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Gram pecado

Avedes de mi coytado.

In folgender Strophe desselben Dichters p. 94 wechseln trochäische mit jambischen Versen:

Senhor, que mal vos nenbrades

De quanto mal por vos levey
E levo, ben é creades,
Que par deos ja poder non ey
De tan grave coyta sofrer.
Mays deos vos leyxe part' aver

Da muy gran coyta que mi dades.
Sieben-, neun- und eilffylbige jambische mischen sich p. 81:

Assy me trax coytado

E aficad' amor

E tan atormentado,

Que se nostro senhor

A mha senhor non met' en cor,

Que se de mi doa d'amor,

Nunca averey prazer e sabor.

Der Refrän (estribillo) ist in dieser Kunstlyrik zu einer Bedeutung gelangt wie kaum irgend anderswo. In ihm ist nationales Element anzuerkennen, von welchem sich die vornehmen Dichter nicht frei zu machen vermochten. Denn in diesem Stück giengen ihnen die Provenzalen nicht voran, sie machten vom Refrän bekanntlich nur einen mäßigen Gebrauch. Darum hütet sich auch Dionys ihn in der auf provenzalische Weise gedichteten Canzone p. 64 oder in einer andern p. 70, worin er mit den Provenzalen wetteifert, anzuwenden. Nordfrankreich begünstigt ihn mehr. Wäre es uns vergönnt die dichterischen Lei

stungen Portugals vor dieser Hofpoesie zu übersehen, wir würden den Refrän ohne Zweifel in ausgebreiteter Wirksamkeit erblicken. Leider können wir uns nur auf den weifen Alfons berufen, der unserm Dionys aber keine große Strecke vorangieng. Der Refrän hat seine Stelle am Ende der Strophe. Oft nimmt er an ihren Reimen Theil, oft auch hat er seine eigenen. Eine abweichende Versart wird ihm in der Regel nicht zugestanden; Beispiele davon finden sich T. 17. 20. 160, welche Lieder aus völlig gleich gebauten Strophen bestehen, worin der Refrän die Stelle des Abgesanges einnimmt. Zuweilen besteht er aus einem einzigen Vers und reimt entweder mit einem vorhergehenden oder nur mit sich selbst, d. h. der Reim liegt in der Wiederholung desselben Verses am Ende jeder Strophe. Selbst ein einzelnes aus der Strophe gerücktes Wort genügt ihm, wie senhor D. 18. Weit in den meisten Fällen aber ist er zweizeilig, sehr selten dreizeilig, wie T. 36 (wo die Strophe nur zweizeilig ist) oder 199. Auch das Innere der Strophe kann ihn aufnehmen, was indessen bei unsern Dichtern ziemlich selten geschieht. Ein Beispiel D. 186, worin der sechste Vers den Refrän bildet:

Amiga, quen vos ama,
Vos é coytado,

E se por vosso chama,
Desque foy namorado,

Non vio prazer, sey o eu,
Poren ja morrerá,

E por aquesto m'é greu.

Ein anderes T. 116:

Sennor do corpo delgado,
En forte pont' eu fuy nado,
Que nunca perdi cuidado
Nen afan des que vos vi.
En forte pont' eu fuy nado,

Sennor, por vos e por mi.

Diese Strophe nähert sich dem französischen Triolett. Liest man die beiden letzten Verse doppelt, einmal am Anfang und einmal am Ende der Strophe, so hat man ein vollständiges Liedchen dieser Gattung. Ein drittes Beispiel mit eingeschobenem Refrän findet sich gleichfalls in den Trovas (250):

Desej' eu muit' a veer mia sennor,

Pero sei (eu), que pois ant' ela for,

Non ll'ei a dizer ren

De com' oj' eu averia sabor;

Elle estaria ben.

Die kürzeren Verse machen hier den Refrän. Auch ein einzelner Ausruf mitten in der Strophe, wie ay eu T. 114, genügt. An der Spitze des Gedichtes und dann wieder am Ende jeder Stanze erblickt man ihn bei Dionys gar nicht, in den Trovas nur p. 306:

Por deus, ay dona Leonor,

Gran ben vos fez nostro sennor.

Diese Einrichtung haben wir schon in der Romanze vom Feigenwald und bei Alfons X. bemerkt; sie ist auch spätern Liedern im Volkston eigen.

Der Provenzale gab dem Liede gewöhnlich noch einen kleinen Epilog, ein Geleite mit (tornada, franz. envoi). Es ist meist an den Gegenstand des Gedichtes, nicht selten

an den Liederboten, aber auch an irgend eine Person, welcher der Verfasser eine kleine Huldigung darbringen will, oder, wie im Italiänischen, an das Lied selbst ge= richtet. Zuweilen legte der Verfasser seinen Namen in der Tornada nieder. Ihre Form betrachtet, besteht sie aus einer unvollständigen Strophe, deren Reimstellung die des Schlusses der vollständigen wiederholt. Bei den Franzosen that die volle Strophe denselben Dienst, wiewohl auch die halbe mit provenzalischer Reimstellung in Anwendung blieb. Bei den Portugiesen findet das Geleit im provenzalischen Sinne des Wortes nicht Statt und konnte es nicht, da hier die eigenthümlichen Verhältnisse der Troubadours, durch die es bedingt war, nicht Statt fanden. Seine Stelle vertritt ein kleiner Zusatz (finida?), der das Thema des Ganzen (wie nicht selten auch im Französischen) nicht verläßt und oft grammatisch mit der lezten Strophe zusammenhängt. Er besteht aus zwei bis drei Versen, selbst aus einem (D. 32, letzte Zeile; 44, 2. Zeile) und wiederholt die Reimstellung oder den Reim der letzten Verse der Schlußstrophe, also auch des Refräns. Ein Beispiel ist T. 282: letzte Strophe: quen, amor, soffredor, manten, assi, mi, mellor; Geleit: vi, vivi, sennor. Der Verfasser der Trovas hat etwas Besonderes, aber nur in einigen Gedichten (195. 209): so viele Strophen, so viele Geleite, sämmtlich am Schlusse, welche nach einander die leßten Reime der einzelnen Strophen wiederholen. Einmal (270) wiederholt das Geleite (um es so zu nennen) sogar die inneren Reime der Strophe, die des zweiten, dritten und vierten Verses; ein andermal (244) wiederholt es die der zweiten, nicht die der lezten

Strophe, woran aber eine Verseßung der Strophen Schuld sein kann. Diese Abschweifungen sind unprovenzalisch ; gleichwohl muß man gestehen, daß die Portugiesen in ihren Finidas einen provenzalischen Brauch wenigstens in der Form nachahmten. Auch in der zweiten portugiesischen Kunstschule kommt ein solcher Schluß des Liedes vor, überschrieben fim. Er hat die Form der halben Stanze, aber in der Regel seine eignen Reime, was ihn von der Tornada wesentlich unterscheidet; meist ist es eine volle Strophe, welche diese Überschrift trägt.

Die Strophenzahl des Liedes ist bei Dionys drei, sehr selten zwei, in Balladen oder volksmäßigen Dichtungen vier, fünf und mehr. In den Trovas gleichfalls meist drei, aber auch sehr häufig vier. Lieder ohne strophische Abtheilung kommen nicht vor; wo sie bei Moura vorkommen, ist es eine Täuschung.

Inhalt.

Hat man aus dem vorigen Abschnitt die Überzeugung gewonnen, daß die portugiesische Kunstlyrik sich die formelle Seite der provenzalischen anzueignen strebte, so wird man zunächst fragen, ob sich die Nachahmung auch auf den Inhalt erstreckte, oder, wenn dies nicht geschah, worin in dieser Beziehung ihr Charakter bestand. Wir haben oben gesehen, daß Übersetzungen und Nachahmungen provenzalischer Lieder nicht vorzukommen scheinen. Dies gilt freilich nur von den beiden uns zugänglichen Sammlungen, die nur einen kleinen Theil des ganzen uns zugekommenen Liederschatzes ausmachen. Aber wenn auch letzterer

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