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bieten Kap Matapan und Malea dar! Die werfen sich mit langen, langen Zügen in die Wellen und steigen aus der Meerestiefe hoch in die blauen Himmelslüfte, als wollten sie uns zurufen: Hellas will die Wogen beherrschen, und es hat sie beherrscht und über dieselben seine Söhne auf alle Gestade seines Meeres verpflanzt, und will von der Erde in den Olymp steigen, und es ist hineingestiegen und hat die homerischen Götter zur Freude der Sterblichen zu sich herabgerufen. Solche Phantasien kann Kap Roca nicht in uns hervorrufen, und auch der weiße auf dem Felsen erbaute Leuchtthurm kann den öden Haide und Sandstrecken, die sich über die steinichten Höhen verbreiten, weder Glanz noch Leben ertheilen.

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Die Sonne des 28. Juli hat einige Stunden Land und Meer beschienen, es ist Sonntag und 8 Uhr Morgens. Nun fahre mit mir, mein freundlicher Leser, auf dem französischen Dampfer in die Mündung des Tejo ein; schau, da zur Linken ist Kap Roca, 50 bis 60 hoch, aber gegenüber zur Rechten noch kein Land sichtbar; denn Kap Espichel, welches an der Südküste gelegen, etwa jenem gegenüber tritt, Spiegelkap nennen es scherzhaft die deutschen Matrosen, von der Aehnlichkeit des Namens getäuscht *) ist zu fern, um gesehn zu werden. Wir fahren weiter und lassen links das vom Gestade vorspringende Fort Juliao, aus dessen Mitte ein hübscher runder Thurm mit dünner Spitze aufragt, und rechts den Thurm von Bugio, der von einer Sandbank aus den Wellen auftaucht. Nun beginnt auch rechts die Küste sich unseren Blicken zu zeigen, zuerst niedrig, dann höher und höher

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*) Der Name „Espichel“ stammt wohl von espiga und dieses von dem lateinischen spica (Aehre) scheint als Bezeichnung eines Vorgebirges weinerlei mit Spiße, pointe, punta, cap.“

und so ziemlich der gegenüberliegenden an Nacktheit gleich und wir scheiden von der See und fahren in den Tejo ein. Die beiderseitigen Ufer nähern sich allmälich, wiewohl sie noch mehrere Stunden von einander geschieden bleiben; und aus der Ferne, von der linken Höhe, schimmert uns eine unabsehbare hoch zu Berg steigende Häusermasse schwach entgegen, aus welcher nach und nach einzelne größere Gebäude hervortreten. Und jetzt sind wir an den Thurm von Belem gekommen, so heißt das Fort zur Linken, dem rechts der alte Thurm (Torre velha) gegenübersteht, und damit haben wir die Kapitale Portugals erreicht; denn Belem, d. i. Bethlehem, ist die erste oder westliche Vorstadt derselben. Das gegenüberliegende Ufer, etwa eine Stunde fern, ist hier am höchsten und auch recht freundlich; denn von demselben schaut durch eine Lücke, hier und da von grünen Plätzen eingefaßt, das hübsche weiß strahlende Städtchen Almada zu uns herüber; jedoch balb weicht dieses Ufer wieder zurück, so daß der Strom sich auf zwei bis drei Stunden erweitert, es wird niedrig und flach und bleibt so, so weit wir stromaufwärts sehen können. Aber mehr und mehr tritt Lissabon zur Linken hervor, der ganze hohe Bergrücken mit seinen einzelnen Hügeln, Gipfeln, Kuppen,, in seinen Thälern, Schluchten und Niederungen, ist vom Saume des Waffers aufwärts bis zu der obersten Hochfläche, und am Strome hinauf, so weit unsere Blicke reichen, mit weißen Häusern überdeckt. Nachdem wir noch eine Stunde längs der Stadt hingefahren sind, macht das Schiff an einem gros ßen schönen Platze Halt; und sogleich sind wir auch von Nas chen und Nachen umzingelt, die uns ans Land fahren wollen, und aus denen Burschen ihre Hotels ausschreien und anpreisen.

Herr Costa, Schwiegersohn meines Begleiters, des Amtsrath Hasse, ist alsbald bei uns -es war 10 Uhr, als wir

Landeten und führt uns nach dem freundlichsten Empfange
über den großen Platz oftwärts zur Stadt hinauf, bis wir
nach einer Viertelstunde seine gastliche Wohnung erreichen, wo
dann Vater und Tochter das glücklichste Menschenpaar waren.
Bald ließ sich auch ein kleiner Guilherme vernehmen, von echt por-
tugiesischem Schnitt und wohl zu schreien verstehend. Daß nun
Frau Costa, mit welcher ich, als sie noch Kind war und Bertha
Hasse hieß, so oft gescherzt hatte, zumal wenn ich Abends ihren Va-
ter besuchte und sie, wenn ich weggehen wollte, so munter umher-
hüpfend, in ihrer Kindlichkeit mich bat, ich möge doch bleiben
und die Nacht bei ihnen schlafen, daß sie jetzt noch so gut
deutsch wie früher sprach, konnte ich wohl vermuthen; daß sie
aber nach einem Aufenthalte von 5/4 Jahren portugiesisch re-
dete, als wäre sie in Lissabon geboren und erzogen, darüber
wunderte ich mich, da ich nicht glaube, daß ich es in jener
Zeit zu solcher Fertigkeit gebracht hätte. Indeß Frauen,
meine ich, lernen in fremdem Lande die fremde Sprache schnel-
ler als Männer, und wohl aus dem Grunde, weil sie redseli-
ger sind und man viel sprechen muß, um sprechen zu lernen;
denn Uebung macht den Meister. Das Haus, in welches wir
aufgenommen waren, an einem freien Platze bei der Kirche
des heil. Thiago gelegen ich kenne diesen Heiligen nicht, er
ist aber nicht St. Jago, wie ich anfangs dachte - - hatte hin-
ten ein kleines Gärtchen, welches ein Dach von Weinreben
überschattete, ein recht angenehmes Plätzcheu, nicht nur, weil
es dort kühl war, sondern weil es zugleich die herrlichste Aus-
sicht gewährte. Denn komm her und schau zu
wir se=
hen über die kleinen niedrigen weißen Häuser der zunächst un-
ter uns liegenden alten Maurenstadt hinweg und blicken als-
dann auf die breite blaue Wasserfläche des Tejo, in wel-
cher gar viele Schiffe, kleine und große, Fregatten und Kauf-

fahrer, theils ruhen, theils auf- und abfahren, bis zu dem jenseitigen Ufer, wo einzelne Dörfer aufschimmern, und rechts auch das freundliche Städtchen Almada sichtbar wird, und zuletzt auf die lange Bergkette der Serra Arrabida, *) die vom Meere, von der Stadt Setuval her, als ein hoher Rücken eine Strecke am Tejo aufwärts gegen Oft hinzieht und, und grade gegenüber, auf einem breiten Buckel die Festung Palmella trägt. Es ist ein Gemälde, das man lange betrachten kann und immer prächtig und herrlich findet, es enthält ja Land und Wasser, und was für Wasser? nicht einen Bach oder schmalen Fluß, vielmehr einen zwei bis drei Stunden breiten Strom, der bald wie das Meer Wellen schlägt und tobt und brauset, bald wie ein großer Landsee einen glatten Spiegel darstellt; es enthält eine Stadt von 40000 Häusern auf hohem Bergesrücken, Flecken und Dörfer, Höhen und Niederungen und im Hintergrunde eine erhabene lange Bergkette; jedoch Eine fehlt, Wald und Bäume, und damit ein wesentlicher Theil der Schönheit. Könntest du an passenben Stellen Gruppen und Reihen, Zirkel und Vierecke von Bäumen, könntest du den Buchenwald von Detmold oder den Herthawald von der Insel Rügen herzaubern, die Gegend von Lissabon würde zur schönsten der Erde.

*) Arrabida wird in der zweiten Silbe lang, in der dritten kurz, Setuval in der zweiten lang gesprochen, also Arrābīda und Setúval.

Beschreibung der Stadt Lissabon.

E tu nobre Lisboa, que no mundo
Facilmente das outras es princesa,
Que edificada foste do facundo,
Por cujo engano foi Dardania accesa.
Camões.

"Und du Lisboa, auf dem Erdenrunde
Mit Recht der andern Königin genannt
Erbaut von Ihm mit dem beredten Munde
Durch dessen Listen Troja fiel in Brand."

Donner.

Die Hauptstadt Portugals *) liegt fast unter 39o N. B., in ziemlich gleicher Linie mit Palermo, Messina und Smyrna, aber südlicher als Valencia, Neapel und Konstantinopel (410 N. B.), und eben so südlich wie Athen. Das Klima kam mir in den Julitagen sehr angenehm vor; und wenn auch in manchen engen Straßen zumal in den tief liegenden Thälern die Sonne brannte, so wehete doch in den höheren Bezirken immer eine kühlende Luft. Am Morgen, um 7 oder 8 Uhr, zeigte das Thermometer nach Reaumür gewöhnlich 150 und stieg weiterhin bis 20 und 250, also eine Wärme, wie wir sie zuweilen auch in Deutschland haben. Der Unterschied der Zeit beträgt eine Stunde, es war erst 11 Uhr, wenn wir in Lemgo Mittag hatten. Wie ich bereits oben erwähnte, verbreitet sich die große Stadt mit ihren 40000 Häusern über das hohe rechte oder nördliche Ufer des Tejo, so daß man längs des Stroms von einem bis zu dem andern Ende drei Stunden zu gehen hat, während die Breite sehr ungleich ist; wo sie am weitesten bergauf steigt, mag sie eine Stunde be

*) Lissabon, bei den Portugiesen Lisboa, kommt schon im Alterthum unter dem Namen Olisipo vor. Aeltere vortugiesische Schriftsteller und Dichter lassen sie gar von Ulysses gegründet seyn, wie fauch schon Solinus, wohl durch die Aehnlichkeit des Namens verleitet.

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