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Zufall die Entdeckung herbeigeführt hätte, daß es möglich seyn werde, auf eine noch weit leichtere Art demselben Ziele nahe zu kommen.

Die Ehre dieser wichtigen Entdeckung gebührt dem_dadurch mit Recht berühmt gewordenen englischen Arzte Dr. Eduard Jenner zu Barkley in der Grafschaft Gloucester= shire.

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Schon längst existirte in einigen Districten von England unter den Kühen ein blatternartiger Ausschlag am Euter, den man mit dem Namen Kuhpocken belegte. Im Bezug hierauf herrschte nun dort die Volksmeinung: Wenn ein Mensch durch Ansteckung diese Kuhblattern bekomme, so sey er hierdurch auf immer gegen die natürlichen Blattern ge= fichert.

Jenner ward auf diese Ansicht aufmerksam, hörte von den Landleuten, daß sie sich wirklich auf Erfahrung stüße, stellte besonders seit dem Jahre 1790 sorgfältige Beobachtungen hierüber an, und fand die Sache zuleht wirklich begründet. Denn als er einigen Personen zuerst die Kuhpokken, und dann auf die gewöhnliche Art die natürlichen Kinderblattern eingeimpft hatte, zeigte sich, daß sie die lehtern gar nicht bekamen; auch dann nicht, als er diese Personen mit schweren Blättern - Patienten mehrere Nächte in einem und demselben Bette schlafen ließ.

Natürlich kam Jenner hierdurch zu der Ueberzeugung, daß die absichtliche Einimpfung der Kuhpocken ein sicheres Schuhmittel gegen die verheerende Wuth der gewöhnlichen Kinderblattern gewähre, und daß es in allen Fällen weit leichter sei, den nur wenige Tage anhaltenden, durch die Kuhpocken-Impfung hervorgerufenen Krankheits- Zustand in seinem gelinden Verlauf zu überwinden, als die eingeimpften natürlichen Blattern ohne Nachtheil zu überstehen; zumal,

da es sich bald zeigte, daß in den Kuhpocken wirklich ein ausdauernder Schuß gegen die natürlichen Blättern

liege.

Noch ehe Dr. Jenner im Jahre 1798 mit seinem ausführlichen Werke über die Kuhpocken hervor trat, und fo feine wohlthätige Entdeckung zum Gemeingut der ganzen gebildeten Welt erhob, erkannte ihm das englische Parlament in richtiger Würdigung seines Verdienstes eine NationalBelohnung von_zehntausend Pfund Sterling zu; und ob= gleich späterhin Neid und Mißgunst diese uralten Erbfieber unter den Aerzten gewöhnlichen Schlages fich ein ordentliches Geschäft daraus gemacht haben, dem würdigen Jenner theils die Ehre der ersten Anwendung der Kuhpocken als Schuhmittel wider die natürlichen Blattern abzustreiten, theils die ausdauernde Bewährung dieses Schußes in Zweifel zu ziehen: so ist doch einerseits gewiß, daß Jenner zuerst jene Erfahrung mit der nöthigen Aufmerksamkeit prüfte und wissenschaftlich in Anwendung brachte, ohne sich durch einseitigen Widerspruch irre machen. zu lassen; andrerseits aber ist der Saß, daß bei Verwendung guter Kuhpocken-Materie, richtiger Inoculation, und aufmerksamer Behandlung der Impflinge sich die Schuhkraft dieses Stoffes unzweifelhaft erprobt, durch tausendfål- tige Erfahrungen so gut bestätigt worden, daß blos Einseitigkeit des Widerspruchsgeistes sich noch in der Behauptung des Gegentheils gefallen kann.

XV.

Der Gebrauch und vielfältige Nußen der Drehbank.

Die Kunst, auf einer sogenannten Drehbank verschiedenen Körpern aus Holz, Knochen, Elfenbein, Horn und allen Sorten von Metall, gerundete künstliche Formen von be liebiger Gestalt unter Anwendung manchfaltiger Dreheisen zu ertheilen, ist gegenwärtig zu einem sehr hohen Grade von Vollkommenheit gelangt. Indessen würde man unrichtig schließen, wenn man die jeßt wahrnehmbaren mühsamen Leistungen dieser Kunst als einen Beleg dafür halten wollte, daß die hier fragliche Fertigkeit überhaupt nur neueren Ursprungs seyn könne. Man hat sich vielmehr schon in uralter Zeit darauf verstanden; und nur so viel ist wahr, daß auch dieser Zweig der mechanischen Thätigkeit, gleich so vielen andern, ganz allmählig vorwärts geführt worden.

Wollten wir der alten griechischen Sage Glauben schenken, so hätten wir den Dådalus, dem seine mechanische Kunst selbst in der Fabellehre eine wesentliche Stelle verschaffte, als ersten Erfinder der Drehbank zu betrachten. Doch ist diese Nachricht um so ungewisser, da auch die Griechen, wie alle ältere Nationen, die Sitte hatten, Månner, die einmal in einem bestimmten Zweige der mensch

lichen Fertigkeit sich bedeutenden Ruhm erworben hatten, und dadurch volksthümlich geworden waren, nun auch als Urheber der verschiedenartigsten Leistungen zu bezeichnen, für welche gerade kein anderer Erfinder- Name mit Sicherheit geltend gemacht werden konnte.

Daß man aber schon ein paar tausend Jahre vor Chr. G. in der Drehkunst nicht unerfahren gewesen seyn müsse, läßt die mehrmalige Erwähnung von künstlichen DrechslerArbeiten beim Homer u. f. w. mit ziemlicher Gewißheit vermuthen. Höchst wahrscheinlich beschränkten sich hierbei die Ursprungs-Leistungen in dieser Kunst auf das Drehen glatter Kugeln und Säulen; worauf dann spåter erst das Hohl-Drehen und das Ausdrechseln von Bechern und Trinkgefäßen begann.

Daß man namentlich auf lehtere Geräthschaften nicht nur sehr zeitig, sondern auch mit besonderer Vorliebe die Erfahrungen der Drehkunst anwandte, wird durch die Kunstgeschichte der åltern und mittlern Zeit zu ausreichend bestätigt, als daß es noch irgend eines Beweises bedürfte; ja, man kann wohl sagen, es würde diese Kunst niemals zu einiger Vollkommenheit gediehen seyn, geschweige denn den so umfassenden Bereich ihrer heutigen praktischen Anwendung errungen haben, wenn nicht die Franken, Germanen und Westgothen ebenso, wie vorher die Griechen und Rdmer, darin einen willkommenen Anlaß erblickt hätten, ihrer volksthümlichen Liebhaberei für zierliche Trinkgefäße freien Spielraum zu geben. Eben darum legten Leute aus allen Ständen bald selbst Hand an, und ließen bei Erschaffung wunderlich geformter Trinkgefäße den Launen ihrer Phantasie so unbeschränkt den Zügel schießen, als es ihnen nur eben durch den Einfall des Augenblicks nahe gelegt werden. mochte. Hierdurch aber ward mit der Zeit ein solches Raf

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finement in dieser Art von Production hervor gerufen, daß weiter blickende Männer bald mit sich selbst über den Vortheil einig waren, der aus der Benuhung der Drechslerkunst für eine große Anzahl andrer Zweige der mechanischen Thätigkeit hervorgehen müßte: und so dehnten sich die eigenthumlichen Leistungen dieser Kunst fortschreitend immer weiter aus. Nicht bloß Holz, sondern auch Elfenbein, Horn und Metall gaben den rohen Stoff dazu her; und als man außer dem Metall auch gewisse Steinarten auf diese Weise zu bearbeiten begann, wie z. B. den Zöbliger Serpentinstein, den Band - Jaspis u. f. w., so fiel die praktische Nugbarkeit der Drehbank immer stärker in die Augen.

Natürlich nahm man unter diesen Umständen auch mit der Drehbank selbst gar mancherlei Veränderungen vor.

Wie bekannt, kommt das Wort Drehen oder Drechseln davon her, daß bei dieser Arbeit das Material des zu bildenden Körpers auf der Drehbank zwischen den Spihen der sogenannten Reitstöcke vermöge einer Schnur dem Dreheisen entgegen in die Runde gedreht wird; und eben dieses Drehen in die Runde ist Ursache, daß der auf diese Art in die Drehbank eingespannte Körper ganz oder nach seinen einzelnen Theilen meistens die Gestalt einer Kugel, eines Ke= gels oder einer Walze empfängt. Indessen giebt es doch auch eine Art zu drehen, bei welcher vermittelst besonders dazu vorgerichteter Drehbänke und Hülfs Einlagen die abzudrehende Sache nicht nur in der Runde herum bewegt, fondern auch gleichzeitig hin und her geschoben wird, so daß nicht nur Zirkel - Linien auf der Arbeit entstehen, sondern auch andere beliebige Figuren hervorgerufen werden. Man nennt diese Art des Drechselns die Kunst-Dreherei im engern Sinne, oder auch das Passig-Drehen; und Umbert, Bourgeois, Johann Georg Prasse und Teubner haben sich

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