Pagina-afbeeldingen
PDF
ePub

Betrachtet man den Nordosten Europa's und die Nordhålfte Asiens, so ergiebt sich, nach unserer jeßigen Kenntniß, Folgendes:

Gehen wir von der Balkanhalbinsel nördlich über die Donau, so treffen wir das südöstliche Ende der Karpathen, die eine kurze Abdachung gegen Süden und Osten haben, gegen Norden zu den großen Ebenen abfallen, die sich all= målig zur Ostsee senken. Auch nördlich vom Schwarzen Meere find große Flächen, die sich nach und nach bis in die Breite von Moskau und Twer erheben, wo ein hoher Landrücken, von S. W. nach N. O. streichend, bis zum Ural fortzieht. Der Pruth, der von den Karpathen kommt und zur Donau geht, der Dniester, der mit gleicher Schnelligkeit aus derselben Gegend herströmt und in das Schwarze Meer fällt, der Dnieper und Don, beide dem bezeichneten Landrücken entquellend, zeigen uns die füdliche Abdachung dieses Landes, wie die Wolga, aus der Gegend von Moskau kommend und dem Kaspischen Meere zueilend, die südöstliche. Von der Nordseite jenes hohen Landrückens fließen Petschora, Mesen und Dwina zum Eismeer, durch große Flächen, die gegen Norden sich immer tiefer senken. Im Osten dieser Ebenen erhebt sich der Ural, der vom Eismeer gegen Süden zieht, wo fich, von seinem Fuße bis zum Kaspischen Meere, große Steppen ausbreiten. Zwischen diesem gewaltigen Landsee und dem Pontus ist der Kaukasus, der von Nordwest gegen Südosten zieht. In's Kaspische Meer fallen, von Norden, der Ural und die Wolga; vom Kaukasus strömen ihm mehre Flüsse zu, besonders der Terek, südlicher der Kur und Aras; von Mittag und Morgen nimmt es keine bedeutenden Gewässer auf. Deftlich vom Kaspischen Meere ist der Uralsee, dem zwei große Flüffe, von Osten der Sir Deria oder Sihon, und von Südosten der Umu Deria oder Gihon, zueilen.

Gegen Morgen vom Ural liegen die großen Ebenen Sibiriens, auf denen man allmålig vom nördlichen Eismeere

zu den ungeheuren Gebirgsmassen, welche die Mitte Asiens bilden, emporsteigt. Oben auf diesen Gebirgsmassen, die im Westen mehr als im Osten gegen Süden zurücktreten, dehnen sich unermeßliche Hochebenen aus, und am Nordrande dersel= ben liegen die Quellen der großen Flüsse, Ob mit dem Irtisch, Jenisei und Lena, die in's Eismeer strömen. Vom nordwestlichen Theile der Gebirgsmassen senken sich schräge Flächen zum Kaspischen Meere und zum Aralsee.

Unter den hier im Allgemeinen geschilderten Ländern werden am häufigsten, in Bezug auf die Skythen, die, welche nördlich vom Schwarzen Meere liegen, erwähnt. Betrachten wir sie etwas genauer.

Die Steppen daselbst 1) sind 20 bis 30 Klafter (100 bis 150 Fuß) über das Meer erhabene Plateaus; die großen Urfluten, die jest quellenden Flüsse, und das Regenwasser haben die Oberfläche vielfach zerschnitten und zerlegten die Steppenplateaus durch viele darin ausgebildete Furchen, Schluchten, Thaler, in eine Menge von Würfeln, Kuppen und Bergen, die alle von derselben Höhe in langgezogenen Gewölben neben einander liegen.

Alle Flüsse fließen in sehr großen und weiten, in das Steppenplateau eingeschnittenen Thälern. Geht man vom Schwarzen Meere und dem Asow'schen gegen Norden, so steigt man allmålig empor und kommt zu den Cataracten (Porogen) des Dnieper, Bug und Dniester, die fast unter derselben Breite, unter 481⁄2o, durch einen Granitzug gebildet scheinen, der von den Karpathen abgeht und bei Olgopol mit am höchsten ist. Diese vorher erwähnten Thäler haben, wie die Regenschluchten, 100 bis 150 Fuß hohe Gehänge. Am Dniester, Dnieper und anderen beträgt die Entfernung des einen Ufers von dem andern sieben bis acht Werste. Die Gehänge sind anders, als bei den Regenschluchten; diese sind

1) Pallas, Bemerkungen auf einer Reise in die südlichen Statthalterschaften des russischen Reiches. Th. II. Kohl, Reisen in Südrußland. Th. II, S. 64, 68, 72, 118. F. v. d. Brincken, Ansichten über die Bewaldung der Steppen des europäischen Rußlands. 1834. 4. Mit Kpfrn. u. Charten. - Voyage dans la Russie méridionale et la Crimée exécuté en 1837 sous la direction de M. Anatole de Demidoff. T. 1, 2, 3. Paris 1842. 8. Observations sur les salines de la nouvelle Russie, par M. Hauy. Mém. présentés à l'Acad. de St. Petersbourg par divers savans. T. I. 1830. p. 132 etc. - Fr. Goebel, Reise in die Steppen des südlichen Rußlands. 2 Bde. Dorpat 1838. 4.

-

steil, jene sind abgerundet, nirgends völlig unzugänglich und fchroff, überall mit einer Fruchterdeschicht bedeckt, in den nördlichen Steppengegenden mit Gehölz beseßt, in den südlichsten wenigstens mit Gras überwachsen. In diesen großen Thalweitungen fließt der Fluß in der Mitte, oder dem einen oder anderen Gehänge näher und hat gewöhnlich schwach erhabene Ufer, die er oft überschreitet. Ein Theil dieser Niederungen wird bei jedem Anschwellen des Flusses überschwemmt, ist immer feucht und morastig und in der Regel mit dichtem Schilf und Gestrüpp bedeckt; sie sind oft eine Meile breit und viele Meilen lang. Andere Thaler liegen gewöhnlich trocken und werden nur im Frühjahr überschwemmt; sie bieten schöne Wiesen und Heuschlag. Andere Stellen sind über alle Ueberschwemmungen erhaben und daher mit Ackerbau, Dörfern und Verkehrswegen bedeckt.

Die Küsten des Meeres sind größtentheils schroff abge= riffen, ohne Gras und frisch verwundet, nur einzelne Stellen sind abgerundet, vernarbt und mit Gras überwachsen. Häufig versinken ganze Strecken der Küste. Dieses perpendiculare Absinken ist mit noch merkwürdigeren Hebungen verbunden. Das vom Meer bespülte Gestade nämlich hebt sich gewöhnlich zu gleicher Zeit, indem jenes Bruchstück sich herabläßt, als wenn es empor oder herausgedrückt würde, mehre Klafter hoch herauf, der Art, daß seine Oberfläche, die früher horizontal war, nun schråg nach Innen zu geneigt wird, und daß es gegen das Meer zu, von dem es früher überspült wurde, einen schroffen Absturz bildet. Mannigfache Veränderungen hat die Küste erlitten und leidet sie noch durch die Limans, wie die Russen jede Sammlung von Wasser in einem Thal, nahe am Meere, nennen 2), mag sie durch eine Landzunge vom Meer getrennt seyn oder nicht.

Der Regen und das geschmolzene Schneewasser stehen bei starken Niederschlägen auf den großen Flächen und flachen. Wölbungen der Steppe oft mehre Zoll hoch eine Zeitlang still. Ein kleiner Theil zieht in den Boden, der meiste Regen aber fließt zu den großen, langgezogenen Abhängen und bildet die eingeschnittenen tiefen und schroffen Schluchten, von denen manche eine halbe Meile lang sind. Sie durchschneiden die

2) Observations sur les salines de la nouvelle Russie, par M. Hauy. Mém. présent. à l'Acad. de St. Petersbourg par divers savans. T. I. 1830. p. 132. — Kohl, Reisen I, 369.

Steppe in allen Richtungen, und ihre Gehänge sind oft selbst dem Fußgänger unersteigbar; sie erschweren sehr den Verkehr und sind besonders im Winter gefährlich; im Frühling braus't in ihrer Tiefe ein schmußiger Schlammstrom.

Die Steppenwege sind im April und Mai fest und eben. Im Junius und Julius schwebt überall ein feiner Staub, der die Menschen schwarz wie Mohren macht und sehr be= schwerlich ist. Im Beginn des Frühlings, bei der Schneeschmelze, ist aber die Steppe fast völlig bahn- und weglos. Denn da verwandelt sich die ganze fette Erde der Oberfläche in einen zähen, schlammigen Brei, durch den sich die Ochsen noch leichter hindurcharbeiten, als das Pferd. Bei Regenwetter aber kann man mit Ochsen nicht weiter fahren, da dann beim Ziehen die Haut wund wird. Im October treten die heftigen Schneestürme, Wjuga's, ein, die oft mehre Tage alles Fortkommen unmöglich machen.

Geht man nach der Krim, so kommt man über den Isthmus von Perekop, der 81/2 Werste breit ist. Die nordlichen drei Viertheile dieser Halbinsel sind eine völlige, mit sparsamen Gründen und Vertiefungen gewellete Ebene oder Steppe, deren Boden von verschiedener Beschaffenheit, doch größtentheils, besonders in dem zwischen Perekop und Kaslof auslaufenden Winkel, an der Oberfläche sandig, oder ein mit Lehm gebundener Sand ist. Strichweise, z. B. von Perekop bis zu den Salzseen, ist es eine dünne, der Kaspischen ähnliche, salzhafte Lehmsteppe, die sich unmerklich gegen die Salzseen absenkt.

Ein Theil der Fläche der Krim und ein beträchtlicher Theil der gebirgigen Strecke besteht aus jungem Kalkflöz. Dieses Gebirge zieht, in einer Breite von vierzig, fünfzig und mehr Wersten, und in einem Zuge, der ungefähr ein Segment von einem Kreise vorstellt, von Inkerman bis gegen Kaffa. Von der nördlichen Hälfte der krimischen Halbinsel steigt dieses Kalkflöz mit einer erst ganz flachen, dann wogigen Oberfläche an, nåher aber gegen das Gebirge erhebt es sich zu zerriffenen, oder von Thälern ganz durchschnittenen Bergen, welche fast durchgängig gegen die nördlichen Striche des Compasses sich sanft verflächen, gegen die südlichen Striche aber steil, und gemeiniglich mit Felsenabfäßen, die gleichsam sågenförmig abbrechen, und deren Lagen, wo sie sichtbar sind, ebenfalls sich sanft über den Horizont erhebend erscheinen und absehen.

Das höchste und älteste Gebirge Tauriens macht den südlichen, gleichsam abgebrochenen Rand dieser Halbinsel aus

« VorigeDoorgaan »