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Germons
Einwürfe.

den daran theilhabenden Parteien ausgehändiget wurden. In den Assises de Je rusalem, Kap. 308. S. 209. wird versichert, daß von den Zöllen des Heren von Sur zwey Urkunden verfertiget worden, wovon man eine an den König geschickt, die andere aber in den Händen seiner Unterthanen geblieben. In dem eilstens zwölften und dreizehnten Jahrhundert wurden die Instrumente von Verträgen allemal gedop pelt und zuweilen auch dreifach, vierfach u. s. f. ausgefertiget, nachdem der contrabiz renden Personen viel oder wenig waren. Alle diese Stücke wurden auf ein veinis ges Blat Pergament geschrieben; wo nun die verschiedene Exemplare solten abge schnitten werden, da wurde eins oder mehrere Worte mit grossen Buchstaben geschrie: ben. Es bekam hierauf jede contrahirende Partey eine Hälfte dieses mit grossen Buchstaben geschriebenen Worts, welches bendtigten Fals allein hinreichend war, die Richtigkeit der Urkunden darzuthun. Würde es muhaicht unbillig seyn, wenn man die Doubletten von den Urkunden verwerfen, und daben, vorgeben wolte, daß diese Vervielfältigung der Exemplare ein Beweis einer alzuweit getriebenen Vorsichtigkeit sey? Je mehr man eine Urkunde für richtig hielt, desto mehr Ursachen muste man auch haben, dieselbe zu vervielfältigen ; damit man sich, wenn ja ein Exemplar verloren ge hen solte, doch des andern bedienen konte. Diese Vorsichtigkeit, die durch die Vers nunft gerechtfertiget wird, wird auch durch die Gesetze, durch die Geschichte, durch die authentischen Denkmäler und durch das Zeugnis vieler Schriftsteller bestätiget.

S. 181.

Der V. Germon (o) `muste zwar der vom Hrn. Fontanini angegebenen Gründe wegen, die Mehrheit der Originalien von einer und eben derselben Urkunde einräumen; indessen suchte er doch die Anzal derselben, so viel als moglich war, zu verringern. Er behauptet, daß die Gewonheit, nur ein einiges Original zu verfer: tigen, ungleich häufiger gewesen, als der Gebrauch, zwey davon auszustellen, und daß dieses lektere niemals geschehen sey, ohne dessen ausdrücklich Meldung zu thun. Allein 1. die vorhin angefürten Zeugnisse werfen das ganze Lehrgebäude des V. Germons völlig, über den Haufen. 2. Die Klage, daß mehrere Originale von einer und eben derselben Acte verfertiget worden, ohne derselben Meldung zuthun, würde eben so ungegründet seyn, als wenn man sich darüber beschweren wolte, daß das Siegel den Urkunden angehänget worden, ohne solches besonders anzuzeigen. Nun findet man aber eine grosse Menge mit Siegeln versehener Urkunden (p), wo die geschehene Bet: fügung des Siegels nicht ausdrücklich angezeiget worden; obgleich die jedesmalige Metdung desselben weit gewönlicher ist, als die Anzeige der Vervielfältigung der Originale. 3. Man würde nur alsdann verbunden gewesen seyn, die gedoppelte oder dreifache Aus: fertigung einer Urkunde ausdrücklich zu melden, wenn solches eine ganz besondere Formalität gewesen wäre, davon die Gesetzgeber nichts gewust hätten, oder wenn es unter der Strafe, daß die Urkunde ungültig seyn solte, wäre verordnet gewesen. Nun haben wir aber bewiesen, daß es ein sehr gewönlicher und durch die Gesetze bestätig ter Gebrauch gewesen, mehrere Exemplaria von einer und eben derselben Acte zu nes men;

(0) GERMON Difcept. 3. p. 202, feqq.

(p). Hiftoire de Langued. t. 5. p. 680.

men; so daß man gar keine begreifliche Verbindlichkeit siehet, warum die Anzal deri selben ben jeder ausgefertigten Schrift angezeigt werden sollen. 4. Die Verträge, die vermittelst der chartarum indentatarum errichtet wurden, seßen notwendig die :Mehrheit der Originalien zum voraus. Indessen wird dieselbe doch nur sehr selten -ausdrücklich gemeldet. Es ist daher eine sehr leere Ausflucht, wenn man diese aus: drückliche Meldung zu einem wesentlichen Stück derjenigen Urkunden machen wil, wovon mehrere Exemplaria ausgefertiget worden.

A

*S. 182.

Wenn manche Kunstrichter Urkunden gesehen haben, die zwar über verschiedene Aenlichkeit Gegenstände ausgefertiget, aber fast in einerley Ausdrücken abgefast gewesen; so bila der alten Ori den sie sich ein, daß einige derselben von Betrügern nach Masgebung der andern verz ginale. fertiget und untergeschoben worden. Ohne Zweifel wissen oder bedenken sie nicht, daß man ehedem gewisse Formeln oder Protocolle hatte, von welchen man die Schreibart und alles, was nicht insbesondre zu der jedesmal auszufertigenden Acte ges hörete, von Wort zu Wort zu entlenen pflegte. Wer nur ein wenig mit vell'alten Formeln, die in verschiedenen Werken gesammelt sind, bekant ist, wird auf den ersten Anblick sehen können, wie ungegründet dergleichen unrichtige Beschuldigungen der Unrichtigkeit sind. Ferner wird man durch die Aenlichkeit der Schreibart oft verlei: tet, gewisse Urkunden, die vorher gemachte Schenkungen oder ertheilte Vorrechte mit nenen Schenkungen und Vorrechten vermeren, die also die ältern Diplomen unter: stüßen oder bestätigen, für mehrere verschiedene Urkünden zu halten, die über einen und eben denselben Gegenstand ausgefertiget worden. Allein, wenn man bey Ausz fertigung gewisser Urkunden über verschiedene Gegenstände einerley Formeln und Vorschriften zu Rathe zu ziehen und abzuschreiben pflegte: so konte man solches ja wohl mit weit mehrerm Recht bey Urkunden thun, die einerley Gegenstand betrafen.

S. 1832

Hr. Petit (q) hat im zweiten Theit seines Ponitentialis Theodorf, Erzbis Urkunde Das schofs von Canterbury einen Freiheitsbrief, den Dagobert 1 der Abtey zu St. Des goberts, nis ertheilet, und den Doubler herausgegeben hat (r), für unrichtig ausgegeben. Hr. Baudelor und Hr. Lenglet, seine getreuen Abschreiber, haben ihm auch hierin nachgeschrieben. Die Ursache dieser Beschuldigung bestehet darin, weil diese Urkuns de einem andern Diplom in einer alten Handschrift, die aus den Bibliotheken der Hrn. de Thou und Colbert in die königliche Büchersamlung gekommen ist, gleichet, oder vielmehr einerley Schreibart mit derselben hat. Wenn aber auch die Ausdrücke beider Urkunden mehrentheils mit einander übereinstimmen: so haben sie doch solche deutliche Unterscheidungsstücke, daß man dieselben unmöglich miteinander verwechseln kan. In der Urkunde des Doubler werden dieser Abtey die größten Vorrechte ers theilet, womit eine Kirche nur jemals mit einstimmiger Bewilligung der Geistlichkeit und des Reichs beschenket worden. In der in der Handschrift befindlichen Urkun de, siehet man nichts davon. Die eine ist zu Paris, die andere aber zu Compiegne

(q) Pag. 763. (r) Antiquités de St. Denis p. 659.

datis

Verschieden

datiret; die eine vom zehnten Jahr der Regierung Dagoberts, die andere vom zweiten (s), nicht aber vom zehnten, wie Hr. Petit aus einem Versehen behauptet hat. Die erste ist überhaupt an alle Bischöfe, Aebte, Herzoge, Grafen, Hauptleute und andre königliche Beamte gerichtet, ohne daß der Name eines einigen gemeldet worden; die zweite gehet nur an einige Grafen, welche ausdrücklich genant werden. Wenn aber auch so deutliche Merkmale die Verschiedenheit solcher Stücke, die diesels ben an sich tragen, nicht beweisen solten: so würde die einige vom Hrn. Perit ange: fürte Handschrift schon allein hinreichen, diesen Unterscheid darzuthun. Er giebt die: selbe für das Original selbst desjenigen Diploms aus, von welchem das zu St. De: nis befindliche, seinem Vorgeben nach, nur eine ungetreue Abschrift seyn sol. Wie hat man sichs denn können einfallen lassen, die vom Doubler angefürte Urkunde gleichfals dieser Handschrift einzuverleiben, und sie dadurch zu eben denselben Grad der authentischen Richtigkeit zu erheben, die das Diplom des Hrn. Perit, seiner Meis nung nach, haben sol? Indessen ist solches unleugbar. Beide Diplomen befinden sich in einer und eben derselben Handschrift, und die eine scheint daselbst nicht mit ei: nem einigen Vorzug versehen zu seyn, womit die andre nicht auch versehen seyn solte. Braucht man noch mehr Beweise, das Vorgeben, daß diese Urkunden einerley seyn, zu widerlegen?

.§. 184.

Wenn man mehrere Originale von einer Urkunde findet; so ist es der Schärfe heit der Oris nach nicht allemal notwendig, daß sie einander volkommen ånlich seyn, wenn man sie ginale einer für acht erklären sol. Sie können ein verschiedenes Darum haben und nicht an vers Urkunde. schiedenen Tagen ausgefertiget seyn. Sie können folglich zuweilen auch nicht von einerley und eben denselben Personen unterzeichnet seyn, oder es kan nicht aller Zeus gen in denselben gedacht werden. Ferner würde es nicht unmöglich seyn, daß sie in den Worten und Umständen, die in einem Original mehr oder weniger bestimt seyn können, als in dem andern, voneinander abweichen, und dennoch in der Hauptfache mit einander übereinkommen. Wenn aber in gegenseitigen Verträgen, wo die aller: genaueste Gleichheit bis auf den geringsten Umstand beobachtet werden mus, die Ab: weichung sich weiter erstrecken solte, als höchstens bis auf einige ausserwesentliche Worte: so würde solches ein Feler von wichtigen Folgen seyn. Man mus überhaupt nicht so strenge verfaren, in Absicht solcher Stücke, die nach dem neunten Jahrhundert bis gegen die Mitte des eilften ausgefertiget worden. Die Ursach davon ist diese, weil man damals so wenig von den Kunstgriffen der Chicane wuste, als von den Mitteln der Vorsichtigkeit, die man denselben entgegensehen mus. Ueberdem waren die Ge: fehe unter dem Geräusch der Waffen und der bürgerlichen Kriege, wodurch die Reis che und Provinzen verwüstet worden, fast gänzlich unbekant, so daß sie auch jum Stil: schweigen verdamt zu seyn schienen. Folgende Anmerkungen und Gründe werden allen mehrentheils ungegründeten Verdacht aufheben können, den man gegen Urkun den zu schöpfen pflegt, die einen und eben denselben Gegenstand betreffen oder doch zu betreffen scheinen, und demohnerachtet in mehrern Ausdrücken voneinander abge: hen,

(8) MABILLON de re diplom. p. 224.

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fen, von gröffern oder geringern Umfang sind, und einerley Eigentümern mehr oder

weniger Güter oder Freiheiten bewilligen.

S. 185.

1. Wenn man vor Alters ein Gut, vermittelst eines Kaufs oder einer erhaltenen Anmerkun

Schenkung, in Besit nemen wolte; so war es nichts seltenes, daß zwen verschiedene gen hierüber.

Urkunden darüber ausgefertiget wurden. Die eine betraf die Cession desselben, die

andere aber die Ueberlieferung oder Investitur. Diese Urkunden konten nun in Absicht des Datum, der Zeugen, der Formeln und der Ausdrücke von einander abweis chen; weil sie nicht allemal von einerley Norariis und zu einerley Zeit ausgefertiget wurden, und wenn sie gleich einerley Gegenstand betrafen, denselben doch nicht aus einerley Gesichtspuncten ansahen. Sie haben überdem ihren Ursprung dem römis schen Recht zu verdanken, welches sebst nach dem Untergang des Reichs in vielen Provinzen entweder gänzlich oder zum Theil beobachtet worden. Wir finden unter den römischen Denkmälern des fünften oder sechsten Jahrhunderts, die von dem Marquis Maffei angefüret worden (t), noch wirklich Verträge von Schenkungen und Ankaufen, die von der Ueberlieferung noch unterschieden sind. Wenn uns die folgenden Zeiten Urkunden liefern, die sowol die Cession als auch die Tradition eines und eben desselben Stücke Landes zugleich enthalten: so geben sie uns auch eine unzålige Menge solcher an die Hand, die insbesondere weiter nichts als eine Schenkung oder Investitur allein enthalten: es mag nun seyn, daß das Instrument eines dieser beiden Stücke verloren gegangen, oder man mag damals bald mit dem einen, bald aber auch mit dem andern zufrieden gewesen seyn. Es erhellet also hieraus, daß die: se Stücke auf eine sehr merkliche Art verschieden sind.

2. Wenn man nach Verfertigung einer Urkunde gewar wurde, daß der Totas rius gewisse Güter ausgelassen, die einer Kirche von einer oder der andern Person geschenkt worden: so muste diese Urkunde cassirer und eine genauere an ihrer Stels le verfertiget werden; oder man muste, ohne etwas zu vernichten, in der zweiten Urs kunde dasjenige einschalten, was in der erstern ausgelassen worden, und diesen leh: tern Gebrauch pflegte man gemeiniglich zu beobachten. Man bekam also nunmehr zwey Originale für eins. Diese vertraten oft die Stelle der ersten ursprünglichen Urfunden von eben derselben Stiftung, und dienten zuweilen zur Ergänzung der gegens feitigen ausgelassenen Stücke. Sie waren daher einander zu gleicher Zeit änlich und undnlich, und betrafen doch einerley Gegenstand oder Endzweck.

3. Man hat wirklich verschiedene Stücke, die aber einerley Verordnung oder Einrichtung betrafen, ohne Grund für Schriften angesehen, die nicht miteinander bes stehen könten. Indessen ist es wirklich nicht so seltsam, als es anfänglich zu seyn schei: net, daß mehrere Stiftungsbriefe einer und eben derselben Kirche zu verschiedenen Zeis ten ausgefertiget worden; indem der erstere vielleicht ohne Wirkung geblieben oder doch nur unvolkomen bewerkstelliger worden: zu geschweigen daß spätere aber vortheils haftere Schenkungen den Namen der Stiftungsbriefe mit mehrerem Rechte Diplom. I. Ch.

(1) MAFFEI Iftor. diplom. p. 138 et feqq.

3

211 vers

dienen

1

dienen scheinen, als ältere Schenkungen, die nicht so erheblich sind. Das Altertum liefert uns hiervon sehr viele Beispiele, wovon wir im folgenden zu reden Gelegenheit bekommen werden.

4. Der Abt zu Gottwich giebt die Regel (u): daß man zuweilen verschie dene Urkunden über einen und eben denselben Gegenstand finde, und bestä tiget dieselbe durch Beispiele, wovon wir nur das erstere anfüren wollen. Otto derm grosse, sagt er, hatte einige Grundstücke vom Bertrand, Bischof zu Halberstadt bekommen, die er nachmals der Kirche zu Magdeburg schenkte. Man siehet davon eine Urkunde beim Leuber (r) mit der Unterschrift: Bruno Cancellarius ad vicem Friderici Archicapellani recognoui etc. Data 4 Kal. Aug. an. Incarnat. Domini 946. Indict. 3. anno Domini Ottonis 10. Eben dieses Stück findet sich auch, aber mit vielen Veränderungen beim Meibom (y), und in einer Handschrift des Olearius, die Sagittarius angefüret (3). Das Datum und die Unterschrift Jauten daselbst folgender Gestalt: Data 9 Kal. Maii, anno Dominicae Incarn. 941. Indict. 14. anno Ottonis 5. Poppo ad vicem Friderici recgnoui. "Weil zwey "Diplemen von einer und eben derselben Schenkung, fåret der Abt Gottfried fort, in verschiedenen Ausdrücken abgefast sind; so darf man dennoch nicht eine von beiden verwerfen, sondern man mus sie beide für åcht erklären. Es ist mutmas: lich, daß man im Jahr 941 angefangen, wegen dieser Schenkung zu unterḥan: ” deln, und daß sie erst fünf Jahr hernach zu Stande gekommen." Solte man nicht auch mutmassen können, daß die lektere Urkunde nur ein Exemplar von einer und eben derselben Schenkung sen, so etliche Jahr nachher verfertiget worden, und daß man, anstat das Datum der geschehenen Schenkung anzuzeigen, die Zeit der Ausfertigung benant? Denn im folgenden wird man sehen, daß in den teutschen Kanzelleien selbst in Abwesenheit des Fürsten oft nachher neue Exemplaria von folchen Diplomen, die der Fürst bewilliget hatte, ausgefertiget worden.

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5. In England und in der Normandie machte man im eilften und zwölften Jahrhundert keine Schwierigkeit mehrere Urkunden über einerley Gegenstand auszu fertigen, in welchen aber oft sehr merkliche Abweichungen voneinander angetroffen wurden. Was die Tormandie betrift, so haben wir viele Originale dieser Art in Händen gehabt. In Absicht Englands aber wird das Zeugnis eines Kunstrich ters, als Hickes ist (a), alle Bedenklichkeiten, die man hierbey haben möchte, besser and gründlicher heben können; als wenn wir zum Beweis unsers Sahes eine Men ge von Beispielen anfüren wolten, wovon einige immer feierlicher als die andern wås

Wir wollen daher nur diesem berümten Schriftsteller allein folgen. Er be: schreibt eine Urkunde Heinrichs 2, die mit einem Siegel versehen und auf zweien Seiten ausgefertiget ist. Eine Seite ist in angelsächsischer, die andere aber in la teinischer Sprache abgefaffet; doch ist die lettere mit angelsächsischen Buchsia:

(u) Chron. Gorrwic. lib. 2. p. 186. 187.
MEIBOM. fcriptor. rerum German.
Antiquit. Archiep. Magdeb, p. 27.
Praef. p. XVI. feqq

ben

(1) LEUBER. Num. 1593. (11) tom. I. p. 743. SAGITTARII (a) HICKES. thefaur, vet, ling. feptentr

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