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Anfürung solcher Dinge reden, die lange vor der Ausfertigung der Acte geschehen find.

Das Altertum hat in Absicht der Beweise eine gedoppelte Wirkung; 1. Läffet es uns muthmassen, daß die Acte mit gewissen feierlichen Umständen ausgefertiget worden, die nicht angezeiget worden, und daß alles auf die gehörig authentische Art dabey zugegangen; 2 werden durch dasselbe die unvolkommenen Beweise ergänzet, die volkommen aber bestätiget und zur höchsten Gewisheit gebracht. Wenn aber aus der Schrift unwiderfprechlich erhellet, daß sie aller feierlichen Umstände, ja fogar auch derjenigen beraubt gewesen, die bey einer ernsthaften Ucte sonst niemals weggelassen worden: so hat sie keine beweisende Kraft. Folglich können auch Schriften, deren Ursprung an und vor sich unleugbar ungültig ist, nicht das geringste Ansehen haben (u); diejenigen aber, welche sonst nur einiger Massen aber nicht volkommen und unleugbar beweisen, müssen ihres Altertums wegen eine weit grössere Glaubwürdig:

feit verdienen.

Wenn eine Urkunde sonst nur einen halben Beweis abgiebt, so bekömt sie durch ihr Altertum (U) eine mehr als halbvolkomne Glaubwürdigkeit. Der Be: weis wird aber weit stärker seyn, wenn die feierlichen Umstände in derselben ange: füret sind, als wenn solches nicht ist.

Eine alte halbfeierliche Abschrift, worin die derselben fetenden feierlichen Ums Stände mit Stilschweigen übergangen worden, verdienet dennoch eine volkomne und unleugbare Glaubwürdigkeit, wenn nur einer oder der andere wahrscheinliche Ums stand dazu komit(B).Carl Dumoulin, oder vielmehr duMolin, wie er sich selbst nennet, giebt nur das für einen wahrscheinlichen Beweis an, womit man eine alte Abschrift unterstüßen könte, wenn sie in öffentlichen Archiven gefunden worden, wo sie seit langer Zeit aufbehalten gewesen.

Ein hohes Altertum, wenn es nicht durch entgegengesehte Beweise bestritten wird, ertheilet einem Zinsbuche an und vor sich schon eine volkomne Glaubwürdigs keit (w); welches auch wenigstens in eben dem Masse von den Copialbüchern be hauptet werden mus.

Eine alte Privatschrift giebt einen Mutmassungsgrund oder einen halben Be weis ab; wenn sie nicht von einer blossen Privatperson in ihrer eignen Sache unters zeichnet ist (x).

́§. 74.

Was hat man aber bey den Schriften unter dem Ausdruck alt und sehr alt Efklärung (4) zu verstehen? Einige legen diese Ausdrücke Acten von vierzig Jahren, andere des Wortes

I 3

(u) Ibid. n. 79. ́ (w) Ibid. col 315. n. 23. () Ibid. col..112. n. 17. tit. 1. §. 8.
Ibid. n. 81.

(2) Propter antiquitatem, in qua non tam exactae probationes requiruntur. Molin. tom....tit. 1. §. 8. n. 80.

(3) Ex quibus infertur, quod antiquum exemplum femifolemne, in qua reliqua fo

von

(1)

lemnia deficientia non enunciantur,facile admi-
niculo probabili adiuncto, plenam fidem faciet:
puta, fireperiatur in archiuo publico, vbi iam
diu inter authentica asferuatum fuit. Ibid.

Alt.

Ansehen der

von siebzig die meisten aber von hundert Jahren ben. Du Molin gehet von der gemeinen Meinung ab, oder erkläret sich vielmehr auf eine weit bestimtere Art. Er hält (1) eine Schrift von siebzig Jahren für alt, und behauptet, daß man mit einem so langen Zeitraum zufrieden seyn müsse; wenn der Beweis einer undenklichen Zeit nicht nötig ist. Er gehet aber noch weiter, und giebt die Regel, daß man über dreißig, vierzig oder sechzig Jahren nicht leicht gewisse Beweise finden werde. Wenn also ein Zwischenraum von einer beträchtlichen Zeit einen Beweis schwer macht: so mus diese Zeit für alt gehalten werden; daher sie denn auch die Kraft hat, einen Muthmassungsgrund einer nicht angezeigten Feierlichkeit zu gewären, unvolkomme: ne Beweise zu unterstüßen und ihren Mangel zu ersehen. Wenn aber eine Partey auf eine erhebliche Art verlehet worden (a); so müste die Acte wenigstens dreißig Jahr alt seyn, wenn man feierliche Umstände muthmassen solte, die nicht angezeigt worden. In Sachen von geringerer Erheblichkeit aber, könten schon zehn Jahr zur Erweckung dieser Muthmassung hinreichen. Wie weit mus sich nun dieselbe nicht bey Urkunden von zwey; drey; vier: oder fünfhundert Jahren erstrecken? Wie wür: de es aussehen, wenn man ihr Alter durch sechs, sieben, acht, neun oder zehn Jahrhunderte bestimmen müste? Würde man noch alsdann eine ängstliche Untersu chung anstellen wollen, ob nicht noch etwas an ihrem feierlichen Ursprung fele oder nicht? Wenigstens mus man hiervon nicht nach den Gebräuchen verschiedener Jahr: hunderte und Länder, ja nicht einmahl nach Masgebung gleich after Acten, die aber von einer andern Art sind, urtheilen.

S. 75.

Privat: oder besondere Acten bekommen ihren Namen von denjenigen PersoSchuldver: nen, die sie unter einander errichtet haben. schreibungen ...

Eine Schrift, welche von einer Privatperson aufgeseßt, und weder durch ein und Quittun: authentisches Siegel, noch auch durch die Unterschrift und bemerkte Gegenwart der in der Acte gedachten Zeugen autorisiretist, wird eine Privatschrift genant (6).

gen.

Die drey gewönlichsten Arten von solchen Schriften sind die Schuldverschreibungen, Quittungen und Rechnungsbücher der Rentmeister in Städten, der Wechs ler und Kaufleute. Zu ihren Tagebüchern sehet man noch die Zinsbücher, die Büs cher der Lehnsbekäntnisse und Lehnsverzeichnisse; die aber vielmehr allen andern Privat: schriften vorgesehet werden.

Schuldverschreibungen und Quittungen gewåren einen völligen Beweis wider diejenigen, welche sie ausgefertiget haben (c); wenn anders die Schrift zugestan: den wird. Wird aber dieselbe geleugnet, so nimt man seine Zuflucht zu Zeugen, oder zur Vergleichung der Schriften; da denn der Beweis, der hieraus erwächset, volständig ist, wenn er durch den Eid bekräftiget wird, und die verglichenen Schrif ten übereinstimmig befunden worden. Acten, wenn sie gleich nur von Privatperso nen unterschrieben worden, sind dennoch vor Gericht gültig, nur müssen sie gedop: pelt

(3) Ibid. n. 82. (a) Ibid. n. 83. (b) Molin. tom. 4. comment. in lib. 4. Cod. tit. 21. (c) Ibid. tit. 2. col. 167.

1

pelt ausgestellet seyn. Ohne diese Formalität würden sie für ungültig erkläret wers den, wenn sie gegenseitige Verbindungen der contrahirenden Personen enthalten sols ten. Die übrigen Privataeten beweisen an und für sich nicht; indessen kan man ihnen doch öfters durch Zeugen, die sie ausfertigen sehen eder durch die Verglei chung der Schriften, ein gewisses Ansehen ertheilen. Sie bekommen also von den Umständen, mit welchen sie begleitet sind, eine gewisse Gewalt, die sie an und für sich selbst nicht haben würden.

Der Beweis aus einer Privatschrift gilt wider denjenigen, welcher einmahl eingestanden, daß er sie geschrieben oder unterzeichnet (d). Die zur eignen Nachz richt gemachten Auffäße der Privatpersonen beweisen wider dieselben, wenn sie in denselben eine Schuld eingestehen, oder bekennen, daß ihnen etwas zur Verwarung anvertrauet worden. Wenn eine mit Ursachen versehene Schuldverschreibung nicht die erforderlichen Formalitäten hat, so beweiset sie wider denjenigen, der sie in Verwarung ges habt, wo nicht augenscheinlich dargethan werden kan, daß der andere die streitige Summe nicht schuldig gewesen. Es giebt noch andere Ausnamen von der Regel, vermöge welcher man sich an die schriftlichen Zeugnisse, die man wider sich selbst ablegt, hals ten mus. Diese finden vornemlich bey den Mitgiften und der Gemeinschaft der Güter u. f. f. stat. Eine unter den Papieren eines Verstorbenen gefundene Priž vatschrift oder Nota aber, worin vorgegeben wird, daß ihm jemand eine gewisse Summe schuldig sey, würde nicht das geringste beweisen, ja nicht einmal vor Ge: richt angenommen werden (e).

Wenn ein Original einé Privatschrift oder keine authentische Acte ist, so beweis set eine Abschrift von demselben, so feierlich sie auch sonst seyn mag, nicht; indem sie nicht mehr Glaubwürdigkeit haben kan, als ihr Original besiget.

·S. 76...

Saalbücher, Copialbücher, Zins: Grundjins - und Lehnsbücher beweisen wider Imgleichen denjenigen, der sie aufweiser, sobald er oder ihre Verfasser sie genemgehalten und der Lehnbús als ächt aufbehalten haben (f). Wenn sie aber die Eigenschaften öffentlicher Schrif; cher u. s. f. ten haben, und von zweien Notarien im Namen des Richters untersucht und für gültig erkläret worden, so beweisen sie wider jederman. Das erste ist schon seit mehs tern Jahrhunderten in Frankreich üblich gewesen, indem die Lettres de Papiers terriers im Namen des Königs ausgegeben werden.

Wenn aber auch diese Urkunden nicht die geringste authentische Form hätten, so würden sie dennoch zu einem Beweis wider den Unterthan dienen können, wenn et sich ihres Ansehens wider seinen Oberherrn bedienen wolte (g). Wenn die Bü cher der Kaufleute zu ihrem Vortheil wider diejenigen gültig sind, die sie zum Nachs theil der Kaufleute anfüren wollen: so gilt solches mit noch weit stärkern Grunde von den Büchern der oberherrschaftlichen Gerechtsamen; weil sie sowohl wegen der Würde der Personen und des Orts, wo sie aufbehalten werden, als auch wegen ih

res

(d) Cod. lib. 4. tit. 19. leg. 7. (e) Molin. ibid. co!. 319. n. 33; (f) Ibid. col. 313.
n. ig. (9) Ibid. n. 19. 20. 21.

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Und der

res Altertums und der Zeitfolge, durch welche sie fortgesetzt worden, von einem weic grössern Gewicht sind, als die Rechnungsbücher eines Kaufmans. Wem diese Bůz cher bekant find, und man schon sonst sich aus denselben Raths zu erholen gepflegt; so wird ein guter Richter sein Urtheil allemal nach ihrem Ausspruch einrichten, wenn es auch gleich keine Streitsachen zwischen einem Landesherru und Unterthan betreffen solte. Wenn sie fortgesetzt worden und alt sind, so können sie, des Mangels der authentischen Glaubwürdigkeit ohnerachtet, nicht nur einen halben Beweis abgeben, sondern auch zwischen den Unterthanen eines und eben desselben Oberherrn zu einem völligen Beweisgrund dienen..

Die Lehnsbekäntnisse und Verzeichnisse der Unterthanen beweisen alsdann, wenn sie von dem Landesherrn ungetadelt angenommen worden, und wenn sie eine authen tische Form haben (h). Wenn ihnen aber diese authentische Form felet, so haben fie, dem du Molin zu Folge (i), an und für sich keine beweisende Kraft; ohner: achtet dieser Schriftsteller einräumet, daß alle Rechtsgelehrte, die er gelesen, der gez genseitigen Meinung gewesen. Sie hielten wirklich dafür, daß diese Schriften eis nen halben Beweis, oder doch wenigstens einigen Mutmafsungsgrund abgeben kön ten. Uebrigens giebt du Molin zu, daß dergleichen Schriften eben nicht unnük seyn; indem es nicht an Mitteln felet, fie gültig zu machen.

§. 77.

Ein teutscher Rechtsgelehrter (1) behauptet, daß den Papieren oder Auffäßers Handlungs der Privatpersonen, wenn sie ordentlich eingerichtet und sorgfältig aufbewaret wors bücher. den, vieler, den Rechnungsbüchern der Kaufleute aber ein noch weit stärkerer Glauben beygemessen würde (C). Sie gewären seiner Meinung nach nicht nur einen halben Beweis; sondern es felet ihnen auch zuweilen nach Maasgebung der Umståns de kaum noch etwas von demjenigen, was zu einem volständigen Beweis gehöret. Die Meinungen der Schriftsteller sind in dieser Sache getheilet. Einige wollen den Büchern der Kaufleute nur einen halben Beweis einräumen; andere hingegen bes haupten, daß ihr Ansehen der Glaubwürdigkeit öffentlicher Verzeichnisse sehr nahe komme. Wenn sie aber einen volständigen und gewissen Beweis abgeben sollen, so ist nötig (1); 1. daß der Kaufman, dem sie gehören, in einem guten Ruf stehe, so daß es warscheinlich ist, er habe nichts als die blosse Warheit in dieselben einge: tragen; 2. daß die Schuld eigenhändig von ihm oder von seinem geschwornen Buch: halter, der seine Rechnungen füret, aufgezeichnet worden. 3. Daß die Ursache der Schuld angezeiget worden. 4. Daß das Buch seine eigne Handlung betreffe. 5. Daß die Schuld nicht alzuausschweifend gros sen. Indessen giebt es Länder, wo die Handlungsbücher der Kaufleute nicht diejenigen Vorzüge geniessen, die ihnen doch

́(h) Ibid. col. 309. n. 8. (i) Ibid. col. 310. n. 11. (†) Jac Bern. Multz apud Wes cker. de iure Archiui et Cancellariae p. 120. (1) Ibid. p. 78. 79.

(C) Bene ordinatae et cuftoditae repofiturae priuatorum, maxime mercatorum libris rationum multum tribuitur fidei, imo femi

plena probatio: nonnunquam etiam pro ratione circumftantiarum tantum non pleną Ibid. §. 4,`

doch an andern Orten zugestanden werden. Zu Genua wird nur allein ihren Bries fen nicht aber ihren Journalen geglaubt (m). In den Handelsstädten haben sie, wie bekant ist, vermöge der Gewonheit eines jeden Ortes, die Kraft öffentlicher In strumente.

Dem du Molin zu Folge, wird dem Buche eines Kaufmans Glauben beige messen, wenn es in mehrern andern Artickeln richtig befunden worden (n). ` Eben so wird es mit einem jeden Verzeichnis gehalten, wenn es von jemanden verfertiget worden, der es zu einen Beweis wider sich selbst aufzeigen mus. Doch gilt dieses nicht von solchen Aufsätzen, die kein Verzeichnis der Einname und Ausgabe enthalten, weil sie nicht einmahl eine beweisende Kraft wider ihren Verfasser haben. Die Schuldbücher der Kauffleute, können einen Beweis wider sie selbst abgeben, sie mögen nun ganz oder nur zum Theil von ihnen selbst oder ihren Buchhaltern geschrie ben seyn; wenn nur die Ursache der Schuld angegeben oder keicht zu mutmassen ist, imgleichen wenn die Rechnungen zusammenhängen und ordentlich eingerichtet sind, auch der Gegentheil sie nicht in Verdacht gezogen hat.

Wir haben jezt das Unsehen der Originale untersucht, welches sie an und für sich, ohne Rücksicht auf die Archive haben, wohin sie gehören; wir müssen nun auch mit den Abschriften eben so verfaren, und sie aus eben diesem Gesichtspunct betrach: ten. Hierauf wird die Glaubwürdigkeit der erstern sowohl als der leßtern, die sie in Betrachtung der öffentlichen Archive oder der Privatsamlungen, aus welchen sie ge nommen worden, verdienen, der unmittelbare Gegenstand einiger neuen Untersus chungen seyn.

S. 78.

Wir wollen uns bey der Beschaffenheit und der Verschiedenheit der verschiede: Stelle der nen Arten von Abschriften nicht aufhalten. Wir wollen diesen Gegenstand nicht Decret. von anders als ganz algemein und nach den uneingeschränktesten Entscheidungen beider den Copien. Rechte abhandeln.

Nichts ist unsrer ganzen Aufmerksamkeit würdiger, als eine berümte Stelle des heil. Gregorii des groffen, welche den canonischen Gesetzen von der Glaub: würdigkeit der Instrumente vorangesekt worden. Sie lautet folgender Gestalt: Si fcripturam authenticam non videmus ad exemplaria nihil posfumus (0).

Die ältesten Lehrer des geißtlichen Rechts häben nicht den geringsten Argwohn über die unverfälschte Richtigkeit dieses Textes geheget. Demohnerachtet haben sie geglaubt, daß er einiger Einschränkungen oder Erklärungen benötiget sen. Sie ha ben daher den Inhalt dieses Gesetzes so angegeben, daß die Abschrift eines Instru ments, wenn sie nicht mit den erforderlichen feierlichen Umständen verfertiget worden, ohne das Original nichts beweise (D). Der Verfasser der Glossa versi

chert

(m) Rota Genuenf. decif. 2. n. 27. (n) Molin. tom. 1. 314. §. 8. n. 20. (0)
Greg. Decret. lib. 2. tit. 22. cap. 1.

(D) Inftrumenti exemplum non folemniter fumtum, fidem non facit absque originali. Ibid.
Diplom. I. Th.

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