Pagina-afbeeldingen
PDF
ePub

S. 639.

Die mehresten dieser Diplomen der teutschen Kaiser waren nicht nur mit gol- Der Englan denen Buchstaben, sondern auch auf purpurfarbenen Pergament geschrieben. Leuk der. feld versichert, deren eine vom Jahr 972 gesehen zu haben, die mit verschiedenen Fi guren gezieret gewesen, und worin Otto 2 der Kaiserin Theophania ein Heiratsgut ausgesehet (n). Die Briefe Conrads 3 und Friedrichs 1 sind auf einer eben so kostbaren Materie geschrieben (o). Die Britten (p) und Angelsachsen (9) be: dieneten sich nicht nur der goldenen Buchstaben in ihren Handschriften: sondern sie liessen auch in ihren Diplomen fast eben dieselbe Pracht blicken. Dis gilt sonderlich von den angelsächsischen Königen. Alberic gedenket in seiner Chronik eines Privilegii mit goldenen Buchstaben, welches der heil. Edmynd, König von England, der Abtey Glaston ertheilet. Kurz darauf lies auch der König Edgar ein Di plom ausfertigen, worin das Gold eben so wenig gesparet wurde (r). Indessen pflegten diese Könige gemeiniglich nur ihren Charten oder Unterschriften goldene Kreuze vorsehen zu lassen (s); welches ihnen die Prälaten und Grossen des Reichs oft nachthaten, welche gleichfals mit goldnen und auf verschiedene Art gemalten Kreuz hen unterzeichneten (t).

S. 640.

Ohnerachtet England in seinen Archiven mehr Urkunden, aufzuweisen hat, de: Widerlegung ren Buchstaben und Kreuze mit Gold und Mennig gemalet sind, als die übrigen des Hickes. Länder: so treibt doch Hickes seine Feindseligkeit gegen dieselben so weit, daß er sie insgesamt für untergeschobene Stücke hält (u). Seine Gründe scheinen indessen cben nicht sehr bündig zu seyn.

1. Wenn er nur allein ein oder zwey Diplomen eines und eben desselben Kó: nigs, oder eines und eben desselben Archivs verdächtig gemacht hätte: so würde sein Tadel so viel nicht auf sich haben. Allein es sol hier eine grosse Menge von Origina: len verworfen werden, welche Fürsten, Prälaten, ganzen Jahrhunderten und sehr weit voneinander entferneten Archiven zugehören. Solten es wohl die Betrüger verschie dener Zeiten unter sich verabreden können, daß sie ihre Arbeiten mit Zierraten aus: schmücken wolten, die nicht mehr üblich waren und in den verschiedenen vorgegebenen falschen Urkunden beständig gleichförmig sind? Wem ist wohl unbekant, daß derglei chen leute, anstat sich untereinander zu bereden, vielmehr ihre ganze Aufmerksamkeit Cccc 2 darauf

p. 82.

P.71.

(n) LEVCKFELD. Antiquit. Poeld. c. 8. §. 1. p. 29. (0) Chron. Gottmic. 1. 2.
(p) MABILLON de re diplom. p. 44. (q) A Catalogue of the
Mff, of the Kings Library p. XII. (r) Monaft. Anglic. tom. 1. p. 211. (8)
MATTH. PARIS. Vit. Abbat. San&talban. p. 52. (t) HICKES. Diss. epist.
(u) Ibid. p. 82.
nantis oculos fugit; welche letztern Worte ehe
das Gegentheil zu bezeichnen scheinen. Das
hier gedachte und vom Conring bestrittene Di:
plom Ottonis 1 wird auch vom Mallinkrot de
Cancellar. et Vicecancellar. Imperii beim Wens
Fer S. 464 und im Chron. Gottwic. Th. 1. S.

82, wie leicht begreiflich ist, als ächt angefüret.
Daß Conring diese Urkunde bestritten, ist den
Verfassern unstreitig nur aus der kurzen und un-
bestimten Anmerkung Wenkers zu Mallinkrots
vorhinangefürten Stelle bekant gewesen; ohne
seine Gründe gelesen und geprüft zu haben.

darauf richten, solche Handlungen zu verbergen, die nur allein durch Beihülfe der Finsternis verschwiegen bleiben können? Wird man sich wohl an entlegenen Orten Raths erholen, wie man eine falsche Urkunde verfertigen solle? Und wenn auch dergleichen Beratschlagungen statfinden solten; wird man wohl angehenden und noch unerfarnen Betrügern den Rath geben, neue und ihrem Volke unbekante Formalis täten zu erfinden? Die Warheit lässet sich jederzeit sehr leicht mit der Warheit rei men: allein der Betrug komt niemals mit sich selbst überein; vornemlich wenn er nicht das geringste mit der Warheit gemein hat. Wenn man beweisen wil, daß die mit goldnen Kreußen gezierten Charten Englands weder in geringer Anzal vorhand den sind, noch auch in einerley Zeit verfertiget worden, noch auch einerley Fürsten zugehören, und endlich nicht in einem und eben demselben Archiv befindlich gewesen: so darf man nur diejenigen anfüren, die Hickes zum Gegenstand seiner Bestreitung ausgesucht hat.

Die erste ist vom Erhelbert, König der Mercianer, welcher noch vor Al fred den grossen regieret hat. Man finder dieselbe in dem Anfang der Geschichte von Croyland. Wir werden im folgenden Gelegenheit bekommen, uns über die Gestalt der darin befindlichen Kreuße zu erklären und die seltsame Bildung derselben aus Münzen dieser Nation zu rechtfertigen.

Die zweite von Wulfere, einem andern König der Mercianer ist nicht nur mit goldenen Kreußen gezieret; sondern auch mit einem goldenen Bildnis eben die ses Königs, welcher in der rechten Hand ein mit Blumen versehenes goldenes Kreuß nebst dem Scepter, und in der linken einen Dolch von Golde und ein dergleichen Krens tråget. Dieses Stück gehöret der cottonianischen Bibliothek zu.

Die dritte Charte ist vom König Edgard und befindet sich in dem Archiv zu Westmünster. Man siehet auf derselben drey Kreuße, welche mit einigen Puncten versehen sind. Sie ist von dem Roger Ouen, einem nach Sickest eigenem Ge ständnis geschickten und sehr genauen Schriftsteller, als acht angefüret worden. Al lein er konte die fächsische Schrift, Ausdrücke, Redensarten und Gebräuche nicht von den normånnischen unterscheiden. Gleichsam als wenn diese Kentnis so seh notwendig wäre, wenn man eine jede engländische Charte blos deswegen verwerfen wil, weil sie goldene Kreuße aufzuweisen hat.

Die vierte wird gleichfals in dem Archiv zu Weftmünster aufbehalten. Eu ist von dem heiligen Dunstan im zehnten Jahrhundert ertheilet und von dem ver hinangefürten Schriftsteller eben so wenig für verdächtig gehalten worden, als di vorhergehende. Bey dem Anfang derselben stehet ein vergoldetes Kreuk. Verschie dene Unterschriften und unter andern auch die Unterschrift des König Edgard sin mit eben dergleichen Kreußen begleitet. Diejenigen, welche mit gemeiner Dinte ge macht worden, stehen umgekehrt.

Die fünfte Charte, welche mit eben diesen Farben geschmückt ist, ist ein Diplor Königs Edgard und befindet sich in der cottonianischen Bibliothek.

Die sechste wurde dem Kloster der heiligen Dreieinigkeit zu Winchester ve König Lögard ertheilet. Die ächte Richtigkeit derselben ist weder von dem Joha Selden, einem berumten engländischen Rechtsgelehrten, noch auch von dem Ve

fall

faffer des Monafticon Anglicanum (x) in Zweifel gezogen worden. Demohners achtet hält Hickes dieselbe für verdächtig, und zwar 1. wegen ihrer goldenen Kreu he; 2. weil sie zweimal in einer und eben derselben Handschrift vorkomt, und 3. weil zwischen diesen beiden Exemplaren noch eine andere Charte, die gleichfals mit groffen goldenen Zügen versehen ist, gebunden worden. Wir haben bereits gesagt, daß die Archive und Bibliotheken Englands Copialbücher von zwey Hauptarten enthalten. Einige bestehen aus Originalen, die andern aber sind vor Alters von denselben nur abgeschrieben worden. In dem erstern Fal ist der erste Grund Hickesii eine blosse Petitio principii; bey dem zweiten Grunde aber wird vorausgeseht, daß man niemals mehr als ein Exemplar von einem und eben demselben Diplom genommen. Dis ist ein Trugschlus de falfo fupponente. Das Gegentheil ist vorher hinlänglich erwiesen worden; daher wir uns nicht länger daben aufhalten dürfen. Aus seinem dritten Beweisgrund erhellet weiter nichts, als daß der Abschreiber oder Buchbinder der Handschrift die Stücke nicht nach der Zeitordnung zu ordnen gewust, oder daß er besser gethan hätte, wenn er die beiden Exemplarien einer und eben derselben Urkunde voneinander getrennet hätte, als daß er sie zusammen gesehet. In dem zweiten Fal aber hat der erste Beweisgrund etwas ungereimtes. Denn warum solten die Kreuge und Buchstaben dieser Charten nicht von Gold seyn können; da alle Buch: staben und Züge in dieser ganzen Handschrift von dem Anfang an, bis an das Ende golden find. Liber totus characteribus aureis exaratus, heist es in dem Verz zeichnis der corronianischen Bibliothek (y). Der zweite Grund würde wiederum nur beweisen, daß der Buchbinder oder Abschreiber ein Versehen begangen; wor auf auch der dritte Grund hinauslauft. Uebrigens wird in dem vom Hickes ange: fürten Verzeichnis dieses Diplom dem Heinrich 1 nicht aber Heinrich 2 beigelegt. Vor demselben befindet sich in der Handschrift, welche der Verfasser vermutlich nicht gesehen hat, ein Gemälde, wo Gott mitten unter den Engeln auf dem Thron sizend und der König zu seinen Füssen liegend vorgestellet wird. An diesen Umstånden entdeckt man ein abgeschriebenes Copialbuch. Sickes giebt also Charten für unterge: schobene Originale aus, die doch nur Abschriften sind.

Die siebente ist eine Charte Edmunds, die mit goldenen Buchstaben in ein Evangelienbuch geschrieben ist, welches der Kirche zu Glocester von diesem Könige geschenker worden. Sie wird von Wilhelm von Malmesbury angefüret (3)+ Hickes hat ihr weiter nichts vorzuwerfen, als die goldenen Züge (a). Andere würden hieraus einen sehr vortheilhaften Mutmassungsgrund für diejenigen Charten her: nemen, worin dieselben vorkommen.

§. 641.

2. Wenn ein und eben derselbe Gebrauch ben mehrern benachbarten Völkern Fortfehung. angetroffen wird: so kan man mit Recht daraus mutmassen, daß derselbe von einem Volke auf das andere gekommen; wenn man bey dessen Nachbarn gleich nur seltene

Ccc 3

Spus

() Monafticon Anglic. tom. 1. p. 38.
(1) Biblioth. Cotton. p. 106. Vefpafia-
nus A. VIII. 2. (3) WILHELM, MALMESBVR, C. 7. (a) HICKES
Differt. epift. p. 83.

Spuren davon antrift. Der Gebrauch der goldenen Dinte war in Deutschland eingefüret. Er hat daher aus diesem Lande nach England kommen können, wenn er gleich nicht in diesem lehtern Reiche entstanden ist.

3. Allein die goldenen Kreuße und Buchstaben sind bey den Angelsachsen im geringsten nicht ungewönlich gewesen. Wie viele alte Bücher haben sie nicht geschrie ben, wo das Gold und Mennig wechselsweise vorkommen? Warum solten sie denn dergleichen Dinte nicht auch in ihren Charten haben brauchen können, die sie mit al ler nur möglichen Feierlichkeit und Pracht bekleiden wolten? Warum solten sie ben Buchstaben, die so viel miteinander gemein haben, als die Buchstaben der Diplo: men und Handschriften, nicht die Materie, Instrumente, Dinte und Züge vonein ander entlenen können? Es ist daher gar nicht zu verwundern, daß das Gold von den Handschriften auch in die Diplomen gekommen. Daß sich die Angelsachsen in ihren Handschriften der goldenen Dikte bedienet, wird von niemand geleugnet; war: um wil man denn ihre Charten blos aus dem Grunde verwerfen, weil sie in densel ben zuweilen mit dieser Dinte geschrieben? Wir finden aber doch dergleichen Zierra ten nur in sehr wenig Urkunden, wenn man sie mit denen vergleicht, die derselben be raubt sind. Ist dis aber nicht allen Völkern gemein? Mus alles, was selten ist, deswegen gleich für falsch gehalten werden? Carl der kahle ist vielleicht der einige fränkische König, der einige abendländische Kaiser, dessen Monogrammen mit Men nig verfertiget worden. Sind sie deswegen untergeschoben? Wie viele ånliche Bei spiele könten wir hier nicht noch anfüren?

4. Es ist ärgerlich, daß ein Man von einer so weitläufigen Gelehrsamkeit, als Hickes ist, solche Feler im schliessen begehen können. Was hat ihn wohl bewegen können, alle Charten Englands, deren Schrift mit Gold und Mennig geschmücket ist, nicht nur für verdächtig zu halten; sondern gar für unrichtig auszugeben? Sei ne Gründe sind erstlich, weil er keine wirklich ächte Charte gesehen, wo dergleichen Kreuze anzutreffen gewesen; und zum andern, weil viele Urkunden, die er als falsch verworfen hat, mit dergleichen Gemälden ausgeschmücket sind. Ist das nicht ein höchstfelerhafter Cirkel? Er verwirft die mit goldnen und roten Kreußen gezierten Charten; weil er keine unter denselben angetroffen, welche gewis oder nur auf eine warscheinliche Weise acht gewesen wäre. Keine dieser Urkunden wird aber gewis oder nur auf eine warscheinliche Weise ächt seyn können, sobald sie mit goldenen Kreußen versehen ist. Er bestreitet sie zwar zuweilen mit noch andern Gründen; wenn ihm dieselben aber felen, so verwirft er sie blos um der einigen Ursach willen, weil sie goldene Buchstaben oder Kreuke enthalten.

5. Es ist erstaunlich, daß Ingulf (b), ein Augenzeuge von der durch die Normannen geschehenen Eroberung Englands, sich beklaget, daß sie anftat det goldenen Kreuke, welche seinem Vorgeben nach den Werth der alten Diplomen sei nes Volks erhöheten, die Siegel und Zeugen eingefüret: und daß dennoch ein Engländer unsers Jahrhunderts, nicht nur alle diejenigen Charten für falsch aus giebt, welche goldne Kreuze oder Buchstaben aufzuweisen haben; sondern auch zu behaupten sucht, daß sie erst nach der Eroberung geschmiedet und untergeschoben

[merged small][ocr errors]

worden. Wie viele Engländer haben indessen nicht darüber gemurret, als die lek tern Erober älle ihre Gebräuche abschaffen wolten? Ja haben sie nicht sogar ein Bedenken getragen, diejenigen alten Urkunden, die denselben nicht gemas waren, für ächt zu erkennen? Wenn sich also damals ein Haufen von engländischen Betrüz gern hervorgethan hätte, so hätten dieselben ihren Urkunden nicht in einem veraltes ten Geschmack, nicht mit unerhörten Formalitäten, sondern so, als es ihre neue Oberherren verlangten, schmieden müssen.

[ocr errors]

39

[ocr errors]

رو

S. 642.

ratori.

Bey dem allen hat doch Hickes nur allein die Urkunden Englands verdächtig Beantwor zu machen gesucht. Herr Muratori aber, welcher die fanften und billigen Regeln tung der Eindes B. Mabillon mit den ungestümen Grundsäßen des gelehrten Englanders zu würfe Mus verbinden sucht, giebt die algemeine Regel (c), daß man sein Urtheil über alle mit goldenen Buchstaben versehene Urkunden zurückhalten, das ist, sie als verdächtig ansehen müsse. Er unterstehet sich zwar nicht schlechterdings zu leugnen, daß es ächte Charten dieser Art geben können, und daß deren wirklich noch einige vorhanden sind. Er hält die Donation des lombardischen Königs Aribert, nach dem Zeugnis des Paul Warnefried für richtig. "Allein, feßet er hinzu (D), wenn es uns erlaubt seyn solte, diese von den Alten angefürten Denkmale zu untersuchen, oder wenn man sie als noch wirklich vorhandene Stücke ansehen wolte: so würde man vielleicht auf diesen ungewönlichen Charten Dinge entdecken, die den Werth derselben ungemein vermindern, oder sie völlig verwerflich machen. Unter so vielen andern Charten, die ich gesehen habe, ist mir nur eine einige mit goldenen Buchstaben zu Gez sicht gekommen, welche zum Vortheil eines berümten Klosters ausgefertiget wors den, deren Unrichtigkeit ich aber entdeckt habe ". Wir müssen dismal mit seinem bloffen Ausspruch zufrieden seyn; indem er weder das Kloster, noch die Urkunde selbst, noch auch die Gründe bestimt, die ihn zu der Verwerfung derselben bewogen haben. Solte überdem ein Diplom wohl allein hinlänglich seyn, alle andre dieser Art verdächtig zu machen? Doch er füret noch ein anders als ein Beispiel'an, Es ist solches ein Privilegium, welches Leo 3 und Carl der grosse der Abtey Trefonti, im Dióces von Ostia ertheilet und vom Ughelli als eine kostbare Perle seinem Jra lia sacra einverleibet worden. Es ist dasselbe aber weder auf Pergament, noch auch mit goldenen Buchstaben geschrieben; sondern es sind eherne Tafeln, die mit golds nen Buchstaben versehen sind. Wir werden an einem andern Ort Gelegenheit bes kommen, davon zu reden.

[ocr errors]
[ocr errors]

() MVRATORI Antiquit. Ital. tom. 3. Differt. 34. P. 33. 34. (D) Si, quae eiusmodi tabulae ab antiquis commemorantur, aut adhuc exftare dicuntur, nobis infpicere, diligenterque fcrutari lice ret; aliqua fortaffe in infuetis hifce membra his deprehendi poffent, quae earum pretium

§. 643.

aut minuerent, aut omnino deiicerent. Ex
his vnum tantummodo obiectum eft mihi in-
ter tor alia, quae vidi, pro infigni monaste.
rio editum, ipfumque commentitium depre
hendi. MVRATORI ibidem.

« VorigeDoorgaan »