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die hier schon seit 1695 begonnenen und nachher mehrmals erneuerten Versuche, Maulbeerbaum-Pflanzungen im Großen anzulegen, und Seidenraupen - Zucht von einiger Bedeutung in den Gang zu bringen, oft umschlugen, so ist es doch seit drei Jahren wirklich gelungen, hier eben so, wie früherhin in und um Berlin und in mehreren andern Gegenden des preußischen Staates, die Grundlage zu einem wirklich ergiebigen Seidenbau in's Dasein zu rufen; und man wird um so weniger Bedenken tragen, auf diesem Wege fortzugehen, da auch in Süd - Deutschland, und namentlich in Baiern, sich in neuerer Zeit immer günstigere Resultate für diesen Erwerbszweig herausgestellt haben *).

*) Vergl. hierzu: Ch. Baumann: der Seidenbau in Deutschland, Eichstädt 1784. 8., m. K.; I. M. Fleischmann über die Erziehung der Maulbeerbäume und die Beförderung des Seidenbaues in Chursachsen, Dresden 1784. 8., und dessen: Aufmunterung zum Seidenbau, Dresden 1789. 8., m. K.; I. C. Gotthard: Die Seidenraupe, oder vollst. Unterricht über die Erziehung, Wartung und Pflege der Seidenraupe und Gewin= nung der Seide, Erfurt 1804. 8. H. v. Nagel: die ermunterte Seidenzucht in Baiern, und ihre Fortschritte, München 1826. 8. J. v. Hazzi: Lehrbuch des Seidenbaues für Deutschland, und bes. für Baiern, München 1826. 4.; I. M. F. von Liechten stern: über den Seidenbau in den preußischen Staaten, Berlin 1826. 8.

XXII.

Kurze Geschichte der Baukunst.

Schuß und Obdach vor Wind und Wetter sind nächst dem Lebens - Unterhalte das dringendste Bedürfniß für den Menschen; deshalb trachtet er, sobald ihm Nahrung gewor den, sofort nach einer Wohnung.

Kein Wunder also, daß bereits die Urgeschichte der Menschheit sich vielfach an das Obdach knüpft, worin schon die ersten Bewohner der Erde mehr oder weniger ihren Aufenthalt nahmen.

Die Periode, wo jene Naturmenschen sich noch begnügten, unter einem dichten Baum, oder, bei weniger freundlichem Klima, in einer Erd- oder Felsenhöhle sich einen sichern Aufenthaltsort zu suchen, konnte unmöglich lange dauern. Denn mit dem Augenblick, wo man es nöthig fand, Arbeiten vorzunehmen, die nicht in jedem Falle und zu jeder Zeit sich unter freiem Himmel bewerkstelligen ließen, mußte die Unvollkommenheit des Obdachs, welches Erdhöhlen oder dichtbelaubte Baumstämme gewährten, von selbst in die Augen springen: man begann also zum Schug wider die allzu große Hiße des Tages, wider die Kühle der Nacht, wider den Regen, wider wilde Thiere, und wohl auch wider

auswärtige Feinde oder böse Nachbarn sich Wohnungen einzurichten, in welchen man allerlei Beschäftigungen vorzunehmen vermochte, und wenn hierzu die Noth den ersten Anlaß gab, so wirkten Bequemlichkeitsliebe und Eitelkeit bald darauf hin, den ursprünglich ganz kunstlosen Bau auf allerlei Art auszuschmücken, und späterhin trat auch das Schönheits-Gefühl mit seinem Anspruch auf Verbesserungen hinzu, bis endlich verständiges Nachdenken zu Leistungen führte, die als wirkliche Kunstproducte sich Lob und ́ Anerkenuung errangen.

Da der erste äußere Antrieb zur Bau - Arbeit ein ganz allgemeiner war, so darf man den Ursprung der Baukunst nicht blos bei einem einzigen Volke suchen. Jedes Volk mußte der Natur der Sache nach auf diese Kunst hingeleitet werden, und seine ersten Kräfte an derselben üben, weil jedes Volk die Nothwendigkeit einer Veranstaltung empfand, woraus Schuß und Schirm vor den vorgenannten Ungemächlichkeiten hervorzugehen vermochte. Dabei waren aber die Grundlagen der ursprünglichen Baukunst freilich sehr verschieden; denn sie richteten sich nach der abweichenden klimatischen und physischen Beschaffenheit des Grundes und Bodens, und nach der Eigenthümlichkeit der Haupt- Mate= rialien, die sich vorherrschend so oder so an jedem einzelnen Orte dazu darboten. In Ländern, wo Ueberfluß an Holz war, lernten die Menschen zunächst aus den Aesten hohler Bäume, die ihnen Anfangs zum Schuß gedient, mit allerlei Flecht-Urbeit sich Hütten bauen; Völker dagegen, die an Gewässern lebten, bauten sich ursprünglich ein Obdach aus Rohr und Schilf. In den gebürgigen und steinreichen Gegenden Aethiopiens und Aegyptens suchte man zunächst natürliche Felsenklüfte auf, oder grub sich unter Schuß gewährendem Gestein ein geräumiges Obdach aus; nomadische

Nationen aber, welche die passendsten Weidepläße für ihre Heerden bald da, bald dort aufsuchen, und also ihre Wohnpläke gar häufig verändern mußten, breiteten die Felle ge= schlachteter Thiere über einige leichte Stangen, und erbaueten sich so die nöthigen, ohne Mühe fortzuschaffenden Zelte. Im Ganzen genommen, lud das warme Klima von selbst zum Bau von Hütten oder Zelten ein, das kältere aber zur Einrichtung von Höhlen.

Sobald jedoch ein Volk, aus dem ersten Zustande der Rohheit heraustretend, von dem bloßen Jäger- oder Hirtenleben zum Ackerbau überging, und hiermit die dazu ge hörigen Individuen unter einander selbst in eine engere gesellschaftliche Verbindung traten, ward auch das Bedürfniß dauerhafterer und bequemerer Wohnungen in einem höheren Grade dringend: man mußte also den bisherigen Hütten, Zelt und Höhlenbau schon damals mehr oder weniger verlassen. Denn die Nothwendigkeit, Orts fchaften anzulegen, ergab sich aus dem Beginn der Ackerbau - Wirthschaft ganz von selbst. Je nåher nun aber deshalb die einzelnen Hütten zusammengerückt wurden, desto rathfamer ward es, auf neue. Vortheile bei der Bau-Einrichtung zu denken, und dieß konnte wieder nicht geschehen, ohne zugleich die Bequemlichkeit der Wohnungen zu erhöhen, weil man diese Annehmlichkeit als Ersaz für die nöthig gewordené engere Raumbegränzung geltend zu machen suchte.

Während man in holzreichen Gegenden zunächst die Baumstämme behauen und besser verbinden lernte, verfiel man anderwärts aus Holzmangel auf den Gedanken, sich Ziegel aus Lehmerde zu verfertigen, und sie als Bau - Material zu verwenden: wobei man sie anfangs blos an der Sonne trocknete, und erst später am Feuer zu hårten verfuchte. Ebenso lernte man allmählig rohe Bruchsteine aus

hauen, und so an einander ordnen, daß sie ohne Kalk und dgl. eine feste Mauer bildeten.

Daß lehtere Bauart aus roh ausgehauenen unverbunde nen Bruchsteinen von bedeutender Größe bei allen Völkern während ihrer ersten Bau-Periode üblich war, lehrt die Urgeschichte der Peruaner und der alten Bewohner von England und Schottland nicht weniger, als die der Aegyptier, Indier, Perser, Hetrusker, Griechen und Römer; und wäh rend die sogenannten,, Heidenmauern" in England und Schottland noch heut zu Tage ein Zeugniß dafür ablegen, ergiebt sich aus der Geschichte von Peru, daß die ältesten Bewohner dieses Landes Tempel von solcher Bauart zu einer Zeit zu errichten verstanden, wo sie noch nicht einmal eisernes oder kupfernes Handwerkszeug besaßen.

Die älteste Religionslehre verdankte ihren Ursprung bekanntlich der Natur-Anschauung. Die Natur führte den Menschen zur Erkenntniß der Gottheit, deren Wirken sich vor seinen Augen bei der Entwickelung der äußern Welt, bei der weisen Einrichtung und Erhaltung derselben, und bei der Bildung neuer Gegenstände durch Auflösung des Alten, so deutlich entfaltete, daß eine Gottes-Vereh rung sich von selbst hieraus ergeben mußte. Dabei griff aber der kindliche Verstand des Naturmenschen nur die zu nächst liegenden Beziehungen auf: man nahm an, das gesammte Weltall sey aus der sichtbaren Erde hervorgegan= gen, die zum Schauplah der sinnlichen Erscheinungen diente, und fand sich eben deshalb veranlaßt, die Gottheit in Hd hlen-Tempeln zu verehren, deren von der Natur selbst gebauete Grundmauern als Hauptstüßen des Weltalls erschienen. *)

*) Vergl. hierzu das treffliche Werk von Stieglit: Geschichte der Baukunft vom frühesten Alterthume bis in die neueren Zeiten, Nürnberg 1827. 8., S. 40 u. ff.

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