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wein-Bereitung zu verfeinern. Gerade die Verbote, welche während des sechszehnten Jahrhunderts in einigen deutschen Ländern wider den Branntwein ergingen, gaben den stärksten Anlaß dazu, daß man auf die Verfeinerung seiner Bestandtheile sann, und die Fortschritte der Chemie leisteten hierzu den lebhaftesten Vorschub. Auf der andern Seite suchte man aber auch die Wünsche des größern Publicums durch möglichste Vervielfältigung der zu diesem Getränke bestimm ten Materialien zu erfüllen. Namentlich kam der Wachholder Branntwein zeitig in Gebrauch, und ebenso der aus Früchten und Fruchtsäften bereitete Liqueur. Da sich nun das Destillirgeschäft immer gewinnreicher gestaltete, so belegte man das neue Getränk bald mit Steuern, und dieß gab immer wieder zu größerm technischen Raffinement Anlaß, weil Erfaß für die Steuer noch am leichtesten zu erlangen war, wenn die Brennereien ungewöhnliche Quantitäten auf einmal herstellten. Bei der großen Verbreitung des Getränks durch alle Länder der Welt zeigte sich mit der Zeit der Einfluß der Branntwein - Brennerei auf die Getraide - Confumtion so überwiegend, daß man allmählig den Ausweg wählte, Kartoffeln als Material zu nehmen, und dieser Stoff ward um so beliebter, je besser man dahin gelangte, durch chemische Mittel seine herben Bestandtheile zu entfer nen, oder ihn zu entfußeln; während die gleiche Operation bei Runkelrüben u. s. w. viel weniger gelang. Eben darum hat sich auch die Consumtion dieses Artikels fortwährend gesteigert, und wenn man sich nicht entschließen sollte, in dem Bier-Verbrauch durch völligen Erlaß aller Bier: Steuer ein Gegengewicht gegen den so außerordentlich starken Branntwein Verbrauch zu begründen, wird es wohl niemals gelingen, die für die menschliche Gesundheit so höchst nachtheilige Zunahme

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der Branntwein Confumtion zu beschränken: am wenig= ften aber wird man durch die, nur zum Stüßpuncte der Pietisterei dienenden Mäßigkeits- Vereine diesen Zweck erreichen.

Der Hauptgrund der großen Beliebtheit des Branntweins liegt in der überaus belebenden und geistig anregenden Kraft, welche eine sehr geringe Quantität davon an jedem Genießenden mehr oder weniger geltend macht. Will man also dieses nachtheilige Getränk aus dem alltäglichen Genuß verdrängen, so muß man theils die warme Frühkost mit Suppe u. dgl. bei den handarbeitenden Leuten wieder gangbar zu machen suchen, theils für die Herstellung solcher Biersorten Sorge tragen, die, aus åchtem Hopfen bereitet, wahrhaft magenstärkende Kraft entwickeln, ohne den Kopf zu benebeln. Den jest so beliebten bayerischen Lagerbieren ist freilich die magenstärkende Eigenschaft nur dann gesichert, wenn man sich hütet, statt der reinen HopfenZuthat nervenbetäubende Kräuter- Substanzen für die Bierbrauerei zu verwenden; allein bei gutem Willen und eifriger Unterstügung des Hopfenbaues kann es den Staats- Regierungen gar nicht schwer fallen, diese Sorgfalt geltend zu machen; und wird hiermit noch das Bestreben verbunden, auch den årmsten Klassen den Genuß von gekochtem Fleische wenigstens einigermaßen zu erleichtern, indem man der Viehzucht in kleinen Haushaltungen Vorschub leistet, und sich vor hohen Schlachtsteuern u. s. w. hütet, so muß der gute Zweck, die Branntwein - Pest allmählig zu verdrängen, zuleht doch erreicht werden.

Wenn übrigens aus den oben angeführren Gründen in neuerer Zeit sicherer Gewinn bei der Branntweinbrennerei nur dadurch festgestellt werden konnte, daß man dieses Ge= trånk in sehr großen Massen auf einmal zu bereiten begann,

so war es um so natürlicher, daß man den Zeit- und Brennmaterial-Aufwand hierbei durch das Bestreben zu verringern suchte, diese Bereitung ohne wirkliche Destillation in das Werk zu sehen: was in der That gelungen ist, obwohl man nicht gerade sagen kann, daß die innere Güte der Branntweine und Liqueure durch dieses neue Verfahren gewonnen habe, weshalb auch viele Brennereien es jest wieder vorzie hen, sich der Dampf-Destillation zu bedienen. *)

*) Vergl. hierzu: K. Ch. U. Neuenhahn, die Brannts weinbrennerei nach theoretischen und praktischen Grundsäßen, neue Ausgabe, Leipzig 1811-1824. 8., 2 Bde.; S. F. Hermbstädt's chemische Grundsäge der Kunst, Branntwein zu brennen, Berlin 1823. 8., 2 Bde. mit 12 K.; F. E. Siemens: Beschreibung eines neuen Betriebes der Kartoffeln- Brennerei, und einer neuen Dampf-Destillation, Pyrmont 1824. 8., mit 7 K.; Loreng und Marnih neueste Anleitung zur praktischen Destillirkunst und Liqueur-Fabrication, Berlin 1832. 8. und Behrens praktisches Handbuch der Liqueur-Fabrication ohne Destillation, Duisburg 1835. 8.

XX.

Ursprung und Fortbildung der Feldmeßkunst.

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Gewöhnlich bezeichnet man die Feldmeßkunst oder Geometrie als die Wissenschaft von den Verhältnissen des Raumes, den die körperlichen Dinge nach ihrer Länge, Breite und Höhe einnehmen. Um jedoch die Wichtigkeit dieser Kunst bemerkbar zu machen, muß man zu dieser Begriffs Bestimmung noch hinzufügen, daß die Geometrie es anschaulich macht, wie die Formen aller zum Seyn und Leben nöthigen Dinge unter einander in einer innern Ge= fammt Beziehung stehen. Den Namen Feldmeßkunst empfing diese Wissenschaft deshalb, weil sie ihren Ursprung von der Ausmessung der Felder, d. h. der Längen und Breiten auf dem Erdboden nahm, wozu erst später die Höhen Messung hinzu trat. Der erste Anfang der Geometrie lag also in dem, was man jezt im engern Sinne Geodasie nennt.

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Die ersten Grundsåge davon wurden ganz natürlich schon damals aufgestellt, als man bei Einführung des Ackerbaues, die Nothwendigkeit empfand, eine Theilung des Grundes und Bodens vorzunehmen. Da nun Aegypten. zu den ältesten Ackerbau- Ländern gehört, und dessen Be= wohner schon vor Joseph's Zeiten Privatländereien be

saßen, welche von den Feldern des Königs und der Priester abgesondert waren (1 Bch. Mos. 47, 20. 22.), so ist es höchst wahrscheinlich, daß sich in diesem Lande zuerst einige bestimmte Ansichten über die Haltepuncte der Geometrie gebildet haben.

Es läßt sich dieß um so bestimmter annehmen, da einige alte Schriftsteller ausdrücklich melden, daß die Aegyptier durch die regelmäßig wiederkehrenden Ueberschwemmungen und Verwüstungen, welche der Nil-Fluß bewirkte, schon seit den ältesten Zeiten genöthigt worden seyen, ihre Felder jåhrlich wieder auszumessen *).

Nach dem Zeugniß neuerer Reisenden finden solche jähr liche Messungen dort noch gegenwärtig statt; und obwohl man gewöhnlich annimmt, dieß geschehe jeßt der stückweisen Verpachtung wegen, so mag doch der erste Anlaß dazu weit mehr durch die von den Ueberfluthungen des Nils bewirkte Zerstörung der Gränzen gegeben worden seyn. Selbst den Anfang der Höhen - Messung, worin schon ein Fortschritt der Geometrie lag, dürfte man vielleicht von diesen wiederholt nöthig werdenden Gränz - Berichtigungen abzuleiten haben. Denn da die Fluthen des Nils häufig Land - Anschwemmungen herbeiführen mußten, die nicht ohne Verlust für andere benachbarte Land-Eigenthümer geschehen konnten, in diesem Falle aber eine Ausgleichung zwischen dem, der hierdurch Grund und Boden gewonnen, und dem, der ihn verloren hatte, ohne Ausmessung nicht möglich war, wäh rend doch diese Ausmessung sich nicht blos auf die Långe und Breite des angeschwemmten Landes beschränken konnte,

*) Vergl. unter andern: Diodor von Sicilien I. 81. und Jamblich us in seiner Lebensbeschreibung des Pythagoras Kap. 29.

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