Pagina-afbeeldingen
PDF
ePub

Bericht der zusammengerufenen Befehlshaber zog er den Schluß, daß der Versuch eines neuen Sturmes das Volk auf die Schlachtbank führen hieße. Kaum war Feder in sein Zelt zurück, als ein Schnee fiel wie nie seit Menschengedenken, dabei ein Sturm und eine Kälte, daß nicht einmal Wachtposten sich stehend erhalten konnten. Da auch mit dem nächsten Tage kein Wechsel zum Besseren sich zeigte, blieb keine andere Wahl, als zu retten, was noch möglich. Ferdinand verkündete den Rückzug. Er kam Niemanden gelegener als den Italienern. Rußwurm hoffte noch das Geschütz zu retten, wozu er und seine Obersten einige hundert Pferde hergaben. Da mangelte aber alles Zuggeschirr, weil es zu andern Zwecken verbraucht worden. Es blieb nichts übrig, als die Stücke zu zersprengen; nur einige Wagen mit Pulver konnte Rußwurm zurückführen.

Am 17. ließ er die Zelte verbrennen und nahm noch die Kranken und Verwundeten mit. Aber auch diese mußte er hinter sich lassen. Eine kleine Meile von der Festung schlug er am Abend das Quartier auf. Des Erzherzogs Zelt mit seiner reichen Ausstattung und vielem Silbergeschirr, die Kutschen, alles Lagergeräthe, der ansehnliche Vorrath an Belagerungswerkzeugen, 42 Kanonen, 5 Karthaunen, 14,000 Flinten, andere Heeresausstattung, 6000 Kranke oder Verwundete waren. der Besatzung als Beute geblieben; den letteren allen wurden nachher in dem Festungsgraben die Köpfe abgeschlagen. In einem Sumpf, über welchen Herberstein eine Brücke zu werfen unterlassen hatte, erlitten nach dem Abzuge noch viele Menschen und Thiere den Tod. Die Heimkehrenden brachten aus dem Lager eine Seuche nach Hause, welcher nachher viele erlagen, und die bald darauf zu Laibach auch kein einziges Haus verschonte.

Ferdinand zeigte sich über diesen unglücklichen Ausgang seines Kriegsunternehmens geraume Zeit niedergeschlagen und stumm, bis ihn einst Wolf von Eggenberg an der Tafel mit den Worten aufge= richtet: Wollen E. D. sich trösten, nicht der Feind, das Unwetter hat Sie von der Belagerung zum Weichen gebracht.

Die nächsten Jahre brachten das Unheil näher, und der Herzog Wilhelm von Bayern sah die Möglichkeit voraus, daß Ferdinand die Seinen in Sicherheit würde bringen müssen. Deßwegen rieth er 1605, derselbe solle den Kaiser um Hülfe drängen, gute Kundschafter an

stellen, um gute Leute besonders um Katholische trachten, wenn er sich auf seine kegerischen Obristen nicht verlassen könne, und vielleicht, fährt der Herzog fort, könnten E. L. auch ohne Maßgebung, mit den Cxecutionen gegen die Landleute ein wenig gemacher thun und dissimuliren, doch weiter selbst nichts damit vergeben. ')

Der Herzog hatte recht gesehen. Die aufrührerischen Ungarn erschienen auf steierischem Boden, plünderten, verwüsteten, erschlugen viele Menschen, schleppten Knaben und Mädchen als Kaufwaare für die Türken weg. Aber Johann Tzerklas von Tilly, der nach einem Vierteljahrhundert so berühmt gewordene Kriegsheld, hatte, während der Erzherzog Ferdinand in Prag mit dem Kaiser über des Landes Bedrängniß sich berieth, an der Spige geworbener Haufen und des Aufgebotes des Landes den Feind zurückgedrängt. Die Noth einigte Alles. Nie zuvor, wird bezeugt, hätten die Landleute treuer, williger, gehorsamer gegen ihren Fürsten sich erzeigt.

XIX.

Zwei für jeden Landesherrn wichtige Gegenstände beschäftigten den Erzherzog: die Finanzen und die Wehrverfassung des Landes. Daß die Geldnoth nicht gering war, sehen wir aus einer Eröffnung desselben an die Landleute von Steyermark zur Zeit, da seine Vermählung bevorstand. "Sie wüßten, sagte er ihnen, wie schwere Schulden von Großvater und Vater her auf ihn sich herabgeerbt hätten. Diesem sehe zur Tilgung vor Jahren das doppelte Zapfenmaß bewilligt worden. Der Ertrag desselben habe hiezu nicht hingereicht; gegentheils seye sein Vater genöthigt gewesen, neue Schulden zu ma= chen, auch mehrere Herrschaften zu verkaufen; daneben hätten ihn ungetreue Diener um noch mehrere hunderttausend Gulden gebracht. Veranlassung zu jenen Schulden läge größtentheils in Vorkehrungen für das gemeine Wohl; andere hatten ihren Grund in der anerbornen Milde. Sein Begehren gehe dahin, sie möchten an demselben eine Million tilgen".

Dieser schlechte Zustand der Finanzen konnte eben sowohl Pro

1) Bd. V, Beil. 180. S. 400.

jektanten ermuthigen, als ihnen geneigteres Gehör verschaffen. Sie kamen, aber ihre Vorschläge waren unausführbare Abenteuerlichkeiten. Neben diesem wurden allerlei Anträge auf Ersparniß gemacht, und in der Folge kamen wirklich einige Verbesserungen in der Verwaltung und der Wirthschaft zu Stande. Doch blieb die Verlegenheit des Erzherzogs um die erforderlichen Mittel für die Hofhaltung und die Landeserfordernisse stets die gleiche. Bisweilen mußte er Geld bis zu 12 Prozent borgen.

Daß bei solchen Geldnöthen die Wehrverfassung, hätte sie auch nicht in anderer Weise an schweren Gebrechen gelitten, selbst dem unausweichlichsten Bedürfniß kaum entsprechen konnte, muß wohl einleuchten. Der stets mit gleicher Treue um seines Fürsten Ansehen und des Landes Wohl besorgte Graf Ambrosius von Thurn gab im 3. 1602 Verschläge ein, welcher Art der verwirrten kroatischen Gränze und dem untreuen Dienen bei Zeit fürzukommen wäre. Ob aber dieses ein wesentliches Ergebniß zur Folge gehabt habe, wissen wir nicht.

Eines, ob Eigenthümlichkeit der Person des Landesfürsten, ob neben dieser auch der Zeit angehörend, darf nicht übergangen werden: das sittliche Betragen der Soldaten blieb nicht unberücksichtigt. Der Hauptmannschaftsverwalter zu Radkersburg erhielt im J. 1608 von dem Erzherzog Befehl, diejenigen unter dem dortigen Kriegsvolk, welche ein ärgerliches Leben führten, auszubezahlen und abzudanken.

Für Maria kamen indessen wieder Tage der Freude, da der Kövig Sigismund von Polen eine andere Tochter, Constantia, von ihr zur Gemahlin begehrte. Am 23. Oft. 1605 wurde in Grät der Heiratsvertrag geschlossen und die Mutter begleitete die Braut nach Polen, mußte aber längere Zeit dort verweilen, weil ihre Gesundheit angegriffen war.

Indessen bereiteten sich bei dem krankhaften Zustande des Kaisers Rudolf wichtige Dinge unter den Erzherzogen, um dem Mathias, dem dritten Sohne des Kaisers Maximilian II., die Nachfolge zu sichern.

Stellen wir, sagt Hurter (V S. 64 ff.), aus mancherlei zerstreuten Andeutungen und Aeußerungen ein Bild dieses Erzherzogs zusammen, so finden wir, daß er, wenigstens in jüngeren Jahren die Unfähigkeit mit ansehnlichen Einkünften hauszuhalten, mit seinen

Brüdern Ernst und Albrecht gemein hatte, deßwegen eine hohe Stellung vorzüglich als Mittel zu deren Vermehrung betrachtete. Veranlaßte er früher Zweifel an der Wankellosigkeit seiner kirchlichen Ueberzeugungen oder vermied er es wenigstens damals nicht, den Schein auf sich zu laden, als sei er die Kirche preiszugeben geneigter, denn von einem Gliede des Hauses Oesterreich durfte erwartet werden, so wurde er nicht allein in Anhänglichkeit an sie, sondern selbst in Eifer für dieselbe in dem Maße gefestigt, in welchem er auf den Rath des Bischofs Klefel hörte, demselben nicht bloß überwiegenden sondern ausschließlichen Einfluß auf sich einräumte. Deswegen erwies er sich in der Folge zu Anerkennung einer rechtlichen Stellung der von der Kirche Getrennten weit zäher als sein Bruder Rudolf, welcher zuletzt kein Bedenken trug, die wankende Herrschergewalt auf Kosten von jener zu festigen. Als daher Mathias der Forderung der unkatholischen Stände Desterreichs nicht mehr ausweichen konnte, suchte er nach ertheilter Religions - Assekuranz bei dem Papst als ein gehorsames Kind der Kirchen Freisprechung von der Schuld nach.

So war auch er es, der bei seiner Vermählung in die Hausgeseze (vermuthlich nicht ohne Stachel gegen seinen Bruder Rudolf) die Bestimmung einrücken ließ: „daß hinfort kein regierender Herr von Desterreich ohne Vorwissen und Willen der anderen Allen etwas, der katholischen Kirche oder dem gesammten Haus Vorgreifliches zu bewilligen oder festzusehen Macht haben, und, da dergleichen dennoch geschähe, solches kraftlos sein solle. Für diesen nun wurde die Erbfolge um so eifriger betrieben, je mehr der Zustand des Kaisers sich verschlimmerte. (V. S. 73.)

Nicht allein wurde Niemand mehr vorgelassen und durfte von keinen Geschäften gesprochen werden, sondern es zeigten sich zwischenein förmliche Wuthausbrüche, in welchen er den Nächststehenden anfiel, verwundete, zuweilen an sich selbst Hand legen wollte. Noch bedenklicher schien es, daß er Anhänger verschiedener Secten, unter folchen selbst die gemeinsten Leute, an sich zog, ihnen oft das Geheimste anvertraute, Zuschriften an sie richtete und die Sage veranlaßte, bei= nahe hätte er durch sie zu heimlichem Entweichen sich bereden lassen. Zwei Jahre früher hatte der Erzbischof von Prag den Bruder Laurenz von Brundusio dahin berufen, um gegen die Unkatholischen zu

predigen und ein Kapuzinerkloster daselbst zu gründen. Rudolf hatte ihm hiezu neben dem ausersehenen Ort noch 2000 Thaler gegeben. Wie er nun in seinen damaligen Seelenängsten den Cardinal Dietrichstein um Hilfe bat, glaubte dieser sie durch die Gebete der Kapuziner mildern zu können. Hierdurch wurde das Uebel noch ärger. Rudolf zeigte fortan Widerwillen gegen die heil. Messe, ergoß sich in Schmähungen wider die katholische Religion, rief den Teufel herbei; ihm, schrie er bisweilen, gehöre er an, er folle ihn nehmen und wegführen. Sobald die Kapuziner ihre Gebete begannen, fing er an zu wüthen und zu toben; des Nachts fuhr er aus dem Schlaf auf und schrie, er werde von ihnen gepeinigt. Da sodann ihr Nachtgebet auf den Tag verlegt wurde, stellten sich die Ausbrüche. desto heftiger währenddessen ein. Deßwegen ging er damit um, diese Ordensleute aus dem Lande zu jagen, was bei dem Widerwillen der unkatholischen Landstände gegen dieselben ein Leichtes gewesen wäre, wenn sein damaliger Geschäftseckel sich hätte entschließen können, irgend etwas zu unterschreiben. Dabei dehnte er seinen Zorn auf alle Geistlichen aus. Nach der Verabschiedung der Geheimen Räthe Rumpf und Trautson sprach er von deren Hinrichtung oder Landesverweisung.

XX.

Bei solcher Lage der Dinge berief Mathias von den Gliedern des Erzhauses seinen Bruder Maximilian (Albrecht fand sich an die entlegenen Niederlande gebunden) nebst seinen Vettern Ferdinand und Maximilian Ernst (ihren Bruder Leopold mochte er vielleicht zu sehr dem Kaiser ergeben halten, Carl aber war noch minderjährig) zu einer Zusammenkunft nach Wien. Beschwerden über den Kaiser bildeten den Inhalt der erzherzoglichen Eröffnung. Mathias stellte vor: wie der Kaiser bei sich erzeigenden Gemüthsblödigkeiten zur Regierung der Königreiche weder geuugsam noch tauglich sich befinde, deswegen Fürsorge, daß des Hauses, der Länder, der katholischen Religion Erhaltung gesichert bleibe, ihnen Allen obliege. Und sie willfahrten seinem Wunsch und unterschrieben am 25. April 1606 eine Acte, wodurch sie denselben, damit des Hauses Macht und Würde nicht Gefahr liefen, zu dessen Haupt und Säule nach Inhalt des Testamentes Kaiser Ferdinand's bestellten, Alles genehmigend, was er hierüber mit

« VorigeDoorgaan »