internodiums betrug in der Anschwellung 14, darüber und darunter 8 mm. Die anatomischen Verhältnisse können hier nur kurz berührt werden. Sie stimmen im wesentlichen mit denen organen, Mitteil. der naturforsch. Gesellsch. in Freiburg [Schweiz], 1901). Das Material verdanke ich Herrn Dr. DOPOSCHEG, der lebende Pflanzen von Java nach München brachte.

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anderer solcher Gelenke überein. Charakteristisch sind also auch hierbei drei Eigentümlichkeiten: die ungemein starke Entwicklung des Markes1), die schwache Entwicklung des Holzkörpers und die relativ stärkere Ausbildung des Kollenchymrings. Letztere, namentlich aber die starke Entwicklung des aus lebenden Zellen aufgebauten Markes bedeuten (wie auch WESTERMAIER hervorhebt) zweifellos eine mechanische Aussteifung des ,Gelenkes", welche die schwache Entwicklung des Holzkörpers aufwiegt. Wenn man einen Sproß welken läßt, kann man ihn an den Gelenken leicht biegen, während die übrigen Teile des Internodiums starr bleiben eine Eigentümlichkeit, die aus dem anatomischen Bau leicht verständlich ist. Ob am Gelenk das Internodium weniger tragfähig ist als im übrigen Teil (wie das bei Galeopsis der Fall ist), wurde nicht untersucht. Kausal ist die Verschiedenheit des Aufbaues hier wie bei anderen Gelenken zunächst ganz unklar; Vermutungen sind deshalb auch nicht angebracht. Doch kann man sich z. B. vorstellen, daß dem Internodium nur ein bestimmtes Quantum von Baumaterialien zu

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geteilt ist, und daß gegen Ende des Wachstums das Material, aus welchem Holz aufgebaut wird, fehlt, während das für stark turgeszierende Parenchymzellen noch vorhanden ist. Übrigens ist anzunehmen, daß die Spannungsgelenke gegenüber denen, welche durch Zellwandverdickungen starr und fest sind, eine gewisse Materialersparnis bedingen, wenigstens eine solche an organischen Substanzen, wie sie zur Herstellung verdickter Zellwände notwendig sind. Die stärkere Entwicklung des lebenden Parenchyms erfordert, da sie namentlich auch mit einer Vergrößerung der Zellen verbunden ist, verhältnismäßig wenig Zellwand material.

Fig. 31. Links Querschnitt durch den nicht angeschwollenen Teil eines Internodiums von Pilea stipulosa, rechts (bei derselben schwachen Vergr.) durch den angeschwollenen Teil (das Gelenk).

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Man kann das Verhalten der Gelenkknoten auch so ausdrücken, daß man sagt, sie sind ausgezeichnet dadurch, daß bei ihnen das Längenwachstum eine Hemmung erfährt 2), die infolge eines äußeren Reizes, namentlich einer Lagenveränderung, aufgehoben werden kann. Das Wachstum ist aber auch dann, da keine neuen Zellen mehr gebildet werden, selbstverständlich ein zeitlich eng begrenztes, und auch die Fähigkeit, es infolge eines äußeren Reizes wieder aufzunehmen, erlischt bald; die Zellhäute werden starr und damit auch das ganze Gelenkpolster.

Wenn wir auch derzeit die Bedingungen für die abweichende Ausbildung der Gelenkknoten nicht im einzelnen feststellen können, so ist doch sicher anzunehmen, daß diese andere sind als für die übrigen Teile des Internodiums: Material für Sklerenchym- (bzw. Holz)bildung steht (nach unserer Annahme) nicht mehr zur Verfügung. Das letzte Stück, das fertiggestellt wird, erhält durch starke Parenchymentwicklung sozusagen einen Ersatz.

1) Da dieses dunkel gefärbt ist, während die peripherischen Teile ziemlich durchsichtig sind, erscheinen auch die Anschwellungen dunkler als die obersten Teile des Internodiums.

2) Damit könnte auch die Nichtausbildung von Sklerenchymfasern in Beziehung stehen. K. Goebel, Entfaltungsbewegungen der Pflanzen. 2. Aufl.

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Daß diese Gelenkknoten" auch die Fähigkeit haben, geotropische Krümmungen auszuführen, ist eine Begleiterscheinung ihrer Entstehung und ihres Baues.

Aber die mit derben Sproßachsen versehenen Pileasträucher werden

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Fig. 32. Gonatopus Boivini, Pflanze mit zwei Blättern, bei x knotenförmige Anschwellung des Blattstiels. (Verkl.)

in der freien Natur nur höchst selten in die Lage kommen, von dieser Fähigkeit Gebrauch zu machen.

Ganz ähnliche Gelenkbildungen finden sich an einigen Blattstielen, die zum Vergleich kurz erwähnt sein mögen.

6. In Fig. 32 abgebildet sind die merkwürdigen Blattstiele der Aroidee Gonatopus, mit ihrem etwas unter der Mitte befindlichen Gelenkknoten. Obwohl ich keine Messungen angestellt habe, glaube ich doch annehmen zu dürfen, daß auch bei Gonatopus der Knoten an der Stelle des Blattstiels liege, die zuletzt ausgewachsen ist. Auch hier ist er mit Kollenchym ausgerüstet und kann bei Lagenveränderung Krümmungen ausführen. (Fig. 33.)

Fig. 33. Blatt von Gonatopus Boivini, welches infolge der Horizontallegung am ,,Knoten“ eine (noch schwache) knieförmige Krümmung ausgeführt hat.

Aber wie sollte ein Blattstiel dazu kommen, solche Krümmungen in der freien Natur öfters auszuführen? Er wird dazu ebenso wenig Gelegenheit haben als die Blattstiele mancher Marattiaceen, welche ähnliche Gelenkbildungen aufweisen 1).

Alle diese Erscheinungen wären unverständlich, wenn die Gelenkknoten nach der bisherigen Annahme wirklich Bewegungsorgane wären. Nach der hier vorgetragenen Auffassung wird aber nur eine in anderer Beziehung wirksame Struktur von verschiedenen

Pflanzen auch verschieden ausgenutzt.

§ 9. Gelenkbildung bei Gräsern. A. Internodial- und Scheidengelenke.

Es fragt sich, ob diese Anschauung auch zutrifft für die Gräser, die in allen Büchern als die auffallendsten Beispiele von mit ,,Bewegungsgelenken" versehenen Pflanzen angeführt werden, so daß nicht nur der übliche Laboratoriumsbotaniker, sondern auch der, welcher den Angaben mancher Floren folgt 2), der festen Überzeugung ist, überall Gräser mit knieförmig gekrümmten Bewegungsgelenken (Fig. 34, 7) leicht in Menge antreffen zu können. Nun gehören allerdings

Fig. 34. Bewegungen

des Scheidengelenks eines Grashalms. I ein vorher aufrechtes Halmstück horizontal gelegt, 2 knieförmige Krümmung durch Verlängerung der Unterseite (nach NOLL).

1) Vgl. Organographie, 2. Aufl., II, p. 1038, Fig. 1020. 2),,Die Bedeutung der Knoten liegt in der durch sie vermittelten Wiederaufrichtung der niedergebeugten Halme" (HEGI, Illustr. Flora aus Mitteleuropa, I, p. 166).

bei den meisten Gräsern die sog. Bewegungsgelenke nicht der Sproßachse an, sondern den Blattscheiden, und die Sproßachse verhält sich bei der Aufwärtskrümmung passiv. Aber nicht nur gibt es auch Gräser mit krümmungsfähigen Sproßachsengelenken, sondern auch bei den anderen liegt funktionell, wie ich nachweisen möchte, eine solche Übereinstimmung mit den besprochenen radiären Sproßachsengelenken vor, daß es geboten erscheint, die Besprechung der Grasgelenke hier folgen zu lassen.

Die meisten Gräser besitzen übrigens an ihren Blättern zwei,,Gelenke" eins an der Basis der Blattscheide, das äußerlich als ringförmige Anschwellung hervortritt und einen Stengelknoten vortäuscht, das Scheidengelenk, und ein Spreiten gelenk1) an der Basis der Blattspreite.

Dazu kommt bei manchen noch ein Sproßachsengelenk an der Basis der Internodien.

A. Scheidengelenke.

Die primäre Funktion der Scheidengelenke ist zweifellos eine mechanische, und zwar eine mit der Entfaltung in Beziehung stehende. Die Internodien der Sproßachsen wachsen bekanntlich an ihrer Basis am längsten (interkalar), sind dort also am schwächsten gebaut. Das Scheidengelenk steift diese schwache Stelle aus wovon man sich sehr einfach überzeugen kann. Trägt man z. B. bei Glyceria aquatica den äußeren (vorspringenden) Teil des Scheidengelenkes ab, so knickt der horizontal gehaltene Sproß an der Gelenkstelle leicht durch 2). Indes viel mehr als diese mechanische Leistung hat die Fähigkeit dieser Gelenke", infolge einer Lagenveränderung der Sprosse das Wachstum wieder aufzunehmen und dadurch eine knieförmige Aufrichtung der Halme zu ermöglichen, Eindruck gemacht. Sehen wir ab davon, daß auch die Scheidengelenke diese Fähigkeit mit dem Alter verlieren und daß z. B. bei einigen Paniceen die Sproßachsengelenke selbst die Aufrichtung übernehmen, so leuchtet ein, daß falls wirklich sich die Notwendigkeit zur Aufrichtung der Halme ergibt - die Scheidengelenke eine größere Bedeutung für die Aufrichtung aus ihrer Lage gekommener Sprosse haben werden als die ,,Knoten" der oben angeführten Dikotylen. Denn es ist, wie schon DE VRIES3) hervorgehoben hat, die geotropische Aufwärtskrümmung an anderen älteren Sproßteilen bei den Gräsern schon durch die starren Blattscheiden erschwert oder unmöglich gemacht.

Die Grasknoten sind es wohl auch gewesen, die hauptsächlich zur Aufstellung des Begriffs,,Bewegungsknoten" (auch für die Dikotylen) Veranlassung gegeben haben. Indes darf man von den Beobachtungen an gelagertem Getreide noch nicht auf die Bedeutung der Grasknoten auch bei wildwachsenden Gräsern schließen). Ein Getreideacker stellt ja eine

1) Vgl. GOEBEL, Das Rumphiusphänomen, a. a. O. Daß die von JESSEN benutzte (leider auch in der Bearbeitung der Gräser in KIRCHNER, LOEW und SCHRÖDER'S Lebensgeschichte der Blütenpflanzen Mitteleuropas, I, 2, p. 55 angenommene) Bezeichnung,,Blattgrund" für das Spreitengelenk unmöglich ist, braucht kaum betont zu werden. Denn unter Blattgrund versteht man etwas ganz anderes.

2) Ich führe das nur an, weil die Zitate zeigen, wie wenig diese einfachen Tatsachen bekannt sind.

3) DE VRIES, Über die Aufrichtung des gelagerten Getreides, Landwirtsch. Jahrb., 1880, p. 473.

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4) Auch ist bei gelagertem Getreide zu beachten, was C. KRAUS in seiner Monographie,,Die Lagerung des Getreides" (1908), p. 14 anführt, daß die Wiederaufrichtung mit Hilfe der Knoten krümmungen gelagerten Getreides zum Ausgleich mehr oder weniger und sehr häufig fast gar nichts nützen wird".

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