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Beschlus.

§. 68.

Die Verfälschung der Münzen ist daher in gewissen Absichten eben so leicht als bey den Urkunden; in vielen andern Absichten aber ist dieselbe noch weit leichter: wenn man nemlich erweget, daß es weit leichter sen, ein Düßend Buchstaben oder höchstens fünf oder sechs Worte nachzumachen, ohne etwas zu versehen; als eine Urkunde von einer schon beträchtlichen Länge unterzuschieben und doch in keinem Stü: cke weder von der Schrift, noch von der Schreibart der damaligen Zeit, noch auch von gewissen unleugbaren Umständen in der Geschichte abzuweichen, die lange so bekant nicht sind, als die eigentümlichen Merkmale der Aufschriften und Münzen. Warum ist es denn aber in einem Jahrhundert, wie das unsrige ist, worin man auf der einen Seite so viele Reihen merkwürdiger Dinge von allen Utten aufzuweisen hat, auf der andern Seite aber so sehr wider die falschen Urkunden geschrien worden, noch niemanden eingefallen, eine Samlung solcher untergeschobenen Originale von et: lichen Jahrhunderten her anzustellen? Dieses Stück der apocryphischen Diplo: matik würde unstreitig eines der allerwichtigsten seyn. Der Nühen würde mit der Seltenheit übereinkommen. Ausserdem würde es auch noch ein neues und leichtes Mits tel abgeben können, die falschen Stücke vermittelst ihrer Vergleichung mit diesen Mus stern zu entdecken; und könte wohl ein Mittel zuverläßiger seyn, als dieses, diejeni gen eines bessern zu belehren, welche behaupten, daß uns das Altertum nur sehr we nige unächte Originalstücke überliefert habe? Ist es nicht erstaunend, wenn man siehet, daß man sich vergebliche Mühe giebt, in ganz Europa ein einiges Cabinet finden, welches nur einigermassen mit dergleichen Altertümern versehen wäre? Wenn man in den Archiren nur selten falsche Urkunden im Original antrist, die die Merk: mate eines sehr hohen Altertums an sich haben; so wird man sie noch weit schwerer als blosse Seltenheiten finden.

zu

umgegangen und abgegriffen worden, mehren:
theils etliche Jahrhunderte lang verschiedenen
Anfällen der Elemente ausgesetzet gewesen, ehe
fie durch einen oder den andern günstigen Zu
fal einem barmherzigen Kenner in die Hände
geraten, der sie für die Wuth der Zeit in Sis
cherheit stellet, so hat schon dadurch eine solche
Veränderung an ihnen hervorgebracht werden
können, daß auch mehrere Stücke von einem und
eben demselben Schlage und Gepräge einander
unánlich geworden. Wenn man indessen die
Art erweget, wie die Alten ihre Geldforten aus
gemünzet, so wird diese Verschiedenheit noch be:
greiflicher. In dem schätzbaren Recueil d'Anti-
quités Egyptiennes, Etrusques, Grecques &

Vier

Romaines, so von dem gelehrten Hrn. Graf de Caylus zu Paris 1752 und 1756 in zween Quartbänden herausgegeben und in dem vier: ten Stück der hiesigen gelehrten Nachrichten vom Jahr 1759 S. 217 f. beschrieben worden, finden sich Th. 1. S. 284: 291 einige ganz neue und lesenswürdige Anmerkungen über die Münzstempel und Modellen der Alten und über die Art ihre Münzen auszuprägen. Von vers fälschten und untergeschobenen Münzen und der verschiedenen Art ihrer Verfälschung kommen unter andern in Johann Christoph wagen: seils Disfert. de re monetali veterum Romanorum, Altorf 1691 Kap. 24, 25. einige sehr gute Nachrichten vor.

Vierter Abschnit

Von der Glaubwürdigkeit der Acten und der sowohl öffentlichew als besondern Samlungen derselben.

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1

as Ansehen der Urkunden überhaupt leitet uns ganz natürlich auf eine um: Einleitung. ständlichere Untersuchung der Glaubwürdigkeit der Acten, und der sowol óffentlichen als besondern Archive. Ohnerachtet wir bey diesem Gegenstand keine neuen Entdeckungen machen werden: so wird man hier doch den Vortheil has ben, daß man mehrere Stücke der Rechtsgelehrsamkeit in einem einigen Abschnit beisammen antreffen wird. Ja man wird sowohl aus den verschiedenen Meinungen als auch aus denjenigen Stücken, in welchen die Rechtsgelehrten mit einander übers einstimmen, vielen Nußen schöpfen können.

S. 70.

Acten find öffentliche Schriften, wenn sie sowohl in authentischer und feierli: Eigenschaften cher Form abgefaffet (s), als auch, wenn sie aus der öffentlichen Gewalt hergeflossen sind. der öffentli Dergleichen sind Gesetze, gerichtliche Schriften und Verträge, worin die von dem chen Acten. Landesherrn vorgeschriebene Formalitäten beobachtet worden, so daß sie alle zum öffentlichen Ansehen gehörigen Stücke besißen. Ein Instrument bekomt ein öffentlis ches Unsehen (t), wenn es von einem Votario oder geschwornen Tabellione (4) aufgefeßt und von zween Notariis, oder nur von einem, nebst der Bemerkung

zweier

($) Abasueri Fritfchii tract. de jure Archiui et Cancellariae c. 7. (1) Carol. Molinet,
tom. I. col. 309. n. 8, der Ausg. vom Jahr 1612. (u) Id. tom. 4. lib. 4. cod. tit. 21.

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i

Stärke ihrer
Beweise.

zweier Zeugen unterschrieben worden, und wenn die Zeit der Ausfertigung darin bestimt ist. So wird es in dem römischen Rechte vorgeschrieben; man ist demselben aber nicht in allen Jahrhunderten gefolget.

Die feierlichen Umstände einer öffentlichen Acte bestehen in dem Namen des Fürsten, in dem Jahr seiner Regierung, dem Monat, dem Tag und dem Ort der Ausfertigung, in Erzälung der Sache, über welche die Acte ausgefertiget worden, in der Unterzeichnung der Zeugen, der contrahirenden Personen und des Norarii (w). Ei: nige sehen noch die Anrufung des Namens Gottes, wenigstens bey wichtigen Sachen, hinzu. Ohnerachtet alle diese Gebräuche auf das volkommenste autorisirer sind, so find sie doch nicht unveränderlich. Zu gewissen Zeiten pflegte man sehr häufig von denselben abzugehen.

Jedes Instrument, welches von öffentlichen Personen aufgesetzt worden, mus auch blos um deswillen für eine öffentliche Schrift gehalten werden. Nichts ist aus thentischer, als eine Urkunde, die vermöge der landesherschäftlichen Gewalt ausgefer: tiget worden. "Ein Testament, welches in Gegenwart des Fürsten aufgefekt, 2. oder den öffentlichen Acten einverleibt worden, ist wirklich feierlich; weil das ober: herschaftliche Ansehen und die Glaubwürdigkeit öffentlicher Ucten alle übrigen feierlichen Umstände übertrift, womit eine Schrift begleitet werden kan (x). Die Zeugen sind alsdann nicht mehr nötig. Wenn man sich auf das öffentliche Zeug: nis gründet (y); so find die Zeugnisse der Privatpersonen nur unnötig (3).

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دو

Obrigkeitliche Personen und öffentliche Bediente haben allemahl die Vermu: tung der Warheit für sich. Schriften, welche von ihnen ausgefertiget worden, müßsen so lange für glaubwürdig gehalten werden, bis die Unrichtigkeit derselben dürch unumftösliche Gründe dargethan wird. Anfürungen würden hier überflüßig seyn, weil die Geseke und ihre Ausleger in diesem Stücke volkommen mit einander über: einstimmen. Es ist eine Regel in der Rechtsgelehrsamkeit, daß öffentliche Instru mente und authentische Siegel Beweistümer abgeben (X).

§. 71.

Deffentliche Acten beweisen wider alle Arten von Personen (a), sie beweisen an und für sich selbst, probant fe ipfa; das heist, sie beweisen, daß die Sache so ges schehen ist, wie sie dieselbe vortragen. Dies erstrecker sich indessen nicht auf åltere Begebenheiten, auf Umstände, die vor und nicht bey der Ausfertigung der Acte stat gefunden; sondern es gilt nur von solchen Dingen, die sowohl die Notarien als auch die Zeugen ben Ausfertigung derselben wirklich durch die Sinne empfunden ha: ben. Acten und Bücher, die mit Genemhaltung der öffentlichen Gewalt verferti: get worden, dürfen nicht alt seyn (6), wenn sie beweisen sollen; wenn nur die öffentlichen Bes

(m) Ibidem. (r) Franc. Mich. Neveu de Windschlée diff. de Archivis, Strasburg 1668. §. 44. (1) Cod. lib. 6. tit. 23. 1. 19. (3) L. in donationibus 31. C. de donat. (a) Molin. tom. tom. I. col. 309 n. 8. et 9. (b) Ibid. n. 23.

(X) Inftrumenta publica et figna authen- tica fidem faciunt. Greg. Decret. lib. 2. tit. 22. cap. 2.

Bediente nichts in dieselben hineinseßen, was zur Verwaltung ihres Amts nicht ge
höret.
Jede authentische, gerichtliche, feierliche Acte, oder welche in einer öffentlichen
Form abgefasset worden, beweiset ohne Rücksicht auf die Archive, woraus sie genom
Man leger öffentlichen Instrumenten eine volkomne und völlige
Glaubwürdigkeit bey (c), ohne daß sie eines anderweitigen äussern Beweises bedürf
ten. Iftis Inftrumentis plena fides fine aliorum externo adminiculo adhi-
betur.

men worden.

Ein öffentliches Instrument überwieget nicht nur einen Beweis durch Zeugen: sondern man kan auch demselben einen volkomnen Glauben unter keinerley Vorwand versagen; wenn nicht die Unrichtigkeit desselben dargethan wird. Der römische Rath sehte die Aussagen der Zeugen den öffentlichen Denkmälern nach (Y). Eine Urs funde, die aus öffentlichen Archiven genommen worden, ist schon blos um deswillen (d) durch das öffentliche Zeugnis autorisiret und gleichsam mit dem Siegel der ober: herschaftlichen Gewalt versehen.

Es giebt Acten, die zwar in gewissen nicht aber in allen Absichten öffentliche zu nennen sind. Wenn ein Edelmann (e) der Rechnungskammer, sein Lehnsbekänts nis und Verzeichnis von einem Gute übergiebt, welches unmittelbar unter dem Kö: nige stehet: so wird diese Schrift, wenn sie unter den gewdnlichen feierlichen Umständen angenommen worden, zwar wider jederman unwidersprechlich beweisen, daß sie wirklich überreicht und angenommen worden; ihr Inhalt aber wird nur allein wider den, der Sie überreicht hat und wider dessen Nachfolger einen Beweis abgeben können.

§. 72.

Man pflegt ben den Ucten oft die Begriffe authentisch und öffentlich mit einan: Unterschied der zu verwechseln. Man kan sie indessen noch unterscheiden. Das Siegel macht, zwischen au ben Rechtsgelehrten zu Folge (f), eigentlich ein Instrument authentisch. Wenn das: thentisch und felbe ein öffentliches Siegel ist, so bekömt die Acte ein desto stärkeres Ansehen. Ein öffentlich. authentisches Siegel ertheilet Privatschriften einen Glanz, den sie an und für sich selbst nicht haben (g). Es erseßet den Mangel verstorbener oder abwesender Zeugen. Es ist aber nicht ein jedes Siegel authentisch. Man erkennet nur die Siegel der Prälas ten, des Fürsten, der Obrigkeiten, der Bedienten des öffentlichen Siegels, und derjenigen Häuser und Gemeinheiten, welche das Recht Wapen zu füren haben,-für authen: tisch (h). Imgleichen wird eine Acte für authentisch gehalten, welche in Gegens I 2

wart

(c) Molin. comment. in lib. 4. cod. tit. 21. (d) Auth. adhaec C. de fide inftrum. et
Nov. 49. cap. 2. §. 2. (e) Molin. tom. 1. tit. 1. §. 8. n. 31. (f) Id. in lib. 4.
cod. tit. 21. (g) Ibid. tit. 1. (h) Ibidem.

Monumenta publica potiora teftibus fenatus cenfait. Lib. 10. D. de probat. Dem: ohuerachtet kan man den Zeugenbeweis auch sogar wider öffentliche Acten gebrauchen. Con tra Inftrumentum quantumcunque publicum

admittuntur teftes. Decret. Greg. lib. 2. tit.
22. cap. 16. §. Quodlibet inftr. Es müssen
aber dieser Zeugen vier oder fünf an der Zahl
seyn, wenn ihr Ansehen entkräftet werden sol.

wart des Richters aufgesetzet und von zween oder drey Zeugen unterschrieben wets den (i).

Eine Privatschrift wird zuweilen auch für authentisch gehalten, wenn sie durch zwen oder drey Unterschriften bestätiget worden (f). In allen diesen Fällen sind Schriften authentisch (1), und von gleichem Ansehen mit den öffentlichen Acten. Der Verfasser der Glosse erkläret eine jede Schrift für authentisch, welche von ei ner öffentlichen Person aufgesett oder auf Befehl des Richters in Gegenwart oder unter der Unterschrift zweyer Zeugen ausgefertiget worden (m). Ja er hält schon eine Schrift für authentisch, welche von einer Privatperson in Gegenwart dreier Zeugen verfertiget worden (n); woben er sich auf den Codicem und die Authenticas Justiniani gründet. Nach dem Tode der Zeugen aber wird eine Privatacte gemeiniglich unkräftig; wenn sie nicht ein authentisches Siegel aufzuweisen hat (o), wir wollen hier nicht hinzusehen: oder wenn sie nicht von einem Notario verfertiget worden, weil sie alsdann nicht mehr eine Privatschrift, sondern eine öffentliche Acte seyn würde (3). In einer Actione personali ist eine Privatacte, die von einem Widerpart verfertiget und von den Parteien unterschrieben worden, kräftig und wi d für authentisch gehalten (p).

S. 73.

Ansehen der Nach den jekt angezeigten strengen Formalitäten ist das Altertum der Acten Acten wegen das bequemste Mittel, ihnen ein besondres Gewicht zu geben. Es ist ein Grundsak, shres Mters daß man ben alten Dingen mit solchen Beweisen zufrieden seyn mus, als man bes uns. kommen kan; das heist, eine Acte, welche eine Sache nur bis auf einen gewissen

Grad, nicht aber volkommen beweiset, wird in derselben Sache vermöge ihres Altertums, einen volkomnen ja noch volkomnerern Beweis, pleniorem fidem, abgeben können (q). Blosse Aussagen beweisen alsdann wider jederman und zum Nachtheil eines dritten (r); ein Vorzug, welcher neuern Schriften nicht zugestanden wird. In antiquis verba enunciatiua plene probant, etiam contra alios et in praejudicium tertii. Bey sehr alten Sachen wird sowohl dem Beweis (s) als auch der Auffage Glauben beigemessen; nicht nur was die Wirklichkeit des geschehenen Beweises betrift, sondern auch in Betrachtung der Richtigkeit des Beweises selbst. In antiquisfimis fides adhibetur inftrumento, de asfertione et enunciatione, nedum quod illa asfertio facta fuerit, fed etiam de veritate ipfius asfertionis (t). Man mus indessen nicht aus der Acht lassen, daß wir hier nicht von der An:

(i) C. Quoniam contra falfum. Extra de probat, nach des Da Molin Anfürung. (F) L. Scripturas. C. qui potior. in pigno. habeant. (1) Gl. in cap. 1. Extra noftro beim Du Molin ibid. (m) Decretal. lib. 1. tit. 22. cap. 1. (n) Ibid. (0) Ibid. cap. 2. (p) Ibidem. (q) Molin. tom. 1. tit. 1. §. 8. n. 76. (r) Ibid, n77. (8) Ibid. n. 79. (1) Ibid. n. 78.

Eine Acte, die von einem Szotario-oh

ne Zeugen ausgefertiget worden, wird um‹deswillen noch nicht eine öffentliche Acte.:

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