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ein Beweis für den Edelsinn des Leidener Gelehrten') ist.

Mehrere von Champollions Freunden widmeten ihm tief empfundene Nachrufe, von denen das Bulletin Universel, das tatsächlich mit dem „,Ägypter" zu Grabe ging, in seiner letzten Ausgabe) einige zusammengefasst hat3). Besonders herzliche Beileidsschreiben sandten der Herzog Decazes, der Graf Funchal, der Vicomte Sosthène, drei erprobte Freunde, von denen der letztere bemerkt:,,... Beinahe zu Anfang einer trotzdem schon so glanzvollen Laufbahn unterbrochen, lässt sein Tod unter den Gelehrten einen Platz leer, der vor ihm nicht ausgefüllt war."

„Das antike Ägypten, das auf seinen Ruf schon heraufstieg aus seiner Gruft, sinkt wieder hinab mit ihm," klagt Sacy, und Wilkinson, damals in Ägypten, ruft bekümmert aus: ,,... Es ist das Ende der Aufklärung, die sein Wissen über die Hieroglyphen hat geben können. Die Fackel ist zur Erde gefallen und niemand ist fähig, sie wieder aufzunehmen..."

Tröstlicher klangen Lenormants Worte: [Er nimmt nicht mit] ins Grab die Wissenschaft, deren Keime er in seinen ersten Werken niedergelegt hat. Sicherlich, niemand in der Welt kann sich schmeicheln, ein Ägypter zu werden, wie es Champollion war, er müsste denn als Champollion selber wiederkommen. Sehr viele Entwicklungen, sehr viel divinatorische Erkenntnis, die nur ihm eigneten, sindach!

mit ihm in die Gruft gesenkt, . . . aber mit seiner Gram matik, so wie sie existiert, wird seine Wissenschaft nicht untergehen können . . .“

1) Ein Missverständnis bezüglich der Herausgabe von Belzonis Nachlass hatte Ch. und R. einander entfremdet und letzterer hatte mit Recht über des andern dauernd ablehnende Kälte gegen ihn zu klagen gehabt. Desto wertvoller erscheinen daher die von Reuvens geschriebenen Worte.

2) Vol. 19. p. 258 No. 77. Obwohl vom Nov. 1831 datiert, wurde das Heft in Wirklichkeit Ende März 1832 zusammengestellt.

3) Sehr schön sind die Nachrufe vom Grafen Al. de Laborde im Journal des Débats (15. März 1832), von Lenormant im „Temps“ (9. März 1832) u. von Rosellini. Sein Tributo di Riconoscenza e d'amore erschien in der Antologia di Firenze Vol. 46 A. p. 185 u. als Broschüre. Hartleben. Champollion. II.

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Wenn man seine Dokumente in dem Zustand, wie er sie hinterlassen, veröffentlicht, so werden eines Tages zweifellos andere Gelehrte die Aufgabe vollenden, dennoch ist [sein Tod sehr] zu beklagen, denn unersetzlich ist der Verlust des Schatzes, den Champollion mit sich hinweggenommen hat," sagt tief bekümmert Nestor L'hôte'), und Gazzera, völlig fassungslos, schreibt: ,,Ein Blitzstrahl war sein Tod für mich. Unersetzlich! ..." Andere fassen vor allem den unsterblichen Ruhm des Meisters ins Auge:,,Er hat seinen Namen auf die Stirn der Pyramiden und der Riesentempel Ägyptens geprägt... Selbst wenn diese ungeheuren Reste einer wunderbaren Zivilisation [der Gewalt der Zeit unterlegen sein werden], wird im Gedächtnis der Menschheit Champollions Name noch eingegraben bleiben." Suriray de la Rue. „Was für ein Denkmal man auch dem Andenken Ihres ruhmreichen Bruders errichten möge, es wird weniger dauer haft sein als die Erinnerung an seine grossen Entdeckungen." C. Liskenne.

Doch alle gedenken auch des Menschen, ,,der noch mehr galt als der Gelehrte," ein Wort, das vielfach laut wurde von denen, die ihm persönlich vertraut gewesen waren.,,Wie doch der Grausame seine Schläge schlecht austeilt: warum denn konnte nicht ich für Saghîr die Schuld entrichten," klagt ein kranker Vetter der Brüder; und der Vicomte Sosthène, der so oft seine Hände schützend über den „Ägypter“ gehalten, so oft sich für ihn verwandt hatte, bezeugt seine dauernde Liebe für ihn mit den Worten: „Erlauben Sie einem, der mehr als irgend jemand sonst Ihren Bruder zu würdigen vermocht hat, sich dem Gram seiner ganzen Familie und den Klagen seines Landes von Grund seines Herzens anzuschliessen."

Bezeichnend für die Stellungnahme der Geistlichkeit zum damaligen Stande der Ägyptologie (dass diese im Begriff gestanden hatte, in neue, für die ,,biblische Chronologie" weniger bequeme Bahnen einzulenken, war noch völlig unbekannt) sind die innigen Beileidsbriefe des Bischofs von Bayeux und des geistvollen Athanasius Coquerel, des Führers der französischen reformierten Kirche, sowie des Abbé Greppo,

1) Onkel von Aug. Mariette, dem Begründer des Kairiner Museums.

des oft erwähnten ausgezeichneten Klerikers, der in versöhnlicher Absicht und mit klarer Übersichtlichkeit das Werk des Entzifferers zu popularisieren unternommen hatte.

Diesen letzteren als den prinzipiellen Verteidiger der Kirche hinzustellen war der Pfarrer Debons in Figeac bemüht, ein achtzigjähriger Veteran, der gelegentlich der dort am 18. März 1832 stattfindenden kirchlichen Trauerfeier dem Verstorbenen eine sehr merkwürdige Gedächtnisrede widmete'). Schon am 11. März hatte in der Mairie eine Sitzung stattgefunden, in der man dem schmerzlich Betrauerten *) ,,als Gelehrten, als Bürger und Menschen" eine Huldigung darbrachte und die Errichtung eines Denkmals beschloss, an dem sich die ganze Nation, so hoffte man, beteiligen würde.

Inzwischen war ihm die frisch geschlossene Gruft von Freunden mit schlichtem Lorbeer überdeckt worden. Später erhielt sie auf Kosten Frau Rosines die einfache, aber würdige Ausstattung, in der man sie noch heute in der Avenue des acacias des Père-Lachaise erblickt. Eine grosse Steinplatte mit eingravierter Inschrift3) deckt das Grab, zu dessen Häupten sich ein Obelisk aus Sandstein erhebt mit dem einen vielsagenden Worte: Champollion le jeune. Ein schlichtes Eisengitter schliesst die geweihte Stätte von der Aussenwelt ab.

Einige Schritte nach links steht das Grabmal Fouriers, mit seiner Bronzebüste geziert. Ein Lächeln umspielt die feinen Züge, der Blick ist halb seitwärts gerichtet, als grüsste er den Freund, der neben ihm zu schlummern wünschte.

1) Als

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Oraison funèbre" usw. in Gourdon 1834 gedruckt.

2) Lorsque la nouvelle de la mort de M. Champollion parvint à Figeac, sa patrie, une vive explosion de douleur se manifesta de toute part. Il sembla à chacun que le rayon de gloire qui luisait sur notre ville allait disparaître avec celui qui descendait au tombeau... Depuis l'apparition de François Champollion, il nous semblait que nous tenions un rang distingué parmi les cités les plus célèbres de France ..." Debons.

3)

Ici repose Jean François Champollion,
Né à Figeac, Dépt. du Lot, le 23 Déc. 1790,

Décédé à Paris le 4 Mars 1832.

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Ganz nahe dabei, auf dem Rond-Point, erhebt sich das Nationaldenkmal Périers, dessen gebieterische Geste seltsam kontrastiert mit der ihn umgebenden stillen Versammlung. Unlösbare Bande der Erinnerung umschlingen aufs engste diese drei Denkmäler, die grosse Dinge ins Gedächtnis zurückrufen: den wissenschaftlichen Siegeszug Champollions, die ihn vorbereitende, Ägypten wieder eröffnende Expedition Bonapartes, für welche wie ein Talisman die stille Segenshand Fouriers gewirkt hatte, des Mannes, der wenige Jahre später, in Grenoble, Champollion in die ihm zugewiesenen Bahnen lenkte und endlich die Revolution! Durch Périer, ihren Bekämpfer und ihr Opfer, wird sie hier vors innere Auge zurückgeführt. Sie war jenem Siegeszug zum Verhängnis geworden, indem sie dem Begründer der neuen Wissenschaft ein qualvolles Dilemma schuf, sein Werk unterband und durch Übermaass von Gram seinen Tod beschleunigte.

Figeac, in seinem grenzenlosen Schmerz, wurde nicht müde, dies zu wiederholen. Er hatte, obwohl von jeher an fieberhafte Tätigkeit gewöhnt, letzthin geradezu Übermenschliches geleistet, denn ausser seinen Amtspflichten und der Sorge um den kranken Bruder lagen seine Verpflichtungen gegen Dacier, dessen rechte Hand er war in allem was das Institut, die Königliche Druckerei und die Bibliothek betraf, und der täglich auf seine Unterhaltung rechnete, sehr schwer auf seinen Schultern. Einmal in seiner Wohnung, nachdem er kurz vor dem Eintritt der ,,entsetzlichen Katastrophe" das Sterbezimmer seines Bruders verlassen hatte, war es ihm dann unmöglich gewesen, die entseelte Hülle dessen wiederzusehen 1), der ihm ,,als der Inbegriff alles Lebens und mehr als die eigene Existenz" gegolten hatte; denn von dem Zeitpunkt an, wo er als 12 jähriger Pate das wenige Stunden alte Kind in seinen Armen zur Kirche getragen hatte, bis zum Augenblick, wo er den letzten verzweifelten Blick auf den scheidenden Heros geworfen hatte,

1) Dies ermöglichte es, dass sich im Sterbezimmer Dinge ereignen konnten, von denen die Familie nichts erfuhr, wie z. B. die Schädelöffnung.

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