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Uebersicht

der

Skythischen und Sarmatischen Völkerschaften.

Nachdem gezeigt worden, in welchem Sinn die Namen Skythen und Sarmaten bei Griechen und Römern gebraucht wurden, wollen wir jest darlegen, welche einzelnen Völkerschaften derselben bei den Alten genannt werden. Die Angaben darüber sind keineswegs so genau, daß man für jeden Schriftsteller eine Charte entwerfen könnte, sie dienen jedoch dazu, um ungefähr die Stelle zu ersehen, die man ihnen anwies, da Gebirge, Meere, Flüsse u. s. w. zu Hülfe genommen werden, ihren Wohnort zu bestimmen. Wir werden daher die Ansichten der bedeutendsten Schriftsteller mittheilen über die gegenseitige Stellung der im nordöstlichen Europa und im nördlichen Asien erwähnten Völker, nachher alsdann von denen, die mehrfach besprochen werden, und das zusammenordnen, was uns von ihnen überliefert ist 1).

Um Vollständigkeit in der Uebersicht der Skythischen und Sarmatischen Völker so viel möglich zu erreichen, sollen auch diejenigen angeführt werden, die als solche erwähnt werden, wenn sie auch nicht im eigentlichen Skythien oder Sarmatien wohnen. Auf dem nördlichen Abhang des Håmus finden wir, wie wir sahen, einige genannt, man zählt die Seren und die Parther zu den Skythischen Völkern, und wir wer den daher Einiges über diese mittheilen, die ausführlichere

1) Einen Versuch, einem Theile der von den Alten genannten Völkerschaften die ihnen auf unseren Charten zukommende Stelle anzuweisen, hat der Graf J. Potocki gemacht in s. Atlas archéologique de la Russie Européenne. St. Petersbourg 1805. fol.

Schilderung bleibt der Beschreibung des südlicheren Asiens vorbehalten.

In dem südöstlichen Küstenstrich des Pontus war man ungewiß, wie weit Skythische Völkerschaften gegen Westen wohnten, und viele nahmen nicht den Phasis als Völkerscheide an, wenn man ihn auch als Grånze Europa's und Asia's

nannte.

Wie die Westhälfte der Nordküste Kleinasiens von Thrakischen Völkerschaften beseßt seyn sollte 2), so hatte die östliche Hälfte Skythische Stämme. Hier sollten Kimmerier um Sinope, Umazonen am Thermodon festen Fuß gefaßt haben. Der Kaukasus galt für ein Skythisches Gebirge 3), der Phasis für einen Skythischen Fluß4), und nach Einigen sollten füdlich von ihnen Skythen, nördlich Sarmaten wohnen 5). Auch Kolchis hieß das Skythische 6). Den Thermodon nannte man einen Fluß der Skythen 7) und als Völkerschaften der= selben werden Makrones, Sapeires, Chalybes und Tibarener angeführt 8). Unsicher sen, glaubte man 9), ob die Kaukonen, die am Fluß Parthenius gewohnt haben sollten, Skythen oder Makedonier oder Pelasger gewesen. Die Myser nannte man als dem Skythischen Lande benachbart 10).

Destlich vom Kaukasus und Kaspischen Meere finden wir auch ein Schwanken in der Bestimmung, welches Volk als Skythisch oder nicht in Anspruch zu nehmen sey 11). Bei Herodot und denen die ihm folgten, machte der Araxes die Gränze, bei Späteren der Jarartes. Die Parni am Ochus erklärten aber Manche für Abkömmlinge der Daae, die oberhalb der Maeotis wohnten, und die Berge, wo der Ganges entsprang, nannte man die Skythischen 12), und da man die

2) Strab. XII, 541. 542. 564.

3) Apollod. I, 7, 2. Diod. Sic. II, 43.

4) Schol. Aristoph. Nub. 109. Acharn. 734. Valer. Flacc. Arg. I, 2, 43. II, 596. IV, 6, 7.

5) Schol. Apoll. Rhod. II. 397.

6) Stat. Achill. II, 360.

7) Lycophron. 1333. Schol. Villois. II. III, 189. Eust. ad Dionys. 772. 8) Schol. Apoll. Rhod. II, 392. 395. 378. 375.

9) Strab. XII, 542. Schol. Villois. Il. X, 429.

10) Aelian. de nat. an. IV, 25.

11) Strab. XI, 515.

12) Plin. VI, 22.

Parther, wie gesagt, zu den Skythen rechnete, wird diesen oft ein sehr großes Gebiet angewiesen 13).

Als die nördlichsten Völker, die im Homerischen Zeitalter den Hellenen bekannt waren 14), dürfen wir wohl diejenigen betrachten, welche uns der Dichter aufzählt, als vom Zeus, der auf dem Ida sist, beobachtet, indem er vom Kampfgetůmmel vor Troja den Blick abwendet 15):

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αὐτὸς δὲ πάλιν τρέπεν 16) ὄσσε φαεινώ, νόσφιν ἐφ ̓ ἱπποπόλων Θρηκῶν καθορώμενος alav,

Μυσῶν τ' ἀγχεμάχων καὶ ἀγαυῶν Ἱππημολγών, Γλακτοφάγων, ̓Αβίων τε, δικαιοτάτων ἀνθρώ

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Man stritt, ob die Myser in Europa oder Asien gemeint seyn 17). Posidonius und Andere erklärten sich für die Europäischen, da Zeus die Thraker sähe und so die Myser am Ister erblicken könne, nicht aber die Asiatischen, die hinter ihm wohnten. Porphyrion 18) hingegen meint, er betrachte die in Asien. Auch war man streitig 19), welche Worte man für Eigennamen oder für Adjektive zu halten habe 20).

Daß man diese Völker in der Ferne zu suchen habe, dafür spricht auch die Ansicht, die, wie Strabo mit Recht bemerkt 21), einstimmig bei Alten und Neuen sich findet, daß die entferntesten Völker Milcheffer wären, arm und sehr ge= recht, und Homer habe das nicht erdichtet 22). Gold und

13) Lucan. III, 267. II, 553. Dio Cass. XL, 14. Amm. Marc. XXVIII, 4. Curtius (V, 30.) läßt die Skhthen zum Alerander sagen: caeterum nos et Asiae et Europae custodes habebis: Bactra, nisi dividat Tanais, contingimus; ultra Tanaim, usque ad Thraciam colimus. Thraciae Macedoniam coniunctam esse fama est.

14) Daß man um diese Zeit Skythen und Sarmaten nicht kannte, f. Strab. VII, 298. XII, 553. I, 33. XI, 507.

15) II. XIII, 3.

Vgl. Völker, Myth. Geogr., S. 141. Ritter, Geogr. II, 1, 620. Deff. Vorhalle 263.

16) II. III, 427. XXI, 415.

18) Ap. Schol. Villois. 11. XIII, 4.

19) Eust. II. XIII, 3. p. 916.

21) VII, 303. XII, 553.

17) Strab. VII, 295. 303.

20) S. d. einz. Völkerschaften.

22) Die besten, glücklichsten und von den Göttern geliebten Völker suchte man am Ende der Welt. Man denke an die Aethiopen Homers, an die Hyperboreer, Arimphacer. Herodot, der die Sagen von den Hyperboreern bezweifelt, läßt im fernen Norden seine Argippåer wohnen (IV, 23.), die gleichsam als heilig angesehen werden.

Silber betrachtete man überhaupt als Verführungsmittel zum Bösen, bei Armuth finde sich Gerechtigkeit 23).

Im Zeitalter des Hesiodus scheint man zuerst die Bewohner der nördlichen Gegenden Skythen genannt 24), und ihnen den Norden als Wohnsiß angewiesen zu haben, eben dahin mochte man die Glaktophagen sehen 25). Die Zeit dieses Dichters ist die der Entdeckung mancher fernen Gegenden; viele Sagen mochten in Umlauf gefeßt werden, die sich auch später erhielten und auf mancherlei Weise aus und umgebildet wurden, z. B. über seltsam gestaltete Menschen 26), Leute im Norden mit verdrehten Füßen 27), Greife u. f. w. 28)

Es ist vorher gezeigt 29), wie man mit den nördlichen Gegenden allmålig bekannt ward. Aristeas, der zu Cyrus Zeit lebte, ist für uns der Erste, unter dessen Namen uns einige Nachrichten über die gegen Mitternacht wohnenden Völker erhalten sind. Er ließ 30) am Pontus Kimmerier wohnen, dann immer nördlicher Skythen, Issedonen, Arimaspen, Greife, Hyperboreer, die an den Oceanus stoßen. Er berichtete, die Issedonen hätten die Skythen gegen Süden hinabgedrängt, diese nöthigten die Kimmerier fortzuziehen.

Anders schilderte Aeschylus diese Gegenden 31). Er dachte sich wahrscheinlich die Erde als eine runde Scheibe, die der Okeanos als Strom umflutete 32) und der Phasis im Osten in eine nördliche und südliche Hälfte theilte 33). In der Nordhälfte bewohnen die Skythen ein großes Land, und

23) Plato de legg. III, p. 670. Arrian. exp. Alex. IV, 1.

24) Strab. VII, 300. Vgl. m. Geogr. II, 2, 6. Vgl. Naeke ad Choeril. p. 124. Zweifel an der Aechtheit des Verses hegen Baier. opusc. 173. Lobeck Aglaopham. II, p. 1156.

25) Strab. VII, 302.

26) Strab. VII, 299.

27) Gell. IX, 4.

29) S. 20.

Harpocrat. v. Μακροκέφαλοι.

28) Schol. Aesch. Prom. 793. 30) Herod. IV, 13.

31) Vgl. über seine Ansichten diese Geogr. II, 2, 10. Er führte die Jo nach dem Norden, f. Völker, Myth. Geogr., S. 9. Müller, Dorier I, 120, Klausen im Rhein. Mus. für Philol. III. Jahrg. . 293. Herm. de Aesch. Prom. sol. Opp. T. IV, p. 253. Die Sage gehört der Zeit an, als Personen der Vorzeit zu Heroen erhoben wurden, wozu große Thaten, Züge in ferne Gegenden, Anstrengungen aller Art berechtigten, und als man die Sagen vom Apis mit der griechischen Mythologie in Verbin= dung sehen wollte. Vgl. Aelian. de nat. an. XI, 10.

32) Prom. 138. 531.

33) Arrian. Peripl. p. 12. Aesch. ed. Schütz. Vol. V. fragm. p. 124.

selbst die entfernte Wüste, wo Prometheus angeschmiedet ward, bezeichnet er als ihnen nahe 34). Es ist dies eine Dede, wo keine Menschen leben 35), hohe Felsengipfel und Berge sind daselbst 36), und mag man des Okeanos Quellen im Osten oder im Westen suchen 37), sie sind weit von der Stelle, wo Prometheus leidet 38), der auch als am Erdrande, an den Enden der Erde befindlich dargestellt wird 39). Die Gegend ist reich an Eisen 40). Aeschylus giebt den Namen des Felsen nicht an, wo der Titane angeschmiedet ist 41), den Kaukasus aber erwähnt er spåter als ein weit entferntes Ge= birge 42). Indem er der Jo den Weg, den sie zu nehmen habe, bezeichnet, sagt er ihr, von dem Orte seiner Qual sich gegen Osten wendend, gelange sie durch unbebautes Land zu den Nomadischen Skythen 43), diesen solle sie nicht nahen, sondern am Meere (wahrscheinlich der Maeotis) hingehen, die zur linken Hand wohnenden Chalyber meidend, so werde sie zum Fluß Hybristes kommen 44). Dieser sey nicht gut zu durchwaten, daher solle sie zu seinen Quellen fortgehen, die auf den Höhen des Kaukasus liegen. Die himmelhohen Gipfel 45) desselben solle sie übersteigen, und auf der Südseite werde sie die Amazonen treffen, die gerne als Führerinnen dienen würden. Sie komme dann an den engen Ausfluß des Sees 46) zum Kimmerischen Isthmus und solle kühn den

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36) ibid. 3. 4. 15. 20. 117. 142. 277. 788. 1016.

37) Vgl. Herod. IV, 8. Aesch. Prom. 300. Völker, Myth. Geogr. I, 197. 38) Prom. 284. 299. 133.

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39) ibid. 117. 671. Eine ähnliche Ansicht hatte Pherefydes, Schol. Apoll. Rhod. IV, 1396, der den Herkules in Libyen sich einschiffen läßt, der dann durch das äußere Meer nach Perge (Nordland) fährt, und dort den Adler, der des Prometheus Leber anfraß, erschießt. Vgl. m. Geogr, II, 2, 8. 40) Prom. 301.

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41) Cicero, der über den Prometheus des Aeschylus spricht, Tusc. Qu. II, 9, schiebt die spätere Ansicht unter, wenn er sagt: adfixus ad Caucasum dicit haec. Hygin. Poet. astron. II, 15. p. 456. Apollod. II, 5, 1. 42) Darauf machen mehre Ausleger aufmerksam, so d. Schol. zu Prom. v. 1. Vgl. Tлódεois. Schol. Prom. 118. Eust. et Schol. ad Dion. Per. 663. Eust. ad Od. p. 1390. Vgl. d. Schol. bei Herman. de Aesch. Prom. p. 12. Opp. IV, p. 262.

43) Prom. 712 718.

44) Schüß erklärt mit Recht Hybristes für den Namen eines Flusses; wie er später genannt worden, ist nicht auszumachen. Der Scholiast denkt irrig an den Araxes.

45) Eust. ad Od. p. 1390. ed. Rom.

46) líuvn, die Maeotis.

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