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Im Fürstenthume Wolfenbüttel nahm Herzog August der Jüngere allein, gemäß dem mit seinem Bruder geschlossenen Abtretungsvertrage, die Huldigung ein und erklärte in den dabei der Landschaft ausgestellten Reversalen vom 19. Januar 1636 1) für sich und seine Erben, daß er die Bestimmungen, welche in dem f. g. Pactum Henrico-Wilhelminum 1535 und in dem Testamente des Herzogs Julius von 1585 (S. oben §. 5.) wegen der Nachfolge nach Erstgeburtsrecht getroffen worden, als bindend anerkenne und unverbrüchlich halten wolle 2).

Das Fürstenthum Calenberg würde nach den in dembrüderlichen Vergleiche vom 15. April 1611 enthaltenen Bestimmungen dem Herzoge August dem Aelteren allein zugefallen sein; derselbe trat indeß mit Zustimmung seines Bruders, des Herzogs Friedrich, der längst getroffenen Verabredung zufolge, durch einen Vertrag vom 27. Januar 1636 die Regierung dieses Fürstenthums seinem jüngsten Bruder, dem Herzoge Georg nunmehr freundlich ab, indem er nur die Antheile an den Bergwerks - Aufkünften und die Nugungen einiger calenbergischen Aemter 2. lebenslang sich vorbehielt.

So entstand in dem Gesammthause eine neue Linie, die calenbergische oder hannoversche, welche, da die cellischen und die harburgischen Herzoge unbeerbt mit Tode abgingen, als neue lüneburgische Linie neben der neuen braunschweigwolfenbüttelschen allein übrig blieb.

26.

Da bei dem Vertrage vom 14. December 1635, bei welchem man, um nur den bisherigen ungewissen Zustand aufzu

überweisen, die Landschaften und Einwohner der bisher Ihnen insgesammt geleisteten Eide entlassen, sich jedoch die eventuelle Nachfolge und daher die Erbhuldigung vorbehalten. Nur die erste dieser drei Ur

funden ist abgedruckt bei Rehtmeier Thl. 3. S. 1405.

1) abgedruckt in Ribbentrop's Landt. Absch. Thl. 2. S. 99.

2) Durch diese bei allen folgenden Huldigungen wiederholte Erklärung ward mithin im Fürstenthume Wolfenbüttel die Primogenitur für alle Zukunft außer Zweifel gesetzt, und neuerdings wieder durch das Landes - Grundgesetz festgestellt.

heben, auf die Ländertheilung das nächste Augenmerk gerichtet hatte, viele wichtige Punkte unerledigt gelassen waren, so zeigte sich sehr bald die Nothwendigkeit, zu ferneren Vereinbarungen zusammen zu treten.

Zunächst kam es darauf an, die Beziehungen der succedirenden Agnaten zu denjenigen festzustellen, welche an das Allodial- und Privatvermögen der ausgestorbenen wolfenbüttelschen Linie als Erben oder Gläubiger Ansprüche machen konnten.

Die Agnaten hatten zwar stets erklärt 1), daß sie in den Allodialnachlaß sich einzumischen nicht gemeint seien; weil jedoch dieser von dem Lehn- und Stammgute sich nicht sofort scheiden ließ, so war er soweit nicht Gläubiger sich einzelner Vermögensstücke bemächtigt hatten 2) — bei der allgemeinen Besizergreifung in die Detention der Agnaten mit übergegangen, und gegen sie richteten sich daher die Anforderungen sowohl der fünf nachgelassenen Schwestern des Herzogs Friedrich Ulrich, als die seiner zahllosen unbefriedigten Gläubiger 3).

Um den einen wie den andern zu begegnen und dem bereits angedroheten Einschreiten der Reichsgerichte zuvorzu

1) Herzog August der Jüngere hatte zwar anfangs nicht in eige= nem, sondern in seiner beiden Söhne Rudolf August und Anton UIrich Namen ein Recht zur Theilnahme an dem Allodialnachlasse des Herzogs Friedrich Ulrich behauptet, weil deren Mutter — die anhaltzerbstsche Prinzessin Dorothea die Tochter der längst verstorbenen Halbschwester desselben gewesen war; da indeß dieser nach der gesetzlichen Erbfolge-Ordnung die überlebenden vollbürtigen Schwestern jedenfalls vorgingen, so war dieser Anspruch nicht weiter verfolgt.

2) Sofort nach des Herzogs Friedrich Ulrich Tode hatten namentlich die Hofdiener, vom vornehmsten bis zum geringsten, das was sie abreichen konnten, an sich genommen, um sich wegen ihrer Gehalts und Lohn-Rückstände zu decken, z. B. der Hofmarschall das Silbergeschirr, der Oberhofmeister die Kleinodien und Kleidungsstücke, der Stallmeister nebst den Pagen und Stallbedienten die Pferde - zusam= men an Reit- und Wagenpferden 11 Stück und die vorhandene Eine Kutsche; die Köche das Küchen- und der Mundschenk das Keller= geräthe, der Leibarzt einen Atlas von Landkarten 2c.

3) Schon während der Successionshandlungen hatten sich die Landerbinnen und Gläubiger angefunden, waren aber zur Geduld verwiesen, jetzt regten sie sich sehr ernstlich aufs Neue.

kommen, vereinigten sich am 16. Julius 1636 auf einer in Peine gehaltenen Tagfahrt die Fürsten zu dem gemeinschaftlichen Schluffe, daß sie zuvörderst die fürstlichen Schwestern zu einer bestimmten Erklärung über die Antretung der Erbschaft auffordern und dann weiter mit ihnen verhandeln, außerdem aber auch die Gläubiger ohne für ihre Person sich mit selbigen einzulassen - von Obrigkeits wegen zur Angabe und Klarmachung ihrer Forderungen vorbescheiden wollten 1).

In Folge dessen find dann auch die Landerbinnen mit sehr weit ausgedehnten Forderungen 2) aufgetreten, jedoch nach langwierigen, fruchtlosen Unterhandlungen theils ausdrücklich, theils stillschweigend davon abgestanden, vermuthlich weil sie selbst ihre Ansprüche als nicht durchführbar erkannten und sich von der großen Ueberschuldung des Nachlasses überzeugten 3).“

Zur allmählichen Tilgung der Schulden sind späterhin von den Herzogen zu Wolfenbüttel und Calenberg gewisse Allodialstücke angewiesen und es ist ein concursmäßiges Verfahren eingeleitet, das bis in die neueste Zeit fortgedauert hat.

27.

Unterdeß machten auch in anderer Beziehung die immer drohender werdenden politischen Ereignisse eine engere Verbindung der braunschweigischen Fürsten unter einander unerläßlich.

1) Von diesem gemeinsamen Schlusse ward dem Reichscammergerichte Anzeige gemacht und gebeten, mit gerichtlichen Vorschritten gegen. die fürstlichen Agnaten innezuhalten.

2) Außer der gesammten Fahrniß, zu welcher sie auch die Inven= tarien der Aemter, die Geschütze in den Festungen u. s. w. rechneten, verlangten die Landerbinnen mehre von der ausgestorbenen wolfenbüt= telschen Linie angeblich erst erworbene Landestheile und viele einzelne Güter, vornehmlich aber auch, daß ihnen die hildesheimischen Stiftslande überlassen werden sollten, weil diese den Fürsten jener Linie chemals zum Ersatze für eine als allodial zu betrachtende Forderung angewiesen seien u. s. w.

3) Nur einige Forderungsposten, welche auf die Schwestern des Herzogs Friedrich Ulrich von ihrer Mutter, der Wittwe des Herzogs Heinrich Julius, und ihrer Großmutter, der Königin von Dänemark, vererbt waren, sind von ihnen und nachher von ihren Erben noch geltend gemacht und der Gegenstand besonderer Verhandlungen geworden. Der weitere Verlauf gehört indeß nicht hieher.

Die feit langer Zeit zwischen dem Herzoge August dem Jüngeren und seinen cellischen Vettern, hauptsächlich dem Herzoge Georg, herrschende Spannung war während der Succeffionshandlungen noch gesteigert; jezt brachte indeß gemeinsame Gefahr und Gleichheit der Interessen auch diese Fürsten einander näher. Bei einer Zusammenkunft in Gelle, veranlaßt durch die Begräbnißfeier des Herzogs August des Aelteren († 1. October 1636) 1), kam eine Aussöhnung zu Stande, aus welcher der zwischen den drei Herzogen Friedrich dem Nachfolger August's des Aelteren zu Gelle-, —, August dem Jüngeren und Georg am 10. December 1636 geschlossene merkwürdige Unions-Vertrag hervorgegangen ist 2).

Inhalts desselben verpflichten sich dieselben, nicht nur nach außen hin im Kriege, im Frieden, bei Bündnissen 3) und überhaupt bei Allem, was das Wohl ihrer Staaten und den Flor des Gesammthauses betreffe, vertraulich zusammen zu halten und einander beizustehen, sondern auch bei der Regierung ihrer Staaten in stetem Einverständnisse

1) Fast um die nämliche Zeit, am 26. October 1636, war auch Herzog Julius Ernst zu Dannenberg mit Tode abgegangen, Herzog August der Jüngere mithin derzeit der einzige in seiner dannenbergischen (jetzt wolfenbüttelschen) Linie.

2) Die Fürsten gelobten sich, daß, so wie Gott sie zu Herren Eines Baterlandes gesetzt und von Einem Großvater habe entsprießen lassen, sie sich aufs Aeußerste angelegen sein lassen wollten, daß Alles gleich aus Einem Herzen herfließend, aus Einem Munde geredet, mit Einer Feder geschrieben, dahergehen und ohne sonderbare große Erheblichkeit gar keine Differenz zwischen Ihnen, Ihren Rathschlägern und Dienern gefunden werden solle."

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3) In Erinnerung an die üblen Folgen, welche bisher die Verbindungen mit auswärtigen Potentaten für das Haus Braunschweig gehabt hätten, sagten die Fürsten einander zu, sich künftig vor dergleichen Bündnissen, besonders wenn sie gegen Kaiser und Reich gerichtet wären, zu hüten u. f. w. Gleichwohl sah sich bald nachher das Haus Braunschweig durch manche ihm widerfahrene Unbill genöthigt, sich vom Kaiser ab und wieder der Krone Schweden zuzuwenden. Die obige Zusage ward daher durch einen im April 1640 geschlossenen Neben= Vertrag geändert, und es ward demgemäß auch die den Staatsdienern auferlegte, von ihnen eidlich zu bestärkende Verpflichtung modificirt.

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zu handeln und in den Staatseinrichtungen selbst, zumal in Kirchen- und Schulsachen, in der Rechtspflege u. s. w., thunlichst Conformität“ zu beobachten. Dabei sprachen die Fürsten den festen Willen aus, ihre Unterthanen nicht über die Gebühr zu belasten und sie nicht mit Strenge, sondern mit Gnade und Sanftmuth zu regieren. Auch gaben sie sich die Zusicherung, daß Keiner ohne der anderen ausdrückliche Bewilligung von seinem Besißthume etwas veräußern, Jeder vielmehr, wenn er neue Erwerbungen mache, sich bemühen solle, wenigstens das Recht zur Nachfolge in denselben auch den anderen Linien zuzuwenden. Etwanige Streitigkeiten der Fürsten sollten durch abgeordnete Räthe und Landstände schiedsrichterlich und in abgekürztem Rechtswege abgethan und übrigens die oberen Staatsdiener eidlich verpflichtet werden, auch ihrerseits dahin zu wirken, daß die Bestimmungen dieses Vertrags von allen Seiten treu in Erfüllung gebracht würden.

Zugleich ward der Erb- und Theilungs-Vertrag vom 14. October 1635 nochmals genehmigt und es ward dabei beschlossen, daß derselbe, wiewohl in etwas veränderter Fassung 1), dem Kaiser zur Bestätigung vorgelegt werden solle. Doch scheint dies in Folge der bald nachher geänderten Stellung des Hauses Braunschweig zum kaiserlichen Hofe unterblieben zu sein. Wenigstens findet sich von der ertheilten kaiserlichen Confirmation keine Nachricht.

28.

Die in dem Erb- und Theilungs-Vertrage zur weiteren Verhandlung ausgeseßten Punkte und einige neu entstandene

1) Die neue, ebenfalls vom 10. December 1636 datirte Redaction trifft zwar im wesentlichen Inhalte mit dem Erbvertrage vom 14. December 1635 zusammen, ändert jedoch einige Stellen, die am kaiserlichen Hofe Anstoß hätten geben können, und läßt insonderheit die näheren Angaben über den Betrag der Landeseinkünfte und dergl. hinweg. In einem Neben - Recesse vom 10. März 1637 ist verabredet, daß dieser Abweichungen ungeachtet es unter den Paciscenten selbst bezüglich bei dem Erbvertrage bewenden und dieser in seiner ursprünglichen Fassung volle Kraft behalten solle.

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