der flache Verlauf der Seitenkurven, nur ausnahmsweise durch Ausprägung der Seitenwandhöcker verändert, und die stumpfovale Form der Stirn. Die Grundform ist immer die Eiform mit stumpfer Spitze in der Stirnmitte, im Gegensatz zu dem hier gerade abgeschnittenen Ellipsoid der Megalithschädel. Die Schädel sind so gleichmäßig und scharf geprägt, daß wir das Recht haben, sie als eigenen Typus, den "Ostorfer Typus" zu bezeichnen. Von einer tiefstehenden Rasse", wie sie Merckel. (M. Jahrb. 1884) bezeichnet, kann aber trotz der Prognathie keine Rede sein, dagegen spricht neben der feinen, wenn auch in den Grundzügen einfachen Modellierung die großenteils recht ansehnliche Kapazität, die bis auf 1650 ccm ansteigt. Es ist nicht leicht, diesen Typus in der Reihe der bekannten nordischen Schädelformen unterzubringen. Die ganze Reihe der von G. Retzius veröffentlichten Steinzeitschädel bietet kein einziges Exemplar, welches die Ostorfer Merkmale in sich vereinigt; den abweichenden Bau der Megalithschädel haben wir oben gesehen und die Schädel des bandkeramischen Kulturkreises sind durchweg im Grundriß gleichmäßige Ellipsen mit gleichem Bogenabschluß an Stirn und Hinterhaupt. Von der Typensammlung der „Crania ethnica" von Quatrefages u. Hamy vereinigt die meisten der Ostorfer Merkmale der Eskimoschädel von Godthaab. Die im Bau der Kalotte sonst recht ähnlichen ovoiden Schädel der Mittelmeerrasse haben typisches Langgesicht zum Langkopf mit seitlich abgeflachten Wangenbeinen. Und doch gehen auch die Ostorfer Schädel auf die „eurafrikanische" Grundform zurück, die zur Bildung der Mittelmeerrasse geführt hat. Wir sehen die Zerlegung der Mediansagittalkurve von der Supraglabellargrube bis zum Inion in nur zwei Bogensegmente von gleichem Radius, wir sehen die langgezogene Ellipse mit gewölbter Stirn und halbkreisförmigem Hinterhaupt, die Einziehung der Schläfenlinie im Grundriß und in der Norma facialis, das hohe, spitzbogig gewölbte Schädeldach des Melanesiers, den wir als Vergleichstück statt der ostafrikanischen Typen herangezogen haben. Auch die Prognathie ist eine so erhebliche, daß sie an den Grimalditypus erinnert. Das am meisten auffallende Merkmal ist das spitzbogig zulaufende, hohe Schädelgewölbe mit Crista frontalis in der Mediansagittallinie. Da ist es nun von besonderem Interesse, diese Eigenschaften nicht nur bei dem Eskimoschädel von Godthaab wiederzufinden, sondern in einer neuen Veröffentlichung von J. Briesley und G. Parsons 17 alte Eskimoschädel1) beschrieben zu sehen, die sämtlich diese Lophokephalie (B. u. P. heißen sie „Skaphokephalie" ohne Verknöcherung der Nähte) als ein einheitliches Rassenmerkmal tragen. Leider enthält die Abhandlung keine Abbildungen. Einzelne der Ostorfer Gräber enthalten Gefäße mit Megalithkeramik, die Bevölkerungen, die diese Flachgräber hinterließen, sind also vollkommen in die heimische steinzeitliche Kultur einbezogen gewesen, sie waren trotz der Rasseverschiedenheit keine Fremdlinge, aber wir dürfen nicht vergessen, daß Mecklenburg an der Seeküste liegt und, wie der Schädel von Plau zeigt, Einwanderer aus weit entlegener Urheimat in sich aufnehmen konnte. IV. Erdbestattungen im Hügelgrab. Die 16. Der Schädel von Willigrad, gefunden 1900 mit vier anderen in einem rundlichen Kieshügel natürlicher Schichtung und 60 cm Tiefe, bei R. Beltz, N. Jahrb. 66, S. 133 als „Flachgrab“ bezeichnet. Die Steinsetzung im Inneren des Hügels mit fünf Abteilungen, deren jede ein Skelett in zusammengebogenem Zustand enthielt, hebt die Bestattungen aus dem Charakter der gewöhnlichen Flachgräber heraus. Schädel standen aufrecht, mit einem Stein zugedeckt, in der Mitte des Grabraums, also auch hier von der gewöhnlichen Form abweichend. Die Abteilungen scheinen zur Aufnahme der Skelette einer Anzahl bereits skelettiert oder anderweitig beerdigt gewesener Leichen gedient zu haben. Beigaben, welche die Zeitepoche der Beerdigung sicherstellen, waren keine vorhanden. Der Schädel selbst unterscheidet sich erheblich von der ganzen Reihe der bisher beschriebenen Steinzeitschädel. Farbe und Erhaltung der Knochen erscheint als viel rezenter und der ganze Habitus der Modellierung den modernen Schädeln ähnlicher. Er ist ein Parallelepipedoides nach Sergi. Die Grundform ist eine vorn und hinten abgeflachte Ellipse, so daß ein Viereck mit abgerundeten Ecken entsteht. Die Stirn beginnt nach der eingezogenen Nasenwurzel in der Norma lateralis mit vorstehenden kleinen, in der Mitte konfluierenden Superciliarwülsten, steigt nach einer Querfurche eine kurze Strecke vertikal an, um dann in flachem Bogen rückwärts zum Bregma zu verlaufen. Der Scheitel ist flach, die Schädelhöhe liegt weit hinter dem Bregma in der Mastoidalebene, um 1) Notes on a collection of ancient Eskimoskulls. Journ. of the anth. Inst. of Great Brit. 1906, XXXVI. 286 Hofrat Dr. Schliz, Die steinzeitlichen Schädel des Großherzoglichen Museums in Schwerin. von hier nahezu senkrecht bis zum Inion abzufallen. Ebenso fällt die Gesichtslinie mit den orthognathen Kiefern senkrecht ab. In der Norma facialis zeigt sich eine niedere, mäßig breite Stirn, auch die Distanz der Stirnhöcker ist eine mäßige. Das gesamte Gesicht ist breit, die Augenhöhlen abfallend, die Nase breit, der Alveolarteil des Oberkiefers, wie auch der Unterkiefer sowohl breit als hoch. Der Schädel hat eine Kapazität von 1420 und ist den Maßen nach brachykephal, orthokephal, das Gesicht chamaeprosop. Wir haben hier deutlich eine Mischform von dolichokephaloider Stirnbildung mit brachykephalem Hinterhaupt und Gesicht, daher auch der Index von 80,11 an der Grenze der Mesokephalie liegt. Die Annahme, daß es sich hier um keinen steinzeitlichen, sondern einen altwendischen Schädel handelt, ist daher vollkommen berechtigt. Damit schließt die Reihe des jetzigen Bestandes der Sammlung an der Steinzeit zuge wiesenen Schädeln, denn die Bruchstücke von 17. Perdöhl (Hinterhaupt aus einem Hünenbett"); 18. Tankenhagen (Hinterhauptsschuppe aus einer Steinkammer); 19. Plau (Stirnbein aus einem Megalithgrab), gestatten keine bestimmte Zuweisung zu einer der oben aufgeführten Schädeltypen. Die hervorragende Bedeutung der Schweriner Sammlung liegt in der Bestätigung der von uns aufgestellten Typen für die Kulturkreise, denen sie angehören und dem Nachweise eines neuen Schädeltypus, des Ostorfer, dessen Analogien in Deutschland erst noch gefunden werden müssen. XVI. Homo mousteriensis Hauseri. Ein altdiluvialer Skelettfund im Departement Dordogne und seine Zugehörigkeit zum Neandertaltypus. Von Professor Dr. H. Klaatsch und O. Hauser. (Mit 10 Abbildungen im Text und Tafel XIII.) I. Geschichte des Fundes. Am 16. September 1907 begann ich in der noch vollständig unberührten unteren Grotte von Le Moustier mit der Anlegung eines zum Abri rechtwinklig verlaufenden Probegrabens. Die rezente Oberfläche dieser paläolithischen Niederlassung liegt genau 10 m tiefer, als die bei 80,8 m ü. M. beginnenden Fundschichten vor der bekannten oberen Grotte, deren erste Untersuchung seinerzeit Lartet und Christy vorgenommen hatten. Schon bei 25 cm unter der Oberfläche begannen ungeheure Mengen von Silexsplittern, vermengt mit gut bearbeiteten Artefakten, zutage zu treten. Die der sogenannten Acheuléenkultur angehörenden Manufakte (Coups de poing, Bohrer, Schaber, Messer) standen quantitativ in einem sehr kleinen Verhältnis zu der Unmasse von Spreng- und Abfallstücken. Die während geraumer Zeit durchgeführte Statistik aller Funde ergab im Mittel an durchwegs gut gearbeiteten Stücken nur 4 bis 5 Promille. Irgendwelche scharf abgegrenzte Horizonte lassen sich nicht konstatieren, nur gegen das Innere des Abri hin traf man, genau wie wir es auf La Micoque auch zu beobachten Gelegenheit hatten, auf eine größere Anzahl technisch besser ausgeführter Instrumente. Der Eingang zur Grotte orientiert sich fast genau nach Süden. Die Abdeckungsarbeiten und der Abbruch einiger vor den Abri gebauter kleiner Ställe wurden während der Monate November 1907 bis Februar 1908 fortgesetzt, indem man je nach den Witte rungsverhältnissen bald auf der Terrasse, der Station 43, bald in dieser unteren Grotte arbeitete. Nachdem das Innere des Abri bloßgelegt und genau untersucht worden war, ging man daran, die vor der eigentlichen Wohnstätte liegende Schicht zu räumen und vertikal zu öffnen. Bei dieser Arbeit nun fielen am 7. März nachmittags dem dort beschäftigten ersten Aufseher unversehens einige Knochenfragmente auf die Schaufel, die er richtig sofort als menschliche Extremitätenknochen deutete und mich, die weiteren Arbeiten augenblicklich sistierend, zur Stelle rief. Ich konnte seine Mutmaßung nur bestätigen und ließ, bis tief in die regnerische Märznacht hinein arbeitend, die angerissene Stelle hoch mit Erde bedecken um allfällig noch weiter vorhandene menschliche Überreste den Witterungseinflüssen zu entziehen. Der Ort, wo diese ersten Dokumente zum Vorschein gekommen waren, zeigte in der ganzen Umgebung eine absolut ungestörte Schichtung. Dieser Umstand allein und die Gewißheit, daß niemand vor mir in dieser Grotte Grabungen ausgeführt, ließ mich das bange Harren bis zu einer offiziellen Konstatierung des Fundes ertragen. Am 10. April 1908 trafen dann die Herren Dr. Duponchel, Leutnant Certes u. Bertrand, officier ministeriel aus Périgueux ein, um die Fundstelle bloßzulegen und zu prüfen, ob sich weiter menschliche Reste finden ließen. Dem Akte wohnten ferner bei in Vertretung des abwesenden Bürgermeisters dessen Stell vertreter M. Castanet und als Mitglied des Ge- oder irgendwelchen anderen sekundären Ein meinderates Peyzac M. P. Lesvigne. In lautloser Stille nahmen wir die weiteren Abdeckungsarbeiten vor, ungewiß noch, ob wir wirklich einem Funde von Bedeutung entgegengingen oder ob die wenigen am 7. März herausgerollten Gliedmaßenknochen vielleicht doch in keiner Beziehung zu der vorliegenden altdiluvialen Niederlassung stünden. Den an Ort und Stelle aufgenommenen wichtigen Akt führe ich in genauem Wortlaut an: Les Soussignés: MM. Le Docteur, médicin de l'hôpital, chevalier de la légion d'honneur Duponchel; Certes, lieutenant au 10e hussard et Bertrand, officier ministeriel certifient que le dix avril mil neuf cent huit, ils assistaient de deux heures et demie à quatre heures et demie de l'après midi à des fouilles que Monsieur O. Hauser faisait au Moustier, dans la Station No. 44 (l'abri en bas). Ils ont constaté que l'ancienne surface était entièrement intacte à l'altitude de 70,05 m, les mesures ont été prises en leur présence par le géomètre ainsi que les photographies qui ont été exécutées. Le crâne entouré d'ossements brûlés, d'éclats et de silex taillés se trouvait à 69,59 m dans sa position absolument intacte. La fouille a été continuée avec les plus grands soins et les soussignés certifient que la présence du crâne et des ossements humains a pu être constatée sans le moindre déplacement. Après la photographie de cette dernière situation le tout a été de nouveau recouvert d'une couche de terre afin de conserver à cette trouvaille importante sa situation première. Le Moustier, le dix Avril mil neuf cent huit. Sig. Dr. Duponchel, médecin de l'hôpital. Sig. Bertrand. Sig. Certes, lieutenant 10e hussard. Sig. Pour le maire absent l'adjoint, N. Castanet. Sig. Les vigne Pierre, conseiller municipal Cme. de Peyzac. Meine photographische Aufnahme (Fig. 1) demonstriert die Lage des Schädels am 10. April 1907. Der wichtige Akt hatte den Fund in seiner ursprünglichen Lage konstatiert. Von irgendwelcher Schichtenstörung, einer Nachbestattung |