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dem, der ihr am meisten gefållt und bringt die ersten Huldigungen dem neuen Könige dar.

Die Bewohner der Stanißen, welche an dem Ufer des Don wohnen, lieben den Fluß ihrer Heimath und bringen auf ihm jährlich, ebenfalls zur Pfingstzeit, fröhliche Feste zu. Er fließt nur langsam in der ebenen Steppe und führt deßhalb den Namen Tichoi Don (langsamer oder sanftfließender Don).

Eine Menge Lieder gelten ihm und mehrere zeichnen sich durch ihren poetischen Werth aus. Leider besiße ich von folgendem nur die vier ersten Zeilen:

Tichij Don

Sinij Don

I schirok

I glubok etc.

Stiller Don

blauer Don

und breit

und tief 2c.

Häufig betrachten ihn die Kosaken sogar wie die Aegyptier ihren Nil, als den Spender der Fruchtbarkeit und verehren ihn in hohem Grade. Lächerlich ist aber, daß, da in Rußland ein jeder nicht mit dem Familiennamen, sondern mit dem Vornamen und dem Namen des Vaters gerufen wird, auch der Don, weil er aus dem Johanns-See im Tulaischen Gouvernement entspringt, als Vater einen Iwan (Johann) erhalten hat, nachdem er nnn Don Jwanowitsch (Don Johanns: Sohn) heißt. Der Name Johann ist auch, wie bei uns, bei den Russen sehr verbreitet, und um der einheimische Sitte zu fröhnen, werden Fremde, deren Vor- und Vaters Vor-Namen man weiter nicht kennt, Joann Joannowitsch genannt, fie mögen sonst heißen wie sie wollen.

An einem schönen Mai- oder Junitage bedeckt sich der ganze Don mit schön geschmückten Barken, und Jung und Alt rudert fröhlich hin und her. Lustige Lieder erschallen von einem Ufer bis zum andern. Bildet der Don in seiner Mitte eine Insel, dann wird diese zum Ort des Vergnügens erwählt und dorthin werden Speisen und Getränke geschafft. Zwischen der Staniza und jener Insel ist ein reges Leben, und die Barken gehen herüber und hinüber. Erst spåt, wenn schon lange die Sonne unterge= gangen ist, trennt sich das lustige Völkchen und segelt seinen Hütten wieder zu. Die Speisen und Getränke sind durchaus nicht so einfach, als es vielleicht scheint, und bei großen Festen

Reisen und Länderbeschreibungen. XXIII, (Neise nach Kaukasien,)

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verstehen die Kosaken mit großer Kunstfertigkeit die Tafel mit den verschiedenartigsten Gerichten aufzupußen und ihr oft das seltsamste Aussehen zu geben. Der Kwas, das russische Nationalgetrånk, ist erst seit kurzer Zeit in dem Lande eingeführt worden und wird nicht geliebt, dafür findet man aber Meth und Wein, an den Ufern des Don unterhalb Neutscherkask und bei der Zemljånskischen Staniza bereitet. Vor allem liebt aber der Kosak seinen schlechten und leichten Branntwein und nächst diesem die tatarische Busa, von der ich später noch sprechen werde. Die Speisen sind zum Theil russisch, zum Theil aber auch orien talisch. Suppen sind noch nicht wie bei den Orientalen vom Tische verdrångt, aber unterscheiden sich wesentlich von den unserigen. Die russische Sauerkraut (oder, wie sie gewöhnlich genannt wird, Kohl) Suppe, die Itschi, wird zwar häufig und gern gegessen, der Kosak gibt aber seiner Pochlebka, einer Art flüssigen Pillaus und wie dieser aus Hühnern, Reis, Rosinen und Butter bereitet, den Vorzug. Wie bei den Orientalen ist das Hammelfleisch die Lieblingsnahrung der Kosaken, und wird dem Fleische aller andern Thiere vorgezogen. Nur ungern essen die Kosaken Rindfleisch. Mit vieler Kunst verstehen sie ein junges Lamm an dem Spieße zu braten und dann auf einer großen Schüssel in seiner lebenden Stellung, auf allen vier Füßen stehend und den Kopf in die Höhe gerichtet, aufzustellen. Oft ist es von Blumen und Kräutern so umgeben, daß es den Anschein hat, als weide es inmitten einer Wiese. Das Fleisch des Hammels wird aber auch noch auf ver schiedene Weise zubereitet, und ebenfalls Lieblingsgericht ist die sogenannte Morkwa, die gleich dem russischen Borschtsch aus Fleisch, rothen Rüben oder Möhren und Speck besteht, aber anstatt des Rindfleisches der Russen bedienen sich die Kosaken zu ihrer Morkwa des Hammelfleisches. Wie bei den Russen, so fehlt auch nie bei den Kosaken auf der Tafel eine große Pastete (Pirog) mit Fisch oder anderem Fleische gefüllt. Die don'schen Steppen liefern aber in Menge Rebhühner und Wachteln, und so zieht der Kosak diese auch bei uns so sehr beliebten Vögel vor, seinen Pirog damit zu füllen. Milchspeisen liebt der Kosak mehr als der Russe und er besitzt verschiedene Arten, die aber alle mit Ausnahme der beliebten Sjusma einem europäischen Magen nicht schmecken werden. Wie die Botwinje der Russen mir stets zuwi

der war, so konnte ich mich nie an die Ureh der Kosaken, einem Brei aus Hirse mit saurer Milch bereitet, gewöhnen.

Wie ich es später auf dem kaukasischen Gebirge fand, so nehmen auch hier bei Gastmählern die Toaste einen großen Theil der Zeit weg. Als gute Unterthanen bringen die Kosaken den er sten dem Kaiser; aber im hohen Gefühle ihrer eigenen Kraft und Würde schließen sie sich unmittelbar dem Toaste selber an:

,,Sdrawstwui Zar Gosudar f'Kremenoi Moskwe, a mü Donskije Kosaki na tichom Done"

(,,Es lebe der Kaiser, Herr im Kremen'schen (steinigen) Moskau und wir don'sche Kosaken am sanftfließenden Don'')

find die Worte, welche der Vornehmste zuerst ausruft. Aber noch nicht zufrieden damit, erschallt ihnen allein håufig noch ein zweites Lebehoch:

Sdrawstwui Woisko Donskoje s'werchu donisu i s'nisu do werchu."

(,,Es lebe das don'sche Kriegsland (Heer) von dem Hohen bis zu dem Niederen und von dem Niederen bis zum Hohen."

Ist der Hetman gegenwärtig, dann gilt ihm der dritte Toast, und nun geht es so weiter, bis in der Regel ein jeder einen Toast gebracht oder erhalten hat. Der Lårm bei einem solchen solennen Mahl erhöht sich mit jedem Toast und der reichlich gespendete Wein trägt zur stets lautern Fröhlichkeit bei.

Das größte Vergnügen finden die Kosaken aber in der Jagd, dem Ersazmittel des Krieges in den sechs Jahren ihres Zuhausebleibens. In den früheren Zeiten stellte der Hetman wie bei den Mongolen unter Dschingis-Chan große Treibjagden (bei den Kosaken Gulbü genannt) an, um in den Zeiten der Ruhe, besonders im Winter, die Krieger in steter Thätigkeit zu erhalten und ihnen fortwährend Gelegenheit zu geben, ihre Geschicklichkeit, ihre Kraft und ihren Muth zu üben. Auf gleiche Weise wie uns Petit de la Croix in seiner Geschichte von Dschingis-Chan (S. 226) erzählt,' wurde eine große, durch Anhdhen, Wälder und Flüsse durchzogene Strecke der Steppe von oft mehreren tausend Menschen umstellt und lårmend und tobend der Kreis immer enger gezogen, bis er selbst so dicht war, daß kein Thier mehr durchbrechen

konnte. Nun suchte sich der Hetman eine Anhöhe aus, von der er den ganzen Kreis übersah und die tapfersten Jünglinge und Månner,,,die edle Schaar im Glanze der Waffen gehüllt, rückt vor," wenn,,zuleht in enge Ebenen eingeschränkt, — umzäumtes Feld, ersehen zu blutiger That, Amphitheater, weit ruhmwürdiger noch, als Rom sich einstens rühmt. Nun tönt der Trompeten lauter Schall; der Schreibegieriger Heere durch den Kreis rund um und wild Geheul der Bestien innerhalb Schallt weit am Himmel! Pfeile fliegen, Tod - auf Schwingen von Speer entfliegen jedem Arm. Bestienschaar, von mancher Wunde

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Zorn schnaubt die beblutet ganz und 'gar."

Nichts konnte wohl auch geeigneter seyn, als eine solche Gulba, den kriegerischen Sinn der Kosaken zu erhalten und zu erhdhen. Die schnellfüßigen Gasellen (Saiga) und die Scharpanen (verwilderte und nicht wirklich wilde Pferde) bieten die meiste Gelegenheit dar, die Behendigkeit von Roß und Reiter zu erhöhen. Mit einer einzigen Waffe, der Schlinge, versehen stürzt sich der Kosak, wie er eine Saiga oder einen Scharpan erblickt, diesem nach und sucht ihn im Rennen so weit einzuholen, daß es ihm möglich wird, die Schlinge dem Thiere um den Hals zu werfen. Gelingt es ihm, dann schleppt er rasch das gefangene Thier mit sich und legt es zu den Füßen seines Hermans, innerlich erfreut auf das Lob seines Führers. Die eigentlich wilden Thiere, Båreu, Wölfe und Schweine machen die Jagd gefährlicher und nehmen mehr den Muth und die Kraft des Kosaken in Anspruch. Denn nicht immer trifft die Lanze das gereizte Thier tödtlich und,,ge= schwellt von Schreckenswuth blitt Gluth das Auge und auf

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die junge Schaar Sie brechen schrecklich"

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doch,,gestreckt nun auf den Grund, das Ungeheuer knirschend liegt, und sein faul Blut entstellt die grüne Flur. *)

Es mag wohl am Ende keinen erfreulichen Anblick mehr geben, wenn die gereizten und zum Theil verwundeten Thiere ångstlich hin und her fliehen und endlich dem sichern Tode entgegengehen. Immer neue Kämpfer treten in den Kreis und lösen die ermüde

*) Samerville's Jagd in Malcolms Geschichte von Persien, überseht von Spazier Bd. I. S. 262.

ten ab, bis endlich alles Thierisch - Lebendige getödtet ist. Nun begibt sich die ganze Jågerschaar zum Hetman. Laut ruft er die Tapfersten mit Namen und fordert sie auf, an dem Gastmahle der Helden Theil zu nehmen.

Diese Jagden, wie ich sie eben beschrieben, werden jezt nur noch sehr selten und dann nur in verkleinertem Maaßstabe ausgeführt. Es fehlt der Hetman, der aus ihnen selbst stammt, selbst Kosak ist und sie zu dergleichen treibt. Häufig geht aber noch der Don'sche Kosak einzeln und in Gesellschaft aus, um seiner Lieblingsbeschäftigung, der Jagd, nachzuhängen.

Achtes Capitel.

Reise von Neu-Tscherkask bis Stauropol.

Neu-Tscherkast; Kalmüken; Abreise; die Bodaisky'sche Stanlya; die große Steppe jen seits des Don; die Menge von Reisenden in der mittleren Jegorlügkischen Staniza; Ciskaukasien und die kaukasischen Länder; die Donskische und Moskauische Krepost; An: kunft in Stauropol.

er zweitågige Aufenthalt in Neu- (Nowo-) Tscherkask gab mir hinlänglich Gelegenheit, die erst seit kurzem neu angelegte Stadt nåher kennen zu lernen, und ich benüßte auch meine Zeit so gut wie möglich, um außerdem noch über die interessanten Kosaken fernere Erkundigungen einzuziehen. Eine Verlobungsfeier in einer nahegelegenen Stanita gab mir am meisten Gelegenheit, in die Sitten und Gebräuche derselben einen Blick zu thun. Da ich aber alles, was sich darauf bezieht, schon in dem vorigen Capitel erzählt habe, so will ich jetzt zunächst nur noch Weniges über die Stadt sagen, und dann in der Beschreibung meiner Reiseroute weiter fortfahren.

Neu-Tscherkask hat von allen Städten, die mir bis dahin bekannt waren, die schönste Lage und zieht sich auf dem südlichen Abhange einer nicht unbedeutenden Anhdhe hin. Die Stadt ist sehr weitläufig und mit der Schnur erbaut. Außer den Krongebäuden sind nur wenige Privathäuser vorhanden. Die große Hize am Tage trug noch dazu bei, die Leerheit und das Dede

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