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lassen: dass nämlich der dort noch stehende Monolith aus Resten zweier anderer zusammengesetzt war. Die Inschriften lehrten ihn, dass der römische Präfekt Lucilius Rufus, der Beneventiner, diese Obelisken in Ägypten hatte ausführen lassen, damit sie zu Ehren des Kaisers Domitian vor dem Tempel der Isis,,,der Herrin von Benevent" aufgestellt würden. - Diese Notiz verwendete Champollion wenige Monate später im Abriss der historischen Ergebnisse seiner Entdeckung').

Dank der grossherzigen Gesinnung Sir Gardner Wilkinsons und dessen Freundes Cooper konnte Sir Gell seinem neuen Lehrer auch jetzt wieder aus Ägypten an ihn gelangte Zeichnungen und Textkopien mitteilen, wobei er immer wieder beklagte, dass Bankes in England seine vielen Schätze dem Entzifferer geflissentlich vorenthielt.

Auch Pompeji hatte dieser nochmals aufgesucht, Sir Gell an seiner Seite und dessen Buch Pompeïana in der Hand, das ihn erst die ganze Tragweite von dessen Autors Verdiensten um die Würdigung der antiken Baukunst kennen lehrte.

Ein anderer Tag wurde auf Nola verwandt, wo Blacas eben dann eine Anzahl von ägyptischen Skarabäen aus den alten Gräbern zutage förderte, was ihn und seinen Gast in um so freudigeres Erstaunen versetzte, als der Herzog geraume Zeitlang überhaupt gar nichts gefunden hatte.

Aber inmitten dieser angenehmen Ruhezeit hielt der „Ägypter“ unentwegt seine demnächstige Pariser Sammlung

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mème . . J'ai donc dessiné moi-même l'obélisque sur les lieux et vérifié ce que je soupçonnais d'après la mauvaise gravure de Zoëga.“ Rosellini war dieser ganze Sachverhalt seltsamerweise aus dem Gedächtnis geschwunden, er hätte sonst wohl nicht zugegeben, dass Ungarelli in seinem erwähnten Werk „Interpretatio Obeliscorum" auch hinsichtlich der Benevent-Obelisken die Tatsachen dermaassen zu Ungunsten des Meisters entstellte, dass dessen Verdienste um sie völlig in Vergessenheit gerieten!

1) „Aperçu des Résultats historiques usw. 1827, Paris; p. 5. Zuletzt hat über diese Obelisken Adolf Erman geschrieben (S. Zeitschr. für äg. Spr. 1896, p. 149). In dies. Artikel sind die Tatsachen richtig dargestellt auf Grund der Broschüre von Champ. Figeac: Notice sur un ouvrage intitulé Interpretatio usw. 1842.

im Auge, für deren möglichst unvorteilhafte Aufstellung schon vor ihrer Ankunft neue Umtriebe angezettelt waren, an denen Jomard Forbin und Clarac teilnehmen zu sehen wünschte. Figeac, der auf Anweisung des nötigen Platzes drang, damit die ankommenden Kisten sogleich ausgepackt werden könnten, um nach dem langen Seetransport in geeigneten Räumlichkeiten wieder auszutrocknen, wurde immer noch mit leeren Worten und Ausflüchten hingehalten, und die Unruhe darüber, sowie das Leopold II. gegebene Versprechen, den wissenschaftlichen Katalog der ägyptischen Altertümer der Galerie anzufertigen, trieben Champollion, den es überdies drängte, sein Amt anzutreten, von Neapel weg.

Den letzten Tag seines Aufenthaltes dort verwandte er zur Abfassung einer ihm sehr peinlichen Kritik des Systems Spohn-Seyffarth: ,,Dies ist der Gnadenstoss! ich wollte durchaus nichts über diese Sache schreiben und es den Deutschen überlassen, ihren Landsmann zu töten, aber der Herzog hat es für nötig erachtet und es mir lebhaft angeraten, so habe ich es denn getan," bekennt er dem Bruder nachträglich. Wie sollte er auch widerstanden haben, da Blacas die Schrift (die vom 7. September datiert ist) jedenfalls noch vor dem Druck hatte lesen wollen. Zudem war es die erste Bitte, die er je an seinen Schützling gerichtet hatte, und sie entsprang lediglich der Sorge um dessen Wissenschaft.

Champollion seinerseits hatte, wie schon erwähnt, bereits in Rom eingesehen, dass er, dank Lancis Bemühungen, Seyffarth vollständig aufgeben musste. Er führte nun in 19 Druckseiten') aus, dass seines Rivalen System im Widerspruch mit den Denkmälern, den Autoren, und besonders mit allen Bilinguen stehe, die er seinerseits gerade als die kräftigsten, weil unumstösslichsten Beweise für die Richtigkeit der Grundlagen seines eigenen Systems hervorhebt. Er betont vor allem, dass dasjenige Seyffarths ein willkürliches, auf persönliche Ansichten und Illusionen sich stützendes sei, indessen das seine sich lediglich auf Tatsachen gründe.

1) Lettre sur le Syst. hiérogl. de MM, Spohn et Seyffarth. Florence 1826. Guillaume Piatti.

Froh, diese unerquickliche Sache erledigt zu haben, verabschiedete er sich von Blacas und Gell, den mit nach Ägypten nehmen zu können er zuversichtlich hoffte, und schiffte sich mit Rosellini und Bibent am 7. September nach Livorno ein.

Von einer Rückkehr nach Rom, das alle, die er dort kannte, ja der Papst selber, noch dauernd mieden, konnte keine Rede sein. In dem Wahn, sie sämtlich binnen kurzem, gelegentlich seiner Reise nach Ägypten, wiederzusehen, hatte er den dortigen Freunden nur flüchtig oder gar nicht Lebewohl gesagt, ihnen aber zur Erinnerung je ein Exemplar des zweiten Briefes an Blacas hinterlassen, dessen um lange Monate verzögerte Herausgabe endlich stattgefunden hatte. Nun aber durchzuckte ihn eine trübe Ahnung; auch sollte sich sein trauriges Wort:,,Ich habe allem Anschein nach für recht lange Zeit die lieben Obelisken begrüsst!“ schmerzlicher noch, als er glaubte, erfüllen, denn er sah die Stadt, wo der Genius Ägyptens selbst inmitten der klassischen Antike ihm so fesselnd zu erscheinen vermochte, niemals wieder, und nur noch in dankbarer Erinnerung erneuerten sich für ihn die schönen Tage energischer Anregung und höchster Genugtuung, die er dort verlebt hatte.

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Das Schiff, welches die drei Reisegefährten trug, hatte den glückverheissenden Namen:,,Santa Maria di Porto Salvo"; auch meinte der Ägypter", dass Neptun, in dessen Tempel er gebetet habe, ihnen gnädig sein werde, aber ,,der launige Meergott wollte mindestens doch seine ganze Gewalt zu erkennen geben." Nach einer toten Windstille unfern der Wasser des Acheron, „die, jeglichen poetischen Ruf einbüssend, jetzt nur noch wegen ihrer ausgezeichneten Austern genannt werden," folgte eine andere von zwölf langen Stunden. am,,Monte Circello", der Insel der Circe, deren Zauberstab sich noch in etwas bewährte, obwohl weder sie noch Ulysses sichtbar wurden, [wo hingegen einige] von dessen Reisegefährten, der Freuden von Ithaka und Zakynthos uneingedenk, sich am Gestade herumtrieben.

Ein furchtbarer Gewittersturm, durch spielende Delphine gebührend angekündigt, brachte späterhin am Monte Argentario (Kap Argental) zu nächtlicher Stunde schwere Gefahr

über das Schifflein, welches, nachdem es ihm tapfer standgehalten hatte, durch widrige Winde und hohen Seegang gezwungen wurde, zwei Tage lang an der Küste Schutz zu suchen. Auf Champollions Bitte wurde der nahe, verödete Hafen der altetruskischen Pupluna (Populonia) gewählt, wiewohl man deshalb etwas zurückgehen musste und seinen freundlichen Stern segnend, setzte er hier sogleich seine Forschung auf diesem Lieblingsgebiete fort:,,Ich hatte das Vergnügen, ein mit Trümmern etruskischer Bauten bedecktes Gestade zu durcheilen, an antiken Gräbern vorbei, aus denen man tagtäglich Vasen und andere Gegenstände der altitalischen Jahrhunderte ans Licht zieht. Ich habe den Berg erstiegen, auf dessen Gipfel die etruskische Metropolis gestanden hat, deren ungeheure Umwallung, aus herrlichen Langwürfelblöcken bestehend, zum grossen Teil noch existiert und, wie in einem Gehege, das elende Dorf einschliesst, das aus zwei von Fieberkranken') bewohnten Strassen besteht, sich aber immer noch mit dem Namen ,,Città di Populonia" schmückt. Eine Fahrt von 18 Stunden auf dem endlich wieder fahrbar gewordenen Meere brachte uns nach Livorno, wo wir bei der Ankunft erfuhren, dass zwei römische Schiffe am Tage vor unserer Vorüberfahrt am Monte Argentario dort von den Seeräubern heimgesucht und ausgeplündert worden waren. Der Sturm hatte sie von sonst hätte ich schon im voraus nach Afrika wandern können!" denn das nötige, recht hohe Lösegeld wäre nicht zur Stelle gewesen. So hatte denn Neptuns vermeintliche Ungunst zweifachen Nutzen gebracht und die Gebete an den Altären von Pästum waren nicht vergeblich gewesen.

uns ferngehalten,

Jean Bart und Ruyter haben wohl mehr von der Seekrankheit gelitten als ich," versichert er, und über diesen Punkt beruhigt, glaubte er sich nun für die ägyptische Reise um so besser vorbereitet, als ihm die grosse Hitze in Neapel recht erträglich erschienen war.

In Livorno fand er Forbin vor, der gänzlich mit der

1) Dieser Anblick war um so schmerzlicher, als Populonia einst durch seine Heilquellen gegen Fieber berühmt war.

neuen Sachlage ausgesöhnt schien und mit dem er die künftige Einrichtung im Louvre durchsprechen konnte. [,,Er fürchtet, mir keinen Saal im Erdgeschoss für meine grossen Stücke geben zu können, doch muss das sein, denn weder in den Treppen noch im Hofe dürfen sie stehen], ihre Würde und ihr Erstgeburtsrecht verlangen es so." - Der Generaldirektor war übrigens nicht nur geneigt, den zweiten in Rom ausgeladenen Koloss des ,,Osymandias"), dessen Preis Champollion von 20 000 Franken auf 8000 Franken herabgedrückt hatte, sondern auch die Sammlung Passalacqua anzukaufen und er war gekommen, um mit ihm darüber zu beraten. Doch der neue Konservator hielt vorsichtig mit seinem Urteil zurück, da er die Sammlung ja noch nicht gesehen hatte. Auch wusste er, dass dem König und Doudeauville alle Lust zu ihrem Ankauf vergangen war.

Mit dem Abschied von Livorno, wo er am 17. September anlangte und das er vier Tage später erst verliess, legte sich ein Schatten auf sein Gemüt und er wurde von diesem Tage an seines Aufenthaltes in Italien, das zu verlassen ihm doch so schwer fiel, nicht mehr froh. Es lässt sich nicht leugnen, dass diese, der Ahnung von einer Trennung für immer gleichkommende Verstimmung noch bedeutend verschärft wurde durch den Abschied von Angelika Palli. Denn wenn auch nur ein ungewöhnlich starkes geistiges Interesse beide einander nahegeführt hatte, so fühlten sie doch, dass ihnen die kurze Spanne Zeit, während welcher sie sich verhältnismässig häufig gesehen und über die höchsten Menschheitsideale wie über die bedeutsamsten Forschungsprobleme sich ausgesprochen hatten, zeitlebens unvergessen bleiben würde. Es sei hierzu erwähnt, dass Angelika seit Jahren schon sich bestrebt hatte, die Anfänge der antiken Kultur Griechenlands und deren Verhältnis zur altägyptischen Kultur zu ergründen; dass sie aber ganz besonders für die Erforschung Etruriens und der Etrusker ein ungewöhnlich starkes Interesse hegte. Nicht nur kannte sie bis ins einzelne die denkwürdigen Stätten dieser alten Erinnerungen, die der ,,Ägypter" nur zum

1) Gegenstück des „roi de paille", wie der Turiner „Osymandias“Koloss allgemein genannt wurde.

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