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aus der churfürstlichen Rentkammer aus, mit der einzigen Bedingung, daß er dafür die landesherrlichen Briefe und Sendungen expediren solle. Diese Geringachtung der Sache von Seiten der Regierung wird nur dann erklärbar, wenn man erwägt, daß auch das Publikum seinerseits einiger Zeit bedurfte, ehe es den ganzen Werth der regelmäßigen Posteinrichtung richtig erkennen und schäßen lernte; zumal, da eben anfangs nur eine Fußbotenpost bestand, und also die Unterstüßung des Verkehrs weder durch besondere Schnelligkeit sich auszeichnen, noch bis auf die Personen-Beförderung sich erstrecken konnte. Nur in dem Zusammenwirken dieser Umstände kann der Grund zu der Gleichgültigkeit gesucht werden, womit die sächsische Regierung es ruhig geschehen ließ, daß unter dem 26. Juni 1616 der kurz zuvor zum Reichsgrafen erhobene Freiherr Lamoral von Taxis als Reichsgeneralpostmeister den vorerwähnten sächsischen Postmeister Sieber durch den frankfurter Postmeister Johann Birchden zum kaiserlichen Postmeister in Sachsen ernennen ließ, und also das sächsische Postwesen factisch unter seine oberste Lei= tung nahm, wobei die landesherrlichen Oberaufsichtsrechte durch einen gleichzeitig ausgesprochenen Vorbehalt nur geringen Schuß erhielten.

Sonach darf es auch um so weniger befremden, daß das fächsische Postwesen während der Unglücksperiode des dreißig= jährigen Krieges fast ganz wieder in Verfall kam. Eine Zeit lang war damals die sächsische Postverwaltung in schwedischen Händen; und selbst nach Beendigung dieses Krieges dauerte die Gleichgültigkeit der Regierung gegen die Postangelegen= heiten so anhaltend fort, daß der Churfürst von Brandenburg sich veranlaßt sah, zu einiger Verbesserung des Verkehrs unter feiner Auctorität zu Leipzig und in einigen anderen sächsischen Städten Postbeamte zu bestellen.

Erst als unter Churfürst Johann Georg IV. Johann Jacob Kees zu Leipzig zum Oberpostmeister ernannt worden war, brachte dieser es dahin, daß die vorerwähnten auslán= dischen Posten wieder in Wegfall kamen, und seitdem wurden auch, vermöge eines Befehls vom 24. Febr. 1693, alle Postbediente im Lande angewiesen, den Oberpostmeister zu Leipzig als ihren nächsten Vorgesehten anzuerkennen, und ihre Einnahme an denselben zu verrechnen, während letterer die Verbindlichkeit aufgelegt erhielt, für die übrigen inländischen Postofficianten zu haften. Die neuere Einrichtung des säch= sischen Postwesens datirt sich größtentheils von einzelnen befonderen Regierungs-Erlassen, wodurch die Postordnung vom 27. Juli 1713 in mehreren wesentlichen Punkten abgeåndert ward.

Je mehr man übrigens seit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts allmählig auch in Sachsen die finanzielle Wichtigkeit des Postwesens erkannte, desto natürlicher war es, daß man zum Besten desselben nicht nur das frühere Botenwesen, sondern auch die Wirksamkeit der gewöhnlichen Landund Miethkutscher beschränkte, und den pferdehaltenden Grundbesizern in Städten und Dörfern eben so wie den Miethkutschern die Pflicht der Vorspann Leistung für die Posten auferlegte. Aus gleichem Grunde wurden die Posten von den gewöhnlichen Straßenabgaben befreit, und die Posthäuser von der Einquartierungslast losgesprochen, auch letteren ein besonderes Befriedungsrecht zugetheilt. Nächstdem erhielten die Postmeister und Posthalter das Befugniß, Passagiers beherbergen und deshalb Bier einlegen zu dürfen, ohne den hierher gehörigen Consumtionsabgaben unterworfen zu seyn; auch sprach man die Postillons durch einen Befehl vom 14. März 1761 von der Verbindlichkeit frei, den Grundherrschaften ihrer Geburtsorte Hof- und Zwangsdienste leisten zu müssen.

Um den finanziellen Ertrag des Postwesens nicht zu sehr beeinträchtigt zu sehen, schränkte man in neuerer Zeit die früherhin öfters als Gunstbezeugung bewilligte Porto-Freiheit bei Postsendungen mehrfach wieder ein; dagegen wurde die §. 44. der Postordnung von 1713 nur im Allgemeinen ausgesprochene subsidiarische Verbindlichkeit des Fiscus zur Ersatzleistung wegen verloren gegangener Poststücken durch die Praxis des Postrechts für mehr als subsidiarisch erklärt, weil die Postbehörden selbst das größte Interesse daran hatten, dem Publikum in dieser Rücksicht das möglichste Vertrauen auf ihre Billigkeit einzuflößen *). ›

II.

3um zweiten Bande.

1.

Zu der Geschichte der deutschen Landwirthschaft.

Des beengten Raumes wegen ist in diesem Auffahe S. 425. u. ff. über die Geschichte der deutschen Landwirth= schaft von der Mitte des vierzehnten, bis zum Ende des sechszehnten Jahrhunderts nur in Bezug auf die hierher ge= hörigen großen Verdienste des Churfürsten August von Sach

*) Vergl. hierzu die von Klogsch und Grundig herausz gegebene Sammlung vermischter Nachrichten zur sächsischen Gez schichte, Th. VII, Chemnit 1770. 8., S. 222. u. ff.; I. Ch. Hasche's Magazin der sächsischen Geschichte, Th. IV., Dresden 1788. 8., G. 355. u. ff., und Weiße's Lehrbuch des königlich fächsischen Staatsrechts, Bd. II., Leipzig 1827. 8., S. 183-192.

sen etwas gesagt worden. Es scheint daher zweckmäßig, zur Vervollständigung dieser Lücke hier noch einige diesen Zeitraum betreffende, auf Deutschland überhaupt bezügliche Data beizufügen.

Zuerst ein paar Worte über den Einfluß der Geistlichkeit auf den Betrieb der deutschen Landwirthschaft.

Es sind hierüber nicht selten hihige Streitigkeiten geführt worden; einerseits hat man besonders die Beförderung des ersten Anbaues von Grund und Boden als ein wesentliches Verdienst der Kloster - Geistlichkeit bezeichnet, und die wohlthätige praktische Rückwirkung der landwirthschaftlichen Thatigkeit in den großen Kloster-Dekonomieen auf den gesammten deutschen Landbau hervorgehoben, andererseits aber ha ben Christian Thomasius und andere Staatsmänner nicht verschwiegen, daß die Klostergeistlichkeit gerade umge= kehrt gar häufig bemüht gewesen sey, das Emporkommen der Landwirthschaft zu hindern, weil es ihr leichter habe fallen müssen, über arme, als über wohlhabende Bauern das moralische sowohl wie politische Regiment zu führen.

Bei einiger Geschichts - Kenntniß_dürfte es indessen nicht so schwer fallen, diesen Streit entsprechend zu erledigen.

Was zunächst den Umstand betrifft, daß der KlosterGeistlichkeit besonders in Betreff des ersten Anbaues von Grund und Boden in Deutschland häufig hohes Lob ge= spendet worden, so ist bereits in dem obigen Auffage S. 400. u. f. darauf hingewiesen, wie wenig dieses Lob fich im Allgemeinen historisch begründen laffe. Wir bleiben daher hier nicht weiter bei diesem Punkte stehen, sondern wenden uns zugleich zur Erwägung des Grundes, warum man rücksichtlich des weitern Einflusses der Geistlichkeit auf den Betrieb der Landwirthschaft von mehrern Seiten her

die vorerwähnten, einander selbst widersprechenden Ansichten aufgestellt?

Unseres Bedünkens ist das Warum blos darin zu suchen, daß die Streitenden den äußerst wichtigen Unters schied zwischen den hier in Frage kommenden Verhältnissen der frühern und der spätern Zeit nicht in Anschlag gebracht haben.

So gewiß es nämlich auch ist, daß während der Zeit vom siebenten bis zum vierzehnten Jahrhunderte die ökonomische Entfaltung der großen Kloster-Wirthschaften den deutschen Landleuten bei ihrem Ackerbau mehrfach zur Ermunterung gedient hat, und daß selbst die Erleichterung der Leibeigenschaft ohne den guten Willen der Geistlichen in der Art, wie sie seit dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts allmählig Play ergriff, gewiß nicht zu Stande gekommen feyn würde, weil gerade die Klöster fast zuerst billige Verträge mit ihren Unterthanen über die Dienstfrohnen u. s. w. abschlossen: so wenig läßt es sich doch andrerseits in Abrede stellen, daß seit dem Beginn des vierzehnten Jahrhunderts die zu immer unumschränkterem Ansehn empor gestiegene Geistlichkeit ein wesentliches Interesse daran fand, wenigstens indirect, durch Häufung der arbeitslosen Festtage und möglichsten Rücktritt von der frühern eigenen perfónlichen Theilnahme am Betriebe der Landwirthschaft, das weitere Emporkommen des Bauernstandes und das Erwachen desselben zu geistiger Einsicht und Selbstständigkeit zu hindern, damit sich das gemeine Volk nicht etwa zu zeitig von der althergebrachten klerikalischen Bevormundung loszuarbeiten suche. In der That haben wir es auch nur dem Eintritt der lutherischen Kirchen-Reformation zu danken, daß besonders seit dem Ende des sechszehnten Jahrhunderts dieser betrübte Zustand der Dinge allmählig eine

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