Die Nahrungs- und Genussmittelkunde historisch, naturwissenschaftlich und hygieinisch begründet von Eduard Reich, Dr. Med. Privatdocenten an der Universität von Bern. Erster Band. Allgemeine Nahrungs- und Genussmittelkunde. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht's Verlag. 1860. BOSTON MEDICAL LIBRARY IN THE FRANCIS A. COUNTWAY Si tibi deficiant medici, medici tibi fiant Dem jugendfrischen Veteranen, dem Vorkämpfer für Freiheit und Licht, Herrn Dr. Philipp Friedrich Wilhelm Vogt, Professor der Universität von Bern, in aufrichtiger Hochachtung, Verehrung und Liebe geweiht. Vorwort. Die ihrer Natur nach hygieinische Disciplin, welche wir die Nahrungs- und Genussmittelkunde nennen, greift in alle Zweige des menschlichen Wissens und des praktischen Lebens in einer Art und Weise ein, wie vielleicht keine andere Lehre; denn von dem Verhältnisse ihrer Objecte zum Menschen ist dessen gesundheitliches Gedeihen und grossentheils auch seine Entwickelung in der Cultur abhängig: die Nahrungs- und Genussmittel sind die materiellen Unterlagen der menschlichen Gesundheit und Cultur. Um aber das Verhältniss dieser Mittel zum Menschen und allen seinen Zuständen genau zu erforschen, um die grosse Bedeutung der Nahrungs- und Genussmittelkunde nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für das Leben zu erkennen und zu würdigen, ist es nöthig, diese Lehre zunächst von jenem unwissenschaftlichen Standpunkte zu emancipiren, welchen eine Bromatologie früherer Jahrhunderte und Jahrzehnte einnahm, und sie aus den wahren Bausteinen ihrer eigentlichen Grundwissenschaften zú construiren aus der Naturwissenschaft, der Gesundheitspflege, der Culturwissenschaft und der Geschichte. In der Hygieine und speciell in der Bromatologie vergangener Zeiten findet man Massen sehr schätzbaren Materials, man begegnet sehr richtigen Anschauungen und kommt zur Ueberzeugung, dass in den Perioden der Vergangenheit Vieles von grosser praktischer Wichtigkeit und Bedeutung geliefert wurde; allein trotz alles gelehrten Fleisses früherer Zeiten, trotz des Bewusstseins, dass die Nahrungsmittelkunde eine conditio sine qua non der privat- und staats-ärztlichen Thätigkeit ausmache, muss doch der Standpunkt einer früheren Bromatologie ein für unsere Zeit |