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Der Vollbringer der That erzählt ohne Unterbrechung selbst, was dem epischen Stoffe eine lyrische Einkleidung gibt: das geschieht auch häufig in spanischen Romanzen. Auffallend ist die beständige spielende Wiederholung des Sinnes, wobei nur die Tempora desselben Verbums, Plusquamperfect und Perfect, abwechseln: auch diese Eigenthümlichkeit des Styles bemerkt man, wenn auch nicht so weit durchgeführt, in Romanzen, d. h. in der Volkspoesie, z. B. zwischen diera und dió Silv. de rom. ed. Grimm 278: Diera me á cien donzellas para ella acompañare, Dió me el castillo de Ureña para con ella casare. Warum man das Gedicht as trovas de Figueiredos nennt, verstehe ich nicht. Ist Figueiredo der Name einer Person, so muß man bei dieser Einheit stehen bleiben, wiewohl Bellermann übersetzt: sechs Mädchen fand er, sechs Mädchen fand ich'. Der Erzähler also nennt sich: ich Figueiredo trat in den Feigenwald ein', aber ich fehlt. Vielmehr scheint figueiredo das veraltete Synonym von figueiral, welches fast in der Geltung eines Ortsnamens beigefügt wird zur Erinnerung an den Namen der Familie, deren Haupt die That vollführte, also in den Feigenwald Figueiredo trat ich ein.' Sarmiento, Obras posth. p. 205, muß die Sache ebenso gefaßt haben, da er das Wort mit kleinem f schreibt. Archaismen sind kaum darin. A Vers 2, welches altportugiesisch sein soll für die Copula e (wofür das Wörterbuch der Akademie einige Beispiele zusammenbringt), gibt keinen Sinn, auch braucht unser Denkmal sonst nur das span. y e no (für en o) würde passen. Das weiter unten vorkommende a mim fe für a mia fe sieht eher

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aus wie eine mundartliche Entstellung als wie eine alte Form. Was man hier veraltet nennen könnte, ist eben sowohl spanisch, z. B. Artikel und Pronomen la, las, los, das Adjectiv mal, mala; das Substantiv hombre ist entschieden spanisch, so das Verbum vayades. Das Gedicht, so wie es vorliegt, könnte also einem Gränzlande angehören und wird die Zeit des Verfassers der Monarchia lusitana nicht bedeutend übersteigen.

Ein Liebeslied von einem Ritter Gonzalo Hermiguez, gegen Ende des zwölften Jahrhunderts, gerichtet an seine Gattin Duroana, hat gleichfalls Brito aufbewahrt. Ist Ouroana so viel als Oriana, so ward sie noch später, d. h. in portugiesischen und spanischen Cancioneros unter den Heroen der Liebe citiert. Die erste Strophe lautet : Tinhera bos, nom tinhera bos,

Tal a tal ca monta.

Tinherades me, nom tinherades me,

De la vinherades, de ca filharades,

Ca andabia (al. amabia) tudo em soma.

Man glaubt hier schon ein Ringen nach künstlichem Strophenbau zu empfinden, denn der zweite und fünfte Vers sind kürzer als die übrigen. Sieht man aber ge= nauer zu, so erscheint dieses schwach verbürgte Product als ein litterärisches Unding. Hier ist selbst die Annahme einer zufälligen Entstellung unzulässig, da diese doch nur einzelne Wörter treffen konnte. Die Kritik muß das Ganze ins Auge fassen. Die romanische Poesie hat nirgends ohne Reim oder Assonanz angefangen, nirgends ohne einen mehr oder weniger glatten Versbau. In diesem Document aber kommen erst in der zweiten und dritten Strophe (mehr

sind es nicht) einige Reime vor und die Verse lassen sich als solche gewöhnlich gar nicht lesen. Gleich der erste Vers ist kein Vers, tinhera vos fann im Reime nicht wohl Statt finden, sicher nicht tinherades me. Dürfte man freilich dem Texte trauen, so wäre tinhera für tivera eine nicht uninteressante Form, die auf ein Perfect tine für tive zurückführen und zu dem gleich folgenden vinhera für viera, bei Alfons X. venera, sp. viniera, stimmen würde. Auch im Provenzalischen, Französischen und Italiänischen haben die Verba tenere und venire gleiche Flexion. Die Form wäre mundartlich. Es ist indessen kaum zu glauben, daß sich eine portugiesische Mundart so sehr im Gegensatz zur Schriftsprache befinden sollte, welche, wie auch die spanische, die beiden bemerkten Verba seit den ältesten Zeiten in ihren starken Formen getrennt ge= halten haben. Das fragliche Gedicht scheint eine ungeschickte Erfindung späterer Zeit, wobei vielleicht ein altes Original vorgelegen hat.

Ich gehe auf eine Kritik zweier andern Gedichte, angeblich des zwölften Jahrhunderts nicht ein, deren Verfasser Egas Moniz Coelho sein soll, ein Verwandter des jedem Freunde der portugiesischen Litteratur aus Camoens bekannten Egas Moniz: Kenner halten sie geradezu für untergeschoben. Man braucht nur die Personalflexionen ais und eis für ades und edes zu erwägen, welche erstere noch im dreizehnten Jahrhundert schlechthin unerhört sind, um diesem Urtheile beizupflichten. Wichtiger ist für uns die Frage: in welchem Zustande befand sich die Poesie kurz vor Dionysius Zeit in dem benachbarten Spanien ? Dies läßt sich kurz auseinandersetzen.

Castilien hatte schon umfangreiche Gedichte in Alexandrinern oder andern aus der Fremde gekommenen Versarten aufzuweisen, unter welchen das Poema del Cid obenan steht, als Alfons X. (1252-1282) die Jungfrau Maria zum Gegenstande theils rein lyrischer, theils erzählender Dichtungen machte. Er nennt sich darin den Troubadour der heil. Jungfrau, wie dies vor ihm auch Berceo (Loor 232) gethan hatte, sagt uns aber bei diesem Anlaß, daß er auch weltliche Lieder verfaßt habe. Die Zahl der geistlichen ist sehr groß, aber nur wenige hat man bis jezt herausgegeben, wiewohl eine vollständige Ausgabe in mehr als einer Beziehung sehr erwünscht wäre.* Diese Sprache ist die portugiesische, wie man sie in Gallicien redete. Daß sich Alfons dieses Idioms und nicht des castilianischen bediente, muß auffallen. Ist er wirklich, wie der Niederländer Papebroek vermuthet hat, in Gallicien erzogen worden, so erklärt sich die Sache genigend. Aber diese Vermuthung ist schwach begründet und scheint erst aus seiner Zuneigung für die gallicische Mundart gefolgert zu sein; die spanischen Geschichtschreiber, den neuesten, Lafuente, nicht ausgenommen, lassen sich auf Alfonso's Jugend nicht ein. Oder war diese Mundart ausgebildeter für den lyrischen Ausdruck und lyrische Formen als die castilianische? Dafür liegen keine Proben vor, denn Alfons ist der erste uns bekannte gallicische Sänger. Man legt viel Gewicht auf San Jago de Compostela, welches allerdings zahlreiche Pilger aus der Ferne anzog:

*) Varnhagen, Trovas p. xxx, bemerkt, er besitze eine Copie der Handschrift von Toledo, erschienen aber ist sie nicht.

unter ihnen waren sicher auch Provenzalen, und diese konnten zur Verbreitung ihrer heimischen Dichtkunst etwas beitragen, wodurch denn auch die gallicische Muse frühzeitig geweckt werden konnte. Indessen warum sollte Alfonso, der eben sowohl König war von Gallicien wie von Leon und Castilien, die Sprache der ersteren Provinz zu brauchen sich nicht versucht gefühlt haben, welche wenn auch nicht an Ausbildung, wohl aber an Anmuth und Weichheit die der andern Landestheile übertraf und deren Lautsystem dem der hochgeachteten Troubadourssprache näher lag als das der spanischen? Die Formen der geistlichen Lieder des Königs sind mannigfaltig, wie man dies aus einer Darlegung derselben bei Nicolaus Antonio, Bibl. hisp. vet. II. 80, und bei Mila y Fontanals, Trovad. en Esp. p. 497, entnehmen kann. Von häufiger Anwendung sind Strophen von acht achtsylbigen Redondilien mit überschlagendem Reim, der lezte Vers aber mit dem Refrän reimend, der wohl nur selten fehlt und selbst an der Spitze des Liedes erscheint. Außer Alfonso's Thätigkeit als gallicischer Dichter ist die Theilnahme hervorzuheben, welche dieser vielbeschäftigte König der provenzalischen Dichtkunst zuwandte: Aimeric von Belenoi, Bonifaci Calvo, Guiraut Riquier besuchten seinen Hof, und diese und andre zollten seiner Freigebigkeit überschwängliches Lob. Ob dieser König auch provenzalisch gedichtet habe, ist wenigstens unsicher. Die Handschriften schreiben ihm allerdings eine poetische Entscheidung in dieser Sprache auf ein poetisches Gesuch Guiraut Riquier's zu; man sollte aber denken, daß wer Geschick und Neigung hatte in einer fremden Mundart zu dichten, sie ir

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