Pagina-afbeeldingen
PDF
ePub

stand. 4. Religiöse Zeremonien. Sehr zahlreiche und sehr wichtige Sammlung (suite), von der nichts unterdrückt werden darf; 5. Einbalsamieren, Begräbnisse; 6. Gerätschaften, Vasen, Möbel usw.

Überlegen Sie, ob Ihnen das behagt. Bedenken Sie, dass es sich hier nur um die Ausarbeitung handelt, da der Text des gesamten Werkes unter gemeinschaftlicher Verantwortlichkeit gemeinschaftlich gedruckt werden wird . . . . Ich finde schliesslich, dass fünf Jahre ein etwas zu langer Zeitraum für den Druck sind. Übrigens wird das von unserer Rührigkeit abhängen, und keine Verbindlichkeit wegen der Dauer ist bis jetzt eingegangen worden. Ich verstehe völlig die Ungeduld des Grossherzogs, ... aber weder Sie noch ich können die Umstände schaffen. Er muss übrigens herausfühlen, dass es der Mühe lohnt, eine solche Sache mit Sorgfalt zu machen und mit aller Zuverlässigkeit, die sie erfordert. Auch ohne unser Zutun hat man Ägypten schon genug verschmiert. Wer langsam geht, geht sicher (Chi va piano va sano). Es ist nicht meine Schuld, dass ich gezwungen werde, dies Sprichwort zu zitieren..."

Dieser Brief kreuzte sich mit einem von Rosellini, dessen ganzer Jammer über die grenzenlose Verzögerung der Publikation und über den Unwillen Leopolds II. hier wieder lebhaft zum Ausdruck kommt. Auf die ständige Frage: Was schreibt Champollion? habe er nur die ständige Antwort:,,Nichts!" zu geben. Und er ergeht sich in bitteren Klagen über die von Frankreich veranlasste Beunruhigung der Völker Europas1).

Dass ihn überdies die politische Lage Italiens zu ängstigen anfing, ist erklärlich. Denn auch dort begann der Aufstand immer stärker um sich zu greifen. Von Tag zu Tag erwartete man auf der Kuppel von Sankt Peter die Trikolore wehen zu sehen, und seit Anfang April bereits fanden in vielen Städten, besonders in Turin, blutige Strassengefechte statt. Die Invasion der Österreicher schien unvermeidlich

1) „Ah Francia, Francia! . . . E la povera Italia, che pur vorrebbe per la sua natura simpatizzar con voi e le se ne toglie il mezzo! Dunque, per quella luce divina delle tre giornate di Luglio, si addenseranno tante tenebre che il mondo non ne vedrá piú il lume?"

zu sein. Nur ,,Toscana fortunatissima," wie Champollion Toskana nannte, blieb völlig ruhig. Dies darf nicht vergessen werden angesichts der Tatsache, dass von dort her so kränkende Mahnrufe nach beschleunigter Tätigkeit an Champollion gerichtet werden konnten, der doch im Mittel

[graphic]

Fig. 15. Ippolito Rosellini. (Nach einem Ölbild von Giuseppe Angelelli.)

punkt der erneuten Explosionen der Pariser Revolution stand.

Denn unter Périers wuchtigen Schlägen, im Namen der Gesetzlichkeit, bäumte sich die Hydra der Anarchie zunächst zu ihrer ganzen Stärke empor, aber der gewaltige Mann scheute vor nichts zurück, um dem betörten Volke,,die ihm verloren gegangenen Güter: Einsicht, Disziplin und Vertrauen" zurückzugeben. Er fand den Mut, die Barrikaden niederzureissen, die der bis zum Wahnwitz gesteigerte Drang nach

die man Freiheit nannte

zügelloser Willkür zu erhalten oder zu erneuern nötig fand,,,nationale Heiligtümer," an die seit den Julitagen noch kein Minister zu rühren gewagt hatte. Daher denn die Emeuten sich immer noch folgten, Schlag auf Schlag, hier und da von Bonapartisten oder von Karlisten angeschürt. Die Kriegshymne der Republik erfüllte die Strassen, hatte doch der König selber, auf die Forderung der Menge, von seinem Balkon herunter sie ihr vorsingen müssen! Aber auch die Carmagnole, in der Schreckenszeit einst die Gefährtin der Guillotine, war längst wieder aufgetaucht, und am 12. Mai ging die Begriffsverwirrung so weit, dass man sie unter bösem Tumult rings um die napoleonische Gedächtnissäule tanzte und sang.

[ocr errors]

Dennoch fasste Champollion gerade in diesen Tagen neue Hoffnung, da er zum mindesten Europas Vertrauen in Frankreichs äussere Politik sich festigen sah, so dass dank Périers Umsicht die Kriegsgefahr sich stark verminderte. Er richtete daher am 14. Mai an den Grossherzog Leopold die Bitte, Rosellini vom Juni ab einen Aufenthalt von einigen Monaten in Paris zu gestatten'), damit er eingehend alles mit ihm besprechen und das gemeinsame Werk tatsächlich beginnen könne. In diesem langen Brief macht er kein Hehl aus seiner schmerzlichen Verwunderung darüber, dass man ihn bereits hatte zur Seite schieben wollen, und da in Toskana wie in Paris immer mehr die Ansicht laut wurde, Leopold II. habe die ägyptische Expedition angeregt und Champollion sei ihr dann beigetreten, so betont dieser deshalb energisch den wahren Sachverhalt. Um zugleich einem noch grösseren, bereits angedeuteten und vom Grossherzog so stark befürworteten Irrtum entgegenzutreten, sagt er zum Schluss:,,Herr Rosellini würde überdies diesen kurzen Aufenthalt dazu benutzen, um seine hieroglyphischen Studien durch die Mitteilungen zu vervollständigen, die ich ihm, wie früher, über die neuen Entdeckungen machen werde, welche ich in dieser Sache seit unserer Trennung in Alexandrien gemacht habe. Diese Ergänzung seiner Studien käme eben

1) Rosellini war Professor an der Universität Pisa und seit Nov. 1830 Direktor des Grossherzogl. Museums in Florenz.

falls der Ausarbeitung der Textabschnitte zugute womit er beauftragt werden wird..."

Wie sehr er sich die voreiligen Schritte der Toskaner zu Herzen genommen hatte, ersieht sich noch mehr aus seinem Brief an Rosellini: Ich gestehe, dass ich tief verletzt worden bin durch des Grossherzogs Idee, den Bericht über die ägyptische Reise allein zu veröffentlichen, obwohl er leicht begreifen konnte, dass der politische Zustand Frankreichs es mir unmöglich machen musste, in letzterer Zeit daran zu denken. Es wäre seinerseits weder edel noch sehr grossherzig gewesen, denn schliesslich bin ich es doch, der den Plan zur Reise gefasst und daraus die grosse Hauptsache meines Lebens gemacht hat. Die Wissenschaft verdankt die Mittel, welche sie fruchtbar für sie gemacht haben, zum Teil mir: ich habe die Arbeiten geleitet und man würde mich der ganzen Frucht meiner Mühen und der Hauptergebnisse meiner Studien berauben, wenn man das grosse und schöne Ganze, das zu formen mir Freude gemacht hatte, durch eine Sonderausgabe zerstückelte. Das wäre weder gerecht noch sehr zartfühlend gewesen, und ein solches Vorgehen hätte mich, so scheint mir, grosse Dummheiten begehen lassen. . . . Ich wäre dadurch gezwungen worden, Altar gegen Altar zu errichten und es sind die Schismen, die entstehende Religionen zu Fall bringen. Geben wir also kein schlechtes Beispiel zur grossen Genugtuung der

Ungläubigen. . .“

Vorstehenden Brief schrieb Champollion während eines erneuten schweren Lungenkatarrhs, der ihn seit dem 10. Mai wieder ans Zimmer fesselte. An diesem Tage hatte die Eröffnung seines Kollegs1), die selbst in jener bewegten Zeit als ein Ereignis von grosser Tragweite galt, vor sehr zahlreichem Auditorium endlich stattfinden können). Es waren in dieser ersten Vorlesung teils durch Gelehrte, teils durch Diplomaten die verschiedensten Länder vertreten gewesen.

1) 21 Jahre nach dem Beginn seines Geschichtskollegs in Grenoble, 26. Mai 1810.

2) Der Saal, ein Amphitheater, trug damals die Nummer VIII. Die Nummern sind seitdem verändert.

Louis Philipp, dessen Interesse für den ,,Ägypter" rege geblieben war, hatte einen seiner Söhne zu dessen Beglückwünschung gesandt.

Schon im Jahre 1827 war im Hinblick auf alles, was durch Bonapartes Expedition, durch Champollions Entzifferung und durch die Munifizenz zweier französischer Könige für die ägyptische Forschung geschehen war, der Ausspruch, dass das Ägypten der Pharaonen gleichsam zu einem Annexe der französischen Krondomänen geworden sei, berechtigt. Wieviel mehr jetzt, wo die junge Wissenschaft ihren Einzug hielt ins Collège de France, - nur wenige hundert Meter entfernt von dem altersgrauen Hause1), wo ihre bescheidene Wiege gestanden hatte.

Nur eins, aber das Nötigste, fehlte der neuen Lehre zu ihrer weiteren Entwicklung: die Gesundheit ihres Urhebers, dessen geniale Schaffenskraft zwar ihren Höhepunkt kaum erst erreicht hatte, dessen Körper aber dem arbeitenden Geist den nötigen Stützpunkt zu entziehen drohte. Deshalb waren an diesem Ehrentage Champollions seine Freunde von der schmerzlichsten Sorge um ihn erfüllt, und alles was die Eröffnungsrede, welche als historische Einleitung zu seiner hieroglyphischen Grammatik noch jetzt hohe Würdigung findet, der Wissenschaft verhiess, forderte die heimliche Frage heraus, wie lange sein kostbares Leben noch erhalten bleiben könne?

Indem er auf die Hoffnungen hinweist, zu denen das Lesen der alten Texte ermächtige, stellt sich ihm eine Hauptfrage naturgemäss in den Vordergrund: „Mit Hilfe der wissenschaftlichen Analyse der ägyptischen Sprache," sagt er,,,wird die Ethnographie feststellen, ob die altägyptische Bevölkerung asiatischen Ursprungs war, oder ob sie mit dem vergöttlichten Strom von den Hochebenen Zentralafrikas niederstieg." Und dies führt ihn auf die oft von ihm überdachte Tatsache zurück, dass die als die letzten Sprösslinge des altägyptischen Stammes angesehenen Kopten des modernen Ägyptens weder die Farbe, noch die charakte

1) Die Übertünchung der Aussenseite hat keine Verschönerung, sondern nur einen unliebsamen Kontrast mit dem Inneren geschaffen.

« VorigeDoorgaan »