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INHALTSVERZEICHNIS.

573. 132. 4.

I. Die Haar- und Kleidertracht vorgeschichtlicher Karpathen- und Balkanvölkerschaften. Mit 20 Ab-
bildungen (auf Tafel I und II, sowie im Text). Von Dr. Emil Fischer, Bukarest

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II. Affengeschichten aus Amerika. Von Dr. Georg Friederici, Kiel .

III. Über altperuanische Ornamentik. Mit 42 Abbildungen (im Text und auf Tafel III und IV). Von

Dr. Max Schmidt, Direktorialassistent am Kgl. Museum zu Berlin

IV. Das Haus bei den Indianern Nordbrasiliens. (Nach einem vor der 38. Versammlung der Deutschen
Anthropologischen Gesellschaft in Straßburg gehaltenen Vortrage.) Mit 29 Abbildungen (im
Text und auf Tafel V bis VII). Von Dr. Theodor Koch-Grünberg, Berlin

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I.

Die Haar- und Kleidertracht

vorgeschichtlicher Karpathen- und Balkanvölkerschaften.

Von Dr. Emil Fischer (Bukarest).

Mit 20 Abbildungen (auf Tafeln I und II sowie im Text).

In meiner „Herkunft der Rumänen1)" habe ich ausgeführt, daß die Volkstracht der heutigen Rumänen sich keineswegs, wie fast noch allgemein angegeben wird, mit der der Daker auf der Trajanssäule und dem Konstantinsbogen decke, daß die Tracht eines guten Teiles der Völkerschaften von dem Tropäum zu Adamklissi) in der Dobrudscha thrakisch sei, und daß diese noch in vielen Stücken der heute bei den Rumänen üblichen entspräche. Ich hatte meinem Buche eine Reihe von (nach Originalphotographien hergestellten) Abbildungen mitgegeben, indessen ihre Zahl und Auswahl, sowie den erklärenden Text, beschränkt, da ich ja auch historische und sprachgeschichtliche Fragen abhandeln mußte und mich nicht ausschließlich an Fachgelehrte gewendet hatte.

Meine „Herkunft der Rumänen" mußte des Leserkreises wegen, auf den sie abzielte, mehr berichtend vorgehen und umständliche Zergliederungen selbstredend vermeiden.

Seither habe ich die, gleichfalls dort in Aussicht gestellte, etymologische Untersuchung der

1) Handelsdruckerei (Verlag) Bamberg, 1903. Das Buch ist zum Teil aus Vorträgen entstanden, die ich als Wanderredner des Deutschen Vortragsverbandes (Coburg) in Siebenbürgen, Österreich und Deutschland (1902) gehalten habe.

2) Adamklissi türk. Adam u. klissi (gr. zzkýow), Adamskirche. „Monumentul de la Adamclissi (Tropaeum Traiani) public. in colabor. cu Otto Bendorf și G. Niemann de G. Gr. Tocilescu. Wien (Hölder) 1895. Die in dieser Studie verwendeten Photographien von Adamklissi habe ich (nach gütiger Erlaubnis des Herrn Prof. Tocilescu) selber in dem Lapidarium der archäologischen Sammlung in Bukarest anfertigen dürfen.

Archiv für Anthropologie. N. F. Bd. VII.

siebenbürgischen Gebirgs- und Bergnamen1) geleistet und lege nun hier die Einzelheiten auseinander, die ich über die Haar- und Kleidertrachten der vorgeschichtlichen Bewohner der Karpathen- und Balkanländer und ihre Beziehungen zu den heute dortselbst lebenden aufgefunden habe.

Ein weiteres (die Grundlagen meiner „Herkunft der Rumänen" betreffendes) Versprechen habe ich in meiner Arbeit über die „kulturhistorische Paläontologie der rumänischen Sprache" eingelöst, eine Arbeit, über die ich in der Generalversammlung des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde (Neustadt 1904) einen ausführlichen Vortrag gehalten habe 2). Das Buch liegt seither druckfertig vor, die großen Herstellungskosten und der vorauszusehende, auf engste Fachkreise beschränkte Absatz aber verzögern einstweilen sein Erscheinen.

Eine weitere Ergänzung der „Herkunft der Rumänen" hat mein Buch „Aus Alt-Bukarest“ 1906 gebracht 3).

1) Jahrbuch des Siebenbürgischen Karpathenvereins 1904, S. 46 ff.

2) Vgl. Siebenb. Deutsches Tagblatt No. 9326 vom 26. August 1904. Auch in der Jubiläumsnummer des Bukarester Tagblatts No. 286 vom 18. Dezember 1904 habe ich ein sehr eingehendes Resümée darüber gegeben.

3) Namentlich in den Kapiteln: Alte Bojarenfamilien, Die Zünfte, Der Handel, Die Deutschen in Rumänien, Die Deutschen in Bukarest, Die Leibeigenschaft. Vgl. noch viele einzelne Artikel in dem Bukarester Tagblatt 1907 (z. B. „Der Boden, die Bauern und die herrschende Klasse in der Moldau“), ferner in Deutsche Erde", Gotha, 4. Heft, 1907. Über die Herkunft der rumän. Bojarenfamilien", Zeitschr. f. Ethnol., Berlin 1908, usw.

1

Es ist allgemein bekannt, daß die Funde von Butmir 1) (Bosnien), Jablanica 2) und Kličevac (Serbien), in Tordos 3) (Maros), vom Käsberg, Priesterhügel, in Erösd1) (Altfluß), von Cucutenis) (Sereth), und von Szipenitz) (Pruth) uns mit einer neolithisch-band keramischen Kulturschicht bekannt gemacht haben, die sich vom Adriatischen Meer über Serbien und Siebenbürgen bis nach der Bukowina erstreckte. Sie ist aber auch im östlichen Außenland der Karpathen, in der Moldau bestätigt worden, ja neuere Ausgrabungen haben sie, als bis nach Galizien (Koszylowce) reichend, nachgewiesen. Sie ist ferner auch südlich des Balkans, bei Philippopel, in Makedonien) beobachtet und beschrieben worden.

Sie wird übereinstimmend, von den meisten Forschern, als alt- oder vormykenisch bezeichnet; ihre Gefäß- und Dekorationsformen gehören dem altthrakischen Typus an. Ob die Kultur dieser Balkan- und Karpathenländer (in vortrojanischer Zeit) nach dem Süden, nach Kleinasien (s. die thrakischen Phryger) und nach den Ägäischen Inseln vorgedrungen ) sei, oder ob umgekehrt die sogenannte Inselkultur sich nach dem Norden

') M. Hoernes, „Urgeschichte der bildenden Kunst in Europa“, Wien 1898. Derselbe, „Die Urgeschichte des Menschen", Wien 1892.

2) Dr. M. Vassits, „Jablanica", Arch. f. Anthrop. 1902, XXVII, Heft 4.

3) Vergleiche die Literaturangaben darüber bei M. Hoernes, 1. c. (Frl. Sophie v. Torma in Broos, Voss u. a.)

) Jul. Teutsch, „Die spätneolith. Ansiedelungen mit bemalter Keramik am oberen Laufe des Altflusses", Wien 1903. Derselbe, „Prähistor. Funde aus dem Burzenlande", Wien 1900. Derselbe, „Zur Charakteristik der bemalten neolith. Keramik des Burzenlandes", Zeitschr. für Ethnol. 1907, Heft 1 u. 2.

5) Beldiceanu, „Antichitățile de la Cucuteni“, Jăși 1885. Gr. C. Butureanu, „Notița asupra săpăturilor și cercetarilor făcute la Cucuteni“, Jăşă. G. Bosshard, „Die prähistor. Station von Cucuteni“, Antiqua VIII, 1890.

) Prof. Dr. R. Kaindl, „Die prähistor. Funde von Szipenitz", Jahrb. d. k. u. k. Zentralkommission, Neue Folge 1 und 2. Derselbe, „Die prähistor. Funde von Szipenitz", Bukowinaer Rundschau, 6. Februar 1907. 7) Hubert Schmidt, „Die Keramik der makedonischen Tumuli", Zeitschr. f. Ethnolog. 1905, 1. Heft. Derselbe, Mykenä, Troja, Ungarn". Paul Trägers zweimalige Reisen in Makedonien, 1900 und 1901.

ausgebreitet habe, wollen wir hier nicht untersuchen 1).

Eins steht infolge der erwähnten Ausgrabungen fest - und nur darauf haben wir hier Rücksicht zu nehmen - daß die Völkerschaften, die etwa um 1500 v. Chr. und noch lange nachher - also seit vor- oder altmykenischer Zeit diese Gegenden bewohnten, in Haarund Kleidertracht außerordentlich viel Gemeinsames hatten. Und noch viel weiter südlich, in Böotien 2), ja selbst in Elis (Alpheios bei Olympia 3) treffen wir auf Funde, die diese Übereinstimmung auch dort außer Zweifel stellen. Das kann uns aber nicht in Erstaunen setzen, da uns doch in der geschichtlich bezeugten Südwanderung nordgriechischer Stämme (Dorier, Herakliden in Naupaktos, Makedonier) eine genügende Erklärung dafür gegeben ist. Und die Geschichte hat uns die Beweise für eine gleiche Wanderung (ehemaliger) thrako -illyrischer Stämme nach Norden: bis Mähren, bis an den Dnjester in Galizien und bis in das ferne Bessarabien aufbewahrt). Kein Wunder also, daß auch heute noch, vom Kap Matapan bis in

1) Als die im allgemeinen hier in Betracht kommende und allen leicht erreichbare Literatur sei empfohlen: Engelbert Drerup, „Homer, Die Anfänge der hellenischen Kultur", München 1903. Dr. Carl Schuchhardt, „Schliemanns Ausgrabungen in Troja, Tiryns, Mykenä, Orchomenos, Ithaka", Leipzig 1891. Salomon Reinach, Apollo", Paris 1905. Heinr. Schliemann, „Mykenä", Leipzig 1878. Derselbe, „Trojanische Altertümer", Leipzig 1874. Derselbe,

„Ilios“, 1880. Prof. R. Kekule von Stradonitz, neu bearbeitet von Dr. R. Zahn, „Zur Geschichte der griechischen Kunst“ (Griechenland von K. Bädeker), Leipzig 1904. O. Schrader, Reallexikon der indogerman. Altertumskunde", Straßburg 1901. Heinr. Schurtz, „Urgeschichte der Kultur“, Wien u. Leipzig 1900.

2) Vgl. M. Hoernes, „Urgesch. d. bild. Kunst", S. 396, Fig. 122 bis 123.

3) M. Hoernes, „Die Urgesch. d. Menschen", S. 527, Fig. 211.

*) Vgl. meine „Herkunft der Rumänen". Fr. Miklosich, „Die Wanderungen der Rumunen“, 1879. Radu Rosetti, „Pământul, săteni și stăpâni în Moldova", Bucuresci 1907. F. J. Sulzer, J. C. Engel, R. Rösler usw. W. Tomaschek, Über Brumalia und Rosalia", Sitzungsber. d. Kais. Akad., Bd. LX, 1869. Derselbe, „Zur Kunde der Hämushalbinsel“, ebendort, Bd. IC, 1882. Derselbe, „Die alten Thraker", Sitzungsbericht d. phil.-hist. Klasse d. Kais. Akad., Bd. CXXVIII. N. Jorga, Geschichte d. rumän. Volkes", Bd. II, Gotha 1905. D. Onciul, Istoria veche a Romànilor der Sage nach die Lehrmeister der Griechen im Eisen- pănă la întemeerea Principatelor", după cursul predat schmelzen und Eisenbearbeiten gewesen sein sollen.

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8) Vgl. auch die thrak. Sigynnen (Sighinos, illyr. sibyna Lanze) und die Chalyber (am Pontus), die

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la 1901-1902.

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die Nordkarpathen, nicht nur in der Haar- und Kleidertracht, sondern auch in Hausbau, Ackerwirtschaft 1), Glauben (Aberglauben), Sitten und Gewohnheiten, Recht, Poesie und Musik, Sprachbau, Nahrung alle Balkanvölker soviel Übereinstimmendes bieten.

Gefördert wurde diese Übereinstimmung auch bei den Rumänen, mit denen wir uns nun näher befassen wollen, durch ihren ganz besonders ausgeprägten konservativen Zug. Überall in der Welt hängt der Bauer am Hergebrachten, Alten und bequemt sich nur schwer der Urväter Art aufzugeben, der rumänische Bauer aber übertrifft in diesem zähen Kleben an urtümlichen Sitten und Gewohnheiten vielleicht alle anderen. N. Jorga, gewiß ein unverdächtiger Zeuge, sagt von dem rumänischen Bauer mit Recht: war seine Lebensart um 1800 dieselbe gewesen wie um 1400 und vielleicht wie die der dakischen Zeit"). Und der unverfängliche D. Drăghicescu3) bestätigt: „Es ist sehr interessant, die Lebensweise der Daker kennen zu lernen, denn es scheint, daß sie ganz und gar dieselbe war, wie sie unser Volk bis in die allerletzte Zeit geübt hat".

SO

In der Tat lebt der rumänische Bauer auch heute noch in zum Teil vollkommen prähistorischen Zuständen.

Nach den neuesten Angaben Creanga's leben noch 250 000 Bauern 4) in 54722 primitiven (halb oder ganz unterirdischen) Erdhütten

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1) Auf der Jubiläums-Ausstellung des Jahres 1906 waren zu Bukarest auch drei schwere (für 2 bis 3 Ochsenpaare bestimmte) Holzpflüge aus den Gemeinden Vădastra (Distr. Romanați), Roman (Distr. Roman) und aus dem Distrikt Vaslui (Gemeinde unlesbar) ausgestellt. An diesen Pflügen waren die Teile bloß mit Holznägeln, Baststricken oder biegsamen Zweigen untereinander verbunden, nur der äußerste Rand (die Schneide) der Pflugschar bestand aus Eisen. Ich habe einen leichten Pflug, eine sogenannte rarita (serb. ralica) photographiert, der auch heute noch in allgemeiner Verwendung steht; statt der Räder hat er vorn bloß eine Gleitkufe. Ich habe hier und da noch solche rarite gesehen, deren Pflugschar bloß aus einem spitzen (im Feuer gehärteten) Pfahl bestand; sie wurden zum „Behacken" des Maises verwendet (in Bordusele - Ialomița und Razgrad-Bulgarien).

*) N. Jorga, Gesch. d. rumän. Volkes", II, S. 437. *) D. Drăghicescu, „Din Psichologia poporului român“, I, S. 146, Bucuresci 1907.

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(bordei, hrubă, altmold. hiju, izbă, hudă usw.); haben noch viele der aus Ruten geflochtenen Speicher eine umgekehrt topf- oder krugförmige Gestalt, wie bei den Negervölkern des äquatorialen Afrika1); steht bei den Bauern noch die Backglocke (test 2) in tagtäglichem Gebrauch; ich habe noch vor einigen Jahren die Handmühle (zum Mahlen der Hirse 3) in Verwendung gesehen; die Bauern nehmen beim Ausruhen oder bei plaudernder Unterhaltung noch die urtümliche Hockerstellung ein; sie tragen noch den Bundschuh (opinca) oder gehen barfuß.

Für den Europäer unverständlich ist der Schnalzlaut der Verneinung, ebenso das Schütteln des Kopfes bei der Bejahung und das Nicken beim Verneinen, ganz ungewohnt die Geste des Heranwinkens, die nach unseren Begriffen gerade umgekehrt als eine Abwehr, als ein Fortschicken genommen würde.

Hochaltertümlich ist der Umzug der Paparudă (sl. baba u. rodů = Göttin der Fruchtbarkeit), der bei sommerlicher Dürre von splitternackten Zigeunermädchen, die um Schulter und Hüften einen Attichbehang tragen, ausgeführt wird. Die Mädchen ziehen tanzend und singend von Gehöft zu Gehöft und werden an jedem Tor mit Wasser angegossen.

1) Vgl. Illustr. Zeitung (Leipzig) Nr. 3242 vom Ovambo", „Körbe und Getreidebehälter zum Aufbe17. August 1905: Aus Deutsch-Südwestafrika“, „Die wahren der Ernte". L'illustration (Paris) No. 3347, 20 Avril 1907, Aux confins de notre empire africain". La ville de Léré. Die abgebildeten „coupoles" entsprechen vollkommen den walachischen umgekehrt krugförmigen Speichern (coşari), nur daß sie viel sorgfältiger und netter ausgeführt sind als diese.

2) Die Backglocke (test) ist ein aus 3 bis 4 Finger dicker Lehmschicht geformtes, schüsselförmiges Gebilde, das über eine kleine festgestampfte Tenne gestülpt wird, auf welcher die Kuchen und Fladen ausgebreitet werden, nachdem vorher Tenne und Backglocke durch ein offenes Feuer gehörig erhitzt worden waren. Auch die Tataren im Kaukasus (Tiflis) und die Beduinen des Jordantales backen ihr Fladenbrod auf dieselbe primitive Weise.

3) Vor der zwangsweisen Einführung des Maises durch Şerban Cantacuzino (1678 bis 1688) war die Hirse, dieses indogermanische Urgetreide, die Hauptnahrung des Volkes (mălaiŭ = Hirsebrei, Hirse-, Maiskuchen). Ich habe übrigens noch selber im Jahre 1889 in Ciochină a. d. Jalomiţa und in der Vorstadt von Calarasi a. d. Donau rumänische Bäuerinnen auf Handmühlen Hirse mahlen gesehen. Die Mühlen waren denen in Syrien (bei den Beduinen des Jordanlandes) sehr ähnlich.

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