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mand auf den Einfall kam, einen kriegerischen Gebrauch von diesem Salpeter-Pulver zu machen.

Letterer Gedanke stammt fast unzweifelhaft erst von den Europäern her; und obgleich das sogenannte griechische Feuer, welches ihn höchst wahrscheinlich hervor rufen half, ebenfalls im Orient erdacht wurde, so ist doch durch neuere Untersuchungen jest ziemlich sicher ausgemittelt, daß dieser Brennstoff nur Harz, Schwefel und Sel, nicht aber Salpeter enthalten hat, oder doch anfangs mit dem legtern Material noch nicht verscht gewesen ist. Anders_lautende Vorschriften zur Verfertigung des griechischen Feuers können nicht als Gegenbeweis gelten; denn sie werden gar häufig für älter ausgegeben, als sie wirklich sind *).

Allerdings aber lag es ziemlich nahe, die verzehrende Brennbarkeit des gefährlichen Vertheidigungsstoffes, welcher gewöhnlich unter dem Namen des griechischen Feuers aufgeführt wird, und im Jahre 678 nach Chr. G. bei der Belagerung von Constantinopel durch die Saracenen unter Leitung eines von der Belagerungs-Armee zu den byzantinischen Truppen übergangenen Griechen, Namens Kallinikus, zum ersten Mal seine kriegerische Rolle gespielt haben soll, durch die Eigenthümlichkeit des Salpeters zu erhöhen, dessen mit großer Kraft - Aeußerung erfolgende Verpuffung die gefährliche Wirkung jenes Brennstoffes außerordentlich verstärken mußte.

So wie übrigens schon der Umstand, daß Kallinikus das Geheimniß der Mischung des griechischen Feuers von den Saracenen zu den Byzantinern herüber brachte, auf die Vermuthung leitet, daß die Saracenen damals eben sowohl die Araber oder Mauren, als die nach

*) Vergl. Beckmann, a. a. D., Bd. V. S.

worunter man

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herigen Türken verstand nicht nur das Schießpulver selbst zur Bereitung von allerlei Lust - Feuerwerk erfunden, sondern auch das griechische Feuer entdeckt, und endlich die Verbindung von beiden Erfindungen versucht haben, woraus die Einführung der Schießgewehre hervorging: so streiten auch noch andere geschichtliche Thatsachen dafür, daß die älteste Sorte der Schießgewehre, die Mörser und Kanonen, zuerst durch die Araber nach Europa gekommen.

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So sehr auch die Sache aus Mangel an sichern Nachrichten noch in Zweifel liegt, so wahrscheinlich ist es doch, daß das Wurfgeschüß der Mörser zuerst in Gebrauch gekommen, wenn man auch anfangs keine wirklichen Bomben Mörser besaß, sondern sich ein Wurfgeschüß ein gerichtet hatte, aus dem Steine u. dergl. mit Pulverkraft heraus geworfen wurden. Nicht nur das griechische Feuer mußte zunächst hierauf führen, sondern auch die thatsächliche sehr frühzeitige Anwendung des Pulvers zum Felsen-Sprengen in den Harz-Bergwerken, welche schon gegen Ende des zwölften Jahrhunderts auf dem Rammels: berge bei Goslar üblich war.

Die ältesten aus Eisen verfertigten Mörser warfen Steinkugeln; und auch die Kanonen wurden anfangs nur auf diese Art geladen. Als die Araber in Spanien im Jahre 1331 Alicante belagerten, bedienten sie sich schon eines solchen Wurfgeschüßes; und vielleicht wurden sie zu dessen Erfindung durch die Feuer schleudernden Spreng Schwärmer veranlaßt, welche schon hundert Jahre früher bei Belage rung der Stadt Valencia gebraucht worden seyn sollen.

Daß von den Arabern die neue Erfindung zuerst auf die Spanier überging, war sehr natürlich. Bei alle dem ist es aber wohl möglich, daß durch die mit dem SchießPulver angestellten chemischen Versuche des zu Anfang des

vierzehnten Jahrhunderts in Schwaben lebenden Franzis kaner-Mönchs Berthold Schwarz, nicht nur in Deutschland die Einführung des Wurfgefchüßes beschleunigt, sondern überhaupt auch dessen Gebrauch in ganz Europa wesentlich unterstüßt worden ist: woraus dann die bekannte Volkssage hervorging, daß dieser Franziskaner das Schießpulver erfunden.

Die erste Geltung erlangten Mörser und Kanonen überall nur als Belagerungsgeschüß, und erst allmählig schloß sich hieran der Versuch, sie auch als Wurfgeschüß im Seekriege zu gebrauchen; bis man endlich dahin kam, sich wirkliches Schlachtgeschüß oder Feldgeschüß daraus zu schaffen: nåhere Zeitbestimmungen aber lassen sich für die Art und Weise, wie man hierin einen Schritt nach dem andern vorwärts ging, deshalb nicht angeben, weil man aus einer oder der andern Angabe, daß irgendwo Kanonen u. dergl. gebraucht worden, weder auf ihre besondere Beschaffenheit, noch auf die Umstände, unter denen sie zur Anwendung ge= kommen, einen sichern Schluß machen kann. Es ging mit der Erfindung des Schießpulvers und der Feuergewehre ge= rade wie mit tausend andern, ähnlichen Erfindungen: Alles das, was als Ganzes zu ihrer Herstellung erforderlich war, wurde so allmählig, und von so verschiedenen Seiten her auf einen Punct zusammen gebracht, daß sich der Entwickelungsgang der Erfindung nur nach dunkeln Umrissen im Gedächtniß der Zeitgenossen erhielt, und also auch nur in einem undeutlichen Gepräge für die Nachwelt aufbewahrt blieb.

Bei alle dem war aber freilich das Uebergewicht, welches die Kanonen oder,,Donnerbüchsen“ einem damit versehenen Heere über einen gegenüber stehenden, nicht so ausgerüsteten Feind gewährten, so stark, daß die Feuer=" Gesch. d. Erfind. 3. Bd.

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gewehre von keinem europäischen Heere auf lange Zeit un beachtet gelassen werden konnten. Sie wurden daher zu Ende des vierzehnten und zu Anfang des funfzehnten Jahrhunderts fast überall gebräuchlich: und so sehr auch_der, an den offenen Kampf von Mann gegen Mann gewöhnte ritterliche Sinn des kriegsfähigen Adels anfangs wider die Leichtigkeit sich auflehnte, mit welcher, kraft der Schießgewehre, auch aus dem feigsten Hinterhalte wider den Feind operirt werden konnte: so wenig vermochte doch dieses alter: thümliche Redlichkeits- Gefühl wider die Eingebungen der Klugheit sich aufrecht zu erhalten, die es als erstes Princip ansah, im Kriege dem Feind durch jedes nur erdenkliche Mittel entgegen zu arbeiten.

Zwei Uebelstände gab es jedoch nach der Einführung der Kanonen immer noch, die erst überwunden werden mußten, ehe das Feuergewehr den völligen Umsturz der bisherigen Kriegskunst herbeiführen konnte: die große Schwer fälligkeit der ersten Kanonen, und die genau damit zusam men hångende Unvollkommenheit ihrer Bedienung.

Da die ersten Mörfer und Kanonen nur als Belage= rungsgeschüß gebraucht wurden, und also stets lange auf einem und demselben Puncte aufgestellt bleiben konnten, so trug man anfangs kein Bedenken, ihnen eine schwer lastende Größe zu geben. Der Gedanke, daß aus dem größten Geschüß auch die schwersten Kugeln mit stärkster Kraft_ge= schleudert werden könnten, rief wahre Ungethume von Morfern und Kanonen in das Leben; und erst allmählig kam man hiervon wieder ab, als man sich hinlänglich davon überzeugt hatte, daß durch das Zerfpringen solcher großen Geschüße, durch die unvermeidliche Umständlichkeit ihrer Bedienung u. f. w. Nachtheile hervorgerufen würden, für welche die zerstörenden Leistungen solcher Maschinen keinen gehörigen Ersaß gewährten.

Während man anfangs die Kanonen aus Eisenståben zufammen schmiedete, lernte man sie spåter gießen; aber eben bei diesem Guß sah man eine lange Zeit hindurch weit mehr auf die Größe der Stücke, als auf sonst eine Eigenschaft derselben. Deshalb befanden sich auch unter den me= tallnen Kanonen, mit welchen die Augsburger schon im Jahre 1372 ihre Stadt gegen das Belagerungsheer des Herzogs Johannes von Baiern vertheidigten, drei außer ordentlich große Stücke, von denen das größte eine Kugel von hundert sieben und zwanzig, das zweite eine Kugel von fiebenzig, und das dritte eine dergleichen von funfzig Pfund schoß. Da man für diese großen Stücke meistens nur Steinkugeln hatte, so wurden sie selbst auch häufig Steinbüchsen genannt.

Die Sitte, Kanonen und Mörser von kleinerem Kaliber zu gießen, ward erst dann üblich, als man eigentliches Feldgeschüß einführte; denn eine so zahlreiche Bespannung, wie fie das uralte, unbehülfliche Belagerungs- Geschüß für sich in Anspruch nahm, würde für das Feldgeschüß bei schnellen militärischen Operationen auf die Länge ganz unerträglich geworden seyn. Man gab daher den Geschüßen statt der früheren unbeweglichen Gestelle wirkliche Laffetten mit Rådern, Proskasten u. f. w. und goß sie zu kleinerem Kaliber. Indessen blieb man hierbei nicht stehen, sondern das Bestreben, ein immer beweglicheres Feuergeschüß zur Anwen= dung zu bringen, führte bald darauf, die kleineren Donnerbüchsen oder Kanonen in sogenannte,,handb úch sen", oder Musketen der ältesten Art zu verwandeln. Den Weg hierzu bahnten die sogenannten Doppelhaken, eine zwi schen den Kanonen und den Musketen mitten inne stehende Art von Feuergewehren, aus welchen man mit Kugeln von sechs bis acht Loth schoß, und die auf kleinen, dreifußartig gestalteten Gerüsten feststanden. Man verkleinerte diese

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